Verwenden wir zu viel Mühe und Kosten darauf, uns Optionen offen zu halten, die längst ihren Nutzen für uns verloren haben – wenn sie überhaupt jemals einen besaßen? Der MIT-Professor Dan Ariely ist davon überzeugt, und er hält dies für “Predictably Irrational” (vorhersagbar irrational), wie schon der Titel seines neuen Buches verrät.
Im einfachsten Fall sind es all die alten Bücher, von denen man sich nicht trennen kann (man könnte sie ja doch noch mal lesen), der aus der Mode gekommene Anzug (vielleicht erleben Zweireiher mit acht Knöpfen und kleinem Revers mal ein Comeback), oder die Adressen von Leuten, die man seit Jahren nicht mehr gesprochen hat und die dort vielleicht gar nicht mehr wohnen. Beruflich können es all jene Konferenzen sein, zu denen man reist, obwohl man schon vorher weiß, dass es dort nicht Neues zu lernen und keine neuen Leute zu treffen gibt. Oder teure Mitgliedschaften in Verbänden, von denen man außer einem mehr oder weniger gut gemachten Jahresbericht nichts zu erwarten hat. Oder all die nicht genommenen Urlaubstage, weil man ja nie weiß, wann man sie besser brauchen könnte …
Mit einem simplen Experiment, dem Türenspiel, will Ariely gleich zwei Dinge heraus gefunden haben: 1. dass wir bereit sind, für den Erhalt solcher Optionen materielle Verluste in Kauf zu nehmen – in Arielys Testgruppe, die für den Spielerfolg bezahlt wurden, waren es bis zu 15 Prozent ans Einnahmeverlusten und 2. dass es dabei gar nicht darum geht, sich künftige Flexibilität zu sichern (nach dem Motto “Man weiß ja nie, wann man es braucht”) – das eigentliche Motiv sei die Angst vor einem Verlust. Ohne dem Türenspiel die Pointe nehmen zu wollen, sei so viel verraten: Die Testpersonen verteidigten selbst dann noch irrational, ihre unnützen Optionen, als sie gelernt hatten, dass der Verzicht darauf keine Folgen für ihre Einkommenssituation hätte.
Aber vielleicht ist das ja ganz gut so. Denn eine Gesellschaft, die sich nur rational verhielte, würde sich vermutlich kein allgemein zugängliches öffentliches Bildungssystem leisten, dass zwar viel Geld kostet, aber dafür wenigstens die Chance auf Chancengleichheit in sich birgt, oder ein Sozialversicherungssystem, in das so viele mehr einzahlen als sie jemals heraus holen könnten – das aber ebenso viele vor dem Absturz in die Armut bewahrt.
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