Physik ist sicher nicht jedermanns Sache, aber da wir im Deutschen den “Siphon” – so, wie der Begriff im Englischen gebraucht wird – als “Saugheber” übersetzen, hätten selbst jene unter uns, die im Unterricht damals nicht aufgepasst hatten, vermutlich schon Verdacht geschöpft, dass an der Definition des Wortes Siphon im Oxford English Dictionary etwas nicht stimmen kann:
“A pipe or tube of glass, metal or other material, bent so that one leg is longer than the other, and used for drawing off liquids by means of atmospheric pressure, which forces the liquid up the shorter leg and over the bend in the pipe.”
Zu deutsch: ein Rohr als Glas, Metall oder anderem Material, so gekrümmt dass ein Ende länger ist als das andere, und dazu verwendet, Flüssigkeiten mit Hilfe des atmosphärischen Drucks abzusaugen, der die Flüssigkeit das kürzere Ende hinauf und über die Krümmung des Rohres gezwängt wird.
Aha, der atmosphärische Druck macht das also?
Seit etwa einem Jahrhundert steht’s so da: Der Luftdruck presst die Flüssigkeit ins Rohr, von dort erst mal aufwärts, dann hinab zur niedrigeren Ebene (wo der Druck, ganz nebenbei, natürlich etwas höher ist als auf der höheren Ebene). So steht’s auch heute (12.5.2010) auf der Online-Version des Lexikons, das als das maßgebliche Wörterbuch der englischen Sprache gilt, und auf das sich dann wiederum zahlreiche andere Wörterbücher – online und in Print – beziehen, unter anderem auch Amerikas maßgebliches Nachschlagewerk Merriam-Webster.
Der Haken ist nur: Es ist nicht der atmosphärische Druck, sondern der hydrostatische als ein Resultat der Schwerkraft; das Gewicht der längeren Wassersäule “zieht” – mit Hilfe der Kohäsion der Wassermoleküle, die ein Abreißen des Flusses verhindern – die kürzere Wassersäule über das Hindernis. Das gleiche würde, wie der Physikdozent Dr. Stephen Hughes, der an der Queensland University of Technology unterrichtet, in einem internen Paper für seine Studenten demonstriert hatte, auch mit einer Kette und einer Rolle funktionieren.
Dessen ist sich nun auch die Redaktion des OED bewusst, die Hughes seither bereits angeschrieben und auf den Fehler aufmerksam gemacht hat. Die Pressesprecherin des OED bei der Oxford University Press, Margot Charlton, entschuldigte sich bei Hughes mit der Erklärung:
The OED entry for siphon dates from 1911 and was written by editors who were not scientists. Our files suggest that no-one has queried the definition before.
Der OED-Eintrag für Siphon stammt aus dem Jahr 1911 und wurde von Redakteuren geschrieben, die keine Wissenschaftler waren. Unsere Unterlagen legen nahe, dass niemand bisher die Definition in Frage gestellt hatte.
In der nächsten Ausgabe soll der Saugheber dann korrekt beschrieben werden.
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