Bisher habe ich mein schlechtes Umwelt-Gewissen angesichts meines täglichen Kaffeekonsums damit unterdrückt, dass ich nur die Bohnen kaufe, deren Packung mir Fair Trade und ökologischen Anbau im Schatten von Bäumen (zum Schutz der Vögel und vor Bodenerosion) gekennzeichnet ist. Ändert aber trotzdem nichts daran, dass der Anbau der Kaffeepflanzen grundsätzlich in die Kategorie der Umweltfrevel einzuordnen ist: Die Schattenbäume sind meist eine sekundäre Vegetation, gezielt angepflanzt und keineswegs ein vollwertiger Ersatz für die Regenwälder, die dafür abgeholzt wurden.
Trotzdem hoffe ich, dass ich meine tägliche Koffeinration bald mit einem etwas ruhigeren Gemüt schlürfen kann: Der Kaffeesatz wäre eine prima Quelle für Biosprit, wie in der aktuellen Ausgabe des Magazins Journal of Agricultural and Food Chemistry der American Chemical Society nachzulesen ist (den Artikel selbst gibt’s nur gegen Gebühr, den Abstract aber hier).
Unter der Federführung von Professor Mano Misra haben Materialforscher der University of Nevada in Reno getestet, welche Energie-Ausbeute sich aus dem Kaffeesatz holen ließe. Der Ölgehalt des ausgelaugten Pulvers liegt immerhin zwischen elf und 20 Gewichts-Prozent und kann darin sogar mit den “traditionellen” Biosprit-Lieferanten Raps, Soja und Palmöl mithalten. Angesichts der etwa siebeneinhalb Millionen Tonnen, die jährlich angebaut werden, steckt da also ein richtiges Kraftstoff-Potential drin: Die Autoren schätzen, dass sich aus Kaffeesatz etwa 1,3 Millionen Liter Biodiesel jährlich gewinnen ließen. Das würde den deutschen Motorkraftstoff-Verbrauch wohl gerade mal für drei Wochen decken – naja …
Für die Umwelt also, trotz aller Bemühungen, keine wirkliche Entlastung, aber dafür in jedem Fall eine fürs Gewissen. Und da die Biosprit-Produktion – dank einer weiteren Verwertungskette, zu der die Destillation von Ethanol aus der Kaffeesatz-Maische und die Kompostierung zählen – sogar einen kleinen Profit abwirft, wie die Forscher getestet haben, ist sie auch wirtschaftlich realisierbar. Außerdem soll der Sprit – der durch Umesterung gewonnen wird **dafür reicht mein Chemie-Vorabitur nicht aus – kann das ein Fachmann mal erklären?** – dank der natürlichen Antioxidantien in der Kaffeepflanze länger stabil = haltbar sein als herkömmlicher Biodiesel. Und er hat zudem noch den Vorteil, dass er nicht wie Diesel stinkt, sondern wie – Kaffee! (Letzteres ist wohl eher eine schlechte Nachricht für Teetrinker, sicher, aber insgesamt doch eher auf der Positiv-Seite zu verbuchen.) Darauf hin gönne ich mir gleich mal einen Extra-Doppio …
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