Schade, dass ich’s nur via Google-Blog erfahren habe: Sebastian Thrun, Robotik-Professor an der Stanford-Universität und ein Spezialist für selbstfahrende Autos (über den ich bereits zwei Storys geschrieben hatte) und sein Team haben, ohne dies groß anzukündigen, mit finanzieller Unterstützung ihres – geografischen – Nachbarn Google bereits mehrere selbstfahrende Toyota Prius in den Straßenverkehr geschickt. Und zwar nicht nur auf kleine Land- und Nebenstraßen, sondern quer durch San Francisco, über die Golden-Gate-Brücke, den Pacific Coast Highway runter und über den Hollywood Boulevard in Los Angeles. Mehr als 220.000 Kilometer bisher … Ok, sie werden nicht ganz ohne Aufpasser auf die Straßen geschickt: Hinterm Lenkrad sitzen “geschulte Operatoren” (aus Sicherheitsgründen, außerdem wäre es wohl ziemlich heikel, wenn ein unbemannter Roboter von einer Polizeistreife angehalten würde). Aber mehr als zweihunderttausend Kilometer, ohne dass es jemandem aufgefallen ist – das ist schon eine Leistung. Chapeau!
Foto: Google
Und weil mir das eine schöne Gelegenheit gibt, alte Interviews auszubuddeln, hier nun die Konversation, die ich mit Thrun nach dem Sieg seines ersten Roboter-Autos, “Stanley”, beim Darpa-Rennen 2005 geführt hatte:
Sebastian Thrun (38), Computer-Professor an der kalifornischen Stanford-Universität und Direktor des dortigen Labors für künstliche Intelligenz, ist der Leiter des Teams, dessen vollautomatisch fahrenden Volkswagen Touareg namens Stanley am 8. Oktober das Roboter-Autorennen der amerikanischen Militär-Forschungsagentur Darpa gewann. Für den 212 Kilometer langen Hindernisparcours durch die Wüste Nevadas benötigte Stanley sechs Stunden und 54 Minuten.
Waren Sie selbst von Stanleys Erfolg bei der Darpa Grand Challenge überrascht?
Thrun: Ja. Wir waren zwar sicher, dass er die Strecke schaffen würde, und wir dachten aber, dass das Fahrzeug des Carnegie-Mellon-Teams schneller sein würde. Doch die hatten einen Motorschaden, und das war unser Glück.
Ist der – in einem vom US-Militär organisierten Rennen – erzielte Erfolg Ihres selbstfahrenden Touareg auch ein Durchbruch für zivile Automobiltechnik?
Ich begeistere mich ja grundsätzlich mehr für die zivile Seite. Aber das Rennen war natürlich kein normales Straßenrennen, denn es gab keine anderen Verkehrsteilnehmer. Aber trotzdem mussten wir darauf achten, in der Wüste nicht mit einem Hindernis zusammen zu stoßen, und Stanley ist auch tatsächlich ohne jeden Kratzer aus dem Rennen hervor gegangen. Ich denke aber, dass wir in 30 bis 50 Jahren selbstfahrende Fahrzeuge auch im Straßenverkehr haben werden. Und auf diesem Weg war dies ein großer Meilenstein, denn wir haben gezeigt, dass selbstfahrende Autos wirklich möglich sind.
Welche Technik, die Sie für Stanley entwickelt haben, ließe sich schnell für den zivilen Verkehr adaptieren?
Ich gehend davon aus, dass es noch eine Zeitlang dauern wird, bis das autonome Fahrzeug wirklich kommt, das geht nicht auf einen Schlag. Aber ein erster Schritt werden so genannte Fahrerassistenzsysteme sein. Stanley kann beispielsweise bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h sehr genau eine drohende Kollision voraussagen und entscheiden, wie man dem Objekt ausweicht. Im normalen Straßenverkehr könnte man mit dieser Technik das Lenkrad so drehen, dass der Fahrer merkt, dass ein Zusammenstoß möglich ist und wie er ihn verhindern kann. Oder wenn die Kollision unvermeidlich ist, kann so ein Fahrzeug wesentlich schneller bremsen als ein Mensch. Allein so ein System könnte die Zahl der Verkehrstoten schon herabsetzen.
Manche autonomen Fahrzeuge im Darpa-Rennen benutzten tonnenschwere Geräte, und auch Stanley musste noch massive Aufbauten sowie mehrere Computer mitschleppen. Wird sich diese Technik denn überhaupt in absehbarer Zeit so verkleinern lassen, dass sie in ein normales Auto passt?
Nach meiner Auffassung schon. Denn in der einfachsten Ausstattung bräuchten wir schon jetzt nur einen Laptop, einen Lasersensor – und einige Dinge, wie zum Beispiel eine GPS-Antenne und Drive-by-Wire-Systeme, die es sowieso schon serienmäßig in Fahrzeugen gibt. Es gibt keine Komponente, die einfach zu groß wäre.
Mit VW und der Risikokapitalfirma MDV haben sie bereits zwei Sponsoren gefunden, die gemeinsam auch in der Lage wären, Ihre Selbstfahrtechnik auf den Markt zu bringen. Gibt es dafür schon konkrete Pläne?
Darüber haben wir noch nicht nachgedacht, Ich bekomme aber derzeit etwa zwei Angebote pro Tag, unter anderem sogar Herstellern landwirtschaftlicher Geräte. Aber wir sind natürlich primär eine Universität – und sehen unsere Aufgabe darin, zu zeigen, dass es geht. Das Geld machen dann andere.
A propos Geld – was werden Sie den mit dem Preisgeld von zwei Millionen Dollar anfangen?
Um ehrlich zu sein, haben wir noch gar keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Das ist eine Menge Geld, und man muss es verantwortungsvoll einsetzen.
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