Ich kann von hier aus leider nicht beurteilen, ob die Affäre um den “watschenden” Ex-Bischof Mixa eine Debatte über körperliche Züchtigung in der Erziehung nach sich gezogen hat – aber ich weiß, dass zumindest in diversen Kommentaren das “Argument” auftauchte, dass Schläge damals üblich gewesen seien und überhaupt eine “Watsch’n” doch noch nie jemandem geschadet hätte … Bleiben wir einfach mal bei Letzterem: Dazu gibt’s eine passende Studie, die in der Mai-Ausgabe des US-Fachmagazins Pediatrics erscheinen wird (den Abstract findet man hier, eine erläuternde Pressemitteilung), die ganz einfach besagt, dass Kinder, die geschlagen werden, später zu größerer Aggression neigen.
So viel also zum von Verteidigern der körperlichen Züchtigung oft vorgeschobenen Pauschalargument “Ich habe damals auch Schläge bekommen, und die haben mir nicht geschadet”.
Da dies ein “Argument” ist, mit dem (und den daraus resultierenden Prügeln) ich selbst als Angehöriger einer Vor-68-er-Generation aufgewachsen bin, erlaube ich mir hier eine ganz persönliche Anmerkung: Nein, bisher hat mich niemand als verhaltensauffällig oder gar verhaltensgestört eingestuft, ich habe kein Vorstrafenregister, und ich bin in der Lage, meinen Sohn zu erziehen, ohne Hand an ihn zu legen. So gesehen, hat es mir “nicht geschadet”. Darüber, ob und wie etwas in meinem Leben vielleicht anders verlaufen wäre, wenn ich nicht beispielsweise die Ohrfeige einer geifernden Nonne – sie leitete den Kindergarten, den ich besuchte, und der Schlag ins Gesicht traf mich, weil ich in einem Moment allgemeiner Unruhe (gibt’s eigentlich in einem Kindergarten auch andere) der gereizten Ordensfrau gerade passend im Weg stand – zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen zählen könnte, will ich gar nicht spekulieren, denn dazu müsste ich erst mal mit meinem Leben unzufrieden sein. Es ist auch beinahe ironisch, dass die Pauschalrechtfertigung oft unmittelbar vor oder nach einer aktiv ausgeführten Prügel-Bestrafung zu hören war. Von wegen, nicht geschadet: Wer als körperlich vielfach überlegener Erwachsener auf kleine Kinder einschlägt, hat definitiv einen Schaden!
Aber zurück zu der Studie, die auf der Auswertung von 2461 Fragebögen der Princeton-Langzeitstudie über Fragile Families and Child Well-Being beruht und die unter der Federführung von Catherine A. Taylor, Professorin am Institut für Community Health Sciences erstellt wurde. Erste Erkenntnis: Mehr als die Hälfte der Frauen (54,4 Prozent) gab zu, ihre Kinder zu schlagen. Nur 45.6 Prozent der befragten Mütter dreijähriger Kinder hatte ihre Kleinen nie geschlagen; 27,9 Prozent gaben an, dass im vorangegangenen Monat ihr Kind ein oder zwei Mal geschlagen hätten, die verbleibenden 26,5 Prozent “langten” mehr als zwei Mal hin. Und dabei geht es nicht um exzessive Formen der Züchtigung, sondern um “Spanking” – also das, was man gemeinhin “den Hintern versohlen” nennen würde.
Dank der verfügbaren Datenmenge konnten bei der Auswertung auch andere in der Mutter ausgeprägten Faktoren, die potenziell das Aggressionsniveau bei Kindern steigern können, ausgefiltert werden: Trunk- oder Drogensucht, beispielsweise, oder Misshandlung durch den Lebensgefährten, oder Depressionen, selbst die Frage, ob sie während der Schwangerschaft eine Abtreibung erwogen hatte. Selbst wenn all dies berücksichtigt wurde, zeigte sich, dass die Kinder, die als Dreijährige häufiger geschlagen wurden, mit um etwa 50 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit im Alter von fünf Jahren selbst aggressives Verhalten zeigen.
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