Nehmen wir – nur mal als Gedankenexperiment,bitte! – nehmen wir mal an, die Prognose einer durch menschliches Handeln verursachten weltweiten Erwärmung sei ein Irrtum. Nehmen wir mal an, unser Kohlendioxidausstoß im Allgmeinen und unser Verbrauch an fossilen Brennstoffen im Besonderen hätten keinerlei Auswirkung darauf, ob sich unsere Erdatmosphäre aufheizt. Das in etwa ist doch die Position der Anti-Klimaalarmisten (wie ich sie mal nennen will). Okay, was also, wenn sie recht hätten? Sollten wir dann einfach weiter machen wie bisher?
Hier lohnt sich ein Blick nach Kansas, dem vermutlich konservativsten aller US-Staaten (seit 1932 wurde hier kein Demokrat mehr in den Senat gewählt), den Thomas Frank in seinem Buch “Was ist mit Kansas los?” (im Original: What’s the Matter With Kansas?) so erschreckend eindringlich beschrieben hat. Selbst hier, wo Al Gore ein Schimpfwort ist, wo die Leute glauben, dass nicht der Mensch, sondern die göttliche Hand das Geschehen auf unserem Planeten lenkt (schon zwei Mal hat die staatliche Bildungskommission hier das “intelligente Design” in die Lehrpläne gedrückt; bisher haben Gerichte mit dem Hinweis auf die Trennung von Staat und Kirche diese Lehrplan-Ergänzung jeweils rechtzeitig kassieren können), selbst hier sind die Leute in der Lage, sich energiesparend und umweltbewusst zu verhalten, wie die New York Times am heutigen Dienstag in einer großen Seite-1-Story schreibt.
Ausgerechent hier also war es möglich, dass Schulkinder an Halloween auf die Jagd nach “Elektro-Vampiren” geschickt wurden (gemeint waren Haushaltsgeräte, die selbst im abgeschalteten Zustand noch Strom verbrauchen). Ausgerechnet hier werden Geothermal- und Windkraftanlagen geplant. Ausgerechnet hier konnte ein Programm namens Climate and Energy Project in den sechs Gemeinden, die an einem Feldversuch teilnahmen, den Energiekonsum um fünf Prozent reduzieren. Und das, obwohl das Thema Klimawandel dabei gar nicht wirklich zur Sprache kam:
Elliot Lahn, a community development planner for Merriam, a city that reduced its energy use by 5 percent, said that when public meetings were held on the six-town competition to save energy, some residents offered their view that global warming was a hoax. But they were very eager to hear about saving money, Mr. Lahn said. “That’s what really motivated them.”
Denn allein schon aus finanziellen Gründen ist es sinnvoll, sich über den Energieverbrauch Gedanken zu machen: Deutsche Haushalte geben im Schnitt 7,5 Prozent ihres verfügbaren Einkommes für Energie (vor allem Heizen und Benzin fürs Auto) aus; im Jahr 2008 addierte sich dies auf 106 Milliarden Euro. Wenn wir dem Vorbild Kansas nacheifern würden, dann könnte das alleine schon helfen, mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr zu sparen. Aber die Rechnung kann man ja noch fortsetzen: Weniger Brennstoffe bedeutet auch, weniger Abgase. Und auch wenn über die Klimadebatte der reine Umweltschutz ins Hintertreffen geraten ist, bleibt er doch ein reales Problem. Was aus den Schloten und Auspuffrohren gepustet wird, ist nun mal alles andere als frische Landluft.
Okay, ich kenne Leute, die sich die Luft in Tiefgaragen am liebsten auf Flaschen ziehen würden und bei Straßenbelagsarbeiten besonders tief einatmen. Aber selbst die sollten sich, swenn sie diesem Laster auch in ferner Zukunft noch frönen wollen, mal Gedanken machen, ob wir unseren Kraftstoffverbrauch ungehemmt fortsetzen können. Sicher, der Club of Rome hat seine Grenzen des Wachstums weiter nach hinten verschieben müssen – aber darauf, dass dem Wachstum, auch dem Wachstum des Energiekonsums, Grenzen gesetzt sind, kommt man eigentlich auch von selbst …
Was bei den konservativen Kansans am besten zog, war jedoch der Appell an ihren Patriotismus: Da Öl zu einem Großteil aus politisch wackeligen Regionen der Welt bezogen werden muss (und die Einnahmen daraus in jenen Regionen nicht immer zu Zwecken verwendet werden, die uns in unserer westlichen Welt gut schlafen lassen sollten), ist allein schon aus Gründen des Heimatschutzes ein sparsamer Umgang mit solche Ressourcen indiziert. Tja, und deswegen lassen sich erzkonservative Farmer überzeugen, Land für Windturbinen zu verpachten, und manchmal sogar beim Kerzenschein statt bei elektrischer Festbeleuchtung zu speisen.
Wenn Kansas das kann, dann sollten wir’s eigentlich auch können. Wenn schon nicht der Umwelt, dann unserem eigenen Geldbeutel zu liebe. Und um den scheinen sich die “Klimaskeptiker” ja immer ganz besonders zu sorgen.
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