Oder hätte ich das doch lieber mit Fragezeichen schreiben sollen? Denn dass ich der Idee, man müsse fossile Brennstoffe einfach durch Biosprit ersetzen und dann werde schon alles gut, skeptisch gegenüber stehe, habe ich ja schon mehrfach zum Ausdruck gebracht (hier zum Beispiel, und hier). Und darum sehe ich die Veröffentlichung des Berkeley Lab (eine Einrichtung des US-Energieministeriums), dass die “Biokraftstoffe im Kommen” sind (“The Coming of Biofuels: Study Shows Reducing Gasoline Emissions Will Benefit Human Health”), auch erst mal als Propaganda. Aber ignorieren wollte ich’s auch nicht, denn im zweiten Teil des Titels ist jedem Fall etwas Wahres drin: Das Verheizen fossiler Kohlenwasserstoff-Mixturen schädigt nicht nur potenziell unser Erdklima, sondern viel konkreter auch unsere Gesundheit.


Zugegeben, das ist nun wirklich nicht neu, denn lange bevor das Auto zum Klimaschädling wurde, war es ja schon als Luftverpester berüchtigt. Durch verbesserte Fahrzeugtechnik (Katalysatoren, Rußfilter etc.) hat sich der Ruf – und vermutlich auch die Luft der Städte – zwar gebessert, aber dass gesund wäre, was hinten aus dem Auspuff kommt, kann man bis heute wirklich nicht behaupten.

Und hier, so stellen die Berkeley-Forscher im Zuge eines “Life Cycle Impact Assessment” der langfristigen Gesundheitsschäden fest, könnte allein schon eine zehnprozentige Substitution fossiler Treibstoffe durch Biosprit die Volksgesundheit deutlich verbessern: Sie schätzen, dass dadurch jährlich der Verlust von 5000 bis 20.000 “disability adjusted life years” verhindert werden könnte (disability adjusted life years oder DALY sind die kumulative Veränderung der Lebenserwartung durch frühzeitigen Tod oder Behinderung). Den größten anteiligen Verbesserungseffekt errechneten sie, logischer Weise, für die großen städtischen Agglomerationen New York, Los Angeles und Chicago, weil hier auch die Abgaskonzentrationen durch den Autoverkehr am höchsten sind.

Hatte ich erwähnt, dass die Studie vom Energy Biosciences Institute finanziert wurde, das wiederum eine gemeinsame Einrichtung des Berkeley Lab, der University of California Berkeley, der University of Illinois und des Ölmultis BP ist, der das Institut mit 50 Millionen Dollar jährlich finanziert? Zugegeben, das Geld ist hier vermutlich besser angelegt als wenn es den Lobbyisten in Washington in die Taschen gesteckt würde. Aber wenn schon der Ersatz von zehn Prozent Benzin durch Biosprit so große Effekte haben würde – um wie viel gesünder würden die Menschen in den Städten dann leben, wenn man schlicht zehn Prozent weniger Sprit verbrauchen würde? Das ist, vor allem in Großstädten, leichter als es scheint: Einmal alle zwei Wochen nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren könnte schon mal den Berufsverkehr rein rechnerisch um zehn Prozent entlasten. U-Bahn, Fahrrad, Fahrgemeinschaften … Möglichkeiten gibt es viele.

Klar, das war sicher nicht der Auftrag der Studie, und das eine – Substitution fossiler Brennstoffe – schließt das andere, nämlich die Substitution des Autos als Transportmittel der Wahl, nicht automatisch aus. Und während ersteres relativ leicht umzusetzen wäre, weil es keine wesentlichen Verhaltensänderungen erfordert, scheitert zweiteres oft an der Bequemlichkeit der Bürger. Aber je mehr man die Bürger im Glauben lässt, dass es für alles eine technische Lösung gibt, die ihnen die Ungemach des Verzichts ersparen kann, desto mehr setzt man sich unter Druck, für alles eine technische Lösung anbieten zu müssen.

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Kommentare (2)

  1. #1 FD
    29. Mai 2009

    Gibt es eigentlich irgendwo Erkenntnisse über die Auswirkungen von alkoholbetriebenen Fahrzeugen. Ich kann mich erinnern, daß in Brasilien vor 30Jahren schon in grossem Umfang damit gefahren wurde. (Gerade ist mir klar geworden, was ich für ein alter Sack geworden bin. Hilfe!!)

    Frank

  2. #2 vivendi
    7. Juni 2009

    “Das Verheizen fossiler Kohlenwasserstoff-Mixturen schädigt nicht nur potenziell unser Erdklima”
    Und das Verheizen “biologischer” Kohlenwasserstoff-Mixturen etwa nicht? Ist fossiler Brennstoff nicht biologisch?