Als mir meine Frau vor einigen Monaten erklärte, unser Hausarzt habe unserem Sohn, bei dem er zuvor eine Grippe diagnostiziert hatte, Antibiotika verordnet, glaubte ich erst, dass man den guten Mann wohl noch mal auf die Uni zurück schicken müsste: Schließlich weiß ich doch, dass Antibiotika nicht gegen Viren wirken. Und als es meinem Kind danach besser ging, dachte ich erst, es sei halt nur der Placeboeffekt. Bis mich dann die gleiche Grippe erwischte und unser Doc mir im Prinzip die gleiche Behandlung anriet. Seine Begründung: Manchmal sei es halt nicht das Grippevirus, das einem am meisten zu schaffen macht, sondern eine sekundäre bakterielle Infektion. Schien mir plausibel genug, um die antibiotischen Pillen zu schlucken – und wirklich, nach zwei Tagen ging’s mir besser.
Wie sich nun zeigt, sind Antibiotika gegen Grippe keineswegs nur Placebos, und eine These, wie das Virus die Entwickung von baktieriellen Infektionen befördert, könnte erklären, warum sich eine Influenza für manche Menschen zur tödlichen Bedrohung entwickeln kann. In einem online freigeschalteten Artikel aus dem Journal of Leukocyte Biology beschreiben Dr. Kathleen Sullivan, Chefin der Abteilung für Allergien und Immunologie des Children’s Hospital of Philadelphia, und mehrere ihrer Kollegen, wie es einem Grippevirus gelingen kann, die Immunreaktion des Körpers so lahm zu legen, dass er – zum Teil für längere Zeit – extrem anfällig für sekundäre bakterielle Infektionen wie etwa eine Lungenentzündung wird. Offenbar hemmt das Virus unter bestimmten Voraussetzungen die Aktivitäten der so genannten “Toll-artigen Rezeptoren“, die gewissermaßen als “Türsteher” des Immunsystems erkennen, wenn Krankheitserreger im Körper auftauchen.
Dass bakterielle Komplikationen beim tödlichen Verlauf der Grippe eine Rolle spielen, weiß man schon lange (etwa ein Viertel aller Kinder, die an den Folgen der Grippe sterben, erliegen einer sekundären bakteriellen Infektion). Aber der Artikel zeigt auch, dass dies – entgegen der bisherigen Annhamen – nicht nur einer angeborenen oder anderweitig erworbenen, also bereits existierenden Immunschwäche zuzuschreiben ist, sondern auch das direkte Resultat der Vireninfektion sein kann.
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