Hier die grauen Wölfe (Canis lupus), da die jungen Gabelantilopen (Antilocapra americana, auch Pronghorn genannt) – klar, wer sich da vor wem fürchten muss, oder? Doch so leicht macht’s uns die Natur nicht, und wer glaubt, dass weniger Wölfe gut für die Antilopenpopulationen Amerikas sein müssten, der liegt voll daneben. Eine neue Studie der Wildlife Conservation Society ergab genau das Gegenteil: Je mehr Wölfe es gibt, desto besser sind die Überlebenschancen der jungen Antilopen.
Denn Wölfe – die im und fürs Rudel jagen – sind an den jungen Antilopen gar nicht interessiert: “Das wäre, als ob man eine ganze Familie mit einem einzigen Big Mac verköstigen wollte”, erklärt die WCS-Zoologin Kim Berger, die diese Studie verantwortlich geleitet hat. Aber Wölfe halten die Population von Kojoten in Grenzen, und es sind vor allem Kojoten, die dem Antilopennachwuchs nach dem Leben trachten. In Zahlen ausgedrückt: In Regionen, wo es keine Wölfe, dafür aber viele Kojoten gibt, überlebt nur jedes zehnte Pronghorn-Baby. In Gebieten, wo man gesunde Wolfspopulationen findet, kommt jede dritte neugeborene Gabel-Antilope durch.
In der Praxis hat dieses Jäger-Beute-Dreiecksverhältnis dafür gesorgt, dass seit der Widereinführung der Wölfe vor knapp eineinhalb Jahrzehnten die Pronghorn-Population in den Grand Tetons (Wyoming) um 50 Prozent gewachsen ist. “Diese Studie zeigt, wie komplex die Beziehungen zwischen Beutegreifern und Beutetieren sein kann”, meint Kim Berger. “Es ist wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass wir Ökosysteme oft nicht annähernd so gut verstehen wie wir glauben, und dass unsere Versuche, sie zu manipulieren, unerwartete Konsequenzen haben können.”
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