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Ich denke mal, dass ich mich in der Reihe der Leute, die nicht viel von Craig Venter halten (muss ich dem Mann jetzt wirklich einen Link spendieren – näh!), gaaanz weit hinten anstellen müsste, hinter echten Biologen, Chemikern, Biochemikern, eigentlich Forschern aller Art. Was ich von ihm halte, wird also die Fachwelt etwa ebenso beeindrucken wie ein Niesen im Sturm. Aber es ist Freitagabend, und darum will ich noch vor dem Wochenende den Gedanken Luft machen, die mir als Reaktion auf Venters Ankündigung, eine Zelle “geschaffen” zu haben, durch den Kopf gingen. Eigentlich ist es gar nicht so sehr die Ankündigung selbst, sondern die Rezeption der Nachricht, die sich ziemlich gut in der Coverstory des aktuellen Economist manifestiert: “And man made life” – die Idee, dass hier Leben neu “geschaffen” wurde.

Was natürlich nicht nur die Frage nach dem aufwirft, was Leben ist (worüber zum Beispiel auch Erwin Schrödinger nachgedacht hatte), sondern vor allem auch: Was ist “Schaffen”? Ab wann ist man ein kreativer “Schöpfer” von etwas völlig Neuem, das die Welt noch nie gesehen hat, im Gegensatz zu einem Nachahmer, Weiterentwickler, Um- oder Abschreiber, Kopierer, Plagiator, oder was man sonst noch als Synonym hier einsetzen könnte?

Die Frage ist nicht unbedingt eine wissenschaftliche, das ist klar: Aus wissenschaftlicher Sicht war die jüngste Errungenschaft von Venter und seinem Mit-Entwickler, Dr. Hamilton Smith eine Novität; die Veröffentlichung in Science mag dafür allein schon als Prüfstempel genügen. Aber ist der technische Vorgang, eine DNA-Sequenz aus bekannten Bausteinen (und bekannten Mustern folgend) zu synthetisieren und in einen vorhandenen – wenn auch entsprechend modifizierten – Zellkörper zu implantieren und daraus ein reproduktionsfähiges Bakterium zu erzeugen, ein kreativer Vorgang?

Wie schon gesagt, ich bin kein Fan von Craig Venter, da ich – und nicht nur ich – stets das Gefühl habe, dass er mehr Showman als Wissenschaftler ist, der André Heller der Biotechnologie, gewissermaßen (dass er unter den 24 Co-Autoren des Science-Artikels als letzter genannt wird, der folglich als “Gibson et al.” zitiert wird, ist nicht wirklich ein Zeichen von Bescheidenheit, da alle Beteiligten an seinem nach sich selbst benannten Institut beschäftigt sind und er als Hauptverfasser identifiziert ist). Und vermutlich bin ich daher überkritisch. Aber ich wüsste schon ganz gerne, was die schöpferische Leistung hier ist.

Nehmen wir mal als Analogie den Autobau: Die meisten Blechschlitten, die heute über die Straßen rollen, werden von Herstellern gebaut, die es schon seit Jahrzehnten gibt, die heutige Daimler AG zum Beispiel geht auf die vor rund 120 Jahren gegründete Daimler-Motoren-Gesellschaft zurück. Und selbst die ersten Motorenwagen fielen nicht aus dem heiteren Himmel, sondern nutzten technische Elemente (Räder und Achsen, um mal die offensichtlichsten Bestandteile zu nennen), die schon lange vorher entwickelt wurden. Die heutigen Autos als Abkömmlinge einer Evolutionsreihe zu beschreiben, die alle auf ältere Vorfahren zurück gehen, wäre sicher eine erlaubte Metapher.

In dieser Analogie hat Venter also auf vorhandene Bauelemente zurück gegriffen, die er in einer zwar minimalistischen, aber ansonsten keineswegs radikal anderen Weise kombiniert hat. Das Modell, das er dabei konstruiert hat, ist zwar neu, aber der Bauplan als solcher folgt den bekannten Prinzipien. Diesen neuen Prototyp lässt er dann in einer ausrangierten Machinenfabrik, die zu diesem Zweck umgebaut wurde, in Serie fertigen. Hat er damit das Auto neu erfunden? Selbst so vergleichsweise drastische technische Neuausrichtungen wie beispielsweise die Tesla-Elektroautos oder der Smart würden nie als “Neu-Erfindung des Autos” gefeiert.

Also nochmal: Hat Venter nun Leben “neu” geschaffen, oder hat er es nachgebaut? Ob ich nun mein Auto von einem alteingesessenen Hersteller beziehe oder mir die Pläne besorge, ein paar Modifikationen mache und das Produkt dann von einem Maschinenbauer fertigen lasse, macht zwar einen Unterschied bei den kosten, dem Aussehen und wahrscheinlich der Fertigungsqualität – das Auto hätte ich im zweiten Fall aber trotzdem nicht neu erfunden. Ich habe bestenfalls ein neues Modell geschaffen. Im gleichen Sinn hat Venter mit seinen Kollegen kein neues Leben geschaffen, streng genommen nicht mal ein neues Lebewesen (die übernommene Zellhülle, nebst den mitgelieferten Ribosomen etc. ist einfach zu wesentlich für den gesamten Prozess). Sein Produkt nutzt die bekannten Bausteine und folgt den bekannten Regeln – genauer gesagt, ohne die kenntnis dieser Regeln wäre es vermutlich gar nicht denkbar. Es ist eher reverse Engineering als eine schöpferische Leistung. Und ob es eine Verbesserung darstellt, bleibt dabei sowieso erst mal völlig unbeantwortet.

Die Sorgen, die der Ecomonist in seinem Leitartikel anspricht und die mit dem Missbrauch der Technologie zu tun haben, teile ich eher nicht:

The Home Brew computing club launched Steve Jobs and Apple, but similar ventures produced a thousand computer viruses. What if a home-brew synthetic-biology club were accidentally to launch a real virus or bacterium? What if a terrorist were to do the same deliberately?
Zu deutsch: Der Home-Brew-Computerclub lancierte Steve Jobs und Apple, aber ähnliche Unterfangen erzeugten tausende von Computerviren. Was nun, wenn ein heimgebrauter Synthetik-Biologie-Club aus Versehen ein Virus oder ein Bakterium freisetzt? Was, wenn ein Terrorist das gleiche mit Absicht täte?

Die simple Antwort: Diese Angst müssen wir sowieso haben, denn mit dem Gencode wird – natürlich und im Labor – eh’ schon täglich millionenfach (sag’ ich jetzt mal, ohne dies recherchiert zu haben) manipuliert, und Mutationen passieren praktisch pausenlos; und wozu soll ein Terrorist sich lange die Mühe machen, künstliche Viren zu fertigen, deren Wirkungen er nicht kennt, wenn es schon mehr als genug echte Viren mit bekannten fatalen Folgen gibt? Venters Neuerung wird dieses Risiko sicher nicht wesentlich erhöhen …

Nein, eigentlich will ich die Leistung der Forscher gar nicht schmälern: Sie haben etwas erreicht, woran sie seit Jahren arbeiten. Und sie haben es publiziert, anstatt es einfach nur zu patentieren. Aber Leben geschaffen – oder gar Gott gespielt (eine Lieblingsmetapher der Medien, der übrigens auch der sonst eher kühlköpfige Economist nicht widerstehen konnte) – haben sie nicht.

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Kommentare (28)

  1. #1 KommentarAbo
    22. Mai 2010

  2. #2 Wb
    22. Mai 2010

    Craig Venter ist erst einmal ein guter Kaufmann und Bearbeiter der Öffentlichkeit. Das Zusammenstellen neuer DNA ist ein kreativer Akt, was geschaffen worden ist, bleibt unklar, das weiß Venter auch nicht, er hat halt etwas ausprobiert und es war lebensfähig bis zu einem gewissen Grad.

    Es ist oft von der Entschlüsselung oder Entzifferung der DNA die Rede, gemeint ist hier die Erfassung, d.h. aber nicht, dass man über den Sinn der erfassten Daten viel weiß.

    RE liegt hier wohl nicht vor, was stört Sie am Lebensschöpfertum Venters?
    Den Wb stört ziemlich stark, dass das böse enden kann – allerdings dürfte das meiste ( eigentlich alles 🙂 Zeug, das entsteht keine Chance haben, jedenfalls nicht wenn die Abweichungen grösserer Art sind…

  3. #3 Wb
    22. Mai 2010

    Aha, Sie meinen es wird gestümpert, man weiss nicht was gemacht wird, es ist nur pseudo-kreativ, vergleichbar mit den normalen Mutationen, OK.., aber ein wenig anders isses schon, oder?

  4. #4 Dr. Glukose
    22. Mai 2010

    So, der erste Artikel auf ScienceBlogs nach Venters nächstem Paukenschlag. Nun möchte ich meinen Senf dazu geben: Ich glaube Herr Schönstein, so sehr sie Craig Venter nicht mögen (warum eigentlich nicht?), verstehen sie den Meilenstein der Forschung und Wissenschaft nicht, der hier gerade passiert ist und den sie mitbekommen haben! Haben sie sich das Paper durchgelesen? Alleine die Introduction zeigt auf, was für eine Arbeit in dieser Veröffentlichung steckt. Ich glaube, sie lehnen sich in diesem Artikel zu weit aus dem Fenster! Den man kann nicht “einfach” Bauteile nehmen und sie “einfach” so zusammensetzen. Das geht in der Biologie eben nicht!
    Zu ihrer Aussage

    Aber Leben geschaffen – oder gar Gott gespielt (eine Lieblingsmetapher der Medien, der übrigens auch der sonst eher kühlköpfige Economist nicht widerstehen konnte) – haben sie nicht.

    kann ich nur sagen: Wer die Methode entwickelt, ein künstliches Chromosom herzustellen, was für dieses Experiment nötig war. Es mit Hefe synthetisch herstellen lässt und aus vielen vielen “toten” Bauteilen ein richtiges lebendes Bakterium herstellt, dass sich teilen kann, der hat in der Tat Leben erschaffen!

    Ich wünsche mir, dass sie sich folgendes Essay zu dem Thema durchlesen, damit ihnen bewusst wird, was für eine Glanztat hinter dem Forschungsprojekt steckt, da ich hier nicht alles zitieren möchte: Synthetic Genome Brings New Life to Bacterium by Elizabeth Pennisi

    Sie schreiben mir viel zu abwertend über Craig Venter und sein Institut, dabei sind das genau die Leute, die die Biologie und die Forschung braucht, um der Gesellschaft einen Einblick ins Leben eines Wissenschaftlers zu geben. Nebenan bei Ernst Peter Fischer war ja schon die Rede, dass der Wissenschaft die mordernen Gesichter fehlen. Nun, hier sind sie und sie zeigen, dass man auch in der Forschung einiges erreichen kann, was sehr spannend ist. Schliesslich ist das Ziel von Venter die Erschaffung von Bakterien mit Eigenschaften, die uns Menschen helfen. Primär die Produktion von “Biofuels”.

    Ihre Auto-Analogie finde ich sehr daneben und ihre Frage

    Hat er damit das Auto neu erfunden?

    sowieso, schliesslich mussten die Wissenschaftler erst einmal eine Methode entwickeln, um 1.08Mb (1.080.000 Basenpaare) durch viele kleine DNA-Schnipsel mit einer Länge von 1080 Basenpaaren herzustellen. Er hat das Auto also doch neu erfunden!

    Sie machen es sich viel zu leicht “nehmen wir dort und hier ein paar Bauteile und setzen sie zusammen”, wenn sie das Paper und das Essay lesen, sollte ihnen klar werden, das dies eben nicht so ist.

    Die simple Antwort: Diese Angst müssen wir sowieso haben, denn mit dem Gencode wird – natürlich und im Labor – eh’ schon täglich millionenfach (sag’ ich jetzt mal, ohne dies recherchiert zu haben) manipuliert, und Mutationen passieren praktisch pausenlos

    Dass das Wort Bioterrorismus fällt, war klar, war schon immer klar, wenn es sich um “neue Technologien” handelt. Die synthetische Biologie ist aber streng genommen keine Technologie. Bis es aber soweit kommt, müssen die Terroristen erst einmal seeeehr viel pauken, sich dann ein Team zusammenstellen, sich finanzieren und und und. Es ist also eine Illusion, das dies in nächster Zeit passieren wird, wenn überhaupt.
    Im Labor wird in der Tat viel gemacht, es wird viel manipuliert und modifiziert. Es ist also in dem Sinne nichts Neues. Neu ist “nur” das erstmals ein künstliches Chromosom hergestellt wurde, es “nur” in eine Hülle gesteckt wurde und diese “nur” zum leben erweckt wurde.

    Ihr Blog war bisher astrein, dieser Artikel ist es meiner Meinung nach nicht. Bitte nehmen sie meine Kritik an und informieren sich das nächste mal besser.

    Mit ihrer Abschlussbemerkung

    Nein, eigentlich will ich die Leistung der Forscher gar nicht schmälern: Sie haben etwas erreicht, woran sie seit Jahren arbeiten.

    haben sie sich gerade noch so gerettet ;-P

  5. #5 Peggy
    22. Mai 2010

    @Wb
    Also so wie ich den Artikel verstanden habe kritisiert er in erster Linie die mediale Aufbereitung des Themas und die persönliche Antipathie des Autors gegenüber Craig Venter ist mehr das Salz in der Suppe.

    Sie schreiben: »Bis es aber soweit kommt, müssen die Terroristen erst einmal seeeehr viel pauken, sich dann ein Team zusammenstellen, sich finanzieren und und und. Es ist also eine Illusion, das dies in nächster Zeit passieren wird, wenn überhaupt.«
    Schon mal von den sog. Raelinanern gehört? Das ist eine Sekte die bereits mehrfach behauptet hat, erfolgreiche Klonversuche mit Menschen unternommen zu haben. Sicherlich wird da einige Übertreibung dabei sein, aber es ist doch unübersehbar, daß es für eine Gruppe möglich ist finanzielle Mittel, Gebäude, Geräte und ein Team zusammenzustellen. Daß dabei ernsthafte Forschung geschieht kann getrost angezweifelt werden, aber die Umsetzung einmal bekannter Verfahren stellt wohl nicht das Problem dar.

  6. #6 Jürgen Schönstein
    22. Mai 2010

    @Dr. Glucose
    Kritik nehme ich immer an. Warum ich Venter nicht besonders schätze, will ich hier jetzt nicht im Detail ausführen (ist ja auch meine Privatsache – zumindest mache ich kein Geheimnis draus). Aber mein Beitrag richtete sich gar nicht primär gegen Venter und seine Arbeit, sondern:

    Eigentlich ist es gar nicht so sehr die Ankündigung selbst, sondern die Rezeption der Nachricht, die sich ziemlich gut in der Coverstory des aktuellen Economist manifestiert

    Und ja, vielleicht bin ich überkritisch, aber die Kombination der Begriffe “Leben” und “geschaffen” sollte man wirklich nur sehr, sehr vorsichtig (besser: gar nicht) benutzen, finde ich. Die Betonung liegt hier aber, wie bei allen meinen Blogbeiträgen, auf finde ich.

  7. #7 Jürgen Schönstein
    22. Mai 2010

    @Wb

    Aha, Sie meinen es wird gestümpert, man weiss nicht was gemacht wird, es ist nur pseudo-kreativ, vergleichbar mit den normalen Mutationen,

    Nein, mein Vergleich mit den normalen Mutationen bezog sich darauf, dass ich angesichts der natürlichen Mutabilität der DNA das zusätzliche Risiko, das durch direkte menschliche Manipulationen (im Gegensatz zum Beispiel durch die gewollten und ungewollten “Züchtungseffekte”, die z.B. auch durch Umweltbeeinflussungen entstehen können) hinzu kommt, für überschaubar halte. Vielleicht hätte ich es klarer sagen sollen: Wir müssen uns nach dieser Entwicklung nicht mehr fürchten als vorher.

  8. #8 Dr. Glukose
    22. Mai 2010

    @Jürgen Schönstein: Ja, die Presse hat zahlreiche und verschiedenste Überschriften zu Venters neuestem Durchbruch. Das ist schon immer so gewesen. In normalen Tageszeitungen und Internetdiensten wird zwar zuerst sachlich berichtet und gesagt, es sei etwas Großes in der Biologie passiert, aber am Ende landet man immer wieder bei Bioterror, Missbrauch der Studie, neues Leben was uns schädigen könnte und und und. Schaut man dann auf Homepages von bekannten wissenschaftlichen Journals und Wissenschafts-Seiten und -Blogs dann wird klar, dass man sich dort eher auf das wissenschaftliche Erreichte zielt. So muss es auch sein. Ich glaube, die kritische Interpretation der Presse färbt auf Craig Venter ab bzw. nervt, womit man ihn selber dann auch nicht mehr leiden kann, obwohl es nicht auf seinem Mist gewachsen ist. Er weiss zwar, wie man sich vermarktet, aber die Öffentlichkeit macht es ihm nicht schwer, da man dank ihm viele Stories schreiben kann. Ob jetzt negativ oder positiv. Blickt man rüber zum LHC, so ist es dort nicht anders, aber jeder weiss, was für ein geniales Mammut-Experiment das ist. Man sollte die richtigen Informationen filtern und dann auch zum Schluss kommen, dass das was Vente rund sein Team macht, ebenfalls genial ist (zumindest für die, die es interesiert).

    Vielleicht war ich in meinem ersten Post ein wenig zu hart mit ihnen, aber ich war einfach etwas sauer, wie man so eine Leistung nicht schätzen kann, ich verstehe am heutigen Tag ihren Standpunkt aber besser! Für mich ist es ganz klar, dass er Leben geschaffen hat, wieso sollte man diesen Ausdruck also nicht verwenden? Schliesslich bin ich nicht in der Kirche und glaube an Gott als einzigen Schöpfer. Ich denke aber, wenn man den Term “Leben erschaffen” verwendet, landet man ziemlich schnell in einer Gott- und Kreationsdiskussion, vielleicht ist es ja das, was ihnen nicht passt?! Könnte ich dann verstehen!

    Menschliche Manipulation spielen sich übrigens, wie sie ja schon angemerkt haben, millionenfach in Laboren ab, deswegen darf die Presse keinen Hehl daraus machen, dass jetzt durch “menschliche Hand” ein Bakterium zum “leben erweckt wurde”. Da wird stark übertrieben. Im Grunde genommen, ist es nichts ein genetischer Eingriff, was in diesem Sinne nichts Neues ist. Wie PZ Myers nebenan auf seinem Blog ebenfalls sagt, die Angst um Bioterror und Methodenmissbrauch ist zur Zeit absolut nicht begründet, da die Sache so komplex ist, dass kein normaler Terrorist das nachstellen kann (ich drück das jetzt einfach mal so simpel aus).

    Es wird durchaus noch ein Jahrzehnt und mehrere vergehen, bis Venter an seinem Ziel angelangt ist: Nämlich dieses mal wirklich “neues Leben” mit “neuen Eigenschaften” zu “kreieren”. Hinter seiner Person ist schliesslich sehr viel guter Willen vorhanden: CO2 reduzieren, effizienterer Abbau von anorganischem Material, bessere medizinische Versorgung für den Menschen, effizientere Lebensmittelproduktion, etc. Menschen vergessen dies leicht, wenn sie nur Überschriften lesen wie “Der Bioterror ist da”.

  9. #9 Alexander
    22. Mai 2010

    Eine kleine Anmerkung bzgl. der Autorenreihenfolge: Hätte Venter wirklich bescheiden sein wollen, müsste sein Name irgendwo in der Mitte stehen. In den Naturwissenschaften ist es üblich, den Doktoranden oder Postdoc, der die Hauptarbeit gemacht hat, als Erstautor zu nennen. Ganz hinten steht dann der Chef, der mitdiskutiert hat, und vor allem Labore und Geld zur Verfügung gestellt hat. Der Rest verteilt sich dann in der Mitte.
    Davon abgesehen kann ich diese weit verbreitete Abneigung gegenüber Venter (da gehören auch ein paar meiner Kollegen dazu) echt nicht nachvollziehen. Sobald man akzeptiert, dass er kein Wissenschaftler, sondern Geschäftsmann ist, der aber Wissenschaft erfolgreich betreibt, dann ist er gar nicht mehr so schlimm. 😉

  10. #10 Wb
    22. Mai 2010

    @Schönstein
    Jaja, i.p. Risikobewertung gehen wir erst mal konform, no prob, das was den Baeren interessiert [1] ist Ihre Nichteinschätzung als kreativer Akt, vgl. auch Ihren Verweis auf das Reverse Engineering.

    MFG
    Wb

    [1] und warum der sich überhaupt erst gemeldet hat

  11. #11 NewHm
    22. Mai 2010

    Aus einer höheren Warte…

    Das ist der erste Schritt Dank dem wir Menschen, eines Tages, selbst zu Schöpfern einer neuen Menschheit, irgendwo, auf einem anderen Planeten, werden. ‘Die Botschaft der Außerirdischen’ (oder ?Intelligent Design?, engl. Übersetzg), enthüllt wie wir von anderen Menschen (!) erschaffen wurden (das Buch ist auf rael.org kostenlos downloadbar)…

  12. #12 Wb
    22. Mai 2010

    Höhö, Intelligent Design ist es noch nicht, die Adjektivierung wäre falsch, aber Kreationismus schon – lasset uns niederknien vor Lord Venter!
    MFG, Wb

  13. #13 fatmike182
    23. Mai 2010

    Ich möchte den Artikel nicht vorenthalten
    Guardian.co.u — Craig Venter: The dazzling showman of science

  14. #14 Jürgen Schönstein
    23. Mai 2010

    @Wb (und alle)

    was den Baeren interessiert [1] ist Ihre Nichteinschätzung als kreativer Akt, vgl. auch Ihren Verweis auf das Reverse Engineering.

    Wie gut, dass es Nachfragen gibt – das erlaubt, den eigenen Standpunkt etwas klarer zu definieren. Selbstverständlich erfordert der Zusammenbau eines künstlichen Organismus eine Menge intellektueller Energie, und vermutlich – dafür bin ich kein Fachmann – eine Vielzahl origineller und kreativer Ideen. Es ging mir aber um den Aspekt des “Leben schaffen” – Leben im generellen Sinn, nicht nur reduziert auf “etwas Lebendiges”. Hier wurde ein Bakterium nachgebaut, also ein vorhandener Bauplan befolgt. Was aus technischer und methodischer Sicht bestimmt eine enorme Leistung ist – aber das Leben an sich wurde dadurch nicht neu erfunden. Es wurde kein neues Bakterium entwickelt, sondern eine neue Methode, bereits bekannte Bakterien zu bauen. Und das sage ich nicht, um Venter et al.’s Leistung zu schmälern, sondern um der bereits manifestierten Medien-Perzeption, hier werde “Gott gespielt”, zu widersprechen. DAS LEBEN ist komplexer als ein einzelner Organismus. Wird es jetzt klarer, worauf ich hinaus will?

  15. #15 LeviCevita
    25. Mai 2010

    Also mir ist egal wie unsympathisch, berechnend oder medienwirksam dieser Mann rüberkommt.
    Er ist Wissenschaftler und da sind Fakten und Ergebnisse alles was zählt.
    Macht er seine Arbeit gut ? Dann soll er von mir aus aus einer Ferienvilla auf den Bahamas forschen umringt von 20 Butlern. Solang am Ende ein anständiges Paper rauskommt dessen Ergebnisse die Menschheit irgendwie weiterbringen könnten.

  16. #16 Jörg W.
    29. Mai 2010

    so als Gegengewicht:
    Ich lese mich da gerade ein und ziehe jetzt mal Zwischenbilanz:
    Venter ist super! Ich bin nur deshalb kein Fan, weil ich nie Fan von irgendwas bin, aber der Typ ermöglicht beste Wissenschaft und schafft es, Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu bringen. Er erfüllt also sowohl die inhaltliche Aufgabe von Wissenschaft als auch ihre soziale Aufgabe, das Wissen an die Gesellschaft weiterzugeben. Also: Beifallklatsch, die Welle und mögen sich die Neider vor Neid in den Gluteus maximus beißen ;-)!!

  17. #17 Ulrich Berger
    29. Mai 2010

    Hat CV Leben geschaffen?? Das Laborjournal weiß die Antwort…
    https://www.laborjournal.de/editorials/432.html

  18. #18 Ulrich Berger
    29. Mai 2010

    Hat CV Leben geschaffen?? Das Laborjournal weiß die Antwort…
    https://www.laborjournal.de/editorials/432.html

  19. #19 michael
    30. Mai 2010

    @Ulrich Berger· 29.05.10 · 12:30 Uhr
    > Hat CV Leben geschaffen??

    Einmal dafür Reklame machen, hätte es auch getan.

  20. #20 Ulrich Berger
    30. Mai 2010

    @ michael:

    Sagen Sie mal, tragen Sie Ihre Unterhose am Kopf? Ist Ihnen sicher noch nie passiert, so ein Versehen.

  21. #21 S.S.T.
    30. Mai 2010

    @michael

    Die Kommentarfunktion bei den SB reagiert mitunter etwas merkwürdig; wenn Sie öfter kommentieren, werden Sie verstehen was ich meine. Das beste wäre es, wenn der jeweilige Blogger Doppelposts kommentarlos löschen würde.

    @Ulrich Berger

    Nach dem Lesen des SPON-Artikels kam mir ähnliches in den Sinn, wie in dem verlinkten Artikel beschrieben. Ich finde das Zitat dort aus der FAZ bringt es auf den Punkt.

    Was mich dort stört ist, dass man sich mal wieder über die lange Autorenliste mokiert. Abgesehen davon, dass ich es gut finde, wenn jeder, der einen Anteil daran hat, auch als Autor genannt wird (was keineswegs üblich ist), was glaubt der Schreiber denn wie Hightech-Forschung aussieht? Lebt er noch in dem Hollywood-Klischee, wo ein verrückter Prof. mit ein paar Reagenzgläsern und einem Bunsenbrenner einen Homunculus erschafft? Selbst wenn Venter keinen Finger gekrümmt hat, dürfte er dennoch der Kopf hinter der Arbeit sein und ein ‘Venter wars’ ist für mich bis zum Beweis des Gegenteils zutreffend.

    Erinnert ein wenig an die rhetorisch gemeinte Frage: “Wer baute das siebentorige Theben?” Hinweis: Es waren NICHT die Maurer.

  22. #22 Ulrich Berger
    30. Mai 2010

    @ S.S.T.:

    Der Autor mokiert sich doch nicht über die lange Autorenliste, er mokiert sich darüber, dass die Presse sich nicht einmal dazu aufraffen kann, “Ein Forscherteam um Craig Venter…” zu schreiben. Dass CV alleine “die Idee” hatte, dafür sehe ich bisher auch keine Belege. Er ist halt Letztautor, das ist alles.

  23. #23 Alexander
    30. Mai 2010

    @Ulrich Berger:
    Genau dieses Argument könnte man doch aber auch problemlos beim Nobelpreis bringen. Viele Leute arbeiten gemeinsam, der principal investigator wird gelobt. Es wäre zwar schön, wenn sich an so einer Sicht etwas ändern würde, vielleicht sogar angefangen in den Medien. Aber mittlerweile hab ich mich, der ja selbst da drin steckt, dran gewöhnt.

  24. #24 Ulrich Berger
    30. Mai 2010

    @ Alexander:
    Ist das so beim Nobelpreis? Beim “Wirtschaftsnobelpreis” jedenfalls nicht. Auch bei den paar echten Nobelpreisen, bei denen ich die Hintergründe besser kenne, würde ich das anders sehen. Üblicherweise sollte zumindest eine Erstautorschaft schon drin sein, oder??

  25. #25 S.S.T.
    30. Mai 2010

    @Ulrich Berger

    24+ Leute und eine gemeinsame Idee? Selbst bei acht Leuten hätte ich so meine Zweifel. Nach meinen Erfahrungen läuft so etwas auf “Hannemann, geh du voran!” hinaus. Mal abgesehen davon, dass so ein Projekt eine Menge Geld und Logistik verschlingt, die jemand erst einmal auftreiben muss und wir reden hier von Grundlagenforschung. Aber selbst wenn Venter nur die Gallionsfigur der gloreichen Sieben gewesen wäre, zeichnet er doch als Verantwortlicher und hätte im Falle eines Scheiterns einen gewissen Erklärungsbedarf.

    In der Tat hat es sich noch nicht besonders weit herumgesprochen, dass Hochleistungsforschung Teamarbeit ist. Rückblickend ist es fast nie möglich, den Beitrag jedes einzelnen richtig einzuschätzen. Falls aber wider Erwarten diese Arbeit nobelpreiswürdig eingestuft werden sollte, wird es jedoch mit Sicherheit keine Verteilung in 1/24 Stufen geben.

  26. #26 Alexander
    30. Mai 2010

    @Ulrich:
    In der Regel wird der Preis ja für ein bestimmtes Thema vergeben, in dem der Preisträger außergewöhnlich viel geleistet hat. Das geht in den Life Sciences eigentlich nur als PI, und die stehen traditionell an letzter Stelle. Den Erstautor kriegt der Doktorand, der in der Arbeit zu einem bestimmten Paper die meiste Pipettierarbeit geleistet hat. Nobelpreisträger haben also bestimmt auch Erstautorpaper, die allerdings aus der Frühzeit ihrer Karriere (sofern es nicht Reviews sind, das ist wieder was anderes). Und womöglich sind diese Paper dann sogar zu einem ganz anderen Thema, als das mit dem Nobelpreis belohnte.
    Gute Arbeit von Erstautoren wird am ehesten noch mit Forschungspreisen für Doktoranden und Postdocs belohnt, die einem in der späteren Karriere weiterhelfen können.

  27. #27 Ulrich Berger
    30. Mai 2010

    @ Alexander:
    O.k., da scheinen die Traditionen doch sehr fachspezifisch zu sein. In den WiWi ist’s ganz einfach: Autoren alphabetisch, außer jemand hat unverhältnismäßig viel beigetragen und wird “vorgereiht”. In der Physik hab ich mich an Grünberg erinnert, der in der Würdigung des Nobelpreiskommittees 2007 zweimal zitiert wird, einmal als Erst- und einmal als Zweitautor (von vier). Ansonsten kenne ich vor allem theoretische Arbeiten besser, wo es kaum große Teams gibt. Also: wieder was dazugelernt!

  28. #28 michael
    31. Mai 2010

    @Ulrich Berger
    > Sagen Sie mal, tragen Sie Ihre Unterhose am Kopf?

    Ja!

    > Ist Ihnen sicher noch nie passiert, so ein Versehen

    Ja!