Ein Glas, das halbvoll ist, ist leider immer auch halbleer – alles weitere ist dann Ansichtssache. Und so kann man die Ergebnisse einer ersten internationalen Jugendumfrage zum Klimawandel, die das United Nations Environment Programme unter jeweils 400 12- bis 18-Jährigen in Brasilien, Indien, Russland, Südafrika und den USA durchführen ließ, auch als etwas Gutes beschreiben: 88 Prozent der Befragten fanden, dass die politischen Führer der Welt “alles Erforderliche” tun sollten, um den Klimawandel anzugehen; 85 Prozent waren “sehr besorgt” oder “etwas besorgt” wegen der Klimaveränderung.
Wenn man bedenkt, dass etwa die Hälfte der Weltbevölkerung heute unter 25 Jahre alt ist, dann lässt dies natürlich hoffen, dass Klimabewusstsein in Zukunft zum normalen Selbstverständnis der Menschheit zählen könnte.
Aber nun zur “leeren Hälfte” dieses Glases: Wenn man mal die “etwas besorgten” Antworten außer Acht lässt (denn “etwas besorgt” reicht angesichts der Dringlichkeit des Themas nicht aus), dann werden die Zahlen schnell kleiner: In Russland sind nur 36 Prozent “sehr besorgt”, in den USA 52, in Indien 54 und in Südafrika wenigstens schon 66 Prozent. Allenfalls in Brasilien wird der Klimawandel in seiner Dramatik erkannt: 82 Prozent der Jugendlichen sind sehr besorgt. Schnelles Handeln halten in Indien sogar weit weniger als die Hälfte (40 %) für angebracht, in den USA 61 % und in Russland 75 %. Südafrika (81%) und Brasilien (88 %) sind sich der Dringlichkeit bewusster. Und wenn es darum geht, ob die politische Führung genug tut, um den Klimawandel zu bekämpfen, dann antworten 40 Prozent der indischen Jugend sogar mit “sie tun zu viel.”
Müssten die Zahlen also nicht viel positiver sein, wollte ich daher vom UNEP-Chef Achim Steiner wissen. Hätte er denn nicht auch ein noch deutlicheres Ergebnis erwartet? “Wenn man bedenkt, wie lange selbst die Erwachsenen gebraucht haben, um eine Position in dieser Debatte zu finden, dann finde ich, sind diese Zahlen bemerkenswert positiv”, meinte er. Vielleicht hat er ja recht, aber trotzdem schaffe ich es nicht, seine Zuversicht zu teilen. Aber eine gewisse Erfahrung sagt mir, dass selbst wenn man solch einer Umfrage überhaupt eine Relevanz beimisst, immer noch eine riesige Lücke zwischen der hier erklärten Position und dem tatsächlichen Handeln klafft – und 40, 50 oder 60 Prozent in jenen Ländern, wo die Hauptverursacher künftiger Umweltprobleme leben (USA, Indien, Russland zählen mit Gewissheit dazu) reichen dann nicht aus, damit die Kluft am Ende überwunden werden kann.
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