Ausgerechnet eine der schlimmsten Umweltsünden – die landwirtschaftliche Überdüngung mit Stickstoff – könnte das Problem der globalen Erwärmung zumindest mildern. Zu diesem Schluss könnte man auf Grund einer neuen Studie kommen, die von Forschern der University of California in Irvine erstellt wurde.


Kathleen Treseder und David LeBauer hatten bei der sekundären Analyse von 100 früheren Studien entdeckt, dass die Überdüngung mit Stickstoff das Pflanzenwachstum in tropischen Wäldern (in Urwäldern ebenso wie in den nachwachsenden Sekundarwäldern) um 20 Prozent steigern. Diese Beobachtung ist deswegen überraschend, weil Stickstoff in tropischen Ökosystemen keineswegs knapp ist – Phosphormangel galt als viel ausschlaggebender bei der Regulierung des Pflanzenwachstums. Mehr Stickstoff, der von der Landwirtschaft in die Umwelt eingeführt wird, hätte also keinen weiteren Effekt haben dürfen. Hat er aber doch …

Mehr Vegetation bedeuten natürlich auch mehr Absorption von CO2. Aber die genauen Zusammenhänge und Auswirkungen auf das atmosphärische Kohlendioxid und damit auf den globalen Treibhauseffekt lassen sich mit so einer Sekundäranalyse nicht entschlüsseln. Und ein Freibrief für die Landwirtschaft, munter weiter zu überdüngen, ist es schon gar nicht. Denn am Ende landet der Stickstoff doch nur im Meer und bedroht dort die Fischbestände.

flattr this!

Kommentare (3)

  1. #1 Beatrice Lugger
    7. Februar 2008

    Ich dachte, seit Justus Liebigs Zeiten und dem Aufbau der Düngemittel-Abhängigkeit der Bauern, wäre bekannt, dass Stickstoff für mehr und schnelleres Wachstum sorgen kann. Nur, wie haben die denn bitte tropische URWÄLDER mit Stickstoff überdüngt?
    Und was hat Landwirtschaft mit den schönen Urwäldern gemein?
    Sollen wir jetzt ernsthaft anfangen die Wälder des Planeten mit Stickstoff zu beglücken?

  2. #2 Jürgen Schönstein
    8. Februar 2008

    Nein, die Wälder wahllos zu düngen, wäre sicher Unsinn – vor allem, weil wir inzwischen begriffen haben sollten, dass unsere Manipulationen mit komplexen Systemen meist mehr Schaden anrichten als Nutzen. Das Überraschende an der Studie ist, dass man bisher geglaubt hatte, mit Stickstoff sei es wie mit Vitaminen: Überdosierung bringt nichts, kann eher schaden. Nun zeigt sich, dass Stickstoff auch in Überdosis noch wirkt – ob das gut oder schlecht ist, lässt sich daraus noch nicht ableiten. Landwirtschaft und Urwälder sind leider – ob es einem gefällt oder nicht – keine Gegensätze: im Amazonas-Regenwald, wie in anderen Tropenwäldern, gibt es Brandrodungs-Wanderfeldbau, zum Beispiel. Die Randzonen der Wälder sind sowieso längst besiedelt und werden immer weiter “erschlossen”. Was immer dort auf die Äcker und Felder geschüttet wird (muss übrigens nicht nur Kunstdünger sein – auch mit Jauche kann man überdüngen), kann über Bäche und Flüsse in die scheinbar unberührten Ökosysteme gelangen.

  3. #3 Fischer
    9. Februar 2008

    Der zusätzliche Stickstoff wird m.E. vor allem in Form von Stickoxiden über die Luft eingetragen.

    Die Studie greift allerdings zu kurz. Mittelfristig geht durch Überdüngung Biodiversität verloren, und da diversere Lebensräume auch mehr Biomasse beinhalten, geht die auch zurück und Netto wird Kohlendioxid frei.