Ich mag Zoos. Wider besseres Wissen, manchmal, weil Käfige und Gehege nun mal eine Form der Gefangenschaft sind, selbst wenn sie noch so “großzügig” (was in den seltensten Fällen wirklich “ausreichend” bedeutet) gestaltet sind. Aber wo sonst hätten wir “modernen” Stadt- und Industriegesellschafts-Menschen eine Möglichkeit, Artenvielfalt zu sehen und manchmal sogar im buchstäblichen Sinn zu “begreifen”? Und außerdem, so dachte ich bisher immer, helfen die Zoos, bedrohte Arten zu bewahren, indem sie ihnen einen Schutzraum gewähren, wo sie meist sicherer leben können als in ihrer bedrohten Heimat.
Doch zumindest diese Illusion des “Schutzraumes” wird eine Studie, die in der Freitagausgabe des US-Wissnschaftsmagazins Science erscheinen soll, wohl zerstören: Der Artikel (dessen Inhalt ich derzeit nur aus Vorausberichten einschätzen kann) beruht auf einem Bericht, den die Verhaltensbiologin Georgia J.Mason von der kanadischen University of Guelph mit verfasst hat. Und der zeigt, dass die Lebenserwartung von Elefanten – afrikanischen ebenso wie indischen – in Zoos erheblich niedriger ist als in der freien Wildbahn oder, im Fall der indischen Elefanten, selbst noch im Arbeitseinsatz in ihrer Heimat.
Der mittlere Lebenserwartung für afrikanische Elefanten in europäischen Zoos liegt demnach bei 16,9 Jahren – im Amboseli-Nationalpark hingegen, wenn sie dort eines natürlichen Todes sterben können, bei 56 Jahren! Selbst wenn man die unnatürlichen Verluste durch Wilderer und gezielte Abschüsse (“Keulung” nennt man das wohl) mit einberechnet, werden die Elefanten dort im Schnitt noch fast 36 Jahre alt. Das ist mehr als doppelt so alt wie im Zoo. Indische Elefanten in den “Arbeitslagern” von Burma (Myanmar) leben im Schnitt 41,7 Jahre – in den Zoos der alten Welt hingegen nur 18,9 Jahre.
Dass Zoohaltung nie wirklich “artgerecht” sein kann, wird mir jedes Mal klar, wenn ich mit meinem Sohn (9) in den – sicherlich unter seinesgleichen vorbildlichen – Bronx-Zoo gehe. Vor allem jetzt, im Winter, wenn Tiere aus den wärmeren Klimazonen auf ihren Auslauf im Freigehege verzichten müssen. Und ich weiß auch, dass die Wildlife Conservation Society, die Betreiberin der New Yorker Zoos ist (und deren Mitglied ich bin), ständig zwischen den Bedürfnissen der Tiere einerseits und den Erwartungen der Besucher andererseits abwägen muss – Zoos sind heute ja auch eine Art Öffentlichkeitsarbeit für den globalen Tierschutz, und die Spenden, die Organisationen wie die WCS einnehmen, sind sicher essentiell für den Erhalt eben jener “wilden” Lebensräume. Außerdem kann ich mein Gewissen wegen der Elefanten hier damit beruhigen, dass die drei Tiere, die der Zoo noch besitzt, alle schon über 30 Jahre alt – und dass bereits vor mehr als zwei Jahren beschlossen wurde, nach dem Ableben dieser Dickhäuter keine Elefanten mehr in diesem Zoo zu halten.
Aber desillusionierend ist dieses Ergebnis trotzdem. Weil es uns mal wieder zeigt, wie wenig wir Menschen am Ende von dem verstehen (können), was man so gemeinhin “Natur” nennt. Und dass wir schon gar nicht besonders gut darin sind, sie unter künstlichen Bedingungen nachzubauen. So sehr wir uns das auch manchmal einbilden wollen.
Kommentare (4)