Dies ist der Titel eines Beitrages, der in der nächsten Ausgabe von Psychological Science erscheinen wird (den Artikel selbst gab’s heute noch nicht online, aber in der obigen Pressemitteilung ist ein Kontakt angegeben, wo man ihn anfordern kann). Die Ironie, die damit gemeint ist, besteht darin, dass verbesserte Kontakte zwischen sozial ungleichen Gruppen nicht notwendiger Weise eine Verbesserung der Situation der benachteiligten Gruppen bewirkt – manchmal sogar eher das Gegenteil. Erarbeitet wurde die Studie von Forschern und Professoren der Yale-Universität, der University of Connecticut und der Cardiff University.
Eigentlich müsste man “Ironie” sogar in den Plural setzen, denn die scheinbare soziale Harmonie, die man durch gesellschaftlichen Dialog erhofft, versagt gleich auf mehreren Ebenen: Sie ändert nichts am Verhalten der Mächtigen, weckt aber dafür falsche Hoffungen bei den Benachteiligten – und verleitet sie unter Umständen sogar, diese Ungleichbehandlung widerpsruchsloser hinzunehmen. Und dies nicht nur im Labortest mit 210 Studenten, sondern auch in der israelisch-arabischen Realität, die für die Arbeit ebenfalls untersucht wurde.
Die “Labor”-Tests waren im Prinzip simpel: Die Teilnehmer wurden per Zufallsprinzip in 3-er Gruppen eingeteilt; an jedem Einzelversuch nahmen zwei dieser Gruppen teil, deren jeweiligen Mitgliedern zuvor ein Gemeinschaftsgefühl durch vorgeblich gleiche Präferenzen suggeriert wurde. Jede Seite hatte, nach einer kurzen Begegnung beider Gruppen (bei denen entweder Differenzen oder Gemeinsamkeiten diskutiert wurde) eine Entscheidungsbefugnis über die Verteilung eines mehr oder weniger erstrebenswerten Gutes – entweder zehn Murmeln (wer will die schon) oder zehn Extrapunkte für die Kursnote (für Studenten immer begehrenswert). Damit wurde die Ungleichverteilung von Macht etabliert.
Ohne jetzt zu tief in Details zu versinken: Nach den Dialogen, die auf Harmonie abzielten, hatten die benachteiligten Gruppen deutlich höhere Erwartungen, bei der Verteilung der Kurs-Punkte fair behandelt zu werden, als nach den Diskussionen der Gegensätze – sie erwarteten im Schnitt, für die vermeintliche Harmonie mit 4,4 Extrapunkten entlohnt zu werden, während die Teilnehmer der “disharmonischen” Gruppengespräche nur 3,56 Punkte im Schnitt erhofften. Doch für die privilegierten Gruppen machte dies praktisch keinen Unterschied: Ob nun die Harmonie oder die Differenzen betont wurden, machte für sie am Ende keinen Unterschied – sie behielten konsistent die Mehrheit der zehn Extrapunkte für sich und gaben nur weniger als vier an die Benachteiligten ab (die also auch weiter benachteiligt blieben). Also nicht nur hatte dieser Dialog falsche Erwartungen auf einer Seite geweckt, er hatte auch keinen signifikant messbar verbessernden Effekt bei den “Mächtigen”.
Doch ein zweiter Versuch, der unter 175 Arabern mit israelischer Staatsbürgerschaft durchgeführt wurde und unter anderem auch das Problem der extrem kurzzeitigen “sozialen Verhältnisse” im Labor-Versuch relativieren sollte, bestätigte nicht nur die These der trügerischen Verbesserungs-Erwartungen (je mehr jüdische Freunde die Teilnehmer hatten, desto mehr erwarteten sie, dass Araber in Israel generell fair behandelt werden), sondern auch die der latent drohenden sozialen Lethargie: Je mehr Kontakte sie zu israelischen Juden haben, desto weniger würden sich Araber für eine Veränderung des Status quo engagieren. Letzteres war allerdings nur mit “marginaler Signifikanz” nachzuweisen, was die Autoren zu folgendem, geradezu hoffnungsvollen Fazit veranlasst:
“Wir merken hier an, dass positive Kontakte zwischen Gruppen und Harmonie zwischen Gruppen nicht notwendiger Weise Bestrebungen nach Gleichheit untergraben. Der entscheidende Faktor hat wahrscheinlich mit der Natur des positiven Kontakts zu tun und auf welche Weise Harmonie erreicht werden soll. Während die alleinige Betonung von Gemeinsamkeiten die Aufmerksam vom Problem der Gruppen-Disparitäten ablenken kann, können Begegnungen, die sowohl gemeinsame Verbindungen als auch das Problem ungerechter Ungleichheiten zwischen den Gruppen sowohl das Verständnis zwischen den Gruppen fördern als auch die Einsicht, dass ein Wandel nötig ist.”
Zumindest für Scienceblogger und ihre Kommentatoren müsste das ja mal eine gute Nachricht sein – von ausgprägtem Streben nach Harmonie kann hier ja wirlich manchmal keine Rede sein …
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