Auf dem Blog des New-York-Times-Kolumnisten Professor Stanley Fish wird gerade um das Thema “akademische Freiheit” gestritten – und das ist ja immer für eine Diskussion gut. Aufgehängt ist die Diskussion am Fall des kanadischen Professors Denis Rancourt, Physikprofessor an der University of Ottawa, dem die Entlassung droht, weil er sich weigert, seinen Studenten Noten zu geben oder ihnen einen Lehrplan vorzuschreiben. Dabei beruft er sich ausdrücklich auf die akademische Freiheit, die ihm das Recht gebe, sich gegen Vorschriften aller Art zu widersetzen, also auch die seiner eigenen Universität.


Sicher ein Extremfall, wenn ein Professor im Prinzip darauf beharrt, dass es zu den Privilegien seines Jobs gehöre, denselben nicht gemäß den Erwartungen seines Arbeitgebers auszufüllen. Ob dieser Fall eine Diskussion auf unserer Seite des Atantik wert wäre, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber die Diskussion, die Fish seit einigen Tagen schon “schürt”, vermutlich schon. Im Kern geht es ja darum, um die akademische Freiheit, also die Freiheit der Forschung, das individuelle Persönlichkeitsrecht des einzelnen Forschers ist – oder ob es ein Privileg ist, das der Forschung als Institution gewährt wird. Die dann aber wiederum das Recht hat, im Interesse dieser Freiheit (die ja einem höheren Zweck dient, nämlich der Förderung von Bildung und Wissen) ihre eigenen Mitglieder zu disziplinieren. Fish argumentiert dabei so, dass Akademiker im Prinzip nicht mehr Rechte haben sollten als andere Arbeitnehmer – also nicht das Recht, gegegn die expliziten Interessen seines Arbeitgebers zu agieren. Als Argumentationsbasis (Fish ist Juraprofessor an der Floridas International University) bezieht er sich dabei auf das Buch “For the Common Good – Principles of American Academic Freedom“, das Ende März bei der Yale University Press erscheinen wird und das Fish selbst in einem Blogpost im November 2008 rezensiert hatte. Aber das ist natürlich eine amerikanische Sichtweise, die vielleicht nicht unbedingt auf unsere Verhältnisse übertragbar ist. Bleibt also die Frage, die ich hiermit auch mal in den deutschen Raum stellen möchte: Ist akademische Freiheit die Freiheit der Forschung – oder die des Forschers?

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Kommentare (4)

  1. #1 Jörg Rings
    16. Februar 2009

    Wird nicht gerade auch viel um akademische Freiheit gestritten, weil das der neueste shtick der Kreationisten ist, durch die Hintertür ihre Phantasien lehren zu lassen?

  2. #2 Anhaltiner
    16. Februar 2009

    Freiheit der Forschung scheint relativ zu sein wenn es z.B. um Stammzellen in Dtl. geht (Nur gut das es die ersten IPS-Zellen gibt)

  3. #3 Martin
    17. Februar 2009

    Prof. Rancourt scheint ja ein besonders angenehmer Zeitgenosse zu sein.

    “Rancourt is committed to advancing radical perspectives and to exposing institutional abuses at the University of Ottawa”
    “On the environmental side, Rancourt is critical of the environmental movement for having been largely coopted into the “global warming dominant threat myth””

    Erinnert irgendwie an einen typischen Forentroll drüben bei Primaklima…

  4. #4 Ludmila Carone
    17. Februar 2009

    Na ja. Freiheit der Foschung schon eher. Wobei auch die mit anderen Freiheiten konkurrieren muss. Das Stanford Prison Experiment z.B. ist so ein herber Eingriff in die persönliche Unversehrtheit gewesen, auch wenn man das damals nicht ahnte, dass so etwas wohl nie wieder gemacht werden wird. Freiheit der Forschung hin oder her.

    Freiheit der Forscher: Noch eingeschränkter. Das kann keine Blankokarte dafür sein, ein Mistkerl zu sein bzw. schlechte Arbeit zu leisten. Letzteres liegt bei Rancourt wohl vor.

    Die Studenten haben schließlich auch Rechte und z.B. ein Anrecht auf ein ordentliches Studium und ordentlich von ihrem Prof behandelt zu werden. Wenn Rancourt sich in Arbeitsverweigerung übt oder sich an Absprachen nicht hält, dann muss er fliegen. Das gleiche gilt, wenn man sich in Dummdreistigkeit ergeht. Schließlich haben die Studenten ein Anrecht auf ein Mindestmaß an Qualität des Studiums. Verschwörungstheorien oder theologische Abhandlung in naturwissenschaftlichen Fächern gehören da ganz sicherlich nicht dazu.