Diese nicht ganz wörtlich gemeinte Frage schoss mir schon manchmal durch den Kopf, zuletzt bei meinen Anmerkungen zum neuen Stephen-Hawking-Buch “The Grand Design”, in dem eine göttliche Ursache des Universums als nicht nötig befunden wird. Sind “Gott” und “Wissenschaft” auch nur irgendwie vereinbar? Ich bin kein Historiker und kein Philosoph, schätze aber, dass sich die Kluft, die zwischen einer religiösen und einer wissenschaftlichen Weltsicht zu bestehen scheint, im frühen 17. Jahrhundert aufgetan und seither stetig erweitert hat. Dass ausgerechnet ein Domherr und Doktor des Kirchenrechts, Nikolaus Kopernikus, und ein päpstlicher Protegé namens Galileo Galilei im Zentrum dieses scheinbar antireligiösen Konflikts standen, verleiht dem Ganzen eine besondere Pointe.

Aber ist diese Diskrepanz zwischen Religion und Wissenschaft, die uns Scienceblogger auch immer wieder zu beschäftigen und zu ärgern scheint, quasi systembedingt? Steht Religion als Glaubenssysten zwangsläufig im diametralen Kontrast zur Wissenschaft, deren Grundmuster aus Zweifeln und Fragen besteht? In der Praxis, ganz gewiss: Anhänger des Kreationismus, und speziell des Junge-Erde-Kreationismus, lehnen die wissenschaftlichen Erklärungen zur Entstehung der Welt, und vermutlich zur Naturwissenschaft generell, ganz explizit ab. Die Vertreter des “Intelligenten Design” sind da nur ein bisschen subtiler, da sie ihre “Argumente” in eine wissenschaftlich anmutende Form kleiden, aber am Ende läuft es auch hier darauf hinaus, dass das Nicht-Beweisbare (in diesem Fall die Existenz eines Schöpfers) und damit immanent Nicht-Wissenschaftliche des ID als unvereinbar mit dem wissenschaftlich gefestigten Erklärungsansatz der Evolutionslehre befunden wird.

Ich würde mich selbst als einen Agnostiker bezeichnen – ich sehe keine Beweise, dass es einen Gott gibt, und es ist mir letztlich auch egal, wenn es einen gäbe. Ich bete keinen an, aber es stört mich nicht, wenn andere zu ihren Göttern beten – so lange sie ihren Glauben und ihre Religion niemandem anderen aufzwingen wollen. Dass mich das in einen gewissen Gegensatz zu Atheisten stellt, die sicher sind, dass es keinen Gott gibt, ist mir bewusst, und ich kann mir stundenlange Diskussionen darüber ausmalen, warum ein Atheist meine Position für falsch halten muss. Aber beruhend auf der Erkenntnis, dass es praktisch unmöglich ist, die Nicht-Existenz von etwas absolut zu beweisen, ziehe ich meine Position vor.

Nun aber zu der Frage, die ich im Titel schon angedeutet habe und die mich als ehrliche Lernnfrage beschäftigt: Was wäre, wenn eine Religion – egal welche – grundsätzlich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse anerkennt? Wenn es zum Credo dieser Religion gehören würde, dass die wissenschaftliche Methode der einzige Weg zur Erkenntnis ist (was auch einschließt, dass niemandem durch irgend eine Form der Missionierung, weder sanft noch gewalttätig, diese Erkenntnis aufgezwungen werden darf)? Fügen wir noch hinzu, dass diese Religion zudem unbedingt den Glauben an Gewaltlosigkeit und Gleichheit aller Individuen verlangt, obwohl das keine wissenschaftliche Position ist, die auch gewiss nicht von allen Wissenschaftlern geteilt wird. Kurz: Was wäre, wenn ihre Anhänger nur das glauben, was wissenschaftlich belegbar ist?

Und damit hier niemand denkt, dass ich hier auf das alte, abgedroschene “Argument” hinaus will, dass Wissenschaft letztlich auch nur eine Art Religion ist: Wissenschaft ist keine Glaubenssache, für Religion hingegen ist Glauben essentiell. Allein deswegen können die beiden nie das Gleiche sein.

Aber davon abgesehen: Wie würde sich – nur mal als Gedankenspiel gefragt – ein Wissenschaftler zu einer Religion stellen, die ihm immer und kategorisch recht gibt? Aber darin halt nicht das Wirken einer undifferenzierten “Natur” sieht, sondern das Handeln, den Willen eines Gottes? Vom Urknall über die Evolution bis hin zur Stringtheorie – alles glaubhaft, genau so, wie es in Papern und wissenschaftlichen Journalen beschrieben wird – aber eben weil dieser Gott es so gewollt und gemacht hat …

Ja, wäre das eine Religion, die ein Wissenschaftler zumindest dulden könnte, da sie ihm nicht reinredet und, im Gegenteil, sogar alles glaubt? Oder treibt den wissenschaftlichen Geist allein schon dieser gläubige Verzicht auf Beweise zuf die Palme? Bestünde ein Kontrast zwischen Religion und Wissenschaft auch dann noch, wenn sie sich in den Details über alles einig wären?

Als Agnostiker könnte ich mich jetzt einfach damit aus der Affäre ziehen, dass jeder sowieso glauben darf, was er will – so lange mir dieser Glaube nicht aufgezwungen wird. Was mich an Kreationismus und “Intelligentem Design” (um mal bei diesen Beispielen zu bleiben) so stört, ist gar nicht ihre religiöse Abkunft, sondern dass sie “falsch” – im Sinn von “wissenschaftliche Erkenntnisse ignorierend” – sind.

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Kommentare (145)

  1. #1 KommentarAbo
    5. November 2010

  2. #2 derari
    5. November 2010

    Ich finde es interessant, wieviele Definitionen für “Atheist” und “Agnostiker” es gibt. Dawkins (glaube ich) hat geschrieben, dass Agnostiker Leute sind die meinen, dass sich die Frage zur (Nicht-)Existenz Gottes grundsätzlich wissenschaftlicher Überprüfbarkeit entzieht, wir also niemals wissen können ob es ihn gibt oder ob es ihn nicht gibt.
    Das ist etwas anderes als nur zu sagen “man kann es nicht mit absoluter Gewissheit ausschließen”.
    Auch als Atheist kann ich sagen “ich weiß es nicht 100% sicher, so wie keine wissenschaftliche Erkenntnis 100%ig ist.” Aber wenn es einen Gott gäbe hätten wir es vermutlich schon gemerkt.

    Wie würden Sie sich gemäß dieser Definition einordnen?

  3. #3 MartinB
    5. November 2010

    “Was wäre, wenn eine Religion – egal welche – grundsätzlich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse anerkennt? ”
    Meines Wissens tendieren zumindest einige Buddhistische Richtung genau dahin. Der Dalai Lama hat ja mal, auf die Frage, was er tun würde, wenn die Wissenschaft die Reinkarnation widerlegen würde, geantwortet
    “Dann muss sich der Buddhismus ändern” und dann lachend nachgeschoben “Aber es wird sehr schwierig, die Reinkarnation zu widerlegen.”

    Für viele Zen-Buddhisten gilt ähnliches – wobei Wissenschaft für das, was im Zen wichtig ist, einfach mehr oder weniger irrelevant ist. (Es gibt allerdings interessante Parallelen zwischen dem buddhistischem Non-self und Dennetts “multiple-drafts”-Modell des Bewusstseins.) Anders als bei anderen Religionen gibt es beim Zen ja zumindest in einigen Ausprägungen nicht mal so etwas wie eine “Seele” – das Dualismus-Problem schlägt also auch nicht zu.

    So schrecklich hypothetisch ist die Frage also nicht.

  4. #4 rene
    5. November 2010

    Dieser Gott ist im Prinzip der Gott des Deismus: Gott erschafft die Welt als Maschine nach seinem Willen und lässt sie dann einfach laufen ohne einzugreifen. Gott ist in diesem Bild also nur der Schöpfer der Welt, dessen Geistesblitz unser Urknall wurde (um es mal bildlich zu formulieren ;))

    Im Gegensatz dazu steht der theistische Gott, der handelnde Gott nach klassischem abrahamitischen Glauben

    mfg rene

  5. #5 Phero
    5. November 2010

    Die Frage “Atheist” oder “Agnostiker” ist in den meisten praktischen Standpunkten ja ohnehin irrelevant. Ich würde Ihren Standpunkt als atheistisch bezeichnen – siehe den Post von derari.
    Aber zur Sache:
    Nunja, was wäre das denn für eine Religion? Natürlich kann man das dann als deistische Weltsicht ansehen, allerdings ist auch diese Religion nicht wissenschaftlich. Zumindest meiner Ansicht nach gehört zur Wissenschaft auch das Prinzip von Ockhams Rasiermesser, aber dies würde dem Gott dieser propagierten Religion zuwiederlaufen, da er definitiv eine überflüssige Hypothese ist. Und da die Wissenschaft noch keine Belege (oder Indizien) für Gott gefunden hat (was ja sogar viele religiöse Wissenschaftler anerkennen) würde es dann letztendlich zu einem Inhalt gehören, ihre eigene Hypothese abzulehnen.
    Denn auch das Ablehnen einer Hypothese, für die er keine Indizien gibt, gehört zur Wissenschaft. Also auch hier eine Unvereinbarkeit.

  6. #6 Jürgen Schönstein
    5. November 2010

    @derari

    Wie würden Sie sich gemäß dieser Definition einordnen?

    Muss ich mich einordnen? Hier ist, wie ich es sehe: Wenn wir unter “Gott” eine übernatürliche Entität (was auch immer man sich darunter vorstellen mag – Wesen, Gespenst, Vaterfigur etc.) verstehen wollen, dann ist ihre Existenz wissenschaftlich nicht beweisbar – weil ein wissenschaftlicher Beweis die Übernatürlichkeit negieren würde. Mit anderen Worten: Ein Gott, den wir beweisen könnten, wäre Teil unseres wissenschaftlich erklärbaren Universums und damit kein Gott mehr. Aber wenn er nun nicht Teil unseres Universums ist – ja, dann ist es auch egal, ob es ihn gibt oder nicht, weil alles, was außerhalb unseres Universums liegt, für uns ohne Bedeutung ist. Denn wenn es Bedeutung haben sollte, müsste es eben wieder Teil unseres Universums werden … Kurz und gut: Es spielt letztlich keine Rolle, darum halte ich die Frage nach der Existenz eines Gottes (für mich) letztlich für irrelevant.

  7. #7 Jürgen Schönstein
    5. November 2010

    @Phero

    Zumindest meiner Ansicht nach gehört zur Wissenschaft auch das Prinzip von Ockhams Rasiermesser, aber dies würde dem Gott dieser propagierten Religion zuwiederlaufen, da er definitiv eine überflüssige Hypothese ist.

    Sehe ich ja genau so. Wir können die Welt auch ohne diese hypothetische Entität ganz brauchbar erklären. Aber mir ging es um die Frage, ob man als Wissenschaftler das Bedürfnis verspüren sollte, auch diesen Irrglauben aufzuklären – oder ob man, weil von dieser Religionsauffassung nicht weiter behelligt, ungestört seine Wege geht und diese Religion koexistieren lässt. Sind Wissenschaft und Religion grundsätzlich unverträglich, oder ist es nur die Praxis vieler Religionen, der Wissenschaft widersprechende Thesen zu postulieren, die den potenziellen Konflikt enthält?

  8. #8 Dirk Westermann
    5. November 2010

    Religion benötigt zwei Dinge: Gläubige die Angst vor Strafe haben (Hölle) und eine Belohnung erwarten (Himmel) und eine Priesterhierachie, die die Gläubigen vor der Hölle bewahren und in Himmel bringen können.
    Eine Religion die das nicht leistet, hat keine Gläubigen weil es sich nicht lohnt zu glauben.

  9. #9 radicchio
    5. November 2010

    Religion benötigt zwei Dinge: …

    eines genügt. der glaube, besser als andere und im recht zu sein.
    funktioniert auch bei ideologien aller art.

    Ja, wäre das eine Religion, die ein Wissenschaftler zumindest dulden könnte, da sie ihm nicht reinredet und, im Gegenteil, sogar alles glaubt? Oder treibt den wissenschaftlichen Geist allein schon dieser gläubige Verzicht auf Beweise zuf die Palme? Bestünde ein Kontrast zwischen Religion und Wissenschaft auch dann noch, wenn sie sich in den Details über alles einig wären?

    ich glaube [sic!], dass die tiebfeder und das wesen von wissenschaft das nichtglauben ist.

    also: nein, gott kann kein wissenschaftler sein, weil sie diese beiden konzepte unvereinbar gegenüberstehen. der buddhismus ist hier kein gegenbeispiel, denn er beruft sich nicht auf einen gott.

  10. #10 H.M.Voynich
    5. November 2010

    @Jürgen Schönstein:
    “Es spielt letztlich keine Rolle, darum halte ich die Frage nach der Existenz eines Gottes (für mich) letztlich für irrelevant. ”
    Laut einem Plakat, daß mich täglich auf einem großen Bahnhof anspuckt, komme ich in die Hölle, wenn ich Jesus nicht “persönlich annehme” (was immer das heißt).
    Ganz unabhängig davon, ob Gott einen Einfluß auf DIESE Welt hat, könnte mein Verhalten also trotzdem wichtig sein (solange ich “nur” Agnostiker und nicht überzeugter Atheist bin).
    Die alte Frage: die Wahrscheinlichkeit der Hölle mag unendlich klein sein, aber die Kosten für mich, wenn es sie doch gibt, sind unendlich hoch.

    Leider (oder zum Glück) kann dies dennoch keine Grundlage für meine (oder irgendeine) Ethik sein, denn: wir hatten ja gesagt, daß Gott keinen Einfluß auf diese Welt hat, und daher kann niemand wirklich wissen, was man tun muß, um der Hölle zu entgehen, man kann nur Vermutungen anstellen.

    Aber zu Deiner eigentlichen Frage: könnten Wissenschaftler mit einer Religion sympathisieren, die zu all ihren Ergebnissen Ja und Amen sagt?
    Vermutlich nicht.
    Wenn jemand zum richtigen Ergebnis kommt, aber aus den falschen Gründen, dann ist das Ergebnis nichts wert …

  11. #11 Sven Türpe
    5. November 2010

    Die alte Frage: die Wahrscheinlichkeit der Hölle mag unendlich klein sein, aber die Kosten für mich, wenn es sie doch gibt, sind unendlich hoch.

    Dein Risiko liegt mithin bei exakt: NaN

  12. #12 Sven Türpe
    5. November 2010

    Wie würde sich – nur mal als Gedankenspiel gefragt – ein Wissenschaftler zu einer Religion stellen, die ihm immer und kategorisch recht gibt?

    Ich würde sie in Widersprüche verwickeln.

  13. #13 H.M.Voynich
    5. November 2010

    @Sven Türpe:
    “NaN”
    Danke. Hätte mir natürlich selbst einfallen müssen, als hauptberuflicher Programmierer. 😉

  14. #14 H.M.Voynich
    5. November 2010

    Es gab da einen tollen Film, den ich unbedingt noch mal sehen muß (“Insignificance – Die verflixte Nacht”).
    Eine weltberühmte Schauspielerin erklärt darin einem alten Physiknobelpreisträger (deren Namen nie genannt werden) die Relativitätstheorie, mithilfe eines Spielzeugzuges – richtig klasse!
    Der alte Physiker ist beeindruckt, doch er stellt schnell fest, daß die Schauspielerin nichts davon verstanden hat; sie beschreibt nur, was sie auswendig gelernt hat.
    Und er muß ihr leider sagen: “Dann ist es nichts wert.”

    Diese ungenannte Schauspielerin verkörpert eine typische Gläubige der von Dir gedachten Religion, Jürgen, oder?

  15. #15 H.M.Voynich
    6. November 2010

    Gerade gefunden, aber leider endet der Clip dort, wo es eigentlich interessant wird:

  16. #16 H.M.Voynich
    6. November 2010

    Es gibt eine noch viel wichtigere Schlüsselszene in dem Film:
    ein ungenannter Politiker (der eine sehr spezielle Auffassung des Begriffs “(un)amerikanisch” hat und mit Vorliebe “Kommunisten” jagt) versucht, der Notizbücher des Physikers habhaft zu werden.
    Die Abwehrmaßnahme des Physikers besteht darin, die ganzen Notizen zu vernichten.
    Für den Zuschauer ist dieser Moment schockierend, doch für den Physiker ist es ganz normal: er ist es gewohnt, immer wieder die Berechnungen von Jahren wegzuwerfen, weil sie zu nichts führen.
    Für mich war diese Stelle eine Art “Erleuchtung”, was “Wissenschaft” bedeutet.

  17. #17 Jürgen Schönstein
    6. November 2010

    @H.M.Voynich

    Die alte Frage: die Wahrscheinlichkeit der Hölle mag unendlich klein sein, aber die Kosten für mich, wenn es sie doch gibt, sind unendlich hoch.

    L’enfer, c’est les autres.(Jean-Paul Sartre) Und genau darum mache ich mir um die Hölle schon gar keine Gedanken. Ich glaube nicht, dass es noch etwas Teuflischeres geben kann als das, was wir Menschen uns gegenseitig schon zu Lebzeiten antun können. Und wenn es eine “jenseitige” Hölle gäbe (was ich nicht glaube, weil auch dies bedeutet, dass sie außerhalb unseres Universums und damit außerhab unserer Reichweite liegen würde), ja, wie gesagt, wenn es sie denn gäbe, dann gibt es doch nur zwei Möglichkeiten: Entweder dieser nicht beweisbare Gott ist so gestrickt, wie ihn die Päpste, Priester, Fundamentalisten etc. immer beschreiben – dann wäre mir ein Höllenplatz gewiss und auch lieber, weil ich dort alle Menschen treffen müsste, die mir jemals etwas bedeutet haben. Oder sie haben sich geirrt – tja, und dann wartet wohl auf sie diese “Hölle”. Aber wie gesagt, verglichen mit dem, was Menschen einander antun können, muss sich ein Teufel eh’ wie ein Amateur vorkommen.

  18. #18 Helmi
    6. November 2010

    Ich selbst würde mich auch als Agnostiker bezeichnen. Mir gehen manchmal Atheisten genauso auf den Sack wie irgendwelche religiösen Fanatiker. Diese Welt wird mir immer ein Rätsel bleiben. Und wenn es einen Gott gibt/gäbe, dann muss dies wohl wirklich die Hölle sein, denn was perverseres gibt es als eine Welt, wo man sich gegenseitig auffressen muss, um zu überleben, um dann selbst gefressen zu werden oder auszusterben. Also das ist doch unfassbar.

  19. #19 Dagmar Behrendt
    6. November 2010

    Was ich gut finde, ist, dass Sie immerhin gemäßigt bleiben und ahnen, dass viele Wege nach Rom führen, nicht nur Ihr eigener. Ansonsten provoziert der Artikel zu Widerspruch.

    Sind “Gott” und “Wissenschaft” auch nur irgendwie vereinbar? Ich bin kein Historiker und kein Philosoph, schätze aber, dass sich die Kluft, die zwischen einer religiösen und einer wissenschaftlichen Weltsicht zu bestehen scheint, im frühen 17. Jahrhundert aufgetan und seither stetig erweitert hat. Dass ausgerechnet ein Domherr und Doktor des Kirchenrechts, Nikolaus Kopernikus, und ein päpstlicher Protegé namens Galileo Galilei im Zentrum dieses scheinbar antireligiösen Konflikts standen, verleiht dem Ganzen eine besondere Pointe.

    Natürlich: Kopernikus und Galileo dürfen nicht fehlen. Allerdings haben Sie selbst bemerkt, dass die beiden durchaus gläubige Menschen waren – und trotzdem Bahnbrechendes für die Wissenschaft geleistet haben. Wie lässt sich das erklären? Womöglich damit, dass sie gar keinen Widerspruch zwischen Glauben und Wissenschaft gesehen haben.

    Steht Religion als Glaubenssysten zwangsläufig im diametralen Kontrast zur Wissenschaft, deren Grundmuster aus Zweifeln und Fragen besteht? In der Praxis, ganz gewiss: Anhänger des Kreationismus, und speziell des Junge-Erde-Kreationismus, lehnen die wissenschaftlichen Erklärungen zur Entstehung der Welt, und vermutlich zur Naturwissenschaft generell, ganz explizit ab. Die Vertreter des “Intelligenten Design” …

    Natürlich: Kreationismus darf nicht fehlen. Ist ja auch so schön einfach, ihn zu „widerlegen“. Und damit es auch schön einfach bleibt, tun Sie einfach so, als wären alle Gläubigen Kreationisten. Ganz offensichtlich scheint es Ihnen nicht in den Sinn zu kommen, dass es Glauben auch ohne Kreationismus gibt. Warum räumen Sie den Kreationisten, die eigentlich keiner ernst nimmt, so viel Raum in Ihrem Denken ein? Im übrigen scheint mir die Ursprungsfrage der Ort zu sein, an dem sich Kreationisten mit Wissenschaftsideologen – auch mit Ihnen?? – treffen. Und beide gehen dabei in die Irre.

    Was wäre, wenn eine Religion – egal welche – grundsätzlich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse anerkennt? … Kurz: Was wäre, wenn ihre Anhänger nur das glauben, was wissenschaftlich belegbar ist?

    Wissenschaft ist keine Glaubenssache, für Religion hingegen ist Glauben essentiell. Allein deswegen können die beiden nie das Gleiche sein.

    Warum sollte man an etwas glauben, das man beweisen kann? Glauben kann nur der, der etwas weiß; Glauben ist auch eine aktive Entscheidung, etwas richtig zu halten. Darin unterscheidet sich der Gläubige nur unwesentlich vom Wissenschaftler, der glauben muss, um etwas zu wissen. D.h.: Um Wissenschaft betreiben zu können, muss man z.B. davon ausgehen, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht, dass die Dinge berechenbar sind. Die alten Griechen z.B. haben diese Frage anders beantwortet: Die konnten keine Wissenschaft im heutigen Verständnis betreiben, weil ihre Welt mit Göttern bevölkert war, die ständig in den Lauf der Welt eingriffen und sie so unberechenbar machten.

  20. #20 Serge l'Eternel
    6. November 2010

    In gründlichen Wissenschaft, Gott als eine erste Ursache kann nützlich sein, das für gut denken über alles; so es ist gut, wenn es kein Problem ist, dass es erwogen ist (Plato war vor Christentum).

  21. #21 rolak
    6. November 2010

    Die einzige, wirklich einzige mögliche Verbindung von Religion und Wissenschaft, die ich mir vorstellen kann (was ja durchaus auch nur eine Aussage über meine Vorstellungskraft sein kann) ist analog zum Szenario von Millers “Lobgesang auf Leibowitz”, die wie auch immer entstandene rituelle Bewahrung von Wissen und Methodik über ein na ich sag mal dunkles Zeitalter hinweg. Wobei allerdings auch da erst der Bruch mit dieser Religion die Wissenschaft wieder freisetzt – halt nur mit einem dicken Startbonus. Blöderweise löst das im Plot des verlinkten Werkes wieder einen Absturz aus, da müßte an der Menschheit noch etwas optimiert werden 😉

    Ansonsten wird bei ‘Wissenschaft ist auch Religion’ bzw dem verbreiteteren ‘<die Theorie> mußt Du auch glauben’ nur ein indiskutabler Strohmann in den Weg gestellt – es wird nicht geglaubt, sondern bestenfalls aus Erfahrung vertraut. Glauben und Zweifel passen nicht zusammen, zu viel Zweifel zerstört den Glauben, zu viel Glauben zerstört das freie, kritische Denken.

  22. #22 Christoph Moder
    6. November 2010

    Tja, “Religion” ist ein weit gefasster Begriff, der vieles bedeuten kann. Bevor man Religion mit Wissenschaft vergleicht, muss man doch erst einmal klären, welchen Aspekt man vergleicht. Religion kann u.a. heißen: a) Sinnsuche; b) Beschreibung der Welt; c) Traditionen und Riten; usw.

    Punkt b) ist schon mal mit Wissenschaft prinzipiell unvereinbar, weil letztere ergebnisoffen vorgeht, während z.B. Kreationisten die Antwort schon kennen und die Fakten entsprechend hinbiegen.

    Punkt a): (Natur-)Wissenschaft kann nur beschreiben, quantifizieren, vorhersagbar machen, und alle Beschreibungen werden immer nur auf tiefer liegende Beschreibungen zurückgeführt. Aber sie kann nie das zugrunde liegende “Warum” erklären, und somit nicht mit der Religion konkurrieren.

    Punkt c): Persönliche Verhaltensweisen haben eigentlich auch nichts mit Wissenschaft zu tun. Lediglich, wie man sie begründet.

    Soll heißen: Es gibt Bereiche, in denen die Wissenschaft prinzipiell keine Aussage treffen kann. Und man wäre ja dumm, wenn man alles ausblendet, über das man keine gesicherten Aussagen treffen kann – jeder Mensch hat irgendwelche Vorstellungen und Intuitionen. Selbst wenn das Nichtwissen nicht prinzipbedingt ist, sondern nur vorübergehend: auch ein Wissenschaftler glaubt an eine Hypothese, wenn er sie erforscht, so lange sie nicht widerlegt ist. Man kann nicht Wissenschaft betreiben, wenn man an keine Hypothesen glauben kann. Man sollte sich lediglich bewusst sein, was man wirklich weiß und was nur Vermutungen sind. Und dann ist da durchaus Platz für Dinge wie Religion, wenn man sie nicht zu mehr macht als sie ist: unbeweisbare geistige Hilfskonstrukte, Platzhalter, aber manchmal besser als gar nichts.

    Meine Haltung ist insgesamt agnostisch, wie Jürgen Schönstein es beschreibt. Ich finde es arrogant, zu behaupten, man wisse etwas über Gott (und verstehe auch noch seine Denkweise); aber zu behaupten, man wisse das Gegenteil, finde ich ebenso arrogant. Occams Messer hält zwar unsere Theorien schön einfach, aber nachdem wir prinzipiell nichts über Gott beweisbar aussagen können, ist es völlig irrelevant, welche Theorien wir uns dazu machen, wir können ja eh nicht darauf im wissenschaftlichen Sinne aufbauen.

  23. #23 radicchio
    6. November 2010

    Glauben kann nur der, der etwas weiß;

    wers weiß, glaubt nicht mehr. er weiß bereits.

    Glauben ist auch eine aktive Entscheidung, etwas richtig zu halten.

    das ist kein “glaube” im sinne einer religion, sondern im gegensatz zum glauben ein “überzeugt sein” von einer schlüssigen these.

    Darin unterscheidet sich der Gläubige nur unwesentlich vom Wissenschaftler, der glauben muss, um etwas zu wissen.

    und das ist genau dieses totshlagargument, welches dem artikel zu grunde liegt. NEIN, die annahme eines wissenschaftlers, seine these sei schlüssig, unterscheidet sich ganz WESENTLICH vom gläubigen.
    der wissenschaftler weiß [sic!] nämlich, dass seine these unter umständen (die er noch nicht kennt), auch falsch sein kann. ein glaube im religiösen sinne schließt diese möglichkeit aus. darin liegt das wesen einer religion.

  24. #24 Phero
    6. November 2010

    @Schönstein:

    Sind Wissenschaft und Religion grundsätzlich unverträglich, oder ist es nur die Praxis vieler Religionen, der Wisssenschaft widersprechende Thesen zu postulieren, die den potenziellen Konflikt enthält?

    Diese hypothetische postulierte Religion würde sicher weitaus weniger angegriffen, als das (vor allem) mit den monotheistischen Religionen der Fall ist. Ich frage mich allerdings, was hier mit “unverträglich” gemeint ist. Dass ein Mensch nicht beiden Systemen angehören kann oder dass sie sich widersprechen? Ersteres ist ja sogar mit dem Christentum möglich, auch wenn dies für viele Menschen ja zu einem persönlichen Krieg mit sich selber wird. Letzteres würde ich immernoch bejahen – ein System, dass eine Hypothese postuliert, die weder nützlich noch falsifizierbar ist, widersprecht der wissenschaftlichen Methode. Das ist aber natürlich eher ein philosophischer Konflikt, praktisch dürfte es zu keinen großen Auseinandersetzungen kommen.
    Auch deswegen, weil diese Religion wohl eher wenig Anhänger hätte… Dirk Westermann und radicchio liegen sicher nicht ganz falsch mit ihren Aussagen.

    @Dagmar Behrendt:
    Nur weil Kopernikus und Galilei keinen Widerspruch gesehen haben, heißt das nicht, dass keiner existiert.

    Warum sollte man an etwas glauben, das man beweisen kann? Glauben kann nur der, der etwas weiß; Glauben ist auch eine aktive Entscheidung, etwas richtig zu halten. Darin unterscheidet sich der Gläubige nur unwesentlich vom Wissenschaftler, der glauben muss, um etwas zu wissen. D.h.: Um Wissenschaft betreiben zu können, muss man z.B. davon ausgehen, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht, dass die Dinge berechenbar sind. Die alten Griechen z.B. haben diese Frage anders beantwortet: Die konnten keine Wissenschaft im heutigen Verständnis betreiben, weil ihre Welt mit Göttern bevölkert war, die ständig in den Lauf der Welt eingriffen und sie so unberechenbar machten.

    Ich kann glauben nicht als aktive Entscheidung ansehen. Ich kann mich nicht jetzt auf einmal entscheiden, an die jungfräuliche Geburt Jesu zu glauben. Die von den Wissenschaftler getroffene Annahme, dass es in der Welt mit rechten Dingen zu geht, wurde auch nicht irgendwann einfach ‘geglaubt’. Man hat gemerkt, dass man sie beschreiben kann, ohne einen allmächtigen Gott zu postulieren. Und seitdem nimmt man das als nützliches Axiom als gegeben hin. Aber man glaubt nicht daran. Man kann sich für oder gegen ein Axiom entscheiden, aber das ist kein Glauben. Ein Mathematiker glaubt auch nicht an die natürlichen Zahlen…
    btw: Schon bei den alten Griechen begann die Entgötterung der Welt, schon sie haben die Götter entfernt.

    @Christoph Moder:
    Mal ganz davon abgesehen, dass die Frage nach dem “Warum” immer so eine hilflose in den Raum geworfene Rechtfertigung der Religion ist – warum muss es denn darauf eine Antwort geben? Ich gebe dir Recht, die Wissenschaft beantwortet keine Fragen nach dem Sinn des Lebens (weil diese Fragen in ihrem Bild auch garnicht existieren), aber warum soll die Religion das können? Mit einem bronzezeitlichen Mythosbuch?

  25. #25 Phero
    6. November 2010

    Wie zitiert man noch einmal? Bitte richtig stellen Ist getan, kein Probemund dann diesen Beitrag löschen, so sieht das ja hässlich aus…

    Danke im Voraus.

  26. #26 Grundumsatz
    6. November 2010

    @Dagmar Behrendt
    Wenn Kopernikus dem von der Kirche propagierten Weltbild gefolgt wäre, dann hätte er seine wissenschaftliche Arbeit schlicht nicht machen können. Er hat also _trotz_ seines Glaubens etwas geleistet. (Für Galileo trifft das übrigens auch zu.)

    Und ja, natürlich sind alle Gläubigen Kreationisten. Es spielt doch keine Rolle, ob sie an ID, Kreationismus, rosa Einhörner oder “nur” an einen Allmächtigen glauben. Sie schreiben es js selbst: Sie entscheiden sich bewußt dafür, nichtbeweisbare Dinge zu wissen. Und das nennen Sie dann Glauben.

  27. #27 Andrea N.D.
    6. November 2010

    @Dagmar:
    “Die alten Griechen z.B. haben diese Frage anders beantwortet: Die konnten keine Wissenschaft im heutigen Verständnis betreiben, weil ihre Welt mit Göttern bevölkert war, die ständig in den Lauf der Welt eingriffen und sie so unberechenbar machten.”

    Das ist schlicht falsch. Bei den Griechen, die damals Wissenschaft (natürlich nicht im heutigen Sinne) betrieben, spielte der Götterzirkus überhaupt keine Rolle. Es waren in der Regel Philosophen mit viel Muße, die Welt zu “bedenken” und zu erforschen. Ich würde hier eher sagen, dass Götter und “Wissenschaftler” je ihr eigenes Ding machten, wobei ich keine Aussage über den Rest der Menschen tätigen möchte. Da die Griechen als Beispiel für Dein Argument herhalten mussten, ist dieses damit zumindest nicht illustriert und scheint auch sonst recht fragwürdig (s. Kommentar von radicchio).

    Ich denke, wenn Du Götter in Einzahl setzt und die Zeit ein bisschen veränderst, passt Deine Beschreibung eher für das europäische christliche Mittelalter. Deshalb hat es ja leider auch so lange gedauert (und dauert noch an), dieses rigide christliche Verständnis abzustreifen und wissenschaftlich zu denken – und wenn es “nur” die Form der Erde betraf. Zudem darf für diese Zeit nicht außer acht gelassen werden, dass viele Philosophen und Wissenschaftler (oft in Personalunion) von der Kirche finanziert wurden bzw. nicht wagten etwas gegen die Kirche zu sagen, da sie sonst schnell auf dem Scheiterhaufen gelandet wären. Vielleicht wurden so viel mehr frühe Wissenschaftler bereits unterdrückt, als wir nur annehmen können. Insofern solltest Du vorsichtig mit Erklärungen sein, dass kein Widerspruch zwischen Glaube und Wissenschaft gesehen wurde. Ich würde es eher so formulieren: Die Kirche hat die Leute gezwungen keinen Widerspruch zu sehen bzw. sehen zu können.

  28. #28 Schmidts Katze
    6. November 2010

    @Phero:
    blockquote und kleiner/größer statt eckige Klammern

  29. #29 Christoph Moder
    6. November 2010

    Andrea N.D.: Insofern solltest Du vorsichtig mit Erklärungen sein, dass kein Widerspruch zwischen Glaube und Wissenschaft gesehen wurde. Ich würde es eher so formulieren: Die Kirche hat die Leute gezwungen keinen Widerspruch zu sehen bzw. sehen zu können.

    Ich glaube nicht, dass man den Religionen bzw. den mit ihnen verbundenen Institutionen die Schuld zuweisen sollte – denn offensichtlich sind Religionen etwas sehr populäres, religiöse Konzepte gab es wohl in fast jeder menschlichen Kultur. Der Mensch hat nun einmal ein Bedürfnis, sich die Welt zu erklären, und es ist zweifellos einfacher, die Vorstellungen anderer zu übernehmen, anstatt sich etwas eigenes ausdenken und vor allem rechtfertigen zu müssen. So, stelle ich mir vor, könnten Religionen entstehen. Der Mensch wird nicht von den Religionen gegängelt, sondern er erschafft sie sich freiwillig; vgl. “sapere aude”.

    Wissenschaft ist dagegen anstrengend; hier reicht nicht Rechthaberei, sondern man muss begründen, und man muss auch mit Falsifikation seiner Vorstellungen rechnen. Gerade das stelle ich mir in den früheren, sehr hierarchischen Gesellschaften schwierig vor. Wenn das Klima rau ist, gibt niemand gerne Fehler zu.

    Der Erfolg der Wissenschaft in der Moderne hat vielleicht gerade mit der Entwicklung der Technik zu tun. Dadurch, dass der Mensch durch sie mehr Möglichkeiten hatte, begannen sich die mühsamen Wissenschaften endlich immer mehr zu lohnen. Wenn man quantitative Vorhersagen braucht, reicht es nicht mehr, irgend etwas zu behaupten, das plausibel klingt, aber nie überprüft wurde.

    Aber das sind alles nur Vermutungen von mir.

  30. #30 von Webbaer
    7. November 2010

    Ich würde mich selbst als einen Agnostiker bezeichnen – ich sehe keine Beweise, dass es einen Gott gibt, und es ist mir letztlich auch egal, wenn es einen gäbe. (Jürgen Schönstein)

    Das läuft wohl unter Ignostizismus. 🙂

    Wobei einerseits die hypothetische Aussage irritiert und anderseits -mal ganz ehrlich- wäre Gott gefunden, bspw. in Form eines großen Bären, wäre Ihnen das nicht egal!

    Der Rest ist solid, in der Tat nerven die Angriffe der “Skeptiker”, oder wie man die nennen soll, auf die Religionen und deren Träger ungemein, wenn sie sich direkt oder indirekt auf die Wissenschaft beziehen.
    Die Angriffe sind dann keinen Deut besser als die Angriffe der Esoteriker und Gläubigen auf die moderne Wissenschaftlichkeit.

    Was viele Menschen (vs Bären) vergessen: Jeder Mensch hat notwendigerweise Glaubensmengen, weil “nicht alles” (eigentlich sogar ziemlich wenig) wissenschaftlich stabil theoretisiert ist, heute im Jahre 2010. Jeder Mensch glaubt.

    Wenn hier (sb.de) irgendwann einmal die lange vorgeschlagene Ethik-Richtlinie für Publizisten kommt, bitte unbedingt aufnehmen, dass in Glaubensfragen Angriffe -erst recht unter Bezug auf die mod. Wissenschaftlichkeit- bestmöglich zu unterlassen sind.

    MFG
    Wb

  31. #31 Phero
    7. November 2010

    Sind wir nicht gerade davon weggekommen, dass eine zum ‘Glauben’ hochstilisierte Meinung nicht kritisiert werden darf? Dann kann nämlich jede Entscheidung einfach mit seinem Glauben begründet werden und man muss sich nicht auf lange und zeitraubende Diskussionen einlassen. Schließlich bedeute eine Kritik dann ja, dass man letztendlich den Glauben kritisiert.

    Was viele Menschen (vs Bären) vergessen: Jeder Mensch hat notwendigerweise Glaubensmengen, weil “nicht alles” (eigentlich sogar ziemlich wenig) wissenschaftlich stabil theoretisiert ist, heute im Jahre 2010. Jeder Mensch glaubt.

    Ach bitte – du treibst dich doch lange genug hier herum und solltest mittlerweile wissen, dass diese Aussage Schwachfug hoch drei ist. Siehe dazu oben zahlreiche Kommentare.

    @Schönstein: Mir ist da noch etwas eingefallen, was oben bereits anklang: Einfach alle Erkenntnisse der Wissenschaft zu glauben widerspricht eigentlich ebenfalls der Wissenschaft. Jeder Wissenschaftler fordert (oder sollte zumindest) die anderen heraus, seine These zu widerlegen.

  32. #32 radicchio
    7. November 2010

    Jeder Mensch hat notwendigerweise Glaubensmengen, weil “nicht alles” (eigentlich sogar ziemlich wenig) wissenschaftlich stabil theoretisiert ist, heute im Jahre 2010. Jeder Mensch glaubt.

    vermutlich liegts an einer sprachlichen unschärfe: was man nicht sicher weiß, also umgangssprachlich “glaubt”, ist nicht das gleiche wie eine religion, also das glauben an einen gott. wenn ich glaube, im kühlschrank ist noch leberwurst, dann ist das also kein “glaube”, sondern ein vermuten. und ebendas tut (hoffentlich!) der wissenschaftler, bevor seine hypothese bewiesen ist. der gläubige aber vermutet nicht, er geht auch ohne prüfung und beweise davon aus, dass sein gott existiert. und vermutlich würde er auch keinen wasserdichten gegenbeweis akzeptieren, sondern aus den geglaubten eigenschaften seines gottes eine hintertür für des selbigen existenz generieren.

    eine vermutung kann überprüft und revidiert werden. ein glaube nicht.
    man kann überall dort, wo argumente nicht auf verstehen /-wollen stoßen, davon ausgehen, dass die leute nicht vermuten, sondern glauben. sprich: die vermutung ist der ratio zugänglich, der glaube nicht. er findet im emotionalen nicht im vernüftigen statt.

  33. #33 Sven Türpe
    7. November 2010

    Ach bitte – du treibst dich doch lange genug hier herum und solltest mittlerweile wissen, dass diese Aussage Schwachfug hoch drei ist. Siehe dazu oben zahlreiche Kommentare.

    Deine Argumentation überzeugt mich nicht. Und vermutlich auch sonst niemanden. Wärst Du so nett, Dich in Zukunft etwas mehr anzustrengen?

  34. #34 Phero
    7. November 2010

    Das war auch keine Argumentation, sondern ein Hinweisen auf sowohl meine Argumentation oben

    Die von den Wissenschaftler getroffene Annahme, dass es in der Welt mit rechten Dingen zu geht, wurde auch nicht irgendwann einfach ‘geglaubt’. Man hat gemerkt, dass man sie beschreiben kann, ohne einen allmächtigen Gott zu postulieren. Und seitdem nimmt man das als nützliches Axiom als gegeben hin. Aber man glaubt nicht daran. Man kann sich für oder gegen ein Axiom entscheiden, aber das ist kein Glauben. Ein Mathematiker glaubt auch nicht an die natürlichen Zahlen…

    als auch auf die Kommentare von radicchio (im letzten nochmal genauer angeführt). Mal davon abgesehen ist die These von “Jeder Mensch glaubt” doch schon auf zahlreichen Beiträgen auf den gesamten Scienceblogs wieder und wieder widerlegt worden, reicht das nicht so langsam?

  35. #35 Sven Türpe
    7. November 2010

    Mal davon abgesehen ist die These von “Jeder Mensch glaubt” doch schon auf zahlreichen Beiträgen auf den gesamten Scienceblogs wieder und wieder widerlegt worden, reicht das nicht so langsam?

    Das glaubst Du.

  36. #36 von Webbaer
    8. November 2010

    @radicchio
    Bisher ist der Webbaer noch gar nicht näher auf das Verhältnis von Glauben und Wissenschaft eingegangen. Festgestellt worden ist eigentlich nur, dass man wissenschaftlich den Glauben nicht angreifen kann (und auch nicht sollte – es sei denn, man wird vorher bewusst politisch und handelt erklärtermaßen bspw. als politischer Wissenschaftler).

    Wenn sich bspw. einer einen darauf rubbelt, dass bestimmte Glaubende mit dem Kreationismus arbeiten, dann ist das unverständlich, wenn es keine politische Meinung ist. (Ohne den Kreationismus jetzt verteidigen zu wollen, aber so hohl wie oft dargestellt sind diese Sichten auch wieder nicht.)

    Zum Sprachlichen noch: Herr Schönstein schreibt gerne von Vertrauen, wenn er den Glauben an die mod. Wissenschaftlichkeit meint. Das trifft es einerseits etwas besser – und verkauft andererseits deutlich besser. Liberals sind eben oft sprachlich talentiert.

    Letztlich ist es aber so, dass auch die mod. Wissenschaftlichkeit, so wie sie die Europäische Aufklärung hervorgebracht hat, geglaubt werden muss. 🙂
    Nicht schön für einige, aber die Wissenschaft, wie wir sie kennen, ist nun einmal anthropogen und eine zivilisatorische Errungenschaft. Kultur.

    Vergleichen Sies mit den Menschenrechten, die universal sein sollen. Was aber eine religiöse Sicht ist. Der aufgeklärte Bär zumindest setzt auf den sogenannten Rechtspositivimus (blödes Wort btw).

    HTH
    Wb

    PS: Machen Sie sichs nicht so leicht mit dem Glauben/Wissen, also was das Empirische betrifft. Hier gibts auch konsistente Gegenmodelle, die zwar aus unserer Sicht absolut irr scheinen, aber philophisch stabil sind. Wenn Sie mit so einem Brúder diskutieren, dann besteht die Gefahr, dass er Sie auf den (auch tatsächlich vorhandenen) Glauben an die moderne Wissenschaftlichkeit zurückführt, Sie bspw. als “Aufklärungsfundamentalisten” zu identifizieren und zu diffamieren sucht.
    Also, erheben wir uns nicht “rein technisch” über jene Brüder und erkennen unseren Glauben an unsere (wissenschaftliche) Kultur.

  37. #37 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Welche wissenschaftliche Erkenntnis wird heute von der katholischen Kirche nicht anerkannt? Ist diese Kirche (und die christliche Religion überhaupt, vom Islam und vom Judentum vermute ich das gleiche, weiß aber nicht genug darüber) nicht genau die, über die der Artikel ganz hypothetisch grübelt?

    Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse hat heute nichts mit Religion an sich zu tun, so wie Vollverschleierung von Frauen heute nichts mit dem Islam an sich zu tun hat und die Diktaturen in so genannten sozialistischen Ländern nichts mit Marx zu tun hatten oder haben.

  38. #38 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich.
    Herr Friedrich, sie verwechseln “katholische Kirche” mit Religion. Insofern stimmt zwar der Schluss, dass “Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse heute nichts mit Religion an sich zu tun hat” (wobei das vermutlich differenzierter untersucht werden müsste, um das so pauschal zu behaupten). Der Satz, dass die “Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse heute nichts mit der katholischen Kirche zu tun hat” ist jedoch falsch. Beispiel: Stammzellforschung, PID, menschenwürdiges selbstbestimmtes Sterben. Auf diesen Gebieten hat bzw. hätte die Wissenschaft großartige Erkenntnisse errungen/erringen können, die vehement (bis zur Lächerlichkeit) von der katholischen Kirche (nicht der Religion) nicht nur nicht anerkannt sondern bekämpft werden. Ich warte ja auf den ersten Bischhof, der eine “Stammzellenbehandlung” braucht. Aber das wird sicherlich tunlichst verschwiegen werden.

  39. #39 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Mit “Anerkennung” wissenschaftlicher Erkenntnisse meinte ich die Anerkennung der Richtigkeit der Erkenntnisse und nicht die Anerkennung der Nützlichkeit. Dass die Stammzellenforschung z.B. zutreffende Ergebnisse hervorbringt wird von der katholischen Kirche wohl kaum bestritten, was sie ablehnt sind bestimmte Forschungsmethoden, mit denen diese Erkenntnisse gewonnen werden.

    Welche großartigen Erkenntnisse könnte man auf dem Gebiet des selbstbestimmten menschenwürdigen Sterbens erringen?

  40. #40 georg
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Welche wissenschaftliche Erkenntnis wird heute von der katholischen Kirche nicht anerkannt?

    Da kann ich Ihnen mal auf die Schnelle ein paar Beispiele nennen.
    Erstens Evolutionstheorie. Ratzinger z. B. macht da eine feine Untescheidung zwischen “Mikroevolution”, die wissenschaftlich bewiesen sei und “Makroevolution”, für die das seiner Meinung nach, nicht gelte.
    Zweitens: Heilgsprechung. Die katholische Kirche spricht noch im dritten Jahrtausend Menschen heilg, die nachgewiesenermaßen (!) nach ihrem Tod Wunder vollbracht haben sollen.
    Drittens: Auferstehung Jesu.
    Viertens: Der heilige Geist. Ratzinger behauptet auch noch im dritten Jahrtausend, dass der sogenannte “Heilge Geist”, was immer das sein soll, die Wahrheit der biblischen Botschaft garantiert.

    mfg georg

  41. #41 Andrea N.D.
    8. November 2010

    Danke georg :-).

    @Jörg Friedrich:
    Danke für die Richtigstellung des Ausdruckes Anerkennung. Wobei, wenn ich Möglichkeiten zur Recherche hätte sicherlich Beispiele finden würde, dass auch die Richtigkeit geleugnet wird. Aber vielleicht sind das Einzelfälle.

    “Welche großartigen Erkenntnisse könnte man auf dem Gebiet des selbstbestimmten menschenwürdigen Sterbens erringen?”

    Was meinen Sie mit großartig?

  42. #42 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    georg, wenn Sie eine Quelle angeben können, in der Ratzinger die Evolutionstheorie nicht nur im Detail bezweifelt sondern grundsätzlich ablehnt dann bin ich gern bereit meinen Irrtum einzugestehen. Die übrigen Beispiele sind keine Fälle von Bestreiten wissenschaftlicher Erkenntnisse, allenfalls wird behauptet dass es Dinge gibt, die Wissenschaft nicht erklären kann.

    Andrea N.D., Sie selbst schrieben, dass die Wissenschaft u.a. auf dem Gebiet des selbstbestimmten Sterbens großartige Erkenntnisse erringen könnte. Ich habe keine Ahnung, was Sie da mit großartig meinen, sonst hätte ich nicht gefragt.

  43. #43 Dagmar Behrendt
    8. November 2010

    @georg

    Evolutionstheorie – die wird von vielen nicht “anerkannt”, weil sie jenseits wissenschaftlicher Aussagemöglichkeiten liegt. Die kath. Kirche als solche (Einzelpersonen mögen ihre Einzelmeinungen vertreten) macht im übrigen keine lehramtlichen Aussagen über wissenschaftliche Fragestellungen. Das überlässt sie wohlweislich den Wissenschaftlern.

    Heiligsprechung, Auferstehung Jesu, Heiliger Geist – das alles sind meines Wissens keine wissenschafltichen Erkenntnisse. Würde mich aber freuen, wenn’s so wäre 😉

  44. #44 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Eines fällt mir noch zur Anerkennung ein. Sie schreiben:
    “Mit “Anerkennung” wissenschaftlicher Erkenntnisse meinte ich die Anerkennung der Richtigkeit der Erkenntnisse und nicht die Anerkennung der Nützlichkeit.”

    Da ist die Situation mit den Stammzellen schwierig. Die Kirche hat die wissenschaftlichen Ergebnisse der Forschung mit embryonalen Stammzellen gar nicht anerkennen können, weil sie es geschafft hat, die Forschung quasi “zu verbieten”. Jetzt ist die Frage, ob es wirklich nur um die “Nützlichkeit” geht, wenn die “Richtigkeit” gar nicht zustande kommen kann, da sie von der Kirche gestoppt wurde. Fällt das nicht auch unter: “Welche wissenschaftliche Erkenntnis wird heute von der katholischen Kirche nicht anerkannt? ” – quasi prospektive Verweigerung der Anerkennung oder aktive Verhinderung der zukünftigen Anerkennung? Ist das nicht immer wesentlicher Bestandteil der Agitation der Kirche gegen die Wissenschaft gewesen?

  45. #45 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Dagmar und Jörg:
    Es ist spannend, wie der Blickwinkel das Missverstehen befördert. Anders herum wird ein Schuh daraus:

    Selbstverständlich ist nicht die Heiligsprechung eine wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern die wissenschaftliche Erkenntnis besteht darin, dass ein Mensch nach dem Tod keine Wunder vollbringen kann. Wenn die Kirche nun auch heute noch Leute auf dieser Grundlage heilig spricht, erkennt sie wissenschaftliche Erkenntnisse, nämlich dass Tote keine Wunder begehen können (ja, dass sie nicht einmal handeln können), nicht an. Jetzt klar?

  46. #46 Dagmar Behrendt
    8. November 2010

    @ Andrea N.D:

    sondern die wissenschaftliche Erkenntnis besteht darin, dass ein Mensch nach dem Tod keine Wunder vollbringen kann.

    Belege?

  47. #47 georg
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich
    Zur Evolutionstheorie: Ich beziehe mich da auf
    Joseph Ratzinger: “Der angezweifelte Wahrheitsanspruch. Die Krise des Christentums am Beginn des dritten Jahrtausends”
    Auf die Schnelle habe ich jetzt erstmal nur den Titel.
    Er bestreitet an dieser Stelle auch nicht die Evolutionstheorie, er macht da jedoch den erwähnten Unterschied zwischen Mikro- und Makroevolution.

    Die katholische Kirche behauptet offiziell, dass verstorbene Personen in den natürlichen Lauf der Dinge eingreifen und Wunder vollbringen. Das ist nämlich Voraussetzung für eine Heilgsprechnung und zwar, wenn ich richtig informiert bin, mindesten zwei mal.
    Und der heilge Geist, der angeblich, zumindest indirekt, an der Bibel mitgeschrieben hat?
    Ich glaube Ihnen schon, dass das nicht im Gegensatz steht, mit dem, was Sie unter Wissenschaft verstehen.

    mfg georg

  48. #48 miesepeter3
    8. November 2010

    Bei aller fundierten Kritik an der Religion, hier hauptsächlich an der katholischen Kirche, fällt mir auf, dass alle, die am Glauben festhalten automatisch als dumm betrachtet werden. Das ist eine gefährliche Unterschätzung des Gegners.
    In der Mutter Kirche sind nicht nur Gehirnamputierte unterwegs. Viele Entscheidungsträger in der katholischen Kirche sind nicht nur Geistliche, sondern auch hochintelligente Kenner der Wissenschaft bzw. sogar selbst Wissenschaftler.
    Die Wissenschaften wurden schon immer von denen genau beobachtet. Die griechischen Erkenntnisse über die Welt der Dinge waren den kath. Geistlichen schon lange bekannt, bevor die übrige Welt diese lange vergessenen Vorstellungen wieder aufgriff. Galiläi wurde für sein Beharren auf seiner Sicht der Dinge nur deswegen so milde (“nur” Hausarrest) bestraft, weil seine Erkenntnisse nicht nur von vielen Kirchenoberen verstanden wurde, sondern diese Vorstellungen schon lange unter den Wissensträgern des Papstes kursierten.
    Das Festhalten an den so offensichtlich “überholten” Positionen der Kirche geschieht in der Regel nicht aus Unwissenheit, sondern um die Macht zu erhalten. Alles, was die geistige Vormachtstellung der Kirche gefährden könnte, wird geleugnet, unterdrückt oder bekämpft. Und die Kirche hat sich nun mal auf die Beschreibungen aus der Bibel festgelegt. Man will die einfachen Leute nicht durch steten Wechsel
    der Prinzipien verunsichern. Die Erhaltung der Macht ist nämlich auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Die Spenden von den paar Wissenschaftzauseln kann man getrost vergessen, aber wenn 50 Mio. einfache Gläubige je einen Euro spenden, so sind das 50 Mio. Euro, auf die man nur ungern verzichtet. Und wenn das Volk was nicht begreift, oder begreifen will, so wird man das Nichtbegreifen schon geschickt steuern. Auf die paar Wissenschaftler hört dann eh keiner mehr.
    Wenn man solche Leute für dumm hält und sich auf der Ebene “Glockengeläute” mit denen anlegt, hat man schon verloren. Da braucht man für andere Themen ganz andere Munition.

  49. #49 georg
    8. November 2010

    @Dagmar Behrendt· 08.11.10 · 13:05 Uhr

    Belege?

    Hier auf den scienceblogs gibt es auch Biologen. Fragen Sie doch dort mal nach?

  50. #50 georg
    8. November 2010

    @Dagmar Behrendt· 08.11.10 · 12:51 Uhr

    @georg
    Evolutionstheorie – die wird von vielen nicht “anerkannt”, weil sie jenseits wissenschaftlicher Aussagemöglichkeiten liegt.

    So, so, die Evolutionstheorie liegt also jenseits.
    Das lassen Sie sich am besten dort gleich auch erklären.

  51. #51 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Ich bin sehr froh, dass es Menschen und Organisationen gibt die sich über die ethischen Konsequenzen von Forschungen rechtzeitig Gedanken macht.

  52. #52 Dagmar Behrendt
    8. November 2010

    @ georg

    Hier auf den scienceblogs gibt es auch Biologen. Fragen Sie doch dort mal nach?

    Hic Rhodos, hic salta!

  53. #53 roel
    8. November 2010

    @georg “Die katholische Kirche behauptet offiziell, dass verstorbene Personen in den natürlichen Lauf der Dinge eingreifen und Wunder vollbringen. Das ist nämlich Voraussetzung für eine Heilgsprechnung und zwar, wenn ich richtig informiert bin, mindesten zwei mal. ” Vor ihrem Tod oder danach? Wenn danach, dann bitte Belege.

    Allgemein, fällt auf, dass die Wissenschaft (Stephen Hawking, Leonard Mlodinow) sich zwar vorstellen können, dass unser Universum sich selbst aus dem Nichts geschaffen hat. Und zwar, mit Hilfe der Gravitation. Folglich gab es im Nichts bereits die Gravitation. OK Gravitation ohne Materie muß man sich erstmal vorstellen können, also vielleicht doch etwas Materie! Und schwupps ist das Nichts weg.

    Um Ihre eigenen Schwachstellen zu kaschieren, wird jede Art der Religion angegriffen. Beim Lesen von “The Grand Design” fällt auf, wie oft hier die verschiedensten Religionen widerlegt werden, und dabei ganz übersehen wird, dass die eigene Theorie genauso wacklig ist.

    In meinen Augen dient die Religion dem Wissenschaftler zu oft als Feindbild, das gut geeignet ist von den eigenen Schwächen abzulenken. Mehr nicht. Wenn Religion anerkannt würde, gäbe es dieses hervoragend geeignete Feindbild nicht. Es ist auch eine berechtigte Frage, inwiefern Wissenschaft bereits zur Religion mutiert ist.

  54. #54 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    Nicht schon wieder. Du behauptetst, es gebe ein Spaghettimonster im All, ich sage nö, und Du sagst: Dann bitte Belege. Wie oft wird diese Diskussion noch geführt werden müssen? Ich sehe was, was Du nicht siehst und es ist Gott.

    @Jörg Friedrich:
    Gibt es denn “Anerkennungsverweigerungen” der katholischen Kirche (prospektiv geht ja kaum mehr, ist ja zu spät) für beispielsweise der Atombombe? Hat sie sich da über die “ethischen Konsequenzen von Forschungen rechtzeitig Gedanken gemacht” oder war sie still? Ich mache mir gerade Gedanken darüber, vorausgesetzt, dem ist so, was die Kirche dazu bewegt in einem Fall über “ethische Konsequenzen der Forschung” öffentlich eingreifend und forschungsverhindernt nachzudenken im anderen aber nicht?

  55. #55 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. “Nicht schon wieder. Du behauptetst, es gebe ein Spaghettimonster im All, ich sage nö, und Du sagst: Dann bitte Belege. Wie oft wird diese Diskussion noch geführt werden müssen? Ich sehe was, was Du nicht siehst und es ist Gott.”

    Irgendwie sprechen wir aneinander vorbei! Was ist mein Spaghettimonster? Wo fordere ich hier Belege von Ihnen? Wo sehe ich einen Gott?

  56. #56 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    Habe ich das missverstanden?
    “@georg “Die katholische Kirche behauptet offiziell, dass verstorbene Personen in den natürlichen Lauf der Dinge eingreifen und Wunder vollbringen. Das ist nämlich Voraussetzung für eine Heilgsprechnung und zwar, wenn ich richtig informiert bin, mindesten zwei mal. ” Vor ihrem Tod oder danach? Wenn danach, dann bitte Belege”
    Dann bitte ich um Entschuldigung. Ich dachte Du wolltest “Belege” für Wunder nach dem Tod einfordern.

  57. #57 georg
    8. November 2010

    @Andrea
    Von Religiösen Belege für deren Behauptungen eizufordern ist doch sinnlos 😉

  58. #58 georg
    8. November 2010

    Dagmar Behrendt

    Hic Rhodos, hic salta!

    Es ist wohl ziemlich sinnlos mit jemandem zu diskutieren, der behauptet, dass die Evolutionstheorie “jenseits wissenschaftlicher Aussagemöglichkeiten liegt”

  59. #59 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. Da können wir ja schnell ein Misverständnis aus der Welt schaffen.
    Ich habe “@georg “Die katholische Kirche behauptet offiziell…” geschrieben. Das @georg bedeutet soviel wie “adressiert an georg”. Also brauchen Sie sich hier nicht angesprochen fühlen, es sei denn… – aber Sie kopieren ja den webbären nicht, oder?

    Bleibt noch das Spaghettimonster und den Gott den ich irgendwo zu sehen scheine.

    @georg ich bin nicht religiös. Aber so ein klein wenig kenne ich mich aus. Und “…dass verstorbene Personen in den natürlichen Lauf der Dinge eingreifen und Wunder vollbringen. Das ist nämlich Voraussetzung für eine Heilgsprechnung…” wäre neu.
    Da von Ihnen kein Beleg kam, habe ich mich mal selber schlau gemacht. Entweder stimmt was Sie schreiben oder was wikipedia dazu sagt https://de.wikipedia.org/wiki/Heiligsprechung.

    Es macht hier den Eindruck, dass immer wieder mit den falschen Argumenten gegen Religion gekämpft wird. Was für die Wissenschaft gilt, gilt aber auch für die Religion: “Wenn jemand zum richtigen Ergebnis kommt, aber aus den falschen Gründen, dann ist das Ergebnis nichts wert …” ( H.M.Voynich· 05.11.10 · 20:32 Uhr) Womit ich nicht ihr Ergebnis mit richtig oder falsch bewerte sondern nur ihre Argumente als falsch aufzeige.

  60. #60 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus, da nur dann, wenn für den nicht-heiligen normalen Menschen gilt, dass alle Leistungen (rational, wissenschaftlich) erklärbar sein müssen, das Erkennen eines Heiligen als Wunder-Täter möglich ist. Wenn die katholische Kirche Wunder selbstverständlich für möglich hielte, würde ein Verfahren zur Heiligsprechung auf Basis von Wundern gar nicht möglich sein.

  61. #61 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Okay, das Tastaturbeißen hat leider nicht gegriffen, weil Ihr letzter Kommentar einfach zu extrem ist. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie mit Ihrem letzten Kommentar folgendes sagen wollten:

    Die katholische Kirche nimmt einen wissenschaftlichen Normalzustand an, den sie auch akzeptiert (rational) und DAS IST DESHALB SO, weil sie ja nur AUSNAHMSWEISE von Wundern ausgeht: “Wenn die katholische Kirche Wunder selbstverständlich für möglich hielte, würde ein Verfahren zur Heiligsprechung auf Basis von Wundern gar nicht möglich sein.”

    Der argumentative Zusammenhang erschließt sich mir nicht. Vielleicht bewegen Sie sich auf verschiedenen Ebenen. Logisch ist diese Argumentation jedenfalls nicht. Heißt das so viel wie 1+1 = eigentlich 2, aber ausnahmsweise kann es auch einmal 3 sein? Kann mir jemand helfen?

  62. #62 miesepeter3
    8. November 2010

    @Andrea N.D.

    “Kann mir jemand helfen?”

    Darf ich es versuchen? Die Kirche hat ein normales Weltbild, das auch ruhig wissenschaftlich erklärt werden kann. Wenn dann etwas passiert, dass nicht nur wissenschaftlich nicht erklärt werden kann, sondern auch noch selten und äußerst unwahrscheinlich ist, dann kann man dies als Wunder verkaufen.
    Also braucht man, um Wunder zu “erkennen”, jede Menge wissenschaftlich Erklärbares.
    Wird dieses Wunder von Menschen verursacht, die z.B. schon tot sind, wäre das ein Grund zur Seligsprechnung (kleine Wunder) oder zur Heiligsprechung (große Wunder).
    Mit Wundern, die andauernd irgendwie passierten, könnte man auf Dauer keinen Hund hinterm Ofen vorlocken. Das würde auch erhebliche Auswirkung auf die Häufigkeit von Heiligsprechnungen haben.
    Ergo : Ohne Normalität keine Wunder.

  63. #63 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Nur, wenn man davon ausgeht, dass im Alltag nahezu immer alles mit rechten Dingen zugeht und erklärbar ist, kann man Einzelne zu Heiligen erklären, die Wunder vollbracht haben. Was ist daran unverständlich?

  64. #64 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    miesepeter3, Danke. Ich hatte meinen kleinen Kommentar sehr lange auf dem Bildschirm, Sie haben in der Zwischenzeit sehr schön geantwortet.

  65. #65 Niels
    8. November 2010

    @roel
    Da von Ihnen kein Beleg kam, habe ich mich mal selber schlau gemacht. Entweder stimmt was Sie schreiben oder was wikipedia dazu sagt

    Ich sehe da in der deutschen Wikipedia keinen Widerspruch. Der Eintrag dort ist nur nicht besonders genau. Die englische Wikipedia ist wie so oft ausführlicher und genauer.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Canonization

    “Saint” (contracted “St” or “S.”) To be canonized a saint, at least two miracles must have been performed after death.

  66. #66 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Warum sollte die englische Wikipedia genauer sein? Die Anweisungen des Vatikan enthalten keinen Hinweis darauf, dass die Wunder nach dem Tode zu geschehen haben.

  67. #67 Dagmar Behrendt
    8. November 2010

    @ georg

    Es ist wohl ziemlich sinnlos mit jemandem zu diskutieren, der behauptet, dass die Evolutionstheorie “jenseits wissenschaftlicher Aussagemöglichkeiten liegt”

    Warum? Es handelt sich um eine wissenschaftstheoretische Aussage. Ich habe eher den Verdacht, dass Sie argumentativ in der Defensive sind!

  68. #68 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Miesepeter:
    Ich verstehe das schon. Aber es ist ein logischer Knax darin. Ich kann doch nicht sagen, WEIL 1 + 1 wissenschaftlich normal immer 2 ergibt, DESHALB ist es MÖGLICH, dass es manchmal auch 3 ergibt?

    Wenn es nicht immer 2 ergeben würde, könnte ja die 3 beispielsweise “normal” sein. Dann wäre aber doch die 3 kein Wunder mehr? Wie sollen denn Wunder “gemessen” werden? Weil ein Oberhirte behauptet, es sei eines gewesen? Die Fantasie der Menschen ist grenzenlos:

    https://web246m.dynamic-kunden.ch/maria/realpraesens.html

    Die Existenz von Wundern an der Normalität aufzuhängen, da stimmt etwas gewaltig nicht, aber ich komme momentan nicht darauf. Das ist verschrobene kirchliche Logik, die mit wissenschaftlicher Logik nichts zu tun hat.

    @Jörg Friedrich:
    Wir sprachen ja eigentlich nicht vom “Alltag”, sondern von dem Wissenschaftsverständnis u.a. der Kirche.

    Weiter oben haben Sie mir auch nicht darauf geantwortet, warum eigentlich der Kirche als Vertreterin nur eines Teils der Menschheit vorbehalten sein soll “dass es Menschen und Organisationen gibt die sich über die ethischen Konsequenzen von Forschungen rechtzeitig Gedanken macht.” Und warum die Kirche als diese Art von “Menschen und Organisation” (das werden Sie ja wohl meinen, schließlich sprechen wir ja die ganze Zeit von der Kirche und nicht von Ärzte ohne Grenzen) sich das herauspicken darf, wovon sie sich am meisten Macht verspricht (Stammzellen große Debatte, Atombombe Stillschweigen). Das ist in höchstem Maße unethisch und hat die “ethische” Konsequenz, dass die Kirche immer und immer wieder Leid über Einzelne bringt, die die tollen “ethischen Konsequenzen” dann tragen müssen (keine PID, keine Stammzellforschung etc.). Zudem impliziert Ihr Satz mit dem frohen Inhalt, dass außer der Kirche keine Instanz fähig wäre, ethische Konsequenzen zu bedenken.

  69. #69 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Andrea N.D., Ihr Beispiel mit 1+1=2 ist ein wenig unpassend, da as keine wissenschaftliche Erkenntnis sondern eine formale Festsetzung ist. Deshalb erlaube ich mir, ein anderes zu nehmen:
    Eine wissenschaftliche Erkenntnis ist, dass Körper, die schwerer sind als das Wasser, das sie beim Eintauchen verdrängen, darin versinken. Jeder, der einen passablen Alltagsverstand hat und sieht, wie ein Mensch über das Wasser geht, wird sich darüber wundern – wird an einen Trick, eine noch unbekannte Wirkungsweise einer Naturkraft oder eben an ein Wunder glauben.

    Eine Kirche, die einen bestimmten solchen Fall zum Wunder erklären will, wird froh sein, dass die Wissenschaft zeigen kann, dass das normalerweise nicht geht. Um so verwunderlicher ist das Wunder.

  70. #70 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Sie sollten übrigens noch mal die Bedeutung es Wortes Implikation, insbesondere in der Modallogik, nachschlagen.

    Ich wünsche, dass A.
    X tut A.

    impliziert keineswegs
    Nur X tut A.

  71. #71 miesepeter3
    8. November 2010

    @Adrea N.D.

    Ich habe mir fast gedacht, dass Du meine Erklärung gar nicht wirklich brauchst.
    Aber in einem Punkt muß ich Dir ein wenig widersprechen. Wenn ich alle Beiträge richtig verstanden habe, so hat noch niemand behauptet, das 1+1 auch 3 sein kann, sondern nur, dass es interessierte Gruppen gibt, die das b e h a u p t e n .
    Und sie behaupten dies, weil niemand eine bessere Erklärung hat und ihre Erklärung ihnen am meisten nützt und alle, die das Selberdenken nicht mögen oder können, damit am schnellsten zufrieden zu stellen sind.

  72. #72 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Vielen Dank für die vielen “solltes”. Vielleicht “sollte” ich auch den Pfarrer wechseln, das könnte auch helfen. Vielleicht “sollten” Sie aber auch einfach einmal in ein Fremdwörterlexikon gucken? Sie geben immer so schöne “Solltes”. Schade, dass Sie sich selbst nie daran halten. Was ist dann wohl der Sinn von so einem – immer dem Gegenüber empfohlenen – “Sollte”? Seine eigene Überlegenheit zu demonstrieren? Vielleicht “sollten” Sie einmal auf die “ethischen Konsequenzen” antworten oder “sollte” Ihnen dazu nichts mehr einfallen? So richtig hilfreich “sollte” Ihr letzter Kommentar nicht gewesen sein.

    Ich verstehe das Beispiel schon, Ihres ist besser als die Setzung (wobei ich das mit Äpfeln auch sehr schön empirisch feststellen kann). Ich habe es auch oben bereits verstanden. Das Problem ist, dass ich annahm, dass Sie einen Kausalzusammenhang behaupteten:

    “Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus, da nur dann, wenn für den nicht-heiligen normalen Menschen gilt, dass alle Leistungen (rational, wissenschaftlich) erklärbar sein müssen, das Erkennen eines Heiligen als Wunder-Täter möglich ist. Wenn die katholische Kirche Wunder selbstverständlich für möglich hielte, würde ein Verfahren zur Heiligsprechung auf Basis von Wundern gar nicht möglich sein.”

    Und dieser ist auch nicht im letzten Satz – den kann man so interpretieren, wie Sie es jetzt tun. Das Wort, das mich zur Annahme eines Kausalzusammenhanges veranlasste, war das “wissenschaftsverträgliche” Bild. Das Bild, das die Kirche von der Welt hat ist eben in keiner Weise “wissenschaftsverträglich” (wobei das wieder ein berühmter Friedrichscher Kaugummibegriff ist, der sicherlich ganz anders interpretiert werden “sollte”), sondern die Kirche benutzt das Bild der Wissenschaft, wo es ihr gerade in den Kram passt oder wenn sich die Realität überhaupt nicht mehr leugnen lässt. Beispielsweise nutzt sie die Erkenntnisse der Wissenschaft im pränatalen Bereich. Bis vor ca. 100 Jahren war ein Kind mit dem Austritt aus dem Bauch ein Mensch und für die Kirche sogar erst nach der Taufe. Jetzt sind plötzlich 4-Zeller “beseelt” und dürfen nicht angetastet werden und dies auch noch dann, wenn es sie ohne menschliches Zutun gar nicht gäbe. Was eine “Modallogik”!

    Das “wundersame” ist ja, dass die Kirche immer noch an ihren Wundern festhält, obwohl die Wissenschaft diese schon lange widerlegt hat. Das ist keinesfalls “wissenschaftsverträglich” sondern kruder Glaube an irgendeinen Blödsinn.

    “Sollte” Ihnen vielleicht doch noch etwas zu den ethischen Implikationen einfallen? Das wäre einmal ein Wunder.

  73. #73 roel
    8. November 2010

    @Niels Das hatte ich auch gefunden, das muß ein Überstzungsfehler sein, denn auf den Seiten des Vatikans (und der muß es ja wissen) findet man keinen Hinweis, dass die Wunder post mortem ausgeführt werden müssen. Den Link hat Jörg Friedrich bereits geposted.

  74. #74 Jürgen Schönstein
    8. November 2010

    @miesepeter3

    Also braucht man, um Wunder zu “erkennen”, jede Menge wissenschaftlich Erklärbares.

    Schöner Spagat! Dass a) auch die Personen gerne an Wunder glauben, die der Wissenschaft wenig Erklärungsrelevanz zusprechen (ich denke da an religiöse Fundamentalisten aller Art), durchbricht diesen gewagten Nexus bereits. Hinzu kommt, b) dass der Wunderglaube bereits lange etabliert war, ehe im frühen 17. Jahrhundert die wissenschaftliche Methode (und damit das, was wir heute als Wissenschaft bezeichnen) ersonnen wurde. Ergo: Wunder wären auch ohne Wissenschaft Wunder.

  75. #75 miesepeter3
    8. November 2010

    Und wenn Gott ein Wissenschaftler wäre…..

    Vor gefühlten 100 Jahren habe ich mal eine Kurzgeschichte gelesen, die hier ganz gut reinpasst. Ein Ingenieur schenkt seinem kleinen Kind zum Geburtstag einen Stabilbaukasten. Das Kind baut daraus sehr talentiert einen Spielzeugkran, der nach den gleichen Prizipien funktionierte, wie ein richtiger Kran. Am Abend mußte das Kind ins Bett und Papa räumte auf. Er betrachtete den Kran und war stolz, dass sein Kind schon so verständig und talentiert war.
    Parallel dazu schenkte ein Wissenschaftler seinem Nachwuchs, beide gehörten einer Rasse von unvorstellbar hoher Intelligenz (und wahrscheinlich unheimlicher Ausdehnung) an, ebenfalls einen Baukasten. Der war natürlich ein wenig komplizierter und hieß : Mein kleines Universum.
    Das Kind bastelte daraus ein kleines Universum, legte die darin vorherrschen Gesetze an und ließ Leben entstehen, dass nach vorgegebenen Gesetzmäßigkeiten sich entwickelte. Dann mußte auch dieses Kind ins Bettchen bzw. in eine ähnlich geartetete Ruheeinrichtung und Papa räumte auf. Er betrachtetet dieses Universum und sah zu, wie das Erdenkind seinen Kran baute. Auch er war stolz auf die Verständigkeit und das Talent seines Nachwuchses. Dann machte er den Kasten zu und begab sich ebenfalls zur Ruhe. Mitten in der Nacht(oder dem Äquavilent dazu) wachte er schweißgebadet auf. Er hatte einen Albtraum ; darin stellte sich die Frage, aus welchem Baukasten wohl sein Universum stammte!!
    Wie man sieht ist das Problem nicht neu, die Fragestellung auch nicht und eine “richtige” Antwort gab es auch damals nicht.

  76. #76 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jürgen:
    Danke, danach hatte ich unter anderem gesucht. Für manche Erklärungen braucht es eben Wissenschaftler :-).

  77. #77 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Jürgen Schönstein, nicht so schnell. Auch der religiöse Fundamentalist wird sauer, wenn ihm irgendein Scharlatan alles mögliche als Wunder verkaufen will, auch für ihn ist klar, dass im Alltag das meiste mit rechten Dingen zugehen muss und erklärbar sein muss. Wissenschaftliche Erklärung ist natürlich nicht die Voraussetzung für solche Ansprüche, sie helfen nur, weitere normale Dinge von den Wundern zu trennen. Umso mehr erklärt werden kann, desto größer das Wunder.

    Schauen Sie sich mal die Strenge religiöser Heiligsprechungsverfahren an, sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Film “Lourde”, der zeigt, wie schwer es ist, eine Spontanheilung als Wunder akzeptiert zu bekommen. Da geht nichts ohne Wissenschaftler und Ärzte.

  78. #78 Jürgen Schönstein
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Wissenschaftliche Erklärung ist natürlich nicht die Voraussetzung für solche Ansprüche,

    Genau. Wunder sind nicht komplementär zur Wissenschaft. So stehen die Torpfosten richtig.

    sie helfen nur, weitere normale Dinge von den Wundern zu trennen. Umso mehr erklärt werden kann, desto größer das Wunder.

    Und schon sind sie wieder verschoben worden. So weit ich weiß – aber hier bin ich natürlich nicht abgrundtief mit meinem Wissen verankert – werden bei der Bewertung der Wunder, die für Selig- oder Heiligsprechung herangezogen werden, keine ausführlichen wissenschaftlichen Gutachten herangezogen. Mangels besserer Quelle zitiere ich mal aus dem Standard, der in einem Artikel über das Schnellverfahren zur Seligsprechung Johannes Paul II. schrieb:

    Der massive Druck irritiert die zuständige Kongregation. Deren Vorsitzender Erzbischof Angelo Amato zählt die Pflichtetappen auf dem Weg zur Seligkeit auf: “Zwei ärztliche Gutachten, Prüfung durch den medizinischen Beirat, Untersuchung durch Theologen und Kardinalskollegium.”

    Zwei ärztliche Gutachten … klingt zwar wissenschaftlich, aber wie jeder weiß, der sich mal von einem Arzt krankschreiben lassen musste, ist hier durchaus ein großer (und sehr viel Sympathie/Antipathie reflektierender) Spielraum für den praktizierenden Mediziner.

  79. #79 georg
    9. November 2010

    @ Jörg Friedrich· 08.11.10 · 15:46 Uhr

    Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus …

    Das ist vielleicht eine schräge Logik, fast schon theologisch.
    Der Wunderglaube ist doch bekanntermaßen wesentlich älter als die moderne Wissensschaft und widerspricht ihr fundamental. Daraus auf ein wissenschaftverträgliches Weltbild zu schließen ist ja wohl absurd.

    Die katholische Kirche hält doch einfach an diesem vorwissenschaftlichen Glauben an wundertätige Heilige fest, weil es eben gute und vor allem alte katholische Tradition ist.

    mfg georg

  80. #80 georg
    9. November 2010

    @Dagmar Behrendt· 08.11.10 · 17:40 Uhr
    Aus wikipedia:

    Die Evolutionstheorie erklärt und beschreibt die Entstehung und Veränderung der Arten als das Ergebnis von Evolution. Die biologische Evolutionstheorie beschreibt den Stand der Forschung zu dieser Frage …

    Die Evolutionstheorie beschreibt den Stand der Forschung.

    Das ist aber nun aber wirklich die letzte Trollfütterung.

  81. #81 Dagmar Behrendt
    9. November 2010

    @ georg

    Wikipedia ist manchmal eine sehr schlechte Quelle, da tummeln sich – insbesondere wenn es um weltanschauliche Fragen wie die Evolutionstheorien geht – eben so viele Szientisten wie hier. So, wie Sie mit der Frage umgehen, zeigen Sie nur, dass Sie auch Ihre Dogmen haben, die man nicht antasten darf, wenn man nicht aus Ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen werden will.

    @ Jörg Friedrich

    Volle Zustimmung. Das Konzept von Heiligkeit ist nur möglich, wenn man ein hinterfragbares Verständnis von Normalität/Profanität hat. Bei diesem Normalitätsverständnis sind m.E. die Grenzen zwischen Alltagserfahrung und moderner wissenschaftlicher Welterkenntis fließend. Man müsste mal prüfen, welche Religionen das Heiligkeitskonzept kennen und welche nicht. Ich nehme an, das korreliert mit dem Grad an wissenschaftlichem Denken, das in dieser Kultur verbreitet ist. Wenn die christliche Kultur schon seit vorwissenschaftlichen Zeiten Heiligigkeit konzipiert, dann kann das auch ein Indiz dafür sein, dass Wissenschaftlichkeit in dieser Kultur bereits angelegt ist.

  82. #82 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Jürgen Schönstein, vom wissenschaftlichen Anspruch einer durchschnittlichen Heiligsprechung kann man sich vielleicht ein erstes Bild machen wenn man die Anweisungen des Vatikan zu diesem Thema liest, die ich oben verlinkt habe. Es ist für die Glaubwürdigkeit des Verfahrens doch von enormer Bedeutung, dass eine Heiligsprechung nicht mal eben durch ein Gegengutachten widerlegt werden kann. Ansonsten könnte man noch den Selbstversuch empfehlen: Fahren Sie zu einer Pilgerstätte Ihrer Wahl, geben Sie sich als gelähmt aus, berühren Sie die Reliquien und springen Sie mit dem Ruf “Ich kann wieder gehen” aus dem Rollstuhl. Ich bin sicher, Sie haben keine Chance, das als Wunderheilung durchzukriegen. Alternativ können Sie auch an so einem Ort ein paar Wochen Urlaub machen und beobachten, wie mit Spontanheilungen umgegangen wird.

    Dagmar Behrend, das wissenschaftliche Denken hat in Europa seine Anfänge für mein Verständnis bei Platon und Aristoteles, die zwei unterschiedliche Traditionen des Verständnisses von “Erklärung” haben. Beide betonen, dass es Aufgabe des “Wissenschaftlers” (ein Begriff, der damals noch mit Techniker und Künstler synonym war) ist, das “Warum” und nicht nur das “Dass” zu ermitteln und zu lehren.
    Das Christentum, nach seiner Hellenisierung, knüpft an die griechische Philosophie an.

  83. #83 georg
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich
    vom wissenschaftlichen Anspruch eines durchschnittlichen perpetuum mobile kann man sich vielleicht ein erstes Bild machen wenn man die Bauanleitungen zu diesem Thema liest

    Die Aussgabe, dass der Wunderglaube der katholischen Kirche ein wissenschaftliches Weltbild impliziert, ist m. E. das Zitat der Woche

    mfg georg

  84. #84 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Kann eine Heiligsprechung einen “wissenschaftlichen Anspruch” haben? Begründet in den Direktiven des Papstes dafür?

    In dem von mir verlinkten Ereignis wird in anderen Artikeln auch behauptet, dass das Fleisch aus der Zeit stamme, das für das damalige Israel “typisch” war. Das sind so Dinge, die überhaupt nicht untersucht werden können. Haben Sie jemals einen solchen “Wunderbericht” samt angeblicher Gutachten gelesen? Mir stockt bei der polemischen, primitiven Schreibweise schon der Atem.

    O man, selbstverständlich kann so ein “Wunder” des öfteren nicht durch ein “Gegengutachten” widerlegt werden. Das ist doch systemimmanent. Widerlegen Sie mir doch per Gutachten, dass es das Spagetthimonster nicht gibt.

    Ich bin der Ansicht, dass der “wissenschaftliche Anspruch” gar nicht erforderlich ist. Wunder wollen ja geglaubt werden – das gehört zum Glauben.

  85. #85 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Der Wunder-Charakter einer Heilung wird z.B. dadurch widerlegt, dass es wissenschaftliche Erklärungen für die Heilung gibt. Nach solchen Erklärungen wird im Rahmen der Untersuchung von Heilungs-Wundern gesucht und erst, wenn alle möglichen Erklärungen ausgeschlossen werden können und wenn die Heilung zudem anhaltend ist, wird von der Bestätigung eines Wunders gesprochen.

    Wer nicht an Wunder glaubt, wird hier natürlich sagen, dass es für jeden Fall eine natürliche Erklärung geben könnte. Das muss ein Wunder-Gläubiger nicht einmal bestreiten. Letztlich gehen sie nur unterschiedlich mit der Tatsache um, dass es konkret und aktuell Unerklärliches gibt.

    Übrigens liegt es ebenfalls in der Natur der Wissenschaft, dass dies auch bis auf Weiteres so bleiben wird. Denn Wissenschaft handelt vom Allgemeinen, und damit vom Idealisierten. Das stellte schon Aristoteles richtig fest und es hat sich in den letzten 2.500 Jahren nicht geändert. Das konkrete, reale Einzelne ist aber durch das Allgemeine nie vollständig beschrieben und lässt deshalb Raum für Unerklärliches.

  86. #86 MartinB
    9. November 2010

    Aha, das Christentum beruht auf Wissenschaft, weil man sonst keine Wunder feststellen könnte.
    Deshalb haben vor 3500 Jahren bronzezeitliche Nomaden sich auch nix dabei gedacht, wenn brennende Dornbüsche mit ihnen geredet oder sich auf Bestellung mal ein meer geteilt hat, weil die ja noch keine Wissenschaftler hatten, die ihnen sagen konnten, dass das normal so nicht möglich ist.
    Und als Jesus über’s Wasser gelaufen ist, da haben die Apostel erstmal nen Forschungsprojekt zum Thema “Bipede Bewegung über Fluidflächen” gestartet und dann hinterher gestaunt, dass das nicht reproduzierbar war.

  87. #87 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @ Jörg Friedrich:
    Sie definieren “Wunder” mit Ausschluss einer “natürlichen” (was ist das eigentlich?) bzw. wissenschaftlich nachvollziehbaren “Erklärung”. Wenn keine gefunden wird, ist es laut Kirche ein “Wunder”. Dann aber schreiben Sie, dass die noch nicht gefundene, “natürliche” Erklärung von einem Wunder-Gläubigen ja gar nicht bestritten werde müsse. Das schließt sich meines Erachents aus. Wundergläubige sind davon überzeugt, dass es keine “natürliche” Erklärung (also eine innerhalb der Wissenschaft) geben KANN. Das beinhaltet die Definition von Wunder. Sonst ist es nämlich keines. Das würde auch erklären, warum die Kirche an jahrhundertelang vergangenen Wundern festhält, obwohl jeder Mensch mit ein bisschen Verstand und wissenschaftlicher Kenntnis weiß, dass es eine vernünftige Erklärung für die angeblichen Wunder gibt.

    Das mit Aristoteles ist sehr trivial und es ist ein bisschen billig, ihn jetzt für die Kirche instrumentalisieren zu wollen. Aristoteles hat bestimmt auch nicht bestritten, dass die Sonne scheinen kann und die Kirche auch nicht und deshalb kann mensch – wie Sie – Aristoteles selbstverständlich als Beleg dafür angeben, dass “Unerklärliches” in der “Natur der Wissenschaft” ebenfalls gibt. Und da Sie anderso so sehr auf Details versessen sind: Es waren maximal 2.400 Jahre, wenn überhaupt (Aristoteles hat ja noch nicht in Windeln gedacht, geb. 384 v. Chr., gest. 322 v. Chr.) .

  88. #88 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    MartinB, Sie beweisen ja wiedereinmal ein erstaunliches Talent zum “Zusammenfassen” und “einfachen Darstellen von komplexen Sachverhalten” zusammen mit einer gehörigen Portion Humor sind das sicher beste Voraussetzungen für intellektuelle Gespräche auf der nächsten Institutsparty. Aber schön dass das Dreigestirn wieder zusammengefunden hat, das ist der beste Moment sich hier zu verabschieden.

    Zuvor, Andrea N.D., noch die folgende Anmerkung: Ich habe keine Definition von “Wunder” gegeben, ich halte mich bei der alltagssprachlichen Verwendung des Begriffs. Diese reserviert das Wort immer für Ausnahmeereignisse, im normalen Alltag muss alles als natürlich erklärbar angenommen werden, damit etwas, das man selbst meist gar nicht erlebt hat sondern nur aus Berichten kennt, als ein Wunder gelten kann.

    Erklärungen für lange zurückliegende Einzelereignisse gibt es in der Regel nicht. Erklärungen gibt es überhaupt nur, wenn sie gegeben werden. Für die meisten Wunder-Berichte aus der Vergangenheit gibt es allenfalls wissenschaftliche Spekulationen, die man deshalb nicht Hypothesen nennen kann weil es keine Idee gibt, sie zu erhärten. Schon die Tatsache, dass die relevanten Ausgangs- und Rahmenbedingungen nicht bekannt sind, schließt eine sichere Erklärung im wissenschaftlichen Sinne meist aus.

  89. #89 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich:

    “Erklärungen für lange zurückliegende Einzelereignisse gibt es in der Regel nicht. Erklärungen gibt es überhaupt nur, wenn sie gegeben werden. Für die meisten Wunder-Berichte aus der Vergangenheit gibt es allenfalls wissenschaftliche Spekulationen, die man deshalb nicht Hypothesen nennen kann weil es keine Idee gibt, sie zu erhärten. Schon die Tatsache, dass die relevanten Ausgangs- und Rahmenbedingungen nicht bekannt sind, schließt eine sichere Erklärung im wissenschaftlichen Sinne meist aus.”

    Da haben Sie mich wohl absichtlich missverstehen wollen. Ich rede von “Wundern”, die manchmal seit Hunderten von Jahren angebetet werden, obwohl es heute eine wissenschaftliche Erklärung dafür gibt, z.B. plötzliches und unerklärliches Madonnenweinen. Aber ich denke auch für das Wasserwandeln gibt es schon seit “Und die Bibel hat doch recht” gute wissenschaftliche Erklärungen. Insofern ist mir nicht ganz klar, was Sie mit Ihrem Absatz bezwecken bzw. eigentlich verstehe ich überhaupt nicht, was Sie eigentlich mit Ihrer wundersamen Argumentation bezwecken. Im Prinzip fehlt jetzt nur noch der Vorwurf an mich, dass ich mich ja mit der aktuellen Wissenschaftstheorie sowieso nicht auskenne, dann wäre Ihre Argumentation wieder komplett.

    So unqualifziert die Bemerkung von Ihnen über das Dreigestirn ist, so sehr freue ich mich darüber.

    @Martin B: Genauso habe ich JF auch verstanden und suchte verzweifelt nach dem faulen Ei in der Argumentation von JF. “Aha, das Christentum beruht auf Wissenschaft, weil man sonst keine Wunder feststellen könnte. ” Das bringt es auf jeden Fall auf den Punkt. Und genau das hat er auch gemeint; er hat es ja mehrmals so erläutert.

  90. #90 MartinB
    9. November 2010

    @JF
    Es ist schon ziemlich ironisch, wenn derjenige, der sich sonst mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass das Anwenden des gesunden Menschenverstandes schon als Wissenschaft im weitesten Sinne angesehen werden kann, genau dies plötzlich in Anspruch nimmt, wenn es ihm in den Kram passt.

    Die Absurdität der vorgebrachten Argumentation (Wunder gibt es nur mit Wissenschaft) ist ansonsten unabhängig vom Humorgehalt der Antwort, die diese Absurdität aufzeigt.

  91. #91 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    MartinB, jedes A ist ein B bedeutet nicht dass jedes B im weitesten Sinne ein A ist. Auf diesem Niveau diskutiere ich nicht.

  92. #92 georg
    9. November 2010

    Also, ich fand die Argumentation hier auch ziemlich humoristisch. Besonders gelungen fand ich dabei die Aussage, dass der katholische Wunderglaube ein wissenschaftliches Weltbild impliziert.

  93. #93 Niels
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich
    Ich habe keine Definition von “Wunder” gegeben
    Echt nicht? Dabei geben Sie sich doch sonst immer so große Mühe, die von Ihnen verwendeten Begriffe eindeutig und unmissverständlich festzulegen…

  94. #94 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Das ist auch besser so. Ich habe mir den Thread noch einmal angesehen, was schief gelaufen ist, schließlich sind Sie ja ein rationaler und verständiger Mensch, der Deutsch schreibt und versteht.

    Sie zweifelten an, dass es nicht simmte, dass die Kirche “wissenschaftliche Erkenntnisse” nicht anerkenne. Auf meine Widerlegung kamen Sie mit Nützlichkeit und als ich da die Unstimmigkeit in Ihren Gedanken aufzeigte (während Georg dies parallel mit der Evolution tat), kam gar nichts und dann plötzlich eine ethisch-normative Befindlichkeitsäußerung, anstatt sich mit den von Ihnen getätigten Aussagen auseinanderzusetzten:

    “Ich bin sehr froh, dass es Menschen und Organisationen gibt die sich über die ethischen Konsequenzen von Forschungen rechtzeitig Gedanken macht.”

    Und dann wieder, kein Eingehen auf die Diskussion, auf die Argumente, sondern dieses:
    “Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus, da nur dann, wenn für den nicht-heiligen normalen Menschen gilt, dass alle Leistungen (rational, wissenschaftlich) erklärbar sein müssen, das Erkennen eines Heiligen als Wunder-Täter möglich ist. Wenn die katholische Kirche Wunder selbstverständlich für möglich hielte, würde ein Verfahren zur Heiligsprechung auf Basis von Wundern gar nicht möglich sein.”

    Mensch muss sich Ihre Aussagen wirklich am Stück hineinziehen. Als ich verzweifelt versuchte, das faule Ei im rational-wissenschaftlichen kirchlichen Wunderbetrieb zu finden, kam dann das:

    “Nur, wenn man davon ausgeht, dass im Alltag nahezu immer alles mit rechten Dingen zugeht und erklärbar ist, kann man Einzelne zu Heiligen erklären, die Wunder vollbracht haben. Was ist daran unverständlich?”

    Später wird der rational-wissenschaftliche Anspruch der Wunder bzw. der einer “durchschnittlichen Heiligsprechung” (was soll das eigentlich sein) noch mit dem Film Lourdes begründet.

    Danach definieren Sie Wunder (oder, da Sie ja nicht definieren, bestimmen den “Charakter” eines Wunders):

    “Nach solchen Erklärungen wird im Rahmen der Untersuchung von Heilungs-Wundern gesucht und erst, wenn alle möglichen Erklärungen ausgeschlossen werden können und wenn die Heilung zudem anhaltend ist, wird von der Bestätigung eines Wunders gesprochen.”

    und

    “Wer nicht an Wunder glaubt, wird hier natürlich sagen, dass es für jeden Fall eine natürliche Erklärung geben könnte. Das muss ein Wunder-Gläubiger nicht einmal bestreiten. Letztlich gehen sie nur unterschiedlich mit der Tatsache um, dass es konkret und aktuell Unerklärliches gibt.”

    Wiederum auf die Unstimmigkeiten in Ihrer Charakterisierung von Wundern angesprochen, meinten Sie, dass Sie ja nur von alltagssprachlichen Verwendungen des Begriffes redeten und natürlich keine Definition abgegeben hätten. Sie hängten sich also an dem Begriff “Defintion” auf, um nicht auf Ihre unstimmige Argumentation eingehen zu müssen.

    Als letzten Ausweg (ethische Einwürfe, nicht Eingehen auf Widerlegungen, keinen konsistenten Text darlegen können hatten wir ja alles schon) werden Sie persönlich, faseln Sie dann etwas vom Dreigestirn und zuletzt, das darf bei Ihrer Arroganz selbstverständlich nicht fehlen, kommt noch: “Auf diesem Niveau diskutiere ich nicht.”

    Sie sind nirgends auf die überaus berechtigten Kritikpunkte an Ihren Kommentaren eingegangen, lenken ab, werden persönlich, um sich dann niveaulos zu verabschieden. Gratulation.

    Jetzt kommt einmal ein “Sollte” von mir: zuallerallerallerallererst würde ich an Ihrer Stelle einen Kurs in Kommunikation, Diskussion und Verständlichmachen belegen. Einen langen und ausführlichen Kurs. Dann würde ich mich wieder melden. Vielleicht gleicht sich dann das Niveau auch ein bisschen an.

  95. #95 Jürgen Schönstein
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Auf diesem Niveau diskutiere ich nicht.

    Bitte nicht so dünnhäutig sein – wir versuchen ja alle, zu verstehen, was gemeint war, als Sie sagten:

    Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus, da nur dann, wenn für den nicht-heiligen normalen Menschen gilt, dass alle Leistungen (rational, wissenschaftlich) erklärbar sein müssen, das Erkennen eines Heiligen als Wunder-Täter möglich ist.

    Das “implizite wissenschaftsverträgliche Weltbild” ist schon eine gewagte Interpretation eines Systems (damit meine ich die Heilig- und Seligsprechung), das weder historisch noch in seiner aktuellen Praxis eine implizite oder explizite Definition von Wissenschaft enthält – oder auch nur enthalten will. Ja, ich habe mir die oben verlinkte Verfahrensordnung zur Kanonisierung durchgelesen, und ja, da kommt auch mal das Wort “wissenschaftlich” drin vor. Aber erstens wird diese “Wissenschaftlichkeit” nicht von unabhängigen Gutachtern (also so etwas wie “peer review”) geprüft, was nach unserem derzeitigen Verständnis an sich schon nicht mehr “wissenschaftlich” sein kann. Und zweitens werden die Gutachten dann in theologischen und kirchlichen Gremien bewertet, die letztlich die Entscheidungsbefugnis haben – nirgendwo finde ich einen Hinweis, dass diese dabei durch “Wissenschaftlichkeit” in ihrer Entscheidung determiniert sind.

    Nein, die Kanonisierung ist keine implizite Aufwertung der Wissenschaft. Ich sollte wohl gar nicht erst fragen, ob schon mal einem Heiligen die “Approbation” entzogen wurde, weil später nachgewiesen werden konnte, dass seine “Wunder” durchaus eine natürliche Erklärung haben? Die Kanonisierung hat doch nun wirklich nichts damit zu tun, dass man damit einen Weg gesucht hat, die Grenzen der Wissenschaft zu definieren. Kanonisierung ist ein Incentive-Programm für Gläubige, etwa vergleichbar dem “Helden der Arbeit” in der DDR oder dem “Mitarbeiter des Monats” in modernen Betrieben. Die “Wunder” sind nur Mittel zum Zweck, die – kirchen- oder sonstwie politisch wünschenswerte – Idolisierung einzener Personen zu rechtfertigen. Und auch das steht ganz klar in den zitierten Vorschriften: Entscheidend ist, ob die heilig zu sprechende Person in ihrem Lebenswandel und ihren Ansichten als religiöses/konfessionelles Vorbild taugt. Die “Wunder” finden sich dann schon. Aber nach Ihrer Definition müsste ein “Wunder” auch dann ein Wunder sein, wenn es von einem erklärten Atheisten und Kirchengegner vollbracht würde, nicht wahr? Das wäre allerdings ein Wunder …

  96. #96 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Jürgen Schönstein, ich bin so dünnhäutig, und zwar aus Erfahrung. Dass “wir alle versuchen zu verstehen” kann ich leider nicht glauben. Ich empfand Ihren Artikel allerdings als aufrichtig an der Problematik interessiert, deshalb habe ich mich geäußert. Da Sie nun so ausführlich geantwortet haben will ich noch einmal versuchen, meine Sichtweise darzustellen.

    Sie haben in Ihrem Ursprungstext eine Menge Fragen gestellt (nach dem kursiv geschrieben Teil), die meines Erachtens keinen direkten Zusammenhang miteinander haben. Wenn man die Fragen einzeln angeht, dann muss man zunächst feststellen, dass die heutigen christlichen Kirchen (und ich sehe keinen Grund, dass dies nicht auch für andere Kirchen gilt, kenne deren Standpunkte aber nicht) die Richtigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht infrage stellen. Das gilt übrigens, von einigen einzelnen Fragestellungen abgesehen, auch für die Vergangenheit. Natürlich werden immer wieder gerne besondere Fälle in die Diskussion gebracht, Galileo Galilei mit Vorliebe. Ganz unabhängig davon, dass auch in diesem Falle die Geschichte nicht ganz so war, wie sie von Kirchen-Gegnern immer wieder vereinfachend dargestellt wird, wird man wohl zustimmen wenn ich behaupte, dass die Wissenschaft nicht nur aus Himmelsmechanik und Evolutionslehre besteht. In vielen anderen Fällen gibt es überhaupt kein Problem von Seiten der Kirchen, wissenschaftliche Erkenntnisse als zutreffend zu akzeptieren.

    Unbestritten ist selbstverständlich, dass es eine Phase in der Kirchengeschichte gab, in der wissenschaftliche Erkenntnisse,die im Widerspruch zum Wortlaut der Bibel standen, bekämpft wurden. Diese Phase ist aber seit langem vorbei und für die heutigen christlichen Kirchen lässt sich mit Sicherheit sagen, dass Ihre hypothetische Fragestellung Realität ist.

    Sie fragen sodann, ob es eine Religion geben könnte, deren Credo es ist, dass der einzige Weg zur Erkenntnis der wissenschaftliche ist. Ich glaube nicht, dass eine solche Religion denkbar ist, denn Religion ist sicherlich auch immer ein Weg der nicht-wissenschaftlichen Erkenntnis. Ich hoffe, dass auch Sie der Meinung sind, dass man auch sichere Erkenntnisse haben kann, die nicht wissenschaftlich belegbar sind.Ich z.B. glaube sicher zu wissen, dass es Menschen gibt, die mich lieben, ich würde das auch als Erkenntnis bezeichnen, ich habe auch erkannt, dass es wunderbar ist, durch Herbstlaub zu laufen, und dass der Herbst besonders schön an trüben Tagen ist, aber ich kann all diese Erkenntnisse, derer ich mir sehr sicher bin, nicht wissenschaftlich belegen. Ich habe irgendwann auch erkannt, dass es für mich besser ist, nicht mehr bei ScienceBlogs zu bloggen, auch diese Erkenntnis ist nicht wissenschaftlich belegbar, aber sehr sicher.

    Ich will damit sagen, dass es auch nicht-religiöse Menschen gibt die sicher sind, dass es andere Wege der Erkenntnis gibt als nur die wissenschaftlichen. Und ebenso ist es mit er letzten Frage, die sie oben gestellt haben: Natürlich glaubt ein religiöser mensch nicht nur das, was sich wissenschaftlich belegen lässt. Aber wer tut das? Wer würde von sich sagen, dass er nur einem wissenschaftlichen Beweis glaubt und sonst nichts?

    Ich glaube z.B. dass Rilkes “Panther” das Gefühl der Ohnmacht und der Einsamkeit zutreffend beschreibt. Ich hoffe, niemand versucht, dafür einen wissenschaftlichen Beweis zu erbringen. Ich glaube auch, dass die Kommentare in diesem Ordner von unterschiedlichen, aber tatsächlich lebenden Menschen geschrieben worden sind,die genauso vor Computern sitzen wie ich. Mag sein, man kann das wissenschaftlich beweisen – ich halte das aber für unnötig.

  97. #97 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Noch einmal zur Heiligsprechung. Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor. Es ging bei mir nirgends um die Zwecke und Absichten, die die Kirche damit verfolgt, es ging um die allgemeine Situation in einer Gesellschaft hinsichtlich der Standards für Erklärungen von Ereignissen, in der Wunder und Heiligsprechungen überhaupt möglich sind. Meine Aussage war, dass in einer solchen Gesellschaft die Vorstellung vorherrschen muss, dass normalerweise alles “mit rechten Dingen zugeht”, dass Ereignisse verständliche Ursachen haben. Nur in einer solchen Gesellschaft ist es überhaupt möglich, das Nichterklärbare, Außerordentliche als Wunder zu klassifizieren, das ein Heiliger vollbracht haben muss. Deshalb ist es für eine Organisation, die Heilige braucht, sehr sinnvoll, wenn das meiste erklärbar ist, es bleibt ja immer genug unerklärtes übrig, das zum Wunder taugt.

  98. #98 Andrea N.D.
    9. November 2010

    Der erste Link, wenn ich Kirche und Wissenschaft heute eingebe, schließt mit den Worten:

    “Die Kirche ist genau an diesen Grenzbereichen gefragt – besonders da, wo es um die Achtung und die Würde des Menschen geht. Sie muss sich sozusagen mit ihrem eigenen wissenschaftlichen Hintergrund, mit der Theologie, und ihrer geschichtlichen Erfahrung zu den gesellschaftlich umstrittenen Themen positionieren. Der Forscher geht – schlicht gesagt – seinem Beruf nach und handelt allein ergebnisorientiert. Bei der Bewertung seiner Ergebnisse ist er auf ethische Kategorien, wie sie die Kirche vertritt, angewiesen. Wenn sich Kirche nicht zum Beispiel zu Fragen der Gentechnik äußert, wird die Wissenschaft allein gelassen. Es kann zu Entwicklungen kommen, durch die die Gesellschaft, die Menschheit Schaden nehmen kann. Der Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft – vor allem den Naturwissenschaften – hat hier seine besondere Bedeutung: Hilfen zu geben, wenn die Gefahr droht, dass die menschliche Würde verletzt werden könnte.”

    https://www.tag-des-herrn.de/artikel/1639.php

    Abgesehen davon, dass nach wie vor ein ambivalentes Verhältnis postuliert wird, ein Fakt, der natürlich Jörg Friedrichs Selbstverständnis kaum entspricht, ist doch “die Phase heute schon lange vorbei”, hatte ich den Eindruck, dass die “Predigt” von ihm sei. Interessant auch der Blick auf die DDR-schen Verhältnisse.

    Herr Friedrich, Ihr Kommentar zeigt, dass Sie immer noch nicht zwischen “Glauben” und “Glauben” unterscheiden können. Wie oft ist Ihnen die wissenschaftliche Theorie erklärt worden?

  99. #99 Jürgen Schönstein
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor.

    Deswegen gibt es ja Diskussionsstränge, um Missverständnisse aufzuklären. Helfen Sie mir bitte (dies ist eine ehrlich gemeinte Bitte), das(die) Missverständnis(se) in den obigen Argumentationssträngen aufzuspüren. Meine Frage war an die Wissenschaft gerichtet: Wie würden sie zu einer Religion stehen, deren Dogma lautet, dass die Wissenschaft immer recht hat, weil ihr Gott dies so will. Darauf entgegneten Sie, dass dies bereits der Fall sei, da sich ja die (katholische) Kirche in ihrem Handeln in keinen Widerspruch zur Wissenschaft stellen wolle. Konkret fragten Sie

    Welche wissenschaftliche Erkenntnis wird heute von der katholischen Kirche nicht anerkannt?

    , woraufhin Kommentator georg unter anderem antwortete

    Zweitens: Heilgsprechung. Die katholische Kirche spricht noch im dritten Jahrtausend Menschen heilg, die nachgewiesenermaßen (!) nach ihrem Tod Wunder vollbracht haben sollen.

    Nach einem kurzen (und eigentlich nebensächlichen) Diskurs darüber, ob die Kanonisierungsregeln nun den Tod des Wunder Wirkenden zur Bedingung machen (Antwort: Man muss nicht tot sein, aber es schadet auch nichts – vermutlich die meisten Wunder von Heiligen wurden in der Tat nach deren Tod vollbracht), kam von Ihnen die Steilvorlage:

    Das Verfahren der Heiligsprechung setzt (im Falle des Wunders) schon implizit ein wissenschaftsverträgliches Weltbild voraus, da nur dann, wenn für den nicht-heiligen normalen Menschen gilt, dass alle Leistungen (rational, wissenschaftlich) erklärbar sein müssen, das Erkennen eines Heiligen als Wunder-Täter möglich ist.

    Und das war schob die Diskussion auf eine neue Ebene. Bisher wäre es noch möglich gewesen, das Wunder-Thema von der Wissenschaft zu trennen; etwa derart, dass Wunder nicht etwa – und im Gegensatz zu dem, was Sie vermuteten – ursächlich etwas sind, was den wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht, sondern eine Bewertung von Geschehnissen, die Wissenschaft nicht vornehmen kann. Ich hatte dies mal am Beispiel des “Wunder vom Hudson” beschrieben: Jeder einzelne Aspekt dieser erstaunlichen Notwasserung ist wissenschaftlich beschreibbar, aber warum sie alle gerade in diesem Moment und in dieser Weise zusammen treffen, ist eventuell schon außerhalb dessen, was Wissenschaft für ihren Zuständigkeitsbereich halten würde. Selbst bei “Wunderheilungen” ist der Heilungsmechanismus (das Immunsystem, beispielsweise) durchaus beschreibbar, aber oft handelt es sich dabei um Heilungserfolge – im Spätstadium, wo nach herkömmlichen Wissen bereits keine Remission mehr zu erwarten wäre, beispielsweise, oder ohne den sonst üblichen massiven Einsatz technologischer Medizin etc. – die nach medizinischem Erkenntnisstand so unwahrscheinlich sind, dass sie außerhalb dessen liegen, was Mediziner prognostizieren würden.

    Aber selbst wenn wir uns auf einen nicht durch Wissenschaft (oder deren Komplementärraum des wissenschaftlich nicht Erklärbaren) umrissenen Wunder-Begriff einigen würden, ändert er doch nichts an der Grundproblematik, die georg in seinem Kommentar darstellt: Dass solche Wunder dem Handeln einer – manchmal nur symbolisch zugegenen, und nicht selten bereits toten – Person zugeschrieben werden. Also nicht als das sowieso unerschließbare Handeln jenes übernatürlichen Gottes gelten, sondern als Akt eines Menschen, womöglich aus dem Jenseits. Und das widerspricht auch bei einem ansonsten wissenschaftsneutralen Wunder-Begriff dem, was wir “Wissenschaft” nennen.

    Wo in dieser Kette wurden Sie jetzt missverstanden?

  100. #100 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Jürgen Schönstein, meine Vermutung, dass ein Missverständnis vorliegt, bezog sich auf Ihren davor stehenden Kommentar, in dem Sie über die Ziele und Absichten der Institution Kirche, die diese mit Heiligsprechungen verfolgt, schrieben. Ich wollte darauf hinweisen, dass das nicht das Thema der bisherigen Diskussion war, jedenfalls nicht meiner Beiträge zur Diskussion.

    In der nun von Ihnen rekonstruierten Diskussion gibt es keine Missverständnisse.

    Es geht um die Frage, ob es irgendwelche positiven Erkenntnisse der Wissenschaft gibt, die von christlichen Kirchen aktuell bezweifelt werden. Ich hatte Ihren Artikel jedenfalls so verstanden, dass es Ihnen u.a. um die Frage geht ob eine Religion denkbar ist, die wissenschaftliche Erkenntnisse grundsätzlich und ohne prinzipielle Einschränkungen als zutreffend akzeptiert.

    Nehmen wir an, es passiert eine überraschende Heilung eines Schwerkranken, nachdem er an einem Ort gewesen ist, der von der Kirche als Ort einer Marien-Erscheinung bezeichnet wird. Die Wissenschaft nimmt sich des Falls an und kann ihn mit ihren Mitteln plausibel erklären. In diesem Fall würde die Kirche nicht von einem Wunder sprechen: sie akzeptiert die wissenschaftliche Erklärung.

    Als Wunder kommen eben nur die Fälle in Frage, die die Wissenschaft aktuell nicht erklären kann. Wie ich oben schon schrieb, beginnt überhaupt erst an dieser Stelle der Unterschied zwischen Wunder-Gläubigem Menschen und dem, der auch in solchen Fällen in die Wissenschaft Vertrauen setzt, wobei selbst da in der Realität fein zu differenzieren ist. Auch Menschen die prinzipiell glauben, dass es Wunder gibt, würden nicht unbedingt abstreiten, dass auch solche konkreten Fälle in der Zukunft erklärbar werden können.

    Aber meist sind diese konkreten Fälle im weiteren Verlauf unentscheidbar. Selbst wenn die Fälle recht gut dokumentiert sind, können nie alle Bedingungen die für eine spätere wissenschaftliche Erklärung relevant sind, festgehalten werden, das vor allem deshalb, weil man ja nicht weiß, welche Bedingungen denn relevant wären.

    Aus diesem Grunde hat ein Wunder-gläubiger Mensch mit zukünftigen wissenschaftlichen Erkenntnissen auch kein Problem. Und deshalb ist eben die aktuelle christliche Religion in der Lage, jegliche konkrete wissenschaftliche Erkenntnis als zutreffend zu akzeptieren.

    Was den religiösen Menschen von demjenigen trennt, der voll und ganz der Wissenschaft vertraut, ist nicht die Akzeptierbarkeit gefundener Erkenntnisse, sondern die Akzeptierbarkeit des prinzipiellen und umfassenden Erkenntnisoptimismus. Hier wird der Christ wohl immer darauf beharren, dass es Dinge gibt, die wissenschaftlich nicht erkennbar oder erklärbar sind, auch wenn er nicht genau sagen kann, welche das sind. Damit ist der Christ aber, wie meine obigen Beispiele zeigen sollten, nicht allein.

  101. #101 Jürgen Schönstein
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Es geht um die Frage, ob es irgendwelche positiven Erkenntnisse der Wissenschaft gibt, die von christlichen Kirchen aktuell bezweifelt werden.

    Nein, das ist jetzt ein Missverständnis. Es ging nicht um Kirchenkritik oder sonst etwas, sondern ich wollte von – idealer Weise sich selbst als religionskritisch bezeichnenden – Wissenschaftlern nur wissen, ob sie selbst dann Religion ablehnen würden, wenn die ihnen in jedem Punkt Recht gibt. Was ja – hey, es ist mein Gedankenexperiment, da darf ich die Regeln schon definieren – auch schon zwangsläufig ausschließt, dass die Religion Aussagen über die Realität macht, die nicht durch die Wissenschaft gestützt sind. In dieser Religion kann es gar keine “Wunder” geben, weil sie ja per Definition davon ausgeht, dass alles wissenschaftlich erklärbar sein muss. Nochmal: Hier sollten sich die Wissenschaftler in ihrem Verhältnis zur Religion angesprochen fühlen; es war keine Aufforderung, real existierende Religionsgemeinschaften oder deren eventuelle/tatsächliche Ablehnung von Wissenschaft hier zu rechtfertigen oder sonst etwas. Darum zielte ja auch die von Ihnen quasi als Auftakt der Wunder-Diskussion gestellte Frage

    Ist diese Kirche (und die christliche Religion überhaupt, vom Islam und vom Judentum vermute ich das gleiche, weiß aber nicht genug darüber) nicht genau die, über die der Artikel ganz hypothetisch grübelt?

    schon daneben. Denn danach hatte ich nicht gefragt. Alles weitere ergab sich dann missverständlicher Weise wie von selbst …

  102. #102 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Aus diesem Grunde hat ein Wunder-gläubiger Mensch mit zukünftigen wissenschaftlichen Erkenntnissen auch kein Problem. Und deshalb ist eben die aktuelle christliche Religion in der Lage, jegliche konkrete wissenschaftliche Erkenntnis als zutreffend zu akzeptieren.”

    Aber das geht doch an der gelebten christlichen Wirklichkeit komplett vorbei? Wenn Sie auf die einschlägigen Seiten im Netz gehen (christlicher Glaube – Wunder) werden doch die “Wunder” von vor hunderten von Jahren noch als “Wunder” bezeichnet. Wenn doch aber jetzt beispielsweise wissenschaftlich erklärt werden kann, wie das “durchs Wasser wandeln” funktioniert hat und die Christen immer noch daran eisern festhalten, dass Moses das Wasser “teilte”, was bedeuted dann Ihr Satz, “Und deshalb ist eben die aktuelle christliche Religion in der Lage, jegliche konkrete wissenschaftliche Erkenntnis als zutreffend zu akzeptieren.”?

    Eigentlich kann dieser Satz von Ihnen nur auf zweierlei Weise interpretiert werden (ich gehe davon aus, dass Sie mir nicht antworten werden bzw. sowieso wieder missverstanden worden sind; trotzdem kann er nur auf zweierlei Weise interpretiert werden): Entweder Sie ignorieren weiterhin eisern alle Gegenargumente oder Sie verändern den Inhalt mit “in der Lage”. Dies hieße, dass Sie grundsätzlich alle Christen in der Lage sähen, wissenschaftlicher Erkenntnisse zu akzeptieren – wen “wundert’s”, auch Christen können bestimmt vernünftige Schlüsse ziehen (der abwertende Tonus, falls hineininterpretiert, kommt hier von Ihnen durch das “in der Lage sein”, nicht von mir). Dies hieße aber weiter, dass es offensichtlich am Willen fehlt, wissenschaftliche Erkenntnise zu akzeptieren – ich denke da gehen wir endlich einmal konform. Wobei ich es noch stärker ausdrücken würde: In vielen Fällen weigern sich die Christen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu akzeptieren und das ist der christlichen Religion inhärent. Und im Anschluss daran stellt sich die Frage: Wenn ein “Wunder-Gläubiger” Mensch mit der Anerkennung vergangener wissenschaftlicher Erkenntnisse so viele Probleme hat, wie soll er dann mit der “Anerkennung zukünftiger wissenschaftlicher Erkenntnisse keine Probleme haben”?

  103. #103 MartinB
    10. November 2010

    @JF

    Und deshalb ist eben die aktuelle christliche Religion in der Lage, jegliche konkrete wissenschaftliche Erkenntnis als zutreffend zu akzeptieren.

    Es würde die Kirche also nicht anfechten, wenn ich ein Superteleskop entwickle, mich in 2000 Lichtjahren Entfernung von der Erde begebe, diese beobachte und sehe, dass es jesus z.B. nie gegeben hat (was ja eine zumindest denkmögliche wissenschaftliche Erkenntnis wäre)? Oder wenn die Geschichtswissenschaft eindeutig nachweist, dass z.B. Jesus nie gekreuzigt wurde, sondern in Wahrheit nach Afrika fliehen konnte?

    Aber vielleicht unterschätze ich auch die “Flexibilität” (=Beliebigkeit) der kirchlichen Interpretation und man wird in diesem Fall sagen “Na klar, das neue Testament war ja auch nur symbolisch gemeint”.

    Im übrigen verschieben Sie die Frage auf subtile Weise: Es besteht ein Unterschied im Anerkennen konkreter wissenschaftlicher Ergebnisse und im Anerkennen der wissenschaftlichen Methode als Mittel zur Erkenntnisgewinnung selbst.

  104. #104 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Jürgen Schönstein, ich mache einen letzten Versuch, Ihnen verständlich zu machen, warum ich mich zu Ihrem Beitrag geäußert habe. Sie haben die Frage gestellt “Was wäre, wenn eine Religion – egal welche – grundsätzlich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse anerkennt?” Das ist eine im Konjunktiv gestellte Frage, auf die man, wenn ihre Bedingung erfüllt ist, antworten kann, dass die Welt dann genau so wäre, wie sie jetzt ist. Deshalb habe ich dargestellt, dass es Religionen dieser Art gegenwärtig gibt.

    Sodann haben Sie weitere Fragen gestellt, die Ihre Bedingungen verschärfen. Zu diesen Fragen habe ich, in Übereinstimmung mit Ihrer Vermutung, geschrieben, dass Religionen, die z.B. wissenschaftliche Erkenntnis als einzigen Weg der Erkenntnis ansehen, nicht denkbar sind. Ich habe aber angemerkt, dass man auch nicht-religiös sein kann und trotzdem weitere Erkenntnismöglichkeiten als die wissenschaftliche Erkenntnis zulassen kann.

    Heutige Ausprägungen von Religionen, soweit sie mir bekannt sind, akzeptieren die “wissenschaftliche Methode als Mittel zur Erkenntnisgewinnung selbst”. Sie bestreiten selbstverständlich, dass diese Methode die einzige ist, zu wahren Erkenntnissen zu kommen – und damit sind sie nicht allein. Und sie weisen darauf hin, dass wissenschaftliche Erkenntisgewinnung allein nicht ausreicht, um zu wissen, wie man handeln soll – auch darin sind sie nicht allein.

  105. #105 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Das ist eine im Konjunktiv gestellte Frage, auf die man, wenn ihre Bedingung erfüllt ist, antworten kann, dass die Welt dann genau so wäre, wie sie jetzt ist. Deshalb habe ich dargestellt, dass es Religionen dieser Art gegenwärtig gibt.”

    Dass die Bedingung erfüllt sei, ist eine Behauptung von Ihnen, die Sie nie belegt haben (weil es gar nicht geht), aber die Ihnen ständig widerlegt worden ist.

    Dass es “weitere Erkenntnismöglichkeiten” als die wissenschaftliche gebe, ist eine weitere unbelegte Behauptung von Ihnen. Auch Gefühle und Eindrücke lassen sich wissenschaftlich beschreiben. Und nur da Sie den Unterschied zwischen einer Befindlichkeitsäußerung (“Glaube”) und einer wissenschaftlichen Hypothese (“Glaube”) nicht kennen wollen, bedeutet nicht, dass es nicht (zukünftige) Möglichkeiten der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit für erstere geben kann. Die nicht-religiösen, nicht übersinnlichen Erkenntnismöglichkeiten, die außerhalb wissenschaftlicher Erkenntnis liegen, müssten Sie belegen bzw. zumindest Beispiele dafür bringen. Und bitte nicht wieder “ich glaube, ich sitze gerade vor dem Computer”.

  106. #106 georg
    10. November 2010

    @JF

    Und deshalb ist eben die aktuelle christliche Religion in der Lage, jegliche konkrete wissenschaftliche Erkenntnis als zutreffend zu akzeptieren.

    Wissenschaftliche Erkenntnis beschränkt sich nicht auf konkrete gemessene Einzelereignisse, sondern macht auch allgemeine Aussagen.
    Z. B. folgt aus den physikalischen Erhaltungssätzen die ernergetische Geschlossenheit dieser Welt und verbietet damit auch das Eingreifen übernatürlicher Wesen in den natürlichen Verlauf der Dinge, also genau das, was die katholische Kirche unter den Wundern versteht, anhand derer eine Heiligsprechung erfolgt.
    Da ist schon ein bisschen rhetorische Rabulistik von Nöten, um das scheinbar in Einklang zu bringen.
    Es ist einfach so, dass die katholische Kirche mit ihrem Wunderglauben eine vorwissenschaftliche Weltsicht aus der Antike in die Neuzeit tradiert hat und bis heute daran fest hält.

    mfg georg

  107. #107 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    georg, wenn Sie sich schon auf “allgemeine Aussagen” berufen, die die Wissenschaft macht, dann sollten Sie nicht die Logik dieser Aussagen umdrehen. Daraus, dass in geschlossenen Systemen Energieerhaltungssätze gelten folgt nicht die “energetische Geschlossenheit der Welt” – was auch immer das überhaupt sein soll.

    Ganz davon abgesehen müssen – soweit ich weiß – Wunder nicht gegen Energieerhaltungssätze verstoßen.

    Aber gut: “Es ist einfach so…”

  108. #108 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    MartinB, wenn Sie ein Superteleskop entwickeln, sich in 2000 Lichtjahren Entfernung von der Erde begeben, diese beobachte und sehen, dass es jesus z.B. nie gegeben hat, dann würde ich beginnen, an Wunder zu glauben. Ein bisschen tue ich es jetzt schon wenn ich lese, dass ein promovierter Physiker, der gegenwärtig an einer deutschen Universität lehrt, das als “eine zumindest denkmögliche wissenschaftliche Erkenntnis” bezeichnet.

    Weshalb ich auf dieses “Gedankenexperiment” überhaupt antworte: Es ist eben für das Verständnis des ganzen Problems nicht unwichtig zu verstehen, dass es Dinge gibt, die der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht zugänglich sind. Dazu gehören die genauen Begebenheiten an irgendeinem Ort der Erde vor 2.000 Jahren ebenso wie die Ursachen für eine konkrete Genesung manch eines konkreten Kranken, der nicht medizinisch behandelt wurde.

  109. #109 georg
    10. November 2010

    @JF

    Ganz davon abgesehen müssen – soweit ich weiß – Wunder nicht gegen Energieerhaltungssätze verstoßen.

    Wenn übernatürliche Wesen in diese welt eingreifen und hier physikalische wirkungen auslösen, dann wohl schon. Ich habe hier auch noch eine Erläuterung zum Wunder, im Sinne der Kirche:

    Sieger, Heiligsprechung (Anm. 1), 390 f. Bei Wundern handelt es sich letztlich um eine theologische Frage, „die empirisch nicht gelöst werden kann. Die theologische Aussage setzt jedoch den empirischen Beweis voraus, daß sich das Phänomen ereignet hat und mit den gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnissen nicht zu erklären ist. Erst dann stellt sich die theologische Frage hinsichtlich der Möglichkeit eines transzendenten Zusammenhangs. Bei den Kanonisationsverfahren muß dieser Zusammenhang als evidenter Bezug der nicht erklärbaren Phänomenologie mit der Anrufung eines Dieners Gottes bzw. eines Seligen nachgewiesen werden. So versteht man bei den Selig- und Heiligsprechungen unter einem ‚Wunder’ ein nicht erklärbares Ereignis in erwiesenem Zusammenhang mit der Anrufung eines Dieners Gottes oder eines Seligen.” Resch, Wunder (s. Anm. 22), 1. Siehe auch Martinelli, Canonizzazione (s. Anm. 7), 25-27.

    Zu beachten ist dabei der “transzendente Zusammenhang”, um den geht es.

    mfg georg

  110. #110 georg
    10. November 2010

    Zu früh abgeschickt, das gehört noch dazu:

    Die Entscheidung, ob es sich tatsächlich um ein Wunder handelt, wird aber letztlich durch den congressus peculiaris der Theologen für die Hauptversammlung vorbereitet, in der das Votum für den Papst erstellt wird (DPM 14, 2°), denn „ein übernatürliches Eingreifen der Heilsmacht Gottes ‚in Vorausnahme der eschatologischen Vollendungsgestalt der Schöpfung’ kann nur von der Theologie konstatiert werden…”(27) .

    Man beachte das übernatürliches Eingreifen der Heilsmacht Gottes

  111. #111 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    georg, man beachte vor allem: “Die theologische Aussage setzt jedoch den empirischen Beweis voraus, daß sich das Phänomen ereignet hat und mit den gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnissen nicht zu erklären ist. Erst dann stellt sich die theologische Frage hinsichtlich der Möglichkeit eines transzendenten Zusammenhangs.”

    Sie zitieren hier (was oder wen eigentlich) und merken nicht einmal, dass damit genau das Gegenteil von dem gestützt wird, was Sie eigentlich sagen wollen. Weitergoogeln!

  112. #112 georg
    10. November 2010

    Und, um es nochmal deutlich zu sagen, Wunder, verstanden im Sinne der Kirche, als “übernatürliches Eingreifen der Heilsmacht Gottes” verstoßen gegen die in unserer Welt geltenden Erhaltungssätze und damt, nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand, gegen die Naturgesetze.

  113. #113 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Gegen welchen Erhaltungssatz genau verstößt es, wenn ein Gelähmter nach der Berührung durch wen oder was auch immer wieder gehen kann?

  114. #114 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:

    “Weshalb ich auf dieses “Gedankenexperiment” überhaupt antworte: Es ist eben für das Verständnis des ganzen Problems nicht unwichtig zu verstehen, dass es Dinge gibt, die der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht zugänglich sind. Dazu gehören die genauen Begebenheiten an irgendeinem Ort der Erde vor 2.000 Jahren ebenso wie die Ursachen für eine konkrete Genesung manch eines konkreten Kranken, der nicht medizinisch behandelt wurde.”

    Jetzt habe ich es verstanden, damit kann die Diskussion an dieser Stelle beendet werden. Es geht nicht um Wunder, Ihre besondere Begabung zum Predigen oder vermeintliche kirchliche Akzeptanz von wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Methoden. Es geht einzig und allein um IHR persönliches Wissenschaftsverständnis, das nichts mit dem rationaler Menschen zu tun hat.

    Ein besonderes Merkmal eines Verständnisses von Wissenschaft ist die objektive Verallgemeinerbarkeit, das intersubjektive Verstehen-machen, die objektive Nachvollziehbarkeit. Für Sie und die Kirche ist es ganz einfach: Was ich nicht objektiv nachvollziehen kann, ist außerhalb der Wissenschaft (oder ein Wunder). Deshalb auch das Beispiel mit dem Gelähmten. Wollen Sie sich selbst einen Gefallen tun und sich durch die ganzen “Wunder” lesen? Ich würde einmal frech schätzen 90 Prozent sind erstunken und erlogen und die restlichen 10 Prozent wurden später wissenschaftlich erklärt (was die ersten 90 Prozent nicht ausschließen muss). Es liegt an IHREM Wissenschaftsverständnis, dass SIE “glauben”, dass “Dazu die genauen Begebenheiten an irgendeinem Ort der Erde vor 2.000 Jahren ebenso wie die Ursachen für eine konkrete Genesung manch eines konkreten Kranken, der nicht medizinisch behandelt wurde.” gehören. Im Rahmen der geschichtswissenschaftlichen Methoden und Hypothesen lassen sich Aussagen über Ereignisse vor 2000 Jahren treffen, die im Rahmen der Wissenschaft verbessert, widerlegt, ergänzt werden können. Vorläufigkeit gehört auch zur Wissenschaft.

    Was SIE IHREM Wissenschaftsverständnis unterschieben, scheint eine absolute, nicht vorläufige, endgültige Wahrheit zu sein, eine absolute Gewissheit, dass es genauso und so gewesen sein muss. Tut mir leid, das ist mit wissenschaftlichen Methoden nicht zu ermitteln. Das ist mit überhaupt keiner Methode zu ermitteln. DAS kann nur (von Ihnen, Religionen u.a.) kategorisch behauptet werden. Und ist wiederum reine Fantasie und hat mit einer Wahrheit wenig zu tun.

  115. #115 miesepeter3
    10. November 2010

    @ Jörg Friedrich

    “Gegen welchen Erhaltungssatz genau verstößt es, wenn …….”

    Gegen den Machterhaltungssatz einiger vieler Wissenschaftler, die solche Vorkommnisse bedauerlicherweise nicht wegschweigen können aber gerne würden.
    Natürlich gibt es auchWissenschaftler, die solche Vorkommnisse als interessantes Untersuchungobjekt ansehen, aber für eine solche Untersuchung kein Geld bekommen.
    So wissen wir nicht, welche Gründe dazu führen, dass der Glückliche wieder gehen kann und haben keine wissenschaftliche Begründung dafür. Bequemerweise kann man das dann noch als Wunder bezeichnen.
    Für mich wäre es immer noch ein Wunder, auch wenn die Wissenschaft eine Erklärung daür hätte. Nämlich, dass es überhaupt möglich ist.

  116. #116 georg
    10. November 2010

    @JF
    Noch mal zum Verständnis: Es geht um den angeblichen “transzendenten Zusammenhang” bzw das postulierte “übernatürliches Eingreifen der Heilsmacht Gottes” .

    Das ist doch letztlich die theologische Begründung für die Heiligsprechung.

    Jeder, der einen etwas näheren Kontakt mit dem gelebten katholisch Glauben hat weiss das. Ich will Ihnen dahingehend aber nichts unterstellen.

  117. #117 MartinB
    10. November 2010

    Es ist eben für das Verständnis des ganzen Problems nicht unwichtig zu verstehen, dass es Dinge gibt, die der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht zugänglich sind. Dazu gehören die genauen Begebenheiten an irgendeinem Ort der Erde vor 2.000 Jahren ebenso wie die Ursachen für eine konkrete Genesung manch eines konkreten Kranken, der nicht medizinisch behandelt wurde.

    Ja, und wenn ich jetzt eine Kaffeetassee auf den Boden fallen lasse, dann gibt es auch keine praktikable Methode, um den genauen Flug aller Splitter wissenschaftlich zu “erklären”. Soll ich jetzt daraus folgern, dass da ein Wunder passiert ist? Oder dass da vielleicht ein Wunder passiert ist? Sie müssen sich schon Gedanken darüber machen, wie Sie den Begriff “wissenschaftlich erklärt” genau verstehen wollen: “Prinzipiell wissenschaftlich erklärt, wenn auch im Einzelfall nicht abgesichert” oder eben “im konkreten Einzelfall wissenschaftlich erklärt”. Im zweiten Fall haben Sie es mit der Deklaration von Wundern natürlich leicht, dafür ist aber dann nahezu jedes Alltagsereignis ein Wunder, das kann’s ja wohl nicht sein. Deshalb greift Ihr Argument ins Leere.

    Und das Gedankenexperiment sollte nur deutlich machen, dass die Kirche eben deshalb viele wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptieren kann, weil sie von ihnen nicht berührt wird. Dies gilt aber nicht für alle Erkenntnis und schon gar nicht für alle denkbare Erkenntnis – da ist es auch unerheblich, ob ich meinen Warpantrieb tatsächlich baue.

  118. #118 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Gut, dass wir mit Andrea N.D. eine unabhängige und weise Moderatorin haben, die entscheiden kann, wann die Diskussion beendet werden kann.

  119. #119 georg
    10. November 2010

    @JF

    Gegen welchen Erhaltungssatz genau verstößt es, wenn ein Gelähmter nach der Berührung durch wen oder was auch immer wieder gehen kann?

    Gehen Sie mal öfter in die Kirche, dann würden Sie solche Fragen nicht stellen.

    Wenn kein übernatürlicher Eingriff die Ursache war, fehlt letztlich die theologische Begründung für eine Heiligsprechung. Gibt es die theologische Begründung, dann wird ein übernatürlicher Eingriff in den Körper des Betroffenen unterstellt, der z. B. Gewebe verändert hat oder ähnliches. Das geht nicht ohne Verstoß gegen die innerweltlichen Erhaltungssätze von Energie bzw. Materie.

    Analoges gilt auch für die Behauptung, dass der heilige Geist an der Bibel mitgeschrieben hat. Nach heutiger Erkenntnis sind Geda´nken an materielle Vorgänge im Gehirn gebunden. Eine Beeinflussung von Gedanken durch den “heiligen Geist” impliziert entsprechende Veränderungen dieser materiellen Vorgänge.

    Auch das verstößt gegen die innerweltlichen Ehaltungssätze und damit, nach heutigem wissenschaftlichen Verständnis, gegen die Naturgesetze.

    mfg georg

  120. #120 Jürgen Schönstein
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich

    ich mache einen letzten Versuch, Ihnen verständlich zu machen, warum ich mich zu Ihrem Beitrag geäußert habe.

    Gute Güte, niemand muss – in meinem Blog zumindest – rechtfertigen, warum er oder sie sich hier äußert. Aber darüber zu diskutieren, was geäußert wird, ist dann eine logische und unausweichliche Konsequenz. Und da muss man ja nicht zu einer Übereinstimmung kommen, wie uns die Erfahrung lehrt …

  121. #121 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Jürgen Schönstein, ich habe mich nicht gerechtfertigt, ich wollte Ihnen den Grund, die Ursache und den Zweck meiner Äußerung einfach verständlich machen – nach Grund, Ursache und Zweck fragt man nun einmal mit “Warum”.

  122. #122 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Es wäre schön, wenn Sie anstatt Moderationshinweise zu geben, auf den Inhalt eingehen würden. Aber es war eigentlich klar, dass Sie mit Ihrem Wissenschaftsverständnis dazu nicht “in der Lage” sein können. Für Sie ist alles “alltäglich” oder “wundersam”. Wie soll mensch mit jemanden, der so etwas behauptet eine wissenschaftliche Diskussion führen? Diese “impliziert” doch auch, dass die Argumente gegenseitig nachvollzogen werden können. Wenn dies schon gar nicht vorausgesetzt wird, weil Unerklärliches einfach als Wunder deklariert wird, ist eine Diskussion nicht möglich. Ebenso nicht, wenn Erkenntniswege außerhalb der wissenschaftlichen Methode postuliert werden, weil diese eben nicht intersubjektiv nachvollziehbar objektiviert werden können. Ein reden darüber ist dann nicht möglich, nur ein glauben, dass. DAS meinte ich mit, die Diskussion ist beendet, sie ist gar nicht möglich bzw. nie möglich gewesen. Jetzt klarer?

  123. #123 Lichtecho
    10. November 2010

    “Und wenn Gott ein Wissenschaftler wäre …”
    Hm, keine Ahnung, was dann wäre. Aber wenn Pferde Katzen wären könnte man die Bäume hochreiten!

  124. #124 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Andrea N.D., aus Ihrer Verwendungsweise der Begriffe “objektiv” und “intersubjektiv” kann ich leider kein konsistentes Bild davon ableiten, welche Bedeutung Sie diesen Begriffen geben. Deshalb erschließt sich mir auch nicht, was Sie u.a. mit “intersubjektiv nachvollziehbar objektiviert” meinen könnten – ich sehe mich deshalb leider außerstande, zu verstehen, was Sie eigentlich sagen wollen. Das tut mir leid. Für mich ist “nachvollziehen einer Erkenntnis” immer etwas, was das Subjekt tut, deshalb kann ich mir das weder “intersubjektiv” noch, wie Sie es oben nannten, “objektiv” vorstellen. Aber ich muss zugeben: es klingt gut.

    Was ich auch nicht verstehe ist, warum keine Diskussion möglich ist, wenn man “Erkenntniswege außerhalb der wissenschaftlichen Methode postuliert”. Gewinnen Sie alle Ihre Erkenntnisse mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode. Gewinnen Sie zum Beispiel Ihre regelmäßigen Erkenntnisse über meinen Geisteszustand mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode? Nun,ich gewinne auch Erkenntnisse ohne Anwendung der wissenschaftlichen Methode, und ich denke, auch über diese Erkenntnisse kann man diskutieren.

  125. #125 georg
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich
    Nach meinem Eindruck haben Sie sich ein Bild von katholischer Kirche und katholischer Theologie zurecht gelegt, das von der tatsächlich gelebten katholischen Religion und dem Selbstverständnis der Gläubigen ziemlich weit entfernt ist.
    Das macht für mich Ihre Argumentation und Schlussfolgerungen nachvollziehbarer, aber nicht richtiger.

    mfg georg

  126. #126 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Nun,ich gewinne auch Erkenntnisse ohne Anwendung der wissenschaftlichen Methode, und ich denke, auch über diese Erkenntnisse kann man diskutieren.”

    Sicher nicht. Das sind dann “Wunder” oder subjektiv erlebt und beschriebene Gefühlszustände. Über Wunder, religiöse Weisheiten und Ihre Befindlichkeiten lässt sich schlecht diskutieren. Keine obejtive Verallgemeinerbarkeit, keine intersubjektive Nachvollziehbarkeit.

    Das Gewschwurbel im ersten Absatz überlese ich einmal. Wer diese Grundlagen nicht kennt, mit dem ist halt schlecht zu diskutieren. Meine Rede.

    Selbstverständlich gewinne ich meine Erkenntnisse aus Ihren Aussagen – aus was den sonst? Ich rede ja nicht über Ihren Bauchansatz oder über Ihre Glatze sondern über das, was Sie geschrieben haben. Und die Erkenntnis, dass Sie alles anders meinten, nicht verstanden werden, und es doch immer wieder versuchen, was ich übrigens für sehr erfreulich halte, ist empirisch nachweisbar.

    Mir ging es zuletzt nur darum klarzumachen, dass wenn Sie Xlmprfttüt sprechen, Halleluja meinen und oschioschi denken, wir nicht diskutieren können, weil das nun einmal nicht die Grundlage einer rationalen Diskussion sein kann und wir uns deshalb nicht verstehen KÖNNEN bzw. das der Grund dafür ist, dass Sie sich nicht verständlich machen können. Das ist ehrlich und wertungsfrei gemeint.

  127. #127 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    Andrea N.D., das was Sie hier betreiben, hat Jürgen Habermas in “Erkenntnis und Interesse” völlig richtig als Einengung der Erkenntnistheorie auf Wissenschaftstheorie bezeichnet – allerdings ist Ihre Wissenschaftstheorie leider so wenig reflektiert, wie es sich selbst Habermas wohl nicht vorstellen konnte, als er seine Kritik an der analytischen Wissenschaftstheorie formulierte.

  128. #128 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Au weia. Ich hab’s gut gemeint.

    Wenn Sie ernst genommen und verstanden werden möchten, bedienen Sie sich einfach der wissenschaftlichen Rationalität. Der Begriff kann im Lexikon nachgeguckt werden, da Sie mir ja nicht “glauben”. Wir müssen doch nicht große philosophische Werke lesen, um wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen? Das wäre ja schrecklich, wären doch praktisch alle Wissenschaftler/-innen ausgeschlossen. Machen wir den Echttest: Wer kennt Habermas “Erkenntnis und Interesse”?

    Interessant ist, dass ich ganz klar Ihre ständige Einengung des Wissenschaftsbegriffs und der Rationalität auf Zweckrationalität sehe. Legen Sie doch lieber den Habermas weg und holen sich ein ordentliches Begriffslexikon. Dann sprechen Sie hier vielleicht eine Sprache, in der mensch sich verständigen kann? Die anderen haben doch damit auch kein Problem? Also ich verstehe georg beispielsweise sehr gut, auch wenn ich nicht immer mit ihm einer Meinung bin. Bei Martin B. beispielsweise muss ich mein Verstehen anstrengen (oft sehr naturwissenschaftliche geniale Gedanken), auch wenn ich mit ihm fast immer einer Meinung bin. Bei Ihnen bin ich ratlos.
    Wie diskutiert man beispielsweise mit Jemanden, der immer etwas ganz anderes meint als das er hinschreibt (Kommunikation)? Wie diskutiert man mit Jemanden, der die einfachsten wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnisse nicht anerkennt und sich außerhalb dieses Rahmens Gewissenheiten zu verschaffen meint (Esoteriker, Religiöse)? Wenn ich keine objektivierbare Basis habe sieht die Kommunikation so aus:

    A. “Ich fühle ein Kneifen in meinem Unterbauch. ”

    B “Echt? Ich nicht. Mir piekts in der rechten Schulter”.

    A “Kann das sein? Ich denke, es gibt übersinnliche Wesen, ich habe gestern welche gespürt.”

    B “Ja ja, ich sah vorgestern auch ein Einhorn im Wald.”

    Nachvollziehbar und verallgemeinerbare Erkenntnisse sind das nicht gerade.

  129. #129 MartinB
    10. November 2010

    @AndreaND & JF
    Ich glaube, Sie reden aneinander vorbei: Natürlich sind Erkenntnisse ohne Wissenschaft möglich (z.B. das, was viele Philosophen als “Qualia” bezeichnen, wird ja nicht auf wissenschaftliche Weise erkannt), das wird sicher auch AndreaND nicht bestreiten Die Fragen sind doch eher
    1. kann man über solche Erkenntnisse (rational) diskutieren?
    2. Sind solche Erkenntnisse der wissenschaftlichen Erforschung grundsätzlich zugänglich?

    Mein Eindruch ist, dass sich Andrea mit diesen beiden Fragen befasst, während Herr Friedrich eher die prinzipielle Existenz solcher Erkenntnisse diskutiert.

    Die Frage, ob Wunderglaube die Existenz von Wissenschaft voraussetzt, ist dann wieder etwas anders gelagert. Was das angeht, steht ja vielleicht noch eine Antwort auf meinen Kommentar von heute mittag aus.

    PS: Andrea, meine Gedanken sind vielleicht manchmal einigermaßen schlau, aber was “geniales” habe ich auf den Scienceblogs bisher noch nicht geschrieben (es sei denn, es war nur zitiert…).

  130. #130 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    MartinB, Ihr Kommentar von heute Mittag ist schon des Öfteren beantwortet worden, bevor Sie ihn überhaupt geschrieben haben, u.a. im Kommentar von georg. Die Zerstörung Ihrer Kaffeetasse ist natürlich wissenschaftlich erklärbar, d.h. sie lässt sich unter die vielen vergleichbaren Fälle subsummieren. Manch eine Kaffeetasse bleibt heil, und das lässt sich möglicherweise nicht erklären. So ist es auch mit manch einem Kranken, der von einer unheilbaren Krankheit genesen ist (wir können den Fall der Tasse ja mit der unheilbaren Krankheit vergleichen).

  131. #131 MartinB
    10. November 2010

    Verstehe ich das jetzt richtig, dass es somit zwar “einige” wissenschaftlich erklärbare Spontanheilungen gibt, aber dass es eben nicht alle sind (so verstehe ich das “manch eine Kaffetasse bleibt heil”), wobei aber im Einzelfall doch nie entschieden werden könnte, welcher Fall nun vorliegt?

  132. #132 Jörg Friedrich
    10. November 2010

    MartinB, wie oben mehrmals dargestellt und selbst von georg zitiert wurde, kommen für Wunder nur Fälle in Frage, die sich nicht unter eine bekannte wissenschaftliche Erklärung subsummieren lassen. Alle erklärbaren Heilungen und alle erklärbaren Verläufe des Sturzes Ihrer Kaffetasse kommen als Wunder-Kandidaten nicht in Frage.

  133. #133 georg
    11. November 2010

    @Jörg Friedrich
    Sie haben eine bemerkenswerte Fähigkeit den entscheidenden Fragen auszuweichen. Ein Wunder, im Sinne der katholischen Kirche, bedeutet einen übernatürlichen Eingriff in das natürliche Geschehen und wäre, wenn diese Interpretation richtig wäre eben eine Verletzung der innerweltlichen Erhaltungssätze und damit der Naturgesetze.
    Ist dies nicht der Fall, liegt in Wirklichkeit eben auch kein Wunder im theologischen Sinne vor. katholisch für Anfänger

    79. Wodurch bestätigte Jesus die Wahrheiten seiner Lehre?
    Antwort: Jesus bestätigte die Wahrheit seiner Lehre:
    Erstens, durch die Heiligkeit seines Lebens: ,,Wer aus Euch kann mich einer Sünde beschuldigen?” Jo 8.46
    Zweitens, durch Zeugnisse der Heiligen Schrift: “Forscht in der Schrift! – Sie ist es, die von mir Zeugnis
    gibt!” Jo 5.30
    Drittens, durch Wunder und Weissagungen: ,,Die Werke, die ich tue. geben Zeugnis von mir daß der Vater
    mich gesandt hat.” Jo 5.36

    80. Was sind Wunder?
    Antwort: Wunder sind außerordentliche Werke welche nicht durch natürliche Kräfte, sondern nur durch
    Gottes Allmacht vollbracht werden können.

    81. Welche Wunder hat Jesus gewirkt?
    Antwort: Jesus hat Wasser in Wein verwandelt.
    Speiste wiederholt viele Tausende mit wenigen Broten.
    Trieb Teufel aus.
    Gebot dem Sturm auf dem Meere.
    Heilte Kranke aller Art nur durch ein Wort.
    Erweckte Tote zum Leben
    und ist selbst dann glorreich von den Toten erstanden.

    Wenn Sie öfters in die Kirche gehen würden, würden wir nicht so viel aneinander vorbei reden.
    Siehe unter 80: Wunder = nicht natürlich = Eingreifen übernatürlicher Kräfte. Damit sind zwangsläufig auch physische Änderungen der natürlichen Verhältnisse verbunden und damit eben auch die Verletzung von Erhaltungssätzen.

    mfg georg

  134. #134 MartinB
    11. November 2010

    @JF
    Ja, aber jetzt wird’s doch interessant:
    Einerseits sagten Sie oben, dass sich Einzelfälle der wissenschaftlichen Untersuchung entziehen, andererseits verwenden Sie jetzt den Begriff der “Erklärbarkeit” im weiteren Sinne, also so, dass eine prinzipielle Erklärbarkeit eines Phänomens bereits ausreicht, um ein Wunder auszuschließen.
    Unter diesen beiden Bedingungen sehe ich nicht, wie Sie dann jemals ein “Wunder” wie z.B. eine Wunderheilung feststellen wollen – es gibt ja vereinzelt spontane heilungen. Sind die dann alle Wunder, auch wenn kein Christ auch nur in der Nähe war? Oder sind nur die Wunder, bei denen ein heiliger im Spiel war, die anderen aber sind keine Wunder, und damit dann doch wissenschaftlich erklärbar? Wenn das aber so ist, wie wollen Sie das jemals zuverlässig herausfinden?

  135. #135 miesepeter3
    11. November 2010

    Und wenn Gott ein Wissenschaftler wäre….?

    Na, mit einem solchen Typen könnte ich leben. Was mir wirklich auf den Senkel geht, sind die vielen Wissenschaftler, die sich für Gott halten.

  136. #136 Jörg Friedrich
    11. November 2010

    Niemand ist gezwungen, seine kostbare Zeit darauf zu verwenden, 135 Kommentare zu lesen. Aber mich kann auch niemand zwingen, aus 135 Kommentaren immer wieder das bereits Gesagte herauszusuchen und neu zu formulieren.

  137. #137 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Unter diesen beiden Bedingungen sehe ich nicht, wie Sie dann jemals ein “Wunder” wie z.B. eine Wunderheilung feststellen wollen – es gibt ja vereinzelt spontane heilungen. Sind die dann alle Wunder, auch wenn kein Christ auch nur in der Nähe war? Oder sind nur die Wunder, bei denen ein heiliger im Spiel war, die anderen aber sind keine Wunder, und damit dann doch wissenschaftlich erklärbar? Wenn das aber so ist, wie wollen Sie das jemals zuverlässig herausfinden?”

    Ist das ein Punkt, den Sie bereits innerhalb der 135 Kommentare beantwortet haben?

    Ich meine nicht, bringt er doch den neuen Aspekt der Begrenztheit von “Wundern” (in diesem Fall) auf die Christenheit. Wenn kein Christ zugegen ist, der das “Wunder” wahrnehmen, reflektieren, dokumentieren und später bewerten kann, “existiert” das Wunder auch nicht. Ich finde, das ist ein hochinteressanter neuer Aspekt von “Wundern”, der der bisherigen Annäherung (Charakteristik, Definition) gefehlt hatte. Und zwar ein wesentlicher Aspekt, wenn nicht der wesentliche Aspekt.

  138. #138 georg
    11. November 2010

    @Jörg Friedrich
    Sie verwechseln da was. Der strittige Punkt zwischen uns war nicht, was Sie persönlich unter dem Begriff Wunder verstehen, sondern was die katholische Kirche darunter versteht.
    Und dazu gehört eben die “übernatürliche Allmacht Gottes”, die in den Verlauf der Dinge eingreift und diesen ändert.

    mfg georg

  139. #139 BreitSide
    11. November 2010

    Auweh, schon wieder: JF gegen den Rest der (logischen) Welt.

    Ich verstehe Euch gut: es ist unglaublich kräftezehrend, einen Pudding an die Wand zu nageln zu versuchen. Zumal der Pudding jedesmal ganz schnell die Torpfosten verschiebt (schöne Katachrese, gell?).

    Bei Mutter Theresa, deren Seligsprechungsprozess ja nun nich sooo lange her ist, hat man den Beschiss ja gesehen: die angebliche Wunderheilung ist in keinster Weise dokumentiert oder gar belegt.

    Dass die Angehörigen der angeblich von MT Wundergeheilten erst arm waren und das Wunder nicht anerkannten und dann es anerkannten und auf einmal reich waren, ist wohl auch ein unerklärliches Wunder.

  140. #140 georg
    12. November 2010

    @BreitSide
    Gelegentlich frustrierend, aber es hat doch auch seinen Reiz. Also ich mache das doch immer wieder ganz gerne.

  141. #141 georg
    12. November 2010

    Mittlerweile sollten auch diejenigen, die wie Jörg Friedrich offenbar mit dem echten, gelebten katholischen Glauben nicht näher vertraut sind, verstanden haben, dass die Tatsache, dass für ein Phänomen aktuell eine vollständige wissenschaftliche Erklärung, nach Beurteilung der Kirche, nicht nachgewiesen werden kann lediglich eine Voraussetzung ist, um als Wunder im katholischen Sinne anerkannt zu werden.

    Entscheidend für die Beurteilung als Wunder, im Sinne der Kirche, ist die Vorstellung, dass das betreffende Phänomen durch ein direktes Eingreifen der übernatürlichen “Allmacht Gottes” in den natürlichen Verlauf der Dinge verursacht wurde.

    Da mit diesem Eingreifen notwendig Veränderungen der materiellen Dinge verbunden sind, hat dies die erwähnten Konsequenzen für die von den Wissenschaften postulierten innerweltlichen Erhaltungssätze.

  142. #142 georg
    12. November 2010

    Das Wunderthema sollte jetzt hinreichend geklärt sein.
    @Jörg Friedrich · 08.11.10 · 12:51 Uhr

    georg, wenn Sie eine Quelle angeben können, in der Ratzinger die Evolutionstheorie nicht nur im Detail bezweifelt sondern grundsätzlich ablehnt dann bin ich gern bereit meinen Irrtum einzugestehen.

    Ratzinger ist zu sehr katholischer Theologe, um zu diesem Thema offen und unmissverständlich seine Meinung zu sagen. Aber in verklausulierter Form findet man das schon, z. B. in: hier Dort heisst es:

    Niemand wird die wissenschaftlichen Beweise für die mikroevolutiven Prozesse ernstlich in Zweifel ziehen können. Nicht darauf, ja auch nicht auf die Problematik der Makroevolution, bezieht sich daher die Frage, die ein Gläubiger der modernen Vernunft gegenüber stellen wird, sondern auf die Ausdehnung zu einer “philosophia universalis”, die zur Gesamterklärung des Wirklichen werden will und keine andere Ebene des Denkens mehr übrig lassen möchte.

    Letzten Endes geht es um die Frage, ob die Vernunft beziehungsweise das Vernünftige am Anfang aller Dinge und auf ihrem Grunde steht oder nicht. Es geht um die Frage, ob das Wirkliche auf Grund von Zufall und Notwendigkeit, also aus dem Vernunftlosen entstanden ist, ob mithin die Vernunft ein zufälliges Nebenprodukt des Unvernünftigen und im Ozean des Unvernünftigen letztlich auch bedeutungslos ist oder ob wahr bleibt, was die Grundüberzeugung des christlichen Glaubens und seiner Philosophie bildet: “In principio erat verbum” – am Anfang aller Dinge steht die schöpferische Kraft der Vernunft.

    Ratzinger macht hier eine feine Unterscheidung zwischen den “mikroevolutiven Prozesse” für die es wissechaftliche Beweise gebe und der “Problematik der Makroevolution” für die dies dann offenbar nicht gilt. Man beachte auch dass er an dieser Stelle nicht den Begriff Evolutionstheorie verwendet, sondern von der Evolution spricht.

    Sie können aus diesem Text vermutlich auch herauslesen, dass er die Evolutionstheorie ganz toll findet und alle ihre Folgerungen teilt.

    Aber ich glaube nicht, dass dies die Lesart ist, die er als gläubiger Katholik, als katholischer Theologe und als Oberhaupt der Katholischen Kirche mit dieser Formulierung intendiert hat.

    mfg georg

  143. #143 georg
    12. November 2010

    Niemand wird die wissenschaftlichen Beweise für die mikroevolutiven Prozesse ernstlich in Zweifel ziehen können. Nicht darauf, ja auch nicht auf die Problematik der Makroevolution, bezieht sich daher die Frage, die ein Gläubiger der modernen Vernunft gegenüber stellen wird, …

    Ich find es schon ziemlich ziemlich raffiniert, wie Ratzinger in einem Satz, der besagt dass der Gläubige die Evolution gar nicht in Frage stellt, tatsächlich den wissenschaftlichen Status der (Makro)Evolution in Frage stellt und damit implizit erst recht die Evolutionstheorie.

    Es geht um die Frage, ob das Wirkliche auf Grund von Zufall und Notwendigkeit, also aus dem Vernunftlosen entstanden ist, ob mithin die Vernunft ein zufälliges Nebenprodukt des Unvernünftigen und im Ozean des Unvernünftigen letztlich auch bedeutungslos ist oder ob wahr bleibt,

    Auch hier findet man keine explizit ausgesprochene Ablehnung der Evolutionstheorie, sondern “nur” etwas vage und allgemein des Prinzips von “von Zufall und Notwendigkeit”. Den Zusammenhang zur (Makro)Evolutionstheorie herzustellen bleibt hier ebenfalls der Phantasie des Lesers überlassen.

    Ratzinger ist nicht umsonst ausgebildeter Theologe.

  144. #144 BreitSide
    13. November 2010

    georg·
    12.11.10 · 07:29 Uhr

    @BreitSide
    Gelegentlich frustrierend, aber es hat doch auch seinen Reiz. Also ich mache das doch immer wieder ganz gerne.

    Nur zu:-)

  145. #145 Franz Graf-Stuhlhofer
    17. November 2010

    Wohl nur ein kleiner Teil der Bevölkerung in Österreich oder Deutschland sind aktive Kirchen-Glieder. Viel häufiger, so scheint mir, findet man aber eine esoterische Religiosität. Da wird häufig die Erwartung ausgesprochen, dass ein Verstorbener nun “oben” (eventuell: im Himmel) sei, und dort, gewissermaßen allgegenwärtig, auf lebende Menschen aufpasst, insbesondere auf solche, die ihm nahe standen. Ich weiß nicht, wie diese Erwartung begründet wird.
    (Und Begründungen erwarte ich mir überall, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Religion.)