Die entscheidende Stimme bei einer wichtigen Wahl zu haben kann – je nach persönlicher Disposition – ein Wunsch- oder ein Albtraum sein. Beruhend auf letzterem hat Moveon.org eine relatiov amüsante Web-Application gebastelt, die es erlaubt, Freunden (oder sich selber, wenn man so gestrickt ist) ein fingiertes Video zuzuschicken, in dem sie angeprangert werden, aus Abstimmungsfaulheit die gesamte Wahl verloren zu haben. Aber wäre so etwas wirklich möglich – eine einzige (fehlende) Stimme, die eine solche riesige Wahl wie die des US-Präsidenten entscheidet?
Ich bin natürlich kein Wahlforscher, und mein mathematisches und statistisches Rüstzeug reicht nicht annähernd aus, um solch eine Frage beantworten zu können. Aber Andrew Gelman, Statistikprofessor an der New Yorker Columbia-Universität, hat mit seinen Kollegen Aaron Edlin (University of California at berkeley) und Nate Silver von der Wahlforschungs-Website Fivethirtyeight.com mal nachgerechnet, ob das möglich wäre. Ihr Ergebnis: In der US-Präsidentschaftswahl liegt die Chance, dass alles auf eine einzige Stimme ankommt, in der Größenordnung eines Lottogewinns – etwa eins zu 60 Millionen.
Klar ist aber auch dem Laien, dass diese Chancen nicht gleichmäßig verteilt sind: In Bundesstaaten (und nur auf dieser Ebene spielt in den USA die Wählerstimme eine Rolle), in denen ein Kandidat mit einem weiten Vorsprung führt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass alles auf eine Stimme ankommt, geradezu winzig – in New York etwa eins zu 1,9 Milliarden. Wenn dann auch noch, wie in Washington D.C., eine minimale Zahl an Wahlmännern – die diesem Distrikt in der eigentlichen Abstimmung durch das (in den landesweit gehaltenen Wahlen ermittelte) “Electoral College” ein sehr geringes Gewicht geben – hinzu kommt, dann schwindet der Einfluss des einzelnen Wählers auf 1 zu 490 Milliarden.
In so genannten “Swing States” (also jenen Staaten, die historisch mal der einen, mal der anderen Seite den Vorzug gaben und wo das Wahlergebnis folglich meist viel knapper ausfällt) hat ein Wähler schon viel mehr Gewicht: In New Mexico beispielsweise könnte er mit einer Chance von 1 zu 6,1 Millionen das maßgebliche Zünglein an der Waage sein, in Virginia mit 1:7,9 Millionen, in New Hampshire noch mit 1:8 Millionen, und selbst in Colorado liegt diese Chance bei 1:9,9 Millionen und damit immer noch höher als das generell als gering einzuschätzende Risiko, von einem Hund zu Tode gebissen zu werden (1:10,9 Millionen). Alle anderen US-Wähler müssten sich, mit anderen Worten, mehr vor bissigen Hunden am Wahltag fürchten als davor, durch eine einzige Fehl- oder Nichtentscheidung die politischen Geschicke ihres Landes versaut zu haben. Auch ein Trost …
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