“Atemberaubend” wäre wohl nicht das Wort gewesen, das mir durch den Sinn ging, als ich von einer Studie der Carnegie Institution for Science zum Thema “Mineral Evolution” erfuhr. Aber natürlich bin ich auch nicht so in der Materie drin (Geographen interessieren sich ja mehr fürs “Oberflächliche”) wie der Stanford-Geologe W. Gary Ernst, dem diese Arbeit – von der ich unter obigem Link leider nur den Abstract gefunden habe – offenbar den sprichwörtlichen Atem verschlug, weil sie “die Art, wie Erdwissenschaftler Mineralien betrachten, revolutionieren wird”.
Worum ging’s also bei dieser Arbeit, die der Carnegie-Geologe Robert M. Hazen mit sieben weiteren Kollegen erstellt und im Fachblatt American Mineralogist veröffentlicht hat? Nicht um eine echte “Evolution” der Mineralien (obwohl der Titel ja genau so klingt), sondern darum, dass etwa zwei Drittel aller auf der Erde bekannten Mineralien ohne biologische Aktivität (die ihrerseits eine direkte Folge der Evolution ist) nicht existieren würden. Und das wiederum könnte eine hilfreiche Erkenntnis sein, wenn man im All nach Himmelskörpern sucht, die Leben in irgend einer Form tragen oder in ihrer Geschichte getragen haben.
Ich weiß ja nicht, wie es aktiv forschenden Geo- und Planetenwissenschaftlern geht, aber ich muss gestehen, dass ich schon beim Lesen des Abstract 1. ziemlich leicht den Argumenten folgen konnte und 2. mich fragte, warum man da nicht früher drauf kam. Aber wahrscheinlich waren schon viele drauf gekommen waren – aber dachten vielleicht nicht, dass man darauf ein Paper stützen könnte.
Mal zu den Fakten, die mir in der Tat recht klar scheinen, so wie sie hier dargelegt werden: Aus Meteoritenfunden etc. weiß man, dass in der stellaren Staubwolke, aus der sich unser Sonnensystem gebildet hatte, etwa 60 verschiedene Mineralien existierten. In den großen Klumpen, die wir heute Planeten nennen, entwickelten sich u.a. als Folge von Vulkanismus und dem Einfluss von Wasser, das sich hier ansammelte, aus diesen 60 “Grundbausteinen” etwa 250 bis 500 verschiedene Mineralien – etwa der Vielfalt, die laut Hazen und Kollegen auch auf dem Mars und der Venus zu finden ist.
Doch auf der Erde kommt ein dramatisches Element dazu, das – hier wüsste Ludmila von Hinterm Mond gleich links bestimmt Genaueres zu sagen – bisher auf keinem anderen Himmelskörper (mit Ausnahme vielleicht der Sonne) nachweisbar ist: die Plattentektonik, die diese Mineralien durchwalkt, knetet, aufheizt und verformt und so ein ganzes Sortiment metamorpher Gesteine schafft, das andernfalls wohl nicht vorstellbar wäre und damit die Zahl der Mineralien-Ausprägungen auf etwa 1500 erhöht hat.
Und der Rest; Der verdankt seine Existenz entweder direkt – wie etwa die Kalksteine, die vor allem aus biologischen Sedimenten aufgebaut wurden – oder indirekt (durch Oxidation als Folge des aus biologischen Prozessen frei gesetzten Sauerstoffs) den Organismen, die sich seit etwa 3,8 Milliarden Jahren auf der Erde entwickelt haben.
Keine echten Überraschungen hier, wie gesagt (und alle groben Vereinfachungen hier gehen auf mein Konto), aber das Fazit, das Hazen daraus zog, ist doch ganz erfrischend: “Für mindestens 2,5 Milliarden Jahre, und vermutlich seit der Entstehung des Lebens, hat sich die irdische Mineralogie parallel mit der Biologie entwickelt. Eine Folgerung aus dieser Erkenntnis ist, dass Fernbeobachtungen der Mineralogie anderer Monde und Planeten wichtige Beweise für biologische Einflüsse jenseits der Erde liefern könnten.” Das ist so etwas, wo man sich sagt, “da hätte ich auch selbst drauf kommen können”. Tja, hätte …
Kommentare (8)