Nicht, dass mir jemand gleich wieder Ärztebashing vorwirft. Aber was kann ich dafür, wenn ich über die folgende Aussage im Wall Street Journal (in einem Meinungsbeitrag zwar, aber immerhin von der Ärztin Betsy McCaughey, Vorsitzende des von ihr gegründeten Committee to Reduce Infection Deaths) stolpere: Laut einer internen Untersuchung der University of Maryland, so behauptet sie, würden 65 Prozent des medizinischen Personals der Uni ihre weißen Kittel seltener als einmal wöchentlich wechseln, 15 Prozent sogar nur einmal im Monat oder seltener. Angesichts der Tatsache, dass solche Kittel ebenso Krankheitskeime übertragen können wie alle anderen medizinischen “Instrumente”, finde ich solche Zahlen – wie repräsentativ sie sind, darüber will ich noch nicht einmal spekulieren – natürlich beängstigend.
Ich weiß zwar nicht mehr, wie das im deutschen Praxis- und Krankenhausalltag ist. Aber aus eigener Anschauung habe ich wenig Zweifel, dass diese Zahlen weitab der Realität liegen: Überall in den USA ist mir schon aufgefallen, dass Klinik- und Praxispersonal diese “Scrubs” (so nennt man die an Schlafanzüge erinnernden klinischen Uniformen) oft auch nach dem Dienst, auf dem Weg nach Hause noch trägt.
Doch das ist gar nicht der eigentliche Skandal, den ich in dem WSJ-Beitrag entdecke: Ursache für diese mangelnde Hygiene ist offenbar, dass viele US-Krankenhäuser aus Kostengründen den Wasch- und Reinigungsdienst für die Bekleidung des Personals abgeschafft haben. Und ich hätte gedacht, seit Ignaz Semmelweis sei die Notwendigkeit der Hygiene und der Antisepsis im medizinischen Alltag so selbstverständlich geworden wie das Tanken für einen Berufskraftfahrer.
Kommentare (4)