Ich hatte vor nicht ganz drei Jahren das zweifelhafte Vergnügen, für einen Beitrag in FOCUS den Kreationisten Michael Behe zu interviewen. Der Mann ist ja nicht nur einer der aktivsten Verfechter des Kreationismus, sondern auch ordentlicher Professor für Biochemie an der Lehigh-Universität in Pennsylvania – was seiner Position scheinbar den Anstrich akademischer Ernsthaftigkeit geben soll. Dass er dabei die dünnsten Argumente anführt (und mit einem Außenbordmotor-Vergleich selbst die Tatsache der technischen Entwicklung = Evolution ignoriert) war für mich als Interviewer zwar frustrierend, aber manchmal ist es ja nützlich, solche Leute reden zu lassenl, weil sie sich dabei selbst entlarven.


Der Einfachheit halber hab’ ich mal in mein Privatarchiv gegriffen und den vollen Wortlaut des Gesprächs – das damals durch die Bemühung, “intelligentes Design” auf die Lehrpläne in Pennsyvania zu bringen, veranlasst war – noch einmal hervorgeholt und hier angehängt:

Herr Professor Behe, Sie lehren Biologie an einer Universität. Wie will man die Artenentstehung erklären, ohne die Evolutionslehre anzuerkennen?

Behe: Ich habe nichts gegen eine Evolutionslehre, die eine gemeinsame Abstammungslinie voraussetzt – also die Entwicklung von einem einzelligen Organismus zu all den Pflanzen und Tieren, die wir heute sehen können. Damit habe ich kein Problem. Die Frage für mich ist, was die Artenentstehung steuert. Darwin schlug als Mechanismus die zufällige Mutation und die natürliche Auslese vor. Ich dagegen denke, dass dies nicht alles erklären kann.

Das behauptet ja selbst Darwin nicht. Deswegen schrieb er ja auch nicht von der “Entstehung des Lebens”, sondern von der “Entstehung der Arten”.  Aber auch daraus muss man ja nicht gleich folgern, dass hinter allem ein Schöpfer steht. Sicher gibt es dafür auch noch andere Erklärungen.

Behe: Wir argumentieren ja gar nicht damit, dass es keine bessere Erklärung gibt. Aber nehmen wir doch mal eine Zelle als Beispiel. Die raffinierte und elegante Maschinerie, die wir in dieser Zelle sehen können, diese Komplexität und Funktionalität zeigen uns doch, dass sie das Produkt eines Designers sein muss. Ein Zufall kann nicht dahinter stecken.

Wenn Sie von einem Designer reden, wen meinen Sie damit?

Behe: Ich bin ein konventioneller Gläubiger, und darum denke ich, wie viele andere auch, dass es Gott ist. Andere Leuten denken, es waren Außerirdische – wer es war, das ergibt sich nicht zwingend aus den Beweisen.

Welche Beweise? Im Gegensatz zur Evolutionslehre, für die es ja überprüfbare und messbare Beobachtungen über die Wirkung von Mutation und Selektion gibt, sind Sie bisher den wissenschaftlichen Nachweis für die Existenz eines Schöpfers doch schuldig geblieben.

Behe: Der Beweis für den Designer liegt doch in den Strukturen selbst. Wenn ich einen Außenbordmotor sehe, dann weiß ich auch ohne den Erbauer zu kennen, dass er von jemandem entworfen wurde. Und Bakterien haben effektiv einen Außenbordmotor, nämlich das Flagellum.  Wenn ich auf einem anderen Planeten eine solche Skulptur wie den Mount Rushmore mit seinen riesigen Präsidentenköpfen sähe, wüsste ich doch auch sofort, dass sie nicht durch Erosion entstanden sein kann, sondern von einer Intelligenz geschaffen wurde.

Die Parallele zwischen dem Mount Rushmore und dem Flagellum eines Geißeltierchens scheint ein bisschen weit hergeholt, finden Sie nicht?

Behe: Aber es bedarf auch einer sehr spezifischen Interaktion, um solch eine Maschine wie das Flagellum zu schaffen. Ich bin nicht der Einzige, der das so sieht. Auch andere Leute beschreiben das Flagellum sofort als etwas, was sich ein Mensch ausdenken würde. Und auch andere Biologen haben schon ihr Erstaunen über das Ingenieurswissen  ausgedrückt, das hinter solch einem Apparat stecken muss. Und darum halte ich den Vergleich angemessen.

Aber könnte es nicht auch umgedreht sein? Dass unsere Ingenieure oft Dinge gestalten, für die sie Vorbilder in der Natur gefunden haben, beispielsweise? Haben Sie keine besseren Beweise anzuführen?

Behe: Darwin hat die Entstehung des Auges aus einem lichtempfindlichen Hautfleck in seinem Buch als grobes Beispiel für seine Evolutionstheorie angeführt. Aber ich halte dagegen, dass die Menge an Veränderung und Spezifizierung, die dazu nötig wäre, weit mehr erfordert als das, was er dargestellt hat.

Mir scheint, die Argumentation dreht sich immer noch im Kreis. Betrachten wir’s mal anders: Selbst wenn es eine interne wissenschaftliche Diskussion um die Evolutionslehre gibt, müssen Sie als Wissenschaftler nicht absolut dagegen sein, dass sich Gerichte und Behörden hier einmischen wollen? Schließlich ist der freie Diskurs ein Grundelement der Wissenschaft. Wenn nun aber eine Schulbehörde vorschreiben will, was gelehrt wird, geht Ihnen das nicht auch zu weit?

Behe: Das ist sicher eine komplizierte Angelegenheit. Aber ich denke, eine Schulbehörde hat das Recht sicherzustellen, dass die Schüler über eine Bandbreite von Ansichten über bestimmte Themen informiert werden. Sie sollten lernen, dass Wissenschaftler von bestimmten Standpunkten aus argumentieren, und die sind nicht notwendiger Weise frei von speziellen Interessen. Schüler müssen lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden, ob es wirklich um die Wissenschaft geht, oder nur um spezielle Sonderinteressen. Und dazu müssen sie Standpunkte und Gegenstandpunkte in der Wissenschaft betrachten. Wissenschaft ist keine heilige Kuh, sondern muss diskutiert werden.

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Kommentare (2)

  1. #1 urs marian
    5. Februar 2008

    wie erklären Kreationisten eigentlich die neueste schöpfung aus dem haus venter institute? vielleicht gott will, das forscher dies tun.

  2. #2 A.Stewowitsch
    6. Februar 2008

    Also wenn so viele Menschen an unterschiedliche Theorien “glauben” dann ist der eigentlich richtige Weg , ein Modell zu finden mit dem alle leben können. Hier bringt es nichts die Personen an die Wand zustellen und zusagen zu hast unrecht.
    Auch ich bin der Meinung, das es nicht Zufall sein kann. Das Leben hat solch hervorragend angepassten Geschöpfe entstehen lassen und das in einer Vielzahl von Arten.
    Also wenn es kein Zufall ist, ist ein Plan da. Also ist die Frage wessen Plan ? Gott , Außerirdische ? Nein , ich denke , oder glaube es ist das Leben selbst ?
    Man könnte sich ja auch vorstellen, das jedes Lebewesen sich selbst baut bzw. weiter baut !!! Natürlich nicht über eine Generation sondern über mehrere – kein Zufall sondern Plan und Erfordernisse der Randbedingungen um zu überleben.
    Der Bauplan wird aufgrund der spezifischen Erfahrungen des Individuums in den Genen teilweise abgelegt – sollten die Nachfahren auf die gleichen Erfahrungen und Randbedingungen treffen bauen Sie ein Stück am Plan weiter. usw.
    Die Anpassung findet langsam statt , von Generation zu Generation in kleinen schritten.
    Und schon entsteht eine breite Palette an Arten die sich weiter entwickeln und sich an die Erfordernisse anpassen. Eigenständig und doch abhängigt von ganzen sind .
    Gibt es keine Nachfahren des Individuums werden alle angefangenen Paupläne ausgelöscht. ( Auch für die „Kinderlosen“ und alle anderen – gibt es einen Einfluss an der Entwicklung der Art , den auch Kultur, Verhalten verändern die Erfahrungen vom Lebewesen, also auch ein Art der Programmierung der Gene in Teilschritten von anderen ) Also hat jeder der auf der Erde lebt eine Einfluss auf die Arten und die Zukunft. Wäre das nicht fantastisch soviel Verantwortung zu tragen, jeder von uns ?
    Der Bezugsrahmen der Betrachtung von Leben muss einfach mal einen anderen Focus bekommen. Wir sind nicht nur Mensch sondern auch immer Menschen von Generationen, bzw Lebewesen von Generationen ( Individuum und Gruppe, Gesellschaft, Lebewesen zu gleich ). Und so mit hat jeder eine sehr hohe Verantwortung für seine Vorfahren , sein Handeln und seine Nachkommen, weil hier Informationen weitergegeben werden die andere über Generationen gesammelt haben. Inoformationen die die Welt verändern können.
    Ergo ist unser Leben als Mensch nicht so isoliert, sondern wir leben immer in der Vergangenheit, Gegenwart und auch in der Zukunft gleichzeitig mit großer Verantwortung für das leben in unserer Galaxie oder was auch immer da draußen bereits bevölkert wurde oder von uns noch bevölkert wird.

    A.Stewowitsch