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Wenn Militärs Geld für die Erforschung von Blitzen ausgeben wollen und dabei auch Raketen mit im Spiel sind – das kann doch nichts Gutes heißen, oder? Sollen die sprichwörtlichen Donnerkeile zu Fernlenkwaffen entwickelt werden? Nö, aber es stimmt, dass die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) gerade ein Programm mit dem Namen NIMBUS zur Förderung ausgeschrieben hat, in dem unter anderem auch um die Entwicklung eines Raketensystems zur gezielten Auslösung von Blitzen eine Rolle spielen wird. Allerdings nicht als Waffe, sondern um beobachtbare und messbare Daten zur Blitzentstehung zu gewinnen.

(Illustration: Sebastien D’ARCO, animate: Koba-chan [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons)


Zweck des NIMBUS-Programms ist laut den Ausschreibungsunterlagen “der Schutz von Personal, Anlagen und Material vor möglichen Verletzungen, Schäden oder Störungen durch Blitzschlag”. Und dazu seien erst mal bessere Erkenntnisse über das Phänomen Blitze nötig.

An dieser Stelle muss ich zugeben, dass mir gar nicht bewusst war, wie wenig man tatsächlich über die Blitzentstehung weiß. Klar, dass sie Folge einer elektrostatischen Akkumulation in bestimmten Wolkenschichten enstehen, und bisher war man sicher, dass es nur zur Funkenentladung kommt, wenn die elektrische Feldstärke den Durchschlags-Grenzwert von 2,6 Millionen Volt pro Meter (dies ist der Wert, der in den DARPA-Unterlagen genannt wird – an anderen Stellen lese ich immer nur “ungefähr drei Millionen” V/m) überschreitet – aber offenbar hat bisher niemand Felder in dieser Stärke in Gewitterwolken nachweisen können. Auch zur Ausbreitung des Blitzes durch einen Blitzkanal, der im Prinzip einer Trittleiter mit Stufen von etwa 50 Metern Länge ähnelt, aber mehrere Kilometer lamg sein kann, gibt es offenbar nicht viele unbeantwortete Fragen.

Nun, die Antworten sollen jetzt mit militärischen Forschungsgeldern gefunden werden. Konkret geht es um (Wortlaut der Ausschreibung):

• An experimentally validated, quantitative model of the natural lightning process, including initiation, propagation, and attachment;
• An experimentally validated, quantitative model of the rocket-triggered lightning process, including initiation, propagation, and attachment;
• An experimentally validated quantitative model describing the triggering of transient luminous events (TLEs), lightning-induced electron precipitation, and related ionospheric phenomena;
• A quantitative model of any other process that is demonstrably fundamental to the understanding of physical phenomena associated with lightning;
• An optimal strategy to reduce the probability of lightning strikes in a given area in the presence of a thunderstorm.

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Kommentare (1)

  1. #1 Karl Mistelberger
    18. Dezember 2009

    Der Lösung kam man schließlich
    1992 näher. Gemeinsam mit Gennady
    M. Milikh von der Universität von Maryland
    in College Park und Robert Roussel-
    Dupré vom Los-Alamos-Nationallaboratorium
    entwarf Gurevich das so genannte
    RREA-Modell (Relativistic Runaway Electron
    Avalanche), das eine relativistische
    Lawine aus Ausreißerelektronen betrachtete.
    In diesem Szenario erzeugen die
    Elektronen selbst durch heftige Zusammenstöße
    mit Luftmolekülen weitere
    energiereiche Elektronen, die ihrerseits
    mit Luftmolekülen zusammenprallen und
    noch mehr hochenergetische Elektronen
    erzeugen. Das Resultat ist eine Lawine
    stark beschleunigter Elektronen, die mit
    der Zeit und der Entfernung exponentiell
    anwächst. Da dieser Prozess sogar von einem
    einzigen energiereichen Anfangselektron
    angestoßen werden kann, reichen die
    allgegenwärtig stattfindenden radioaktiven
    Zerfälle und Kollisionen der kosmischen
    Höhenstrahlung mit Luftmolekülen
    völlig aus, eine Lawine von Ausreißerelektronen
    in Gang zu setzen. Und
    solange sich die Lawine in einem starken
    elektrischen Feld bewegt, wird sie immer
    weiter anwachsen, bis sie schließlich zu
    einer Runaway-Entladung führt.

    Im Gegensatz zur älteren Vermutung
    Gurevichs kommt dieses neue Modell
    mit einem elektrischen Feld aus, das nur
    etwa ein Zehntel der für eine konventionelle
    Entladung in trockener Luft benötigte
    Feldstärke aufweist. In den für Gewitterwolken
    typischen Höhen, in denen
    die Luftdichte viel geringer ist als auf
    Meeresniveau, beträgt das für diese Art
    der Runaway-Entladung benötigte elektrische
    Feld ungefähr 150 000 Volt pro
    Meter, was durchaus innerhalb der in
    Gewitterwolken gemessenen Werte liegt.
    Tatsächlich ist das wohl kein Zufall, denn
    stärkere Felder sollten meinen Berechnungen
    zufolge durch eine Runaway-
    Entladung zusammenbrechen.

    aus: https://www.wissenschaft-online.de/artikel/833419 (kostenfrei)