Wir diskutieren auf Scienceblogs.de ja auch immer wieder mal um guten oder schlechten (Wissenschafts-)Journalismus, und auch auf dem amerikanischen Scienceblogs macht man sich solche Gedanken, vor allen angesichts der aktuellen New Scientist-Coverstory “Darwin Was Wrong“. Aber wer ein richtig gutes Beispiel für schlechten Journalismus sehen will (eines, dass mir – trotz meiner Teil-Immunisierung durch ehemalige BILD-Mitarbeit die Tränen in die Augen treibt), der kann mal diesen Link zur New Yorker Tageszeitung Daily News verfolgen, die in ihrer Montagausgabe auf einer ganzen Seite ihren Lesern verzapft, dass es möglich wäre, durch geschickte Auswahl der Zahlen die Chance auf einen Treffer im Lotto zu steigern. Zugegeben, es ist kein echter Wissenschaftsjournalismus, und die Boulevardzeitung Daily News ist weit davon entfernt, ein Peer-Review-Blatt zu sein. Aber es ist so eine Art “Wahrscheinlichkeitsrechnug für Anfänger” (besser: für Ahnungslose, was der Artikel auch nicht ändern will), und damit schon im Grenzbereich dessen, was man mit den Maßstäben eine wissenschaftlich orienterten Journalismus messen darf.
Und dass das Ganze eigentlich nur Schleichwerbung für die (bereits in mehrfacher Auflage erschienen und auch in Deutschland erhältlichen) Lotto-Bücher der Autorin Gail Howard sind, macht die Sache bestimmt nicht besser – im Gegenteil.
Abgesehen von dem Patzer, dass Howards “Systeme” als “patentiert” bezeichnet werden (sie sind nur als Warenzeichen eingetragen – was im Gegensatz zu einem Patent nichts über ihre Qualität aussagt), wird den gut 630.000 Käufern des Blattes allerlei Unfug serviert, auf den allerdings auch deutsche Lottofans leicht reinfallen dürften:
So etwa, dass man seine Zahlen gut mischen muss: “Man sollte eine relativ gleichmäßige Mischung aus hohen und niedrigen Zahlen spielen, weil die Zahlen quer durchs ganze Feld gezogen werden.” Man dürfe absolut nie 1-2-3-4-5-6 spielen, weil die Chancen, dass fortlaufende Zahlen gezogen würden, praktisch Null seien (was stimmt, aber auch auf alle anderen Zahlenkombinationen zutrifft). Man dürfe auch keine Zahlen spielen, die schon einmal gewonnen hätten (sinngemäß damit begründet, dass die ja dann erst wieder nach einer halben Million Ziehungen dran kämen – ???); “damit erschwert man sich das Gewinnen”, sagt die Lotto-“Expertin”. Und als eine Art Formel bietet sie an, dass die Summe der Glückszahlen irgendwo zwischen 138 und 222 liegen sollte, was die Zeitung als eine “mathematische Formel zur Vorhersage künftiger Gewinner” würdigt. Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen, oder?
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