Dass die kognitiven und intellektuellen Leistungen einer Gruppe größer sein können (genauer gesagt: zumeist größer sind) als die eines Individuums, ist uns schon lange bekannt. Mit lange meine ich dabei fast zweieinhalb Jahrtausende:
Denn die Menge, von der der einzelne kein tüchtiger Mann ist, scheint doch in ihrer Gesamtheit besser sein zu können als jene Besten; nicht jeder Einzelne für sich, sondern die Gesamtheit, so wie die Speisungen, zu denen viele beigetragen haben, besser sein können als jene, die ein Einzelner veranstaltet.
schrieb Aristoteles schon in seinem Werk Politik (zitiert hier aus Staatsdenker der Vormoderne von Rudolf Weber-Fas). Warum also noch mal daruf eingehen? Nur weil in der aktuellen Ausgabe von Science ein neues Paper über “Evidence for a Collective Intelligence Factor in the Performance of Human Groups” erschienen ist?
Ja. Denn egal wie alt und etabliert diese Erkennnis scheint, in der Realität unserer Wirtschaft (und hier vor allem in den exzessiven Manager-Gehältern), scheint sich dies nicht widerzuspiegeln: Hier wird zwar stets vom Team geredet und damit Kollektivität beschworen, aber bei der Personalpolitik (und Bezahlung) klar das Individuum bevorzugt. Die Männer – es sind nun mal zumeist Männer, aber dazu gleich mehr – an der Spitze repräsentieren nicht nur das Unternehmen, sie sind, so scheint’s, das Unternehmen, in der Art, wie Ludwig der 14. der Staat war. Ok, das war jetzt eher meine subjektive Beobachtung und nicht auf dem faktisch gestützten Niveau, das im Rahmen eines Wissenschaftsblogs erwartet wird. Aber es musste mal gesagt werden …
Doch das wirklich Überraschende, das man aus diesem Science-Paper lernen kann ist, dass die Leistungen der Gruppen sehr deutlich durch ihren Frauenanteil gesteigert wurden:
This “c factor” is not strongly correlated with the average or maximum individual intelligence of group members but is correlated with the average social sensitivity of group members, the equality in distribution of conversational turn-taking, and the proportion of females in the group.
Aber an Frauen in Top-Positionen scheint es generell und in Deutschland ganz speziell zu mangeln, wie nebenstehende Spiegel-Grafik zeigtIst natürlich ein rutschiger Boden, auf den man sich da begibt: Geschlechter-Stereotype sind auch dann oft noch falsch, wenn sie die das bisher Geglaubte auf den Kopf stellen, und Frauen sind nicht automatisch durch ihre Chromosomen als bessere Kommunikatoren prädestiniert: “Natürlich haben manche Männer bessere soziale Fähigkeiten und Sensibilitäten als Frauen”, schränkt Thomas Malone ein, Professor an der MIT Sloan School of Managemen und einer der Koautoren der Studie. “Was unsere Resultate zeigen ist, dass Personen mit mehr sozialem Geschick gut für eine Gruppe sind – egal ob Männer oder Frauen.”
Nutzlos hingegen scheint, wenn man sich den Folgerungen Malones anschließen darf, der Glaube zu sein, man müsse nur die besten Einzelkämpfer zusammenbringen: “Having a bunch of smart people in a group doesn’t necessarily make the group smart” – nur, weil sie aus einem Haufen schlauer Leute besteht, ist noch nicht gesagt, dass diese Gruppe auch kollektiv schlau ist.
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