Zum ersten Mal hatte ich von Mikrokrediten im Oktober 2006 gehört: Mohammed Yunus, dem ein paar Wochen später der Friedensnobelpreis verliehen wurde, war Gast der Clinton Global Initiative und erzählte voller mitreißendem Enthusiasmus von den Mikrofinanzierungs-Projekten seiner Grameen Bank, die Menschen in Bangladesh mit umgerechnet ein paar Dollar Kredit einen Weg aus der Armut ermöglichte. Die Kredite gingen zumeist an Frauen, die sich vielleicht eine Kuh für 20 Dollar oder, wenn sie etwas ehrgeiziger waren, eine Nähmaschine zulegten und ihr eigenes kleines Business starteten. Besser als ihnen das Geld einfach zu schenken, wie Yunus glaubhaft versicherte – er sprach von Rückzahlungsquoten um die 90 Prozent (besser als die meisten kommerziellen Kredite bei uns – und zwar noch vor der Hypothekenkrise), die ja nur dadurch zu schaffen waren, dass sich die Frauen tatsächlich etwas aufgebaut hatten. Genial!

Nun lese ich, dass dieses Mikrokredit-System in Indien (wo es bisher am weitesten gediehen war) vor dem Zusammenbruch steht: Wie schon bei der Hypothekenblase, die 2008 beinahe die Weltwirtschaft zum Platzen brachte, waren auch hier von gierigen – und nunmehr am Profit orientierten – Geldgebern zu leichte Kredite mit zu hohen Zinsen verkauft worden, und immer mehr Schuldner und Schuldnerinnen konnten sich die Rückzahlung zu Wucherzinsen nicht mehr leisten. Und nun streiken sie, verweigern die Zahlung – und die indischen Banken, die hier runde vier Milliarden Dollar investiert haben, kommen ins Schleudern.

Rückblende: Von der Idee fasziniert und von einer Story im New Yorker über den milliardenschweren Mäzen Pierre Omidyar und seine Pläne, mit 200 Milliarden Dollar die Armut aus der Welt zu schaffen inspiriert, kam mir ein Gedanke. Wie wäre es, dachte ich damals, mit entsprechenden Mikro-Bürgschaften? Wie wäre es, wenn jeder von uns in der entwickelten Welt sich verpflichtete, mit ein paar Euro/Dollar für einen eventuellen Kreditausfall zu haften? Dies könnte die westlichen Geschäftsbanken (oder sonstige Finanziers mit tiefen Taschen), die bis dahin einen weiten Bogen um diese mittel- und kontenlose Kundschaft machten, vielleicht dazu bringen, das Risiko zu akzpetieren und solche Kredite vorfinanzieren – zu verträglichen Konditionen? Denn selbst die Grameen Bank musste damals schon ihren Kundinnen bis zu 20 Prozent Zinsen abverlangen. Solche Aval-Kredite sind ja zur Bürgschaftsfinanzierung bei uns alltäglich.

Mit den Details will ich mich jetzt nicht lange aufhalten (sie waren auch nicht bis ins Letzte durchdacht, wie ich heute weiß – aber das war halt vor der Banken- und Hypothekenkrise). Nach vielen Gesprächen mit Freunden und sogar einem Ökonomen, der die Idee – trotz einiger Bedenken – grundsätzlich brauchbar fand, war ich optimistisch genug, um mit dem Konzept der Mikro-Bürgschaften “hausieren” zu gehen. Ich schrieb an Yunus, an diverse Frauen-Organisationen, an Omidyar, an die Clinton-Stiftung – außer einem zwar freundlichen, aber völlig unverbindlichen Brief von Bill Clinton, der mir “viel Erfolg mit der Idee” wünschte, kam keine Reaktion. Null. Muss wohl eine Schnapsidee gewesen sein …

Aber wenn ich nun lesen muss, dass dieses System der Mikrokredite unter der Gier der Geldgeber zusammenzubrechen droht, dann bin ich erst mal ziemlich erschüttert. Es schien doch eigentlich so simpel zu sein – Hilfe zur Selbsthilfe. Doch was eine humanitäre Geste hätte bleiben können, wurde zum Business – und zwar zum Business derer, die stets nur auf das schnelle Geld schielen. Ich weiß natürlich nicht, ob es besser funktioniert hätte und ob man durch mehr Gemeinnützig- und Verantwortlichkeit das Profitdenken “außen vor” hätte lassen können, aber jetzt frage ich mich schon: Vielleicht war die Idee doch nicht so blöd?

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Kommentare (121)

  1. #1 PeteH
    18. November 2010

    Mikro-Bürgschaften würde sich schon brauchbar anhören, wenn ich nicht fürchten würde eben nur Geschäftemachern zu helfen.
    Verbunden mit einer gesetzlichen Hürde von max 25% (oder besser weniger?) Zinsen aber für mich annehmbar.
    Eine weitere Möglichkeit wäre es eine Art Mikro-Patenschaft zu machen. Hilfsorganisationen vor Ort sollten das ohne erheblichen Verwaltungsaufwand vermitteln können.

  2. #2 Dieter
    18. November 2010

    20% Kreditzinsen scheinen für Deutsche, die Ihr Haus 20 Jahre lang zu 3,5% finanzieren können, halsabschneiderisch. Aber selbst in den USA gabs vor nichtmal 30 Jahren ein Leitzinsniveau von 18%…

    Was heißen und bewirken Zinsen von 20%?
    -20% sind zunächst mal nur der dreifache indische Leitzinssatz – frag mal deutsche Firmen, das Wievielfache des europäischen Leitzinses sie für wesentlich größere Kreditsummen zahlen müssen. Da kommt problemlos das Vier- bis Achtfache zusammen, obwohl sich die Verwaltungskosten auf einen höheren Kreditbetrag verteilen.
    – 20% Zinsen zu erwirtschaften ist bei einer mit 10% wachsenden Wirtschaft u.u. leichter als 8% bei einer mit nur 3% wachsenden Wirtschaft…
    – 20% Zinsen können heissen, dass einer großen Kreditnachfrage ein kleines Kreditangebot gegenübersteht. Die Höhe des Kreditzinsen sorgt hier für eine sinnvolle Verteilung des knappen Kapitals
    – 20% Zinsen (oder gar 60%, wie manche Firmen verlangten) müssen erst einmal verdient werden. Da die Bank ein Interesse an der Rückzahlung hat, gewährt sie nur den aussichtsreichsten Geschäftsideen den Kredit. Eine künstliche Reduktion des Zinssatzes oder Ausweitung des Kreditangebots durch westliche Bürgschaften hätte zur Folge, das auch weniger aussichtsreiche Projekte finanziert werden. Die Finanzierung wenig aussichtsreicher Projekte führt mittelfristig zur Überhitzung der Wirtschaft, die ohnehin schon mit 10% wächst.
    Das billige Geld suggiert Millionen, dass sie mit dem Kauf eines Viehs ihr Leben verbessern können und dabei kaum ein Risiko eingehen. Wenn aber Millionen Vieh kaufen, gibts morgen zuviel Milch und Fleisch, niemand kann mehr seine Zinsen zahlen und das System bricht zusammen.
    Was dann folgt, ist ein heftiger Wirtschaftscrash, bei dem die dank westlicher gut gemeinter Bürgschaften geschaffenen Überkapazitäten abgebaut werden

    Eine Bürgschaft kann sinnvoll sein, wenn sich Bürge und Bürgschaftsnehmer kennen. Dann existiert sozialer Druck, die Bürgschaft nicht in Anspruch zu nehmen. Wenn aber der Bürge am anderen Ende der Welt sitzt und die Inanspruchnahme einer 200 EUR Bürgschaft ihn wirtschaftlich kaum tangiert, dann wird das die Kreditausfälle zusätzlich in die Höhe treiben.

    Niemand zwingt einen indischen Bauern, einen mit 60% verzinsten Kredit in Anspruch zu nehmen. Auch der dümmste Bauer muss wissen, dass aus einer ausgewachsenen Kuh nicht binnen eines Jahres zwei werden und er somit seinen Kreditdienst unmöglich wird leisten können. Nimmt er trotzdem den Kredit auf, dann hat er die Konsequenzen eben zu tragen.

    Niemand zwingt einen Kreditgeber, Kredit an kreditunwürdige Partner zu vergeben. Ein Zinssatz von 60% kann entweder auf Wucher hindeuten, oder aber auch auf risikoadäquate Verzinsung. Wenn ich mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von über 50% binnen eines Jahres rechne, dann liegt der Zinssatz eben über 50%. Geht der Kreditnehmer pleite, muss ich den Kredit eben abschreiben. Dafür habe ich ja den risikoadäquat hohen Zinssatz vereinbart.
    Dass nun also Mikrokreditinstitute pleite gehen, ist nichts schlimmes. Die dürften im Gegensatz zu einer Deutschen Bank oder UBS problemlos abwickelbar und keinesfalls systemrelevant sein. Sie schaffen mit ihrer Pleite Platz für neue Institute, die besser mit Kundengeldern umgehen.

    Ich denke, dass in diesem Fall das System ausnahmsweise einmal gut funktioniert. Als die Nachfrage nach Krediten stieg, stiegen auch die Zinssätze. Die in kleinen Unternehmen organisierten Investoren investierten falsch und gehen nun pleite. Dadurch bricht aber kein System zusammen, denn die beteiligten Banken sind dafür viel zu klein. Es brechen nur ein paar Banken zusammen und schaffen Platz für bessere Investoren.
    Dass die Banken unter der Gier der Geldgeber zusammenbrachen, ist eine ziemlich einseitige Betrachtung. Bei einem Kreditvertrag gibt es immer zwei, die Geldnehmer müssen ebenso gierig gewesen sein, dachten sie doch, mehr als 60% Gewinn im Jahr erwirtschaften zu können.
    Ein Vergleich mit der Finanzkrise ist absolut unangebracht. Problem war da ja nicht zu teures Geld, sondern zu billiges. Durch die zu niedrigen Zinsen nahmen Menschen Kredite auf, die sie nicht hätten aufnehmen sollen.
    Du forderst nun für Indien das gleiche? Denkst du wirklich, dass eine Verbilligung von Krediten das Problem löst, dass nicht finanzierungswürdige Projekte finanziert werden?
    Vielleicht treibt dich die Gier nach guten Taten? Gute Taten, die am Ende nur noch mehr Menschen ins Unglück stürzen, weil sie einen durch zuviel Geld induzierten Wirtschaftscrash verursachen.

    Den Indern oder allgemein der dritten Welt hilft vor allem eine bessere Infrastruktur (Post, Telekom, Transport, Banken) und ein fairer Welthandel (bei dem nicht hochsubventionierte Produkte aus dem Westen jeden Markt kaputtmachen).
    Wenn der Inder nicht weiss, wieviel seine Waren auf dem Weltmarkt wert sind, wenn er nur an den einzigen lokalen Zwischenhändler verkaufen kann, wenn er mangels Bankfilialen keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hat, wenn der einzige Zugang zur nächsten Stadt aus einer 1m breiten Schlammpiste besteht und darüber hinaus dann in der Stadt die unter Erzeugungskosten abgegebenen Agrarprodukte aus der EU angeboten werden, dann kann man alle gut gemeinten Taten vergessen.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    18. November 2010

    @Dieter
    Vielen Dank für den langen Kommentar, aber er zielt so ziemlich in allen Punkten an dem vorbei, worum es mir hier geht. Dass 20 Prozent Jahreszins ein Wucherzins sind, habe ich doch gar nicht gesagt – Tatsache ist aber, dass die meisten der kommerziell gewährten Mikrokredite weit darüber liegen. Zweitens geht es nicht um irgend welche Weltmarkt-Ambitionen, sondern um lokale Geschäfte – Milch und Käse für den lokalen Markt, beispielsweise. Und drittens ist es schon ein bisschen überzogen, von Frauen (wie gesagt, die Masse der Mikro-Kreditnehmer sind Frauen), die vielleicht nicht mal lesen können, ein Verständnis für die Implikationen von Zins und Zinseszins zu erwarten. Pack all das bitte erst mal wieder ein. Von wegen “die sind ja selber schuld” und so.

    Und der Vergleich mit der Immobilienkrise ist sehr wohl haltbar: In beiden Fällen wurden Leuten, die sonst keinen Zugang zu Hypotheken etc. hätten, Kredite mit oftmals falschen bzw. verzerrten Versprechungen zu Konditionen aufgeschwatzt, die sie nicht überschauen konnten und die alles andere als billig waren (die Hypotheken, die diesen Subprime-Kunden gewährt wurden, waren nämlich das Gegenteil von günstig – sie wurden nur mit Lockvogelangeboten wie “kein Eigenkapital nötig” oder “5,5 Prozent Einführungszins im ersten Jahr”oder so geködert). Und in beiden Fällen wurde bei ersten Anzeichen der Zahlungsschwierigkeiten nicht etwa der Versuch gemacht, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen, sondern den “Opfern” (ich verwende jetzt mal ganz bewusst diesen wertenden Begriff) wurden eher noch neue Kredite zu noch schlechteren Konditionen aufgedrängt, bis sie schließlich völlig unfähig waren, diese zu bedienen.

    Anstatt jetzt jeden einzelnen Punkt Deiner Ausführungen zu widerlegen, hier noch einmal das, worum es im Kern ging: Das System der Mikrofinanzierung funktionierte offenbar so lange gut, so lange es nicht mit einer Profitabsicht betrieben wurde. Die inneren Kontrollen – zu denen einmal natürlich die knappe Kapitaldecke der Kreditgeber gehörte, die ja nicht einfach bei den Finanzmärkten der Welt bedienen konnten, aber auch die Tatsache, dass sich die Kreditnehmer Genossenschaftlich organisieren mussten und darin gemeinsam für die Rückzahlung verantwortlich waren – schienen eklatante Missbräuche auszuschließen; die Zinsen (20 Prozent sind kein Pappenstiel!) waren zwar hoch, aber offenbar zu stemmen – nur 10 Prozent der Kredite platzten.

    Und dieses System ging kaputt, nachdem sich profitorientierte Geldgeber eingeschaltet hatten. Nicht mehr und nicht weniger. Und das Mantra “das System hat funktioniert”, weil es ein paar Millionen Leute ruiniert und auf der Strecke lässt – das kann ich inzwischen auch nicht mehr hören. Ist schon eine merkwürdige Definition von “funktionieren” …

  4. #4 Sven Türpe
    18. November 2010

    Und dieses System ging kaputt, nachdem sich profitorientierte Geldgeber eingeschaltet hatten.

    Dann war es offenbar nicht unter realistischen Annahmen konstruiert. Nichts, aber auch gar nichts auf diesem Planeten ist verbreiteter und naheliegender als Profitorientierung. Soziale Systeme sind auf Dauer nur funktionsfähig, wenn sie mit real existierenden Menschen und ihrem tatsächlichen Verhalten konstruktiv umgehen können. Am Versuch, diese Realität zu leugnen und eine bessere Welt auf Wunschdenken zu gründen sind schon viele gescheitert. Zu recht.

  5. #5 Jürgen Schönstein
    18. November 2010

    @Sven Türpe
    Mein innerer Zyniker hat heute seinen freien Tag. Statt einer Antwort bitte hier klicken.

  6. #6 jitpleecheep
    18. November 2010

    @Sven Türpe: Mir deucht, dass in Zeiten der globalen Vernetzung, des anstehenden völligen Kollaps der Finanzwelt, und zunehmend greifbar werdender ökologischer und wirtschaftlicher Grenzen (Peak Oil, z.B.) mehr und mehr Menschen nach und nach auf den Trichter kommen, dass Kooperation und Nachhaltigkeit vielleicht doch nicht nur hippiemässiger Kommunistenquatsch sein könnten.
    Es ist eben nicht so, dass z.B. Profitgier ein inherentes Konzept jeglicher “real existierender” Menschen ist. Im Gegentum, das Konzept ist relativ neu.

  7. #7 Johannes Flosbach
    19. November 2010

    Ich habe in einem Scienceblog eigentlich erwartet, dass keine oberflächlichen Einzeleindrücke als Basis für generelle Schlussfolgerungen dienen. Daher ein paar Anmerkungen aus der Forschung, zunächst zur ursprünglichen These, dann genereller Natur:

    1. Die Übernahme von “Mikrobürgschaften” für Kreditnehmer in Entwicklungsländern gibt es bereits. Gängige Onlineportale, das bekanntesteste ist http://www.kiva.org , machen vordergründig im Kern nichts anderes. Im größeren Maßstab gibt es Programme internationaler Entwicklungsorganisationen, welche im Rahmen von “shared risk agreements” die Ausfallrisiken für besonders definierte Kreditnehmer (teilweise) übernehmen. Vor allem dann, wenn auf Grund der Ausfallwahrscheinlichkeit keine profitable Geschäftsbeziehung zu Stande kommt. Das ist häufig im Agrarbereich oder in Regionen mit schlechem Marktzugang der Fall. Die Übernahme von Bürgschaften für einzelne Kunden vor Ort durch Freund, Familie oder Nachbarn schließlich ist gängige Praxis. Das geringe Interesse an den “Vorschlägen” von Herrn Schönstein liegt also wohl daran, dass es erstens nicht Neues ist, und zweitens der Vorschlag von einer bis dato eher oberflächlichen Beschäftigung mit dem Thema spricht.

    2. Die Kommerzialisierung von Mikrofinanzen als das Problem darzustellen, ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen. Das Gegenteil ist der Fall. Dazu ein paar Stichpunkte:
    – Eine Trennung von “kommerziellem” und “nicht-kommerziellem” Mikrofinanz ist überhaupt nicht möglich. Zum Beispiel refinanzieren sich die Mikrofinanzinstitutionen (MFIs) von Hilfsorganisationen teilweise über die Darlehen kommerzieller Fonds. Mit kommerzieller Absicht gegründete MFIs nutzen häufig die Finanzierungsangebote von staatlichen Stellen oder NGOs um “soziale” Maßnahmen durchzuführen.
    – In den meisten Fällen unterscheiden sich die Kreditkonditionen von “kommerziellen” und “nicht-kommerziellen” Anbietern nicht. Für einen Mikrofinanzkunden ist meistens nicht ersichtlich, welche Philosophie hinter dem Angebot einer MFI steht.
    – In der Regel sind die Kreditkonditionen nicht das primäre Entscheidungskriterium für oder gegen einen Kredit: Schnelle Verfügbarkeit und einfache Abwicklung sind häufig wichtiger aus der Kundenperspektive.
    – Die Profitabilität einer MFI wird über viele Faktoren beeinflusst: Die Effizienz der Prozesse, die Qualität der Mitarbeiter, die Angepasstheit der Produkte an die lokalen Bedürfnisse, dem wirtschaftlichen Umfeld, der Modalitäten von Rückzahlungen, dem Vertrauen in die langfristige Existens einer Institution, der Refinanzierung (vor allem bei Refinanzierung in Fremdwährung), der Corporate Governance etc. etc. Der Zinssatz ist eine Determinante von vielen und bei “kommerziellen” Anbietern häufig sogar niedriger, als bei “nicht-kommerziellen” Anbietern.

    3. Selbstverständlich gibt es Herausforderungen im Bereich Mikrofinanzierung, ich möchte aber lediglich auf eine Facette eingehen: Zahlreiche Mikrofinanzinvestmentfonds haben Darlehen an MFIs in Euro oder Dollar gegeben. Das Währungsrisiko haben dabei die Institutionen in Entwicklungsländern getragen. Im Zuge der Wirtschaftskrise haben zahlreiche Währungen von Entwicklungsländern abgewertet, die Rückzahlungsbeträge haben sich dadurch teilweise verfielfacht. Das ist aber erst zu dem Zeitpunkt ein Problem, wo der Kredit an einen international Fonds zurückgezahlt wird. Verantwortliche Fonds haben in der Regel die Laufzeiten der Kredite verlängert in der Hoffnung auf Aufwertung der lokalen Währungen, was in den meisten Fällen auch wieder geschehen ist. Allerdings gab es auch Einzelfälle (!), in denen kommerziele Refinanzierungsfonds auf Rückzahlung Ihrer Darlehen bestanden haben und Institutionen damit an den Rande des Ruins bzw. in den Ruin getrieben haben. Mit Ausfallbürgschaften hat das aber erst mal ziemlich wenig zu tun. Das ist eher ein Problem der Versicherbarkeit von Währungsschwankungen.

    4.
    Mikrofinanz auf die Gewährung von Krediten zu beschränken ist erstens zu kurz gedacht und zweitens nicht der Realität entsprechend. In vielen Ländern spielt das Angebot von Microsavings eine deutlich größere Rolle als Microloans. Hinzu kommen in wachsendem Maße Mikroversicherungen, Mikroleasing und Geldtransfer, sei es international oder “mikro” (meistens von der Stadt aufs Land).

    5.
    Es ist mir ein Rätsel, woher der Autor zu dem Schluss kommt, das Konzept der Mikrofinanzen würden “zusammenbrechen”. Weder in Indien, noch in Afrika, noch in Lateinamerika gibt es Anzeichen für einen Zusammenbruch des Sektors, das Gegenteil ist in ganz überwiegendem Maße der Fall. Einzelne “Zusammenbrüche” von Institutionen oder lokale Problem gibt es selbstverständlich, aber jeder Fall ist anders und nicht Teil eines generellen Problems. Die Kommerzialisierung von Microfinance ist dabei Teil der Lösung und nicht Teil des Problems.

  8. #8 Jürgen Schönstein
    19. November 2010

    @Johannes Flosbach

    Es ist mir ein Rätsel, woher der Autor zu dem Schluss kommt, das Konzept der Mikrofinanzen würden “zusammenbrechen”.

    Wie ich geschrieben habe: Das ist die aktuelle Nachrichtenlage. Und dass nicht nur in Indien mit dem System einiges im Argen liegt, weil Profiteure eine Idee gekapert haben, deren Wesen im Gemeinnutz liegt, kann man durch ein bisschen googeln leicht nachlesen, zum Beispiel hier. Und selbstverständlich lassen sich kommerziell gewährte Kredite von Krediten einer gemeinnütizigen Organisation unterscheiden; das System der Kreditgenossenschaften gibt’s sogar bei uns. Dass sich beide auf den Finanzmärkten das Geld holen, ändert nichts daran, dass der Profit der einen nun mal durch höhere Zinsen der Kunden finanziert werden muss.

    Und danke für den Hinweis auf Kiva – davon habe ich längst schon gehört. Aber wenn Sie die Jahreszahlen gelesen haben, dann werden Sie merken, dass ich von 2006 geschrieben habe – und da steckte Kiva noch in den Kinderschuhen. Außerdem gibt diese Organisation Mikro-Kredite, die spendenfinanziert sind – das ist noch mal ein anderes Konzept.

    Wie gesagt, ich bin der festen Überzeugung, dass Mikrofinanzierung der einzige Weg für Milliarden Menschen aus der Armut ist. Ich bin aber auch enttäuscht, wenn dieses System, das nun mal nur funktioniert, wenn man sich von der Maxime des Profits – und sei es nur temporär – verabschiedet, den Kredithaien zum Fraß vorgeworfen wird. Wenn Sie finden, das sei alles nicht so schlimm, dann ist das Ihre Meinung, und auf die haben Sie ebenso viel Recht wie ich auf meine. OK?

    Und wenn Sie der Meinung sind, dass ich nichts Persönliches in meinem Blog schreiben darf – dann tut’s mir leid. Aber das Recht nehme ich mir ab und zu einfach mal.

  9. #9 Dr. Webbaer
    19. November 2010

    @Jürgen Schönstein

    Ich schrieb an Yunus, an diverse Frauen-Organisationen, an Omidyar, an die Clinton-Stiftung – außer einem zwar freundlichen, aber völlig unverbindlichen Brief von Bill Clinton, der mir “viel Erfolg mit der Idee” wünschte, kam keine Reaktion.

    Megalomanie macht uns sympathisch. Gute Arbeit!

    Aber wenn ich nun lesen muss, dass dieses System der Mikrokredite unter der Gier der Geldgeber zusammenzubrechen droht, dann bin ich erst mal ziemlich erschüttert.

    Sie sind erschüttert, weil Sie nie im Finanzbereich, bzw. gar im Kreditbereich gearbeitet haben und keine Ahnung haben. Zu ihrer Idee mit den Mikro-Bürgschaften: Was wäre die Folge? A: Eine höhere Schadensquote, die Kreditgeber interessiert dann weniger die Bonität, da sie einen festen Bürgen haben. Ihre Idee würde die Mikrokreditidee nicht nur unwirtschaftlich machen, sondern als Welfare untergraben!

    Zu den Mikrokrediten noch:
    Wundervolle Idee an sich. Allerdings darf die Wirtschaftlichkeit nicht hopp gehen. Beachten Sie den hohen Bearbeitungsaufwand auf der Geberseite, eine Schadensquote im 10%-Bereich (Sie bejubeln in Ihrem Artikel “Rückzahlungsquoten um die 90 Prozent”) kann hier bereits einen negativen geschäftlichen Erfolg bedeuten.
    Das gute an der Mikrokreditierei ist der wirtschaftliche Ansatz. Ob Yunus&Co. jemals wirtschaftlich erfolgreich gehandelt haben -es gibt hier sehr kritische Stimmen- oder ob es einfach nur getarnte Wohlfahrt ist? Jedenfalls ist genau das der Punkt.

    In D gibt es kaum Kleinkredite für Private, sowas rechnet sich nicht. Auch für Gewerbetreibende und Kleinunternehmer anderer Bauart ist es schwer sich zu finanzieren, typischerweise wird im Small Ticket-Bereich auf Leasing zurückgegriffen. Dabei bleibt der Vertragsgegenstand im Besitz des Leasinggebers.

    Man kann Armut nicht einfach wegfinanzieren und suchen Sie die “Bösen” nicht immer bei den Finanziers…

    HTH
    Wb

  10. #10 Johannes Flosbach
    19. November 2010

    @ Jürgen Schönstein

    Selbstverständlich soll jeder seine Meinung haben. Aber es kann ja nicht schaden, ein paar Eindrücke von “vor Ort” einzubinden. Im Rahmen meiner Forschungen schaue ich mir rund 50 Institutionen intensiv und über einen Zeitraum von drei Jahren an, da kommt schon einiges an Empirie zusammen.

    1. Auch die Zeitungsartikel sind nur Momentaufnahmen von Extremfällen und wenig präzise. Wenn man sich Mikrofinanz anschaut und von einem “Zusammenbruch” spricht muss man differenzieren: Meine ich einen Zusammenbruch von Institutionen? Oder meine ich, dass Mikrofinanz nicht den “erhofften” Impact leistet? Der Gedanke, dass Mikrofinanz primär ein Entwicklungskonzept ist, ist viel eher ein Gedanke westlicher Entwicklungspolitiker als lokaler Institutionen. In der Realität kommt es den Mitarbeitern von MFIs darauf an, für eine wirtschaftlich stabile Institution zu arbeiten. Eine “soziale” Ausrichtung ist in der Realität dabei viel eher kommerzielle Strategie, um an Fördergelder zu gelangen. Traurig, aber wahr.

    2. Kreditgenossenschaft hat widerum nichts mit kommerziell oder nicht kommerziell zu tun. Die Genossenschaft definiert die Eigentümer der Institution. Auch Genossenschaften können exterm kommerziell agieren. Beispiele liefere ich gerne. Die Finanzierung über eigene Spareinlagen ist aus der Not geboren, hat sich aber als sehr stabile Strategie bewiesen. Auch anders organisierte Institutionen bemühen sich ganz stark, sich über Spareinlagen zu refinanzieren, weil es schlich die preiswerteste Alternative ist. Es gibt zahlreiche Beispiele von Kreditgenossenschaften, deren Konditionen deutlich schlechter sind, als die Konditionen anderer Anbieter, weil die Genossenschaften häufig wenig professionell und ineffizient gemanagt werden.

    3. Kiva gibt keine Mikrokredite. Kiva refinanziert Mikrofinanzinstitutionen zu subventionierten Konditionen. Die angebliche Finanzierung eines “individuellen” Kreditnehmers ist eine Marketingstrategie, ähnlich der von Kinderpatenschaften von WorldVision etc. Da bekommen auch nicht die Kinder das Geld… Zudem finanziert Kiva keine Kredite über Spenden. Die administrativen Kosten von Kiva werden über Spenden finanziert, die “Investoren” stellen ihr Geld zeitweise zur Verfügung, ähnlich einem Stifterdarlehen, aber nicht als Spende. Vom Prinzip übernimmt man also mit seinem Geld eine Teilbürgschaft für die Rückzahlungsfähigkeit einer Mikrofinanzinstitution. Eine Bürgschaft für individuelle Kreditnehmer wäre viel zu aufwendig und ist unrealistisch.

    4. Der Aussage, das System Microfinance funktioniere nur, wenn es nicht gewinnorientiert arbeite, halte ich für schlichtweg falsch. Aber ich habe auch erwähnt, dass es Missbrauch gibt. Vor allem dort, wo es nur eine oder wenige MFIs gibt und kein Wettbewerb zu Stande kommt werden häufig ausbeuterische Beziehungen aufgebaut. Das steht vollkommen außer Frage, hat aber nicht mit kommerziell oder nicht kommerziell zu tun, sondern ist in höchstem Maße missbräuchlich und unethisch.

    @ Dr. Webbaer

    Eine MFIs mit einer Rückzahlungsquote von nur 90 % hat keine Chance, dauerhaft ohne Zuschüsse zu überleben. In der Regel sind ca. 95 % eine Minimum für wirtschaftliche Tragfähigkeit, wenn alle anderen Kriterien passen. Gut gemanagte MFIs haben in der Regel Rückzahlungsquoten über 99 %.

  11. #11 Sven Türpe
    19. November 2010

    Wie gesagt, ich bin der festen Überzeugung, dass Mikrofinanzierung der einzige Weg für Milliarden Menschen aus der Armut ist

    Woher rührt diese Überzeugung, wenn nicht aus reinem Wunschdenken? Warum sollten insbesondere alle anderen Wege, eine gesunde Wirtschaft anzuschieben, durch die Bank untauglich sein? Und wie könnte eine nachhaltig gesunde Wirtschaft zustande kommen, klammerte man sich mit Gewalt und auf Kosten der übrigen Finanzwirtschaft an die Mikrofinanzierung?

    Oder noch einmal anders gefragt: Ich möchte einige Hundert Euro für einen neuen Anzug (oder Computer, iPod, Kühlschrank usw.) ausgeben. Wie kommen die Armen dieser Welt in die Position, Hersteller und Vertreiber dieses Anzuges zu sein und damit einen gehörigen Teil des Endpreises zu kassieren? Welche Rolle spielen Mikrokredite dabei, durch welche Maßnahmen müssen sie ergänzt werden und welche realistischen Alternativen gibt es jeweils?

  12. #12 Sven Türpe
    19. November 2010

    Mir deucht, dass in Zeiten der globalen Vernetzung, des anstehenden völligen Kollaps der Finanzwelt, und zunehmend greifbar werdender ökologischer und wirtschaftlicher Grenzen (Peak Oil, z.B.) mehr und mehr Menschen nach und nach auf den Trichter kommen, dass Kooperation und Nachhaltigkeit vielleicht doch nicht nur hippiemässiger Kommunistenquatsch sein könnten.

    Traditionelle Endzeitvisionen gehen davon aus, nach einem Kollaps werde jeder auf sich gestellt sein und dann erst recht der Stärkere gewinnen. Diese Visionen sind plausibel, da wir unseren gesellschaftlichen Frieden im Wesentlichen unserem kollektiven Reichtum sowie moderierenden Institutionen verdanken. Beides fiele nach dem prognostizierten TEOTWAWKI erst einmal weg und müsste erst langsam neu aufgebaut werden. Die Vorstellung, ausgerechnet in einer echten Krise könnten sich durch Evolution entstandene und weiter der Evolution unterworfene Lebewesen um etwas anderes als sich selbst kümmern und damit Erfolg haben, ist tatsächlich hippiemässiger Kommunistenquatsch. Wenn wir gerade dabei sind, alle zu sterben, ist eine ganz schlechte Zeit zum Kuscheln.

    Es ist eben nicht so, dass z.B. Profitgier ein inherentes Konzept jeglicher “real existierender” Menschen ist. Im Gegentum, das Konzept ist relativ neu.

    Mitnichten. Neu ist lediglich die Vorstellung, Profitgier sei etwas, das der Plünderer seinem Opfer vorwerfen könne, um das Plündern zu rechtfertigen.

  13. #13 Jürgen Schönstein
    19. November 2010

    @Sven Türpe

    Wie gesagt, ich bin der festen Überzeugung, dass Mikrofinanzierung der einzige Weg für Milliarden Menschen aus der Armut ist

    Woher rührt diese Überzeugung, wenn nicht aus reinem Wunschdenken?

    Erstens ist Wunschdenken nicht grundsätzlich unnütz – manchmal sind es eben die Ziele, die uns motivieren (fragen Sie mal einen Bergsteiger). Zweitens ist dies kein Wunschdenken, sondern eine aus der Realität gewonnene Einsicht: Was wir “Mikro-” nennen, ist in vielen Ländern Asiens und Afrikas eher “Mega-“; die Maßsstäbe der westlichen Finanzwirtschaft werden dem einfach nicht gerecht. Zweitens – und das ist die pragmatische Antwort – haben die bisherigen Systeme ja offenbar nicht geholfen, die Armut zu beseitigen. Im Gegenteil.

    Ach ja, drittens noch (weil der Einwand sowieso mit großer Wahrscheinlichkeit kommt): Es ist auch in unserem westlichen ökonomischen Interesse, wenn die paar Milliarden Menschen, die bisher in Armut leben, einen Anteil am Wohlstand haben. Was man denen dann alles verkaufen könnte, gell?

  14. #14 Jürgen Schönstein
    19. November 2010

    @Sven Türpe
    Ooops, das hätte ich ja beinahe überlesen:

    Neu ist lediglich die Vorstellung, Profitgier sei etwas, das der Plünderer seinem Opfer vorwerfen könne, um das Plündern zu rechtfertigen.

    Muss man das so verstehen, dass die Armen der Welt die Plünderer, die Reichen die Opfer sind? Boah, ey – sensationell, so ein Weltbild! Muss man dafür Eintritt bezahlen, oder gibt’s das gratis im Kuriositätenkabinett?

  15. #15 Sven Türpe
    19. November 2010

    Muss man das so verstehen, dass die Armen der Welt die Plünderer, die Reichen die Opfer sind?

    Anders herum geht es ja nicht: was sollte der Reiche dem Armen denn wegnehmen und warum? Wenn es Plünderer gibt, dann nur entgegen dem Wohlstandsgradienten, sonst ergäbe es keinen Sinn.

  16. #16 Sven Türpe
    19. November 2010

    Was man denen dann alles verkaufen könnte, gell?

    Exakt. Dazu müssten sich allerdings die Umstände derart ändern, dass die beschriebenen unterschiedlichen Maßstäbe keine praktische Relevanz mehr hätten. Solange unsere zukünftigen Kunden nach unseren Maßstäben nur über Mikrobeträge verfügen, können wir selbst bei gutem Willen schlecht Geschäfte machen. Beziehungsweise eben nur in der Richtung, dass wir ihnen etwas abkaufen. So gesehen kann es ein gutes Zeichen sein, wenn das geförderte Mikrowasauchimmer durch ganz normale Märkte abgelöst wird.

    Zweitens – und das ist die pragmatische Antwort – haben die bisherigen Systeme ja offenbar nicht geholfen, die Armut zu beseitigen. Im Gegenteil.

    Woran sind sie gescheitert? Am Kapitalismus ja offensichtlich nicht, der lässt es uns prächtig gehen und in der jüngeren Geschichte gibt es eine Reihe von Beispielen für Länder, die auf Druck ihrer Bevölkerung den Weg zur Marktwirtschaft zurück gefunden und davon erheblich profitiert haben.

    Auch diese Frage bringe ich gerne mal auf den Punkt: sind Mikrokredite, was Kuba fehlt?

    Erstens ist Wunschdenken nicht grundsätzlich unnütz – manchmal sind es eben die Ziele, die uns motivieren (fragen Sie mal einen Bergsteiger).

    Ziele und Wünsche sind nicht dasselbe. Gewiss hat der Bergsteiger ein Ziel vor Augen. Der Wunsch, der Berg möge nur halb so hoch sein, hilft ihm allerdings nicht, dieses Ziel zu erreichen.

  17. #17 roel
    20. November 2010

    @Jürgen Schönstein und Sven Türpe Plündern ist unabhängig vom eigenen Wohlstand. Arme und Reiche plündern, die Armen eher im kleinen Stil die Reichen meist im großen Stil.

  18. #18 Jürgen Schönstein
    20. November 2010

    @Sven Türpe

    Wenn es Plünderer gibt, dann nur entgegen dem Wohlstandsgradienten, sonst ergäbe es keinen Sinn.

    Guter Witz. Naja, nicht wirklich gut, aber definitv ein Witz. Und so realitätsfremd (nur ein Stichwort: Kolonialismus), dass ich mir alles weitere sparen kann.

    Gewiss hat der Bergsteiger ein Ziel vor Augen. Der Wunsch, der Berg möge nur halb so hoch sein, hilft ihm allerdings nicht, dieses Ziel zu erreichen.

    Schon mal Berge bestiegen? Manchmal hilft es tatsächlich.

  19. #19 Sven Türpe
    20. November 2010

    (nur ein Stichwort: Kolonialismus)

    Oh oh, das ist ja schlimmer als befürchtet. Das weiß ich ja gar nicht, wo ich anfangen soll. Bei der Logik? Oder lieber bei den vorausgesetzten Vorurteilen?

    Vielleicht bei den Vorurteilen; ohne Axiome kann man die Logik ja vergessen. Ich nehme an, der Einwand soll andeuten, der Kolonialismus sei ein Gegenbeispiel, ein Fall, in dem die Reichen die Armen ausgeplündert hätten. Und zwar so offensichtlich, dass sich jede Begründung erübrige. Mit anderen Worten, da hält es jemand für selbstverständlich, dass der Neger ein wilder Armer sei, von Natur aus sozusagen. Oder wie sollen wir das verstehen?

    Seitens der Logik ist anzumerken, dass der Kolonialismus mit klar gerichteten Warenflüssen verbunden war: Gold, Gewürze, Zuckerrohr und so weiter. Wie kann man jemanden für arm erklären, der über solche Schätze verfügt? Nachdem man sie ihm weggenommen hat, kann er natürlich arm sein, aber als Ausgangssituation? Das ist doch eine völlig absurde Vorstellung, der Kolonialismus habe den Betroffenen ihr letztes Hemd genommen. Dafür hätte sich der Aufwand und das Risiko gar nicht gelohnt. Nein, da gab es schon richtige Schätze zu holen.

    Die Wikipedia liefert uns obendrein noch ein schönes Detail:

    “Da aber die Gewinnaussichten sehr vage waren, übernahm häufig der Staat die Kosten der Seeexpeditionen, um das hohe Risiko zu mindern.”

    Mit anderen Worten, unter ungestörten Bedingungen wäre der Kolonialismus als Geschäft gar nicht attraktiv gewesen. Erst die schützende Hand des Staates in Form von Subventionen machte daraus eine lohnende Sache. Bestimmt gab es dafür auch ganz idealistische Begründungen.

    Vielleicht kommen wir doch mal auf meinen Anzug zurück. Der Kolonialismus taugt als Argument offenschtlich wenig in dieser Diskussion.

  20. #20 michael
    20. November 2010

    > Die Vorstellung, ausgerechnet in einer echten Krise könnten sich durch Evolution entstandene und weiter der Evolution unterworfene Lebewesen um etwas anderes als sich selbst kümmern und damit Erfolg haben, ist tatsächlich hippiemässiger Kommunistenquatsch.

    Wie man sieht, hast Du weder von der Hippie bewegung noch vom Kommunismus irgendeine Ahnung. Ist aber egal.

    Gerade der Stammesverbund und die gegenseitige Hilfsbereitschaft der Stammesangehörigen verschafft den Angehörigen des Stammes einen Vorteil gegenüber Einzelgängern.

    Wenn Du diesbezüglich praktische Erfahrung sammeln willst, geh mal in einen Stadtteil, der überwiegend von Leuten bewohnt wird, die in Familienclans operieren, und fang Schlägerei mit einem schwächer Aussehenden an. Vielleicht besuchen wir Dich dann im Krankenhaus.

  21. #21 Sven Türpe
    20. November 2010

    Gerade der Stammesverbund und die gegenseitige Hilfsbereitschaft der Stammesangehörigen verschafft den Angehörigen des Stammes einen Vorteil gegenüber Einzelgängern.

    Wenn Du diesbezüglich praktische Erfahrung sammeln willst, geh mal in einen Stadtteil, der überwiegend von Leuten bewohnt wird, die in Familienclans operieren, und fang Schlägerei mit einem schwächer Aussehenden an.

    Herzlichen Dank für diese Erläuterung, was sich hinter den wohlklingenden Worten Kooperation und Nachhaltigkeit von jitpleecheep oben verbirgt. Eines muss ich eingestehen: mit Kommunismus hat dieses Gesellschaftskonzept wenig zu tun.

  22. #22 Hel
    20. November 2010

    @Sven Türpe

    Du betrachtest wahrscheinlich sogar die FDP noch als kryptokommunistisch. Hach, muss das schön sein, so ein geschlossenes Weltbild zu haben, innerhalb welchem alles gut wird, solange der Staat nicht in die Wirtschaft eingreift und es keine Entwicklungshilfe gibt.

    Was nützem dem trägen Afrikaner denn auch Strom, Wasser, medizinische Versorgung und Bildung – soll der sich doch lieber anspruchsvolle Ziele setzen, zB Maßschneider werden. Davon profitieren auch wir Europäer, schließlich nähen die Thailänder schon lange nicht mehr so billig wie früher, da lohnt sich die Flugreise ja gar nicht mehr richtig.

    Yo, und die osteuropäischen Völker wollten unbedingt und explizit den Chicago-Boy-Kapitalismus, genau den haben sie von ihren Regierungen eingefordert, klar. Besonders die Russen in den 90ern hatten Jelzin darum angefleht. Der IWF und die Weltbank hatten auch gar nichts damit zu tun.

  23. #23 Sven Türpe
    20. November 2010

    Was nützem dem trägen Afrikaner denn auch Strom, Wasser, medizinische Versorgung und Bildung – soll der sich doch lieber anspruchsvolle Ziele setzen, zB Maßschneider werden.

    Konfektion tut’s auch. Kennst Du übrigens einen Maßschneider, der sich keinen Strom, kein Wasser, keinen Arzt leisten kann?

  24. #24 Hel
    20. November 2010

    @Sven Türpe

    Kennst Du übrigens einen Maßschneider, der sich keinen Strom, kein Wasser, keinen Arzt leisten kann?

    Nein – und genau das ist der Punkt.

  25. #25 Sven Türpe
    20. November 2010

    Fein, dann sind wir uns ja einig. Und was hält die Armen davon ab, Maßschneider zu werden?

  26. #26 Hel
    20. November 2010

    @Sven Türpe

    Und was hält die Armen davon ab, Maßschneider zu werden?

    Siehe oben. Keine Ausbildung, kein Geld, kein Kredit, keine auch nur annähernd stabile politische, ökonomische und soziale Rahmenbedingungen – ganz sicher aber nicht ein Mangel an Katastrophen.

  27. #27 Sven Türpe
    20. November 2010

    Keine Ausbildung, kein Geld, kein Kredit, keine auch nur annähernd stabile politische, ökonomische und soziale Rahmenbedingungen – ganz sicher aber nicht ein Mangel an Katastrophen.

    Auch darin sind wir uns einig: eine ganz wesentliche Wurzel vieler Übel liegt im ungenügenden Organisationsgrad der betroffenen Gesellschaften. Was können wir dagegen tun?

  28. #28 Peter
    20. November 2010

    Tja, wirklich bedrückend, wenn ich da lese, dass das eigentlich als Hilfe zur Selbsthilfe gedachte Konzept der Mikrokredite wieder von windigen Geschöftmachern gekapert und beschädigt wurde… :-/ Ich habe ja vor einiger Weile bei Kiva mitgemacht und habe bisher meine Dollar auch immer wieder zurück bekommen (wobei das Geld dann ja auch gleich wieder in den Kreislauf eingeht – man verdient nichts daran, sondern ermöglicht Menschen in ärmeren Ländern, mit dem Geld befristet etwas eigenes aufzubauen).

  29. #29 Dr. Webbaer
    21. November 2010

    eine ganz wesentliche Wurzel vieler Übel liegt im ungenügenden Organisationsgrad der betroffenen Gesellschaften. Was können wir dagegen tun?

    Auch hier hilft eine kulturrelativistische Sicht. Niemand kann ein und dieselbe Kultur erdweit verlangen, und da es Unterschiede in der Werthaltigkeit gibt, kann auch deutlich unterschieden werden.
    Wenn den Kulturen unterschiedliche zivilisatorische Werte zugesprochen werden, heißt das natürlich nicht, dass die Menschen in einigen Regionen glücklich sind und in anderen nicht. – Die allgemeine Depression gerade in hochzivilisierten Regionen sei hier genannt.

    Man kann sich der Antwort auf die Frage, was man tun kann, hier recht gut mit der Methode des Ausschlusses nähern:
    Subventionierte unwirtschaftliche Kreditvergabe, zudem auch eher in geringem Umfang und punktuell, befriedigt womöglich das eine oder andere westliche Gutmenschenhirn, schädigt aber die Infrastruktur nachhaltig. Es wird bspw. unmöglich in dieses subventionierte Segment einzudringen für einheimische dementsprechende Dienstleister (es sei denn sie spielen das Spiel mit, aber es ist dann halt eine Art Sozialismus), von ausländischen unsubventionierten ganz zu schweigen. So gehts sicherlich nicht! Das Gutgemeinte ist bekanntlich der gefährlichste Gegner des Richtigen!

    Überhaupt korrumpiert die Entwicklungshilfe auf Projektbasis die Zielregionen mehr als dass die Projekte allgemeinen regionalen Nutzen bringen. Man destabilisiert zudem die politische Entwicklung.
    Nichts spricht aber dagegen Märkte zu öffnen (was bspw. die EU gerade nicht tut, höhö, diese Zyniker) und gezielt Leute anzuwerben. Leistungstests vor Ort. Viele von denen kehren später zurück und leisten dann in ihrem Heimatland. Selektive Einwanderung halt, gut für beide Seiten.

    Dennoch, um das mal klar zu stellen, unsere Zivilisation ist natürlich demjenigen, was teilweise anderswo noch geübt wird, haushoch überlegen, aber es macht keinen Sinn immer nur in unseren Kategorien zu denken – auch diese Leute sind auf ihre Art und Weise glücklich – sofern sie nicht zufällig aufgeklärte Menschen sind, diese werden natürlich zwingend unglücklich.

    HTH
    Wb

    PS: Wie siehts denn der radikalliberale Sven?

  30. #30 Hel
    21. November 2010

    @Sven Türpe

    eine ganz wesentliche Wurzel vieler Übel liegt im ungenügenden Organisationsgrad der betroffenen Gesellschaften. Was können wir dagegen tun?

    Obwohl “wir” als einzelne schwerlich solche Gesellschaften ändern können, zumal sie oft von despotischen, korrupten Regimes regiert werden, so gibt es doch kleinere, manchmal indirekte Möglichkeiten:

    – Mitarbeit in Hilfsorganisationen/NGOs, im Rahmen eines FSJ oder für Studierende auch vor Ort

    – bevorzugt Transfair-Produkte kaufen, um solche Strukturen zu unterstützen, die bereits Anlass zu Hoffnung geben. Das betrifft Kaffee, Tee, Schokolade, Wein aus Übersee, Rohrzucker, Südfrüchte, Gewürze, Baumwollprodukte uvm

    – möglichst Anbieter meiden, von denen bekannt ist, dass sie in der armen Welt unter übelsten Bedingungen produzieren lassen – und da wirds leider schon schwieriger

    – Spenden, aber sorgfältig ausgesucht

    – sich politisch dafür einsetzen, dass es einen weiteren, wenigstens teilweisen Schuldenerlass für die Drittwelt-Staaten gibt, da diese ansonsten ohnehin niemals auf die Beine kommen werden

    – Mikro-Kredite und Mikro-Bürgschaften

    – da sich immer mehr Großunternehmen gerne mit sozialen Projekten (“Charity”) schmücken, könnte man, wenn man in einem solchen arbeitet, entsprechende Vorschläge einreichen und an der Umsetzung mitwirken

    – politischen Druck ausüben, dass Deutschland seine Verpflichtungen zur Entwicklungshilfe einhält und wie vereinbart 0,7 Prozent vom BSP dazu beträgt. Momentan sind es nur 0,4 Prozent.

  31. #31 Hel
    21. November 2010

    @Wb

    Na klar, der Verweis auf Kulturrelativismus, Gutmenschentum und die fabelhafte Überlegenheit unserer Kultur darf hier natürlich nicht fehlen, gähn…

    Überhaupt korrumpiert die Entwicklungshilfe auf Projektbasis die Zielregionen mehr als dass die Projekte allgemeinen regionalen Nutzen bringen. Man destabilisiert zudem die politische Entwicklung.

    Generalisierter Unfug. Natürlich gabs und gibts Missbrauch, aber die Behauptung, Entwicklungsprojekte wurden grundsätzlich die Zielregion korrumpieren (wie soll denn das bitte eigentlich aussehen?) und gar die politische Entwicklung destabilisieren, ist nicht belegbar.

    Wer wird bei solchen Projekten korrumpiert? Wodurch destabilisieren sie die politische Entwicklung? Bitte erst nachdenken, dann schreiben.

    – Schutzhäuser für Kinderprostituierte in Kambodscha incl. medizinischer und psychologischer Betreuung und Alphabetisierung, vgl https://www.tdh.de/content/themen/schwerpunkte/kinderprostitution/projekte/kambodscha_cwcc.htm

    – Forcierter Wohnungsbau mit Einfachtechnologie in Äthiopien, vgl https://www.gtz.de/de/weltweit/afrika/aethiopien/8160.htm

    – Einrichtung eines internationalen Patentpools für HIV-/AIDS-Medikamente, vgl https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/informieren/medikamentenkampagne/themen/zugang-zu-medikamenten/2009-10-emailkampagne-patentpool/index.html

  32. #32 Sven Türpe
    21. November 2010

    – Mitarbeit in Hilfsorganisationen/NGOs, im Rahmen eines FSJ oder für Studierende auch vor Ort

    Vor Ort? Mangelt es den Armen an Arbeitskräften und welche Wirkung hat es auf den Arbeitsmarkt des betroffenen Landes, wenn ich mich dort zum Nulltarif anbiete und alle Arbeitsmittel und Materialien noch mitbringe?

    – bevorzugt Transfair-Produkte kaufen, um solche Strukturen zu unterstützen, die bereits Anlass zu Hoffnung geben. Das betrifft Kaffee, Tee, Schokolade, Wein aus Übersee, Rohrzucker, Südfrüchte, Gewürze, Baumwollprodukte uvm

    Handel ist per se fair. Hinter dem sogenannten fairen Handel verbirgt sich in Wirklichkeit eine Subvention. Die könnte man für sinnvoll halten, wäre sie als Anschub gedacht und mit einer klaren Ausstiegsstrategie verbunden. Das ist jedoch nicht der Fall, der Übergang in den regullären Markt steht nach meiner Kenntnis bei keiner der Gewissensmarken auf dem Programm. Sondern alles soll möglichst so bleiben, wie es ist, denn es geht vor allem um die Käufer. Die bekommen ein gutes Gewissen praktisch gratis, das ist der Hauptzweck. Man betrachte nur mal die Produktauswahl: das sind ja alles Naturprodukte mit geringer Fertigungstiefe. Das bedeutet einerseits, dass selbst prozentual sehr große Preisschwankungen für einen Mitteleuropäer keine praktische Bedeutung haben, er gibt für sein gutes Gewissen letztlich nichts ab. Andererseits legt die Produktauswahl die beglückten Armen auf die bäuerliche Produktion fest — so will es der Käufer. Das ist gerade das Gegenteil von Entwicklungshilfe. Von fair gehandelten Diamantbohrern, Anzügen, Fahrrädern oder Mobiltelefonen keine Spur, nicht einmal als Vision und Fernziel. Und wieso es kein fair gehandeltes Erdöl gibt, könnte mir bei Gelegenheit auch mal jemand erklären.

    – möglichst Anbieter meiden, von denen bekannt ist, dass sie in der armen Welt unter übelsten Bedingungen produzieren lassen – und da wirds leider schon schwieriger

    Warum? Internationale Unternehmen sind vielerorts die einzigen halbwegs stabilen und funktionsfähigen Organisationsstrukturen. Gewiss braucht eine Gesellschaft mehr und andere Strukturen, aber irgendwo muss man ja anfangen. Im Gegensatz zu historisch enstandenen Gruppierungen neigen Unternehmen auch zu rationalem und nicht zu ideologisch geprägtem Handeln. In Regionen, die durch anhaltende Konflikte geprägt sind, können sie deshalb ein wichtiges einendes Element sein. Möchte man die Armen nicht in Zusammenarbeit mit den Fairtrade-Vermarktern auf die Landwirtschaft festnageln, so muss man die unternehmerische Tätigkeit dort fördern und nicht boykottieren.

    – Spenden, aber sorgfältig ausgesucht

    Nach welchen Kriterien?

    – sich politisch dafür einsetzen, dass es einen weiteren, wenigstens teilweisen Schuldenerlass für die Drittwelt-Staaten gibt, da diese ansonsten ohnehin niemals auf die Beine kommen werden

    Bei wem haben sie Schulden, wofür wurden die aufgenommenen Kredite investiert und warum rentieren sich diese Investitionen nicht?

    – Mikro-Kredite und Mikro-Bürgschaften

    Und später Mikro-Schuldenerlasse? Und wieso überhaupt von mir, können die nicht ihre eigene Währung untereinander verleihen?

    – da sich immer mehr Großunternehmen gerne mit sozialen Projekten (“Charity”) schmücken, könnte man, wenn man in einem solchen arbeitet, entsprechende Vorschläge einreichen und an der Umsetzung mitwirken

    Süß. Und vor der Firmenzentrale vielleicht ein Banner aufhängen mit der Losung: “Dem Raubtierkapitalisten beim Anziehen des Schafspelzes helfen!” 😉

  33. #33 Jürgen Schoenstein
    21. November 2010

    @Alle
    Nochmal: Es geht nicht um Spenden und Schuldenerlasse, und an der Mikrokrediten ist nichts “subventioniert”. Und das System in Indien kam erst ins Schleudern, als Haie mit Wucherzinsen sich ins Spiel eingemischt haben. Diese sprichwörtlichen Kirchen sollten wir also mal in ihren Dörfern lassen. Was Mikrokredite am meisten von “normalen” Krediten unterscheidet, ist das Volumen: Für die “paar Kröten”, die bei “normalen” Zinsen damit verdient werden könnten würden sich Banken hier nicht mal die Mühe machen, einem Kunden die Tür aufzuschließen.

  34. #34 Sven Türpe
    21. November 2010

    Und das System in Indien kam erst ins Schleudern, als Haie mit Wucherzinsen sich ins Spiel eingemischt haben.

    Weder die angeführte Koinzidenz noch die bemüht abfälligen Bezeichnungen machen jene Marktteilnehmer zur Ursache des Problems. Im Gegenteil, erfahrungsgemäß sind die Ursachen für den Zusammenbruch gesellschaftlicher Systeme stets zuerst dort zu suchen, wo Beteiligte ein Eigeninteresse abstreiten.

    Auch bleibt weiter ungeklärt, wie man sich ausgerechnet mit offenkundig überhöhten Preisen (“Wucherzinsen”) derart in einen funktionierenden Markt einmischen könnte, dass dieser zusammenbräche. Das wäre ungefähr so, als stürben in Deutschland massenhaft Tankstellen, weil Greenpeace Benzin für fünf Euro pro Liter anböte. Kann man sich ausmalen, natürlich, aber plausibel erscheint das Szenario nicht.

    Also, um die Benennung welcher unangenehmen Sachverhalte drücken wir uns hier und von welchen heimlichen Annahmen gehen wir aus? Ich meine abgesehen vom offensichtlichen Fehler, gut gemeint stillschweigend mit gut zu identifizieren.

  35. #35 Hel
    21. November 2010

    @Sven Türpe

    Ach Türpe, so kommen wir nie auf einen Nenner, müssen wir ja aber zum Glück auch nicht…

    Vor Ort? Mangelt es den Armen an Arbeitskräften und welche Wirkung hat es auf den Arbeitsmarkt des betroffenen Landes, wenn ich mich dort zum Nulltarif anbiete und alle Arbeitsmittel und Materialien noch mitbringe?

    Das Wesen einer Hilfsorganisation ist, dass sie Hilfsbedürftigen hilft. Wie, womit, woher sollen sich Straßenkinder, Kinderarbeiter, Kinderprostituierte, AIDS-Kranke und Minen-Versehrte in armen Ländern selbst helfen? Die finanziellen Mittel und die Strukturen in den betroffenen Ländern reichen bei weitem nicht aus. Alle großen und seriösen NGOs, die im Entwicklungsbereich tätig sind, propagieren eh Hilfe zur Selbsthilfe, aber das setzt nun mal zunächst Hilfe voraus.

    Handel ist per se fair. Hinter dem sogenannten fairen Handel verbirgt sich in Wirklichkeit eine Subvention.

    Ideologisierter Blödsinn! Schon mal von United Fruit Company bzw Chiquita gehört? Starbucks (die im übrigen neuerdings nach der heftigen Kritik zwei Fairtrade-Produkte ins Sortiment aufgenommen haben)? Nike? Ist der Welthandel mit Öl und Gas tatsächlich fair? Oder der mit Rohstoffen wie Buntmetallen, Gold, Diamanten? Der mit Billigst-Arbeitskräften? Der mit Derivaten?

    Informiere dich lieber erstmal über das Fairtrade-Konzept, bevor du es fälschlich als Subvention bezeichnest, vgl https://www.fairtrade.de/index.php/mID/1.1/lan/de

    In Regionen, die durch anhaltende Konflikte geprägt sind, können sie (Konzerne – meine Ergänzung) deshalb ein wichtiges einendes Element sein.

    Aha. So wie Chiquita in Südamerika? Anglo American/De Beers in Angola und im Kongo? Shell in Nigeria?

    Ich erspare es mir mal, den Rest deiner vulgär-/steinzeitkapitalistischen Ausführungen noch zu kommentieren. Wozu mit jemandem debattieren, der wohl auch Joseph Stiglitz für einen Sozialisten hält?

  36. #36 Sven Türpe
    21. November 2010

    Wie, womit, woher sollen sich Straßenkinder, Kinderarbeiter, Kinderprostituierte, AIDS-Kranke und Minen-Versehrte in armen Ländern selbst helfen?

    Von den Steuern und Abgaben der Maßschneider, Fahrradhersteller und so weiter. Also nur für den Fall, dass sie dort nicht selbst arbeiten und ein Einkommen erzielen können.

    Schon mal von United Fruit Company bzw Chiquita gehört?

    Selbstverständlich. Erwähnte ich es bereits, dass ich Industrialisierung für zielführender halte als die Festlegung auf Landwirtschaft durch Anreize und Förderstrukturen?

    Starbucks? Nike?

    Was ist damit? Du musst Deine Argumente schon auf den Tisch legen, ich werde nicht den Versuch machen, Deine Gedanken zu lesen.

    Ist der Welthandel mit Öl und Gas tatsächlich fair?

    Warum sollte er es nicht sein? Es steht jedem Besitzer von Öl und Gas frei, dieses auf dem Markt feilzubieten und einen Preis festzulegen. Ebenso steht es jedem Verbraucher frei, einen Anbieter zu wählen oder auf den Kauf zu verzichten. Das gilt gleichermaßen für alle anderen Waren. Der Markt ist die Menge jener Geschäfte, die daraus im beiderseitigen Interesse zustande kommen. Und ja, es ist fair, wenn das bessere Angebot systematisch bevorzugt wird.

    Informiere dich lieber erstmal über das Fairtrade-Konzept, bevor du es fälschlich als Subvention bezeichnest, vgl https://www.fairtrade.de/index.php/mID/1.1/lan/de

    Tut mir Leid, aber da wird das Gegenteil von Fairness wie auch das Gegenteil von Handel beschrieben: der Austausch soll sich auf einmal einseitig an den Interessen und Bedürfnissen eines Teilnehmers orientieren, die zudem mit dem angebotenen Produkt in keinem Zusammenhang stehen. Das kann nicht fair sein gegenüber dem anderen Teilnehmer. Und das Grundproblem wird nicht gelöst, sondern verschärft, wenn man Menschen dabei hilft, weiter Arbeit zu verrichten, die sich nicht lohnt. Das ist ungefähr so, als hätte man nach 1990 die Automobilindustrie der ehemaligen DDR mit höheren Trabbi-Preisen am Leben erhalten wollen — eine bizarre Idee. So etwas funktioniert ausschließlich dann, wenn der höhere Preis dem Käufer wenigstens subjektiv einen zusätzlichen Nutzen verspricht, und dann ist es wieder ganz gewöhnlicher Handel.

    Ich erspare es mir mal, den Rest deiner vulgär-/steinzeitkapitalistischen Ausführungen noch zu kommentieren.

    Ich habe auch den Eindruck, dass Dir nicht mehr viel einfällt, was Deine Vorstellungen auf eine rationale Grundlage stellen könnte.

  37. #37 Ireneusz Cwirko
    21. November 2010

    “Vielleicht war die Idee doch nicht so blöd?”

    ja vielleicht. aber die geht an dem Kern des Problems vorbei und zwar an der Monopoliesierung des Geldes in den Händen von Wenigen.

    Die lösung ist meiner Meinung nach freie Zugang zu einem unverzinslichen Kredit.
    Das bedeutet eine Entmachtung der Banken und des Staates und Geldschöpfung von jedem Einzelnen abhängig von der Leistungsfähigkeit gegenüber der Gesellschaft.

  38. #38 Dr. Webbaer
    22. November 2010

    @Jürgen Schönstein

    Nochmal: Es geht nicht um Spenden und Schuldenerlasse, und an der Mikrokrediten ist nichts “subventioniert”. Und das System in Indien kam erst ins Schleudern, als Haie mit Wucherzinsen sich ins Spiel eingemischt haben. Diese sprichwörtlichen Kirchen sollten wir also mal in ihren Dörfern lassen. Was Mikrokredite am meisten von “normalen” Krediten unterscheidet, ist das Volumen: Für die “paar Kröten”, die bei “normalen” Zinsen damit verdient werden könnten würden sich Banken hier nicht mal die Mühe machen, einem Kunden die Tür aufzuschließen.

    Sicherlich sind Mikrokredite oft subventioniert. Man spricht von Subventionen, wenn zusätzliches Geld, das nicht direkt mit dem Geschäft zu tun hat, in irgendeiner Form von einem Staat kommt, kommt dieses Geld woanders her, dann ist es Sponsoren- oder Mäzenatentum.
    Es ist nicht natürlich, dass Mikrokreditgeber von anderer Seite als dem Kreditnehmer Einnahmen auf Grund des bilateralen Vertragsverhältnisses haben.
    Jetzt kann man den Bürgen “irgendwie” als dritte Vertragspartei einarbeiten, da dieser aber kein Eigeninteresse, kein natürliches Geschäftsinteresse, hat, sondern nur Ausfälle abdeckt, ist das alles im direkten oder übertragenen Sinne Subvention (lat.: subvenire, Unterstützung, Hilfeleistung, Wohlfahrt).

    Wenn sich, wie Sie schreiben “Haie mit Wucherzinsen” ins Geschäft bringen, nunja, was denken Sie was da wohl vorliegt? Vielleicht werden einfach nur Marktpreise genommen für Risikokredite?

    Dann schreiben Sie noch so etwas: “Was Mikrokredite am meisten von “normalen” Krediten unterscheidet, ist das Volumen…”

    Jein! Was für uns “ein paar Kröten” sind, Mikrokredite aus unserer Sicht, und was bei uns auch gar nicht gehen würde kreditorisch, weil die Verwaltungskosten zu hoch wären, ist dort…
    Trara!: normales Kreditgeschäft

    Wenn Sie sich schon so engagieren, und der Webbaer begrüsst das explizit, dann tun Sie das besser aus der Perspektive der Stakeholder, des regionalen Marktes, derjenigen, denen wir helfen wollen.
    Schaun Sie mal nach Mexico, wie da so gezahlt wird (BTW, haben Sie zufällig eine dieser Haushaltshilfen? Nein? OK, hätte aber sein können…), der Doitsche oder Schweizer oder Ösi wiederum darf gerne nach Osteuropa schauen und sich der pers. Bezüge der Menschen dort bewusst werden. So manch Lehrer hat dort 25-50% von dem, was der Hartzie in D hat.

    Und in manchen Ländern haben die Menschen nun mal ein Jahreseinkommen von sagen wir mal $500-$1,000. Dort ist ein Kredit über bspw. $300 bei einer Laufzeit von 5 Jahren normales Geschäft.
    Hier könnte sich ein normaler Kreditmarkt entwickeln, würden sich nicht subventionierte Kräfte von außen dbzgl. prohibitiv einmischen.

    MGH
    Wb

  39. #39 docfalcon
    22. November 2010

    Lieber Herr Türpe,
    könnten Sie ihren ideologischen Blödsinn, den ein erstsemestriger Ethnologiestudent zerlegen könnte, bittebitte bei sich behalten? Das ist ja widerlich und ekelhaft, wie sehr Sie an die Macht des “freien Marktes” glauben. Es ist schrecklich einfach, ihr Zerrbild der Realität: Jeder “Marktteilnehmer” nimmt freiwillig am Markt teil und hat die Option auszusteigen, so er sich “unfair” behandelt fühlt. Leider stimmt dies nicht. Es herrscht ökonomischer Zwang auf die ungelernten Kräfte. Siehe Pin-AG: Die oberen Chargen dort verdienen, wie es sich für Manager gehört, ordentlich sechsstellig. Aber der Laden geht angeblich pleite, wenn der Postmindestlohn gilt. Fair? Ihr “Markt” ist nicht fair. War es niemals und wird es niemals sein, da jeder versucht, die politisch gesteckten Rahmenbedingungen zu seinen Gunsten zu ändern, was an und für sich schon wieder ein Markt ist: Einfluß auf die Politik gegen Was-Auch-Immer. Siehe FDP und Mehrwertsteuer für die Gaststätten. Nichts davon floß an die Mitarbeiter oder Kunden, alles davon in die Taschen der Besitzer. Fairer Markt????????? Sie mich auch….

  40. #40 Sven Türpe
    22. November 2010

    könnten Sie ihren ideologischen Blödsinn, den ein erstsemestriger Ethnologiestudent zerlegen könnte, bittebitte bei sich behalten?

    Solange dieser Ethnologiestudent ein Konjunktiv bleibt, habe ich weder Grund noch Anlass dazu.

    Das ist ja widerlich und ekelhaft, wie sehr Sie an die Macht des “freien Marktes” glauben.

    In erster Linie glaube ich an die Realität. Märkte ereignen sich überall dort, wo es etwas zu tauschen gibt. Die Entwicklung des Tauschhandels war ein früher und wichtiger Schritt auf unserem Weg in die Zivilisation. Jeder politisch-ideologisch motivierte Versuch, Märkte zu verhindern, ist gescheitert, und zwar doppelt: selbst im Sozialismus gab es funktionierende Märkte, und am Unwillen, sich darauf einzulassen, ist das System zugrunde gegangen.

    Mir ist schleierhaft, was einen alphabetisierten Mitteleuropäer auf die absurde Idee bringen kann, ausgerechnet Märkte seien nun ein Übel, das es zu bekämpfen gelte. Aber vielleicht weiß ein erstsemestriger Ethnologiestudent mehr darüber.

    Es herrscht ökonomischer Zwang auf die ungelernten Kräfte.

    Genau genommen herrscht ein natürlicher ökonomischer Zwang auf jedermann: der Zwang, sein Überleben zu sichern. Daran denken wir selten, weil wir uns über Generationen eine Gesellschaft aufgebaut haben, die diesen Zwang bis zur Unkenntlichkeit abfedert. Aber es gibt ihn und vorwerfen können wir diesen Zwang je nach Präferenz nur der Natur oder dem Lieben Gott. Das hülfe uns aber auch nicht.

    Die oberen Chargen dort verdienen, wie es sich für Manager gehört, ordentlich sechsstellig. Aber der Laden geht angeblich pleite, wenn der Postmindestlohn gilt. Fair?

    Was sollte unfair daran sein, dass die einen in eine bessere Marktposition investiert haben als die anderen und nun die Früchte ihrer Bemühungen ernten?

    Siehe FDP und Mehrwertsteuer für die Gaststätten. Nichts davon floß an die Mitarbeiter oder Kunden, alles davon in die Taschen der Besitzer.

    Na und?

  41. #41 docfalcon
    22. November 2010

    Was daran unfair sein soll, dass sich eine Firma ihre Managergehälter nur leisten kann, wenn das Arbeitsamt die Briefträger subventioniert? Also ausgeschrieben: Warum das Gemeinwesen dieses Staates über seine Sozialabgaben ein Geschäftsmodell am Laufen hält, dass denen, die es sich ausgedacht haben, reichlich Geld bringt, denen, die aber von Amts wegen zur Teilnahme gezwungen werden, gerade mal so reicht, erschließt sich mir nicht gerade als fair. Und “in eine bessere Marktposition investieren”?!? Ihnen ist schon bewusst, dass ein erklecklicher Teil der Weltbevölkeurng eben NICHT in eine bessere Marktposition investieren kann, da ihm der Zugang zu eben diesen Märkten verwehrt ist? Speziell in D sind dies die Geringverdienerkinder, denen durch jede Sozialstudie neuerer Zeit bescheinigt wird, am beschissensten in Sachen Bildungsgerechtigkeit (bzw. “Erwerb von Marktposition”) dran sind. Was sollen diese denn tun, Ihrer Meinung nach, um das auszugleichen? Lassen Sie mich raten: Ihr Los annehmen und mit der deutlich schlechteren Startposition trotzdem versuchen, sich eine gute Marktposition zu sichern. Das ist NICHT fair. Und eben darum ging es ja: Sie behaupten, der Markt sei fair. Das ist er nicht. Und ihre Replik tut sich leider Darwins schwer damit, ihren “der-Markt-ist-fair”-Punkt zu retten.

    Und zum ethnologischen Argument: Sie haben den Kolonialismus als “fair” bezeichnet sowie den Handel. Was Sie aber völlig unterschlagen haben in dieser Aufmachung sind Informationen und Grundannahmen. Die Europäer konnten z.B. die Insel Manhattan nur “kaufen”, weil das Konzept des Landhandels den Ortsansäßigen nicht geläufig war. In ihrer Welt wurde das Recht, die Insel mitzunutzen ertauscht, NICHT das alleinige Nutzungsrecht.

    “Wer solche Schätze sein eigen nennt…”
    Aha, und mit welchem Tauschmittel wurden große Teile der Goldvorräte aus Amerika denn ertauscht? Nicht zufällig mit Gewalt? Sehr fairer Handel…

    Und ihr Hotel-Na-und? Die entgangenen Steuereinnahmen müssen irgendwo ja wieder her kommen. Seltsamerweise wurde den Kommunen just fast exakt der gleiche Teil an öffentlichen Geldern, der durch dieses Husarenstück nun fehlt, als Zusatzlast zugeschoben. Ihr “Na-und?” lässt sich also mit “Dann ist die kommunale Bibliothek/Schwimmbad/Schülermensa halt zu” beantworten. Mag sein, dass Sie das nicht stört, aber Menschen ohne eine bequemen sicheren Job, die Geld ernsthaft zählen müssen, merken solche kommunalen Kürzungen sofort.

    Und warum es fair sein soll, dass die, die viel haben, ihre Marktmachtposition rücksichtslos ausnützen dürfen, erschließt sich mir immer noch nicht.

    Also, Herr Türpe, ein Markt ist NICHT fair. Wer sich einen Vorteil verschaffen kann, tut dies. Und bitte, missverstehen Sie mich bitte nicht bewusst falsch, nur weil Ihnen das in ihre McCarthy-Ära-Argumentation passt: Ich will Märkte nicht abschaffen. Ich will sie nur so regulieren, dass es denen, die schon auf riesigen Bergen an Ressourcen sitzen, immer schwerer wird, noch mehr davon unter Kontrolle zu kriegen.
    Denn diese sogenannte Krise war auch nichts anderes, wie die fortgesetze Umleitung öffentlicher (unser aller) Gelder in die Taschen einiger weniger. NIEMANDES Arbeitskraft ist einen 9stelligen Geldbetrag pro Jahr als Gehalt wert. Solche Summen lassen sich nur erreichen.. ach, lassen wir das.

  42. #42 Hel
    22. November 2010

    @Sven Türpe

    Du glaubst an ein Markt-Konzept, welches in dieser radikalen Simplifizierung höchstens noch als fiktive Modellrechnungsbasis im ersten Semester VWL/BWL gelehrt wird, aber keinerlei Anspruch auf Realität erhebt. Das war bereits vor 20 Jahren der Fall, als ich selbst gerade Erstsemester in VWL war.

    Ein solcher primitiver Marktdarwinismus ignoriert sämtliche historischen, politischen, sozialen und rechtlichen Einflussfaktoren, welche das Markgeschehen eben so vielfältig und komplex machen. Keineswegs verhalten sich die Wirtschaftssubjekte immer rational.

    Märkte sind per se weder fair noch rational, da die beteiligten Akteure unterschiedliche bis gegensätzliche Machtpositionen und Interessen haben. Die Marktteilnehmer sind meist nicht gleichberechtigt, also ist der Markt als solcher nicht “gerecht”. Ohne Regeln für den Markt bilden sich schnell Anbieter-Monopole oder -Oligopole. Ebenso, wie eine Gesellschaft Gesetze und Justiz braucht, um einigermaßen funktionieren zu können, brauchen Märkte Regeln, um die totale Dominanz eines Akteurs zu verhindern und um neuen Marktteilnehmern überhaupt den Zugang zum Markt zu ermöglichen.

    Selbst das einstige Schocktherapie-Fossil Jeffrey Sachs hat sich schon längst von seiner früheren blinden Marktgläubigkeit verabschiedet, vgl https://www.zeit.de/2003/38/Jeffrey_Sachs und fordert nunmehr die Errichtung einer Weltentwicklungsagentur. Ist er gemäß deinem sonderbaren Weltbild nun ein Kommunist?

    Weiter will ich mit dir keine Grundsatztheorie-Debatte mehr über Märkte führen, jedenfalls nicht hier – dafür finde ich das Thread-Thema Mikro-Bürgschaften zu interessant und wichtig, als es in derartig weltfremden und albernen Betrachtungsweisen untergehen zu lassen.

  43. #43 Sven Türpe
    23. November 2010

    Du glaubst an ein Markt-Konzept, welches in dieser radikalen Simplifizierung höchstens noch als fiktive Modellrechnungsbasis im ersten Semester VWL/BWL gelehrt wird, aber keinerlei Anspruch auf Realität erhebt.

    Mitnichten. Ich erlaube mir lediglich, den Begriff des Marktes aller unsinnigen Vorstellungen und Zuschreibungen zu entkleiden. Noch einmal: Märkte ereignen sich überall dort, wo es etwas zu tauschen gibt. Es gab sie lange vor der Erfindung der Volkswirtschaftslehre und des Wohlstandsgenörgels gegen alles. Sie sind zu nichts da, schon gar nicht zu allem, was Politphantasten so fordern, wenn sie in Ermangelung echter Probleme und echter Lösungen mal wieder einen Strohmann brauchen.

    Keineswegs verhalten sich die Wirtschaftssubjekte immer rational.

    Das ist aber ihre freie Entscheidung, deswegen sind sie Marktsubjekte.

    Märkte sind per se weder fair noch rational …

    Sie sind auch nicht per se unfair, unsozial, überflüssig oder zu bekämpfen.

    … da die beteiligten Akteure unterschiedliche bis gegensätzliche Machtpositionen und Interessen haben.

    Ohne unterschiedliche bis gegensätzliche Interessen wären Märkte unmöglich. Ich möchte Schokoladeneis haben, Du möchtest welches loswerden — gegensätzlicher geht es kaum. Wollten alle Schokoladeneis essen und keiner welches machen, gäbe es keinen Markt für Schokoladeneis.

    Ohne Regeln für den Markt bilden sich schnell Anbieter-Monopole oder -Oligopole.

    Welche spezifischen Regeln sorgen dafür, dass ich alleine auf dem Weg von meiner Wohnung zur nächsten Straßenbahnhaltestelle die Wahl habe zwischen drei verschiedenen Anbietern von Backwaren? Und mit welcher Begründung muss ich am Ende des Weges statt in mein Brötchen in einen sauren Apfel beißen: die Haltestelle wird ohne Alternative von einem lokalen Nahverkehrsmonopolisten bedient, der sich mit anderen lokalen Monopolisten die Region aufgeteilt hat und offen unter dem Namen RMV als Kartell auftritt? Nein, wir müssen das nicht ausdiskutieren.

    Ebenso, wie eine Gesellschaft Gesetze und Justiz braucht, um einigermaßen funktionieren zu können, brauchen Märkte Regeln, um die totale Dominanz eines Akteurs zu verhindern und um neuen Marktteilnehmern überhaupt den Zugang zum Markt zu ermöglichen.

    Dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden. Im Gegenteil bin ich durchaus der Ansicht, dass ein verlässlicher Rechtsrahmen Märkte unterstützen und ermöglichen kann. Unter anderem darunter leiden ja viele arme Länder, dass ihnen solch ein Rahmen fehlt und statt dessen Korruption und Gewalt blühen. Aber wenn verwöhnte Mitteleuropäer daraus den Fehlschluss ziehen, Märkte seien irgendwie doof, viel zu anstrengend und einer Planwirtschaft unterlegen, dann hilft das den vorgeblichen Adressaten ihrer Bemühungen kaum weiter.

  44. #44 Dr. Webbaer
    23. November 2010

    Märkte ereignen sich überall dort, wo es etwas zu tauschen gibt.

    “Märkte ereignen sich.” – Moment – Webrecherche – gleich wieder da…

    OK, Neuerung, sehr solid formuliert!

    Old Webbaer kannte das bisher als “Wirtschaft ist das, was entsteht, wenn man die Menschen (vs Bären) einfach machen lässt.”. So isses aber auch gut. Mal das mit dem Tauschen weglassen, es gibt ja noch die Dienstleistung. Apropos Dienstleistung – “Wirtschaft” oder “Ökonomie” stammt von einer der ersten Dienstleistungen. Zum Glück haben sie nicht jene Dienstleistung als Namensgeber genommen.
    So isses schon blöd genug, denn es sind ja keinesfalls immer Wirtsverhältnisse.

    Lustig auch jene skeptischen Äußerungen, “Ebenso, wie eine Gesellschaft Gesetze und Justiz braucht, um einigermaßen funktionieren zu können, brauchen Märkte Regeln, um die totale Dominanz eines Akteurs zu verhindern und um neuen Marktteilnehmern überhaupt den Zugang zum Markt zu ermöglichen.” bspw., ja so denken die Doitschen – trotz Nationalsozialismus und dem internationalen Sozialismus, einfach nüscht gelernt. Wb hielt den VWLer mit dem einen Semester für wesentlich jünger, eher so um die 20, höhö.

    Aber wie dem auch sei: Regeln werden benötigt, um die Vertragsverhältnisse zu unterstützen und natürlich um Zahlungsmittel ohne Eigenwert zu sichern. Und natürlich um “alles” zu sichern – per Gesellschaftssystem. Das mit den Monopolen ist eine absolute Randerscheinung, anscheinend wurden die VWLer vor 20 Jahren, in einem Semester zumindest, so auf Keynes und Umverteilung und Sozialstaatlichkeit und Bürokratismus getrimmt. BTW, so wirds auch in doitschen Schulen transportiert.

    MFG
    Wb

  45. #45 Sven Türpe
    23. November 2010

    Warum das Gemeinwesen dieses Staates über seine Sozialabgaben ein Geschäftsmodell am Laufen hält, dass denen, die es sich ausgedacht haben, reichlich Geld bringt, denen, die aber von Amts wegen zur Teilnahme gezwungen werden, gerade mal so reicht, erschließt sich mir nicht gerade als fair.

    Ein klassischer Fall von Staatsversagen. Ich finde auch, dass das Gemeinwesen auf diese Subvention verzichten sollte.

    Was sollen diese denn tun, Ihrer Meinung nach, um das auszugleichen?

    Sie könnten sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass das Gemeinwesen die ihm anvertrauten Mittel nicht wie oben beschrieben verplempert. Vielleicht genügt es ja schon, das Geld Managern anzuvertrauen statt Beamten und Politikern.

    Ihr Los annehmen und mit der deutlich schlechteren Startposition trotzdem versuchen, sich eine gute Marktposition zu sichern.

    Genau. Man kann sie dabei ja mit geeigneten Sozialsystemen unterstützen. Das funktioniert bei uns ausgezeichnet, beispielsweise können (nüssen!) alle Kinder in die Schule gehen und kein Kind muss (darf!) arbeiten.

    Aha, und mit welchem Tauschmittel wurden große Teile der Goldvorräte aus Amerika denn ertauscht?

    Bodenschätze werden nicht ertauscht, sie werden gefördert. Die Eigentumsrechte daran sind willkürlich geregelt.

    Und warum es fair sein soll, dass die, die viel haben, ihre Marktmachtposition rücksichtslos ausnützen dürfen, erschließt sich mir immer noch nicht.

    In erster Linie ist es vernüftig, ihnen dieselben Rechte zuzugestehen wie den weniger Erfolgreichen. Sonst würde man nämlich Erfolg bestrafen und das wäre schlecht für die Gesellschaft.

    Die entgangenen Steuereinnahmen müssen irgendwo ja wieder her kommen.

    Nein. Der Staat soll seinen Bürgern nur die zur Erfüllung seiner beschränkten Aufgaben minimal erforderliche Summe abpressen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht erhobene Steuern zu “kompensieren”.

    Ich will Märkte nicht abschaffen. Ich will sie nur so regulieren, dass es denen, die schon auf riesigen Bergen an Ressourcen sitzen, immer schwerer wird, noch mehr davon unter Kontrolle zu kriegen.

    Das ist der Kern des Problems. Du glaubst Dich zum Plündern berechtigt, nachdem Du die Armen vorgeschoben hast; Du möchtest die “Regulierung” von Märkten als Tarnung benutzen, um das Plündern nicht Plündern nennen zu müssen; und Du nimmst dabei in Kauf, diese systeme empfindlich zu stören. Hättest Du eine Chance, Deine Vorstellungen umzusetzen, müsste man Dir das Handwerk legen. Zum Glück bleibst Du Phantast.

    NIEMANDES Arbeitskraft ist einen 9stelligen Geldbetrag pro Jahr als Gehalt wert.

    Das musst Du schon denen überlassen, die diesen Betrag bereitstellen. Oder gehörst Du zu jenen, die mit den Märkten auch gleich das Eigentum abschaffen wollen, weil es beim Plündern so lästig ist?

  46. #46 michael
    23. November 2010

    > ich weiß natürlich nicht, ob es besser funktioniert hätte und ob man durch mehr Gemeinnützig- und Verantwortlichkeit das Profitdenken “außen vor” hätte lassen können, aber jetzt frage ich mich schon: Vielleicht war die Idee doch nicht so blöd?

    Die Idee als solche ist ja auch nicht blöd, nur zeigt sich eben, dass man sie absichern muss, damit es nicht wieder dazu kommt, dass Kreditnehmer an zu hohen Zinsen bankrott gehen.

    @Sven Türpe
    > Herzlichen Dank für diese Erläuterung …..

    Bitte gern geschehen. Du sollst ja was lernen. Diese Erläuterungen sollen zeigen, dass ein kooperierender Stammes einen evolutionären Vorteil gegen ‘Einzelkämpfer’ haben.

    > Wollten alle Schokoladeneis essen und keiner welches machen, gäbe es keinen Markt für Schokoladeneis.

    LOL! Es gäbe dann keinen Anbieter, aber der Markt wäre da.

  47. #47 michael
    23. November 2010

    Aha, und mit welchem Tauschmittel wurden große Teile der Goldvorräte aus Amerika denn ertauscht?

    Bodenschätze werden nicht ertauscht, sie werden gefördert. Die Eigentumsrechte daran sind willkürlich geregelt.

    Voll daneben, ist auch vorbei! Die Frage bezog sich ersichtlich auf das Plündern der Goldschätze der Inkas und Aztken und nicht auf das Fördern von Bodenschätzen.

    Obwohl Deine Antwort ja ahnen läßt, dass Du auch da etwas merkwürde Ansichen hast.

  48. #48 Sven Türpe
    23. November 2010

    Die Idee als solche ist ja auch nicht blöd, nur zeigt sich eben, dass man sie absichern muss, damit es nicht wieder dazu kommt, dass Kreditnehmer an zu hohen Zinsen bankrott gehen.

    Man muss übrigens auch die Kreditgeber absichern, damit die Sache funktioniert. Risikogerechte Zinsen sind eine Möglichkeit dazu, Kontrolle und ggf. Verweigerung eine andere. Man lese dazu etwa den Artikel zum Thema in der aktuellen Ausgabe der Zeit. Er schildert das tragische Schicksal einer Frau, die den Kreditgeber über den Verwendungszweck des Kredites angelogen und das Geld nicht investiert, sondern konsumiert hat. Dieses Handeln ist sehr nachvollziehbar, weil der Konsum in einer notwendigen medizinischen Behandlung fürs Kind bestand, aber das ändert nun mal nichts an den wirtschaftlichen Sachverhalten. Wenn Kredite Kredite sein sollen und keine Geschenke, dann müssen die Kreditgeber ein wirksames Risikomanagement betreiben. Sonst bricht der Ansatz einer FInanzwirtschaft, den die Menschen so dringend brauchen, sang- und klanglos zusammen. Also werden entweder die Ausfallrisiken minimiert — im von der Zeit geschilderten Fall etwa auch durch den Versuch, eine starke soziale Kontrolle der Kreditnehmer untereinander zu organisieren, der Teil des Problems wurde — oder die Preise anpasst.

  49. #49 Sven Türpe
    23. November 2010

    Die Frage bezog sich ersichtlich auf das Plündern der Goldschätze der Inkas und Aztken und nicht auf das Fördern von Bodenschätzen.

    Hätten die jemandem gehört, wären die Plünderer ja verhaftet und verurteilt worden. Konnten sie aber nicht, weil die genannten Zivilisationen bekanntlich untergegangen sind.

  50. #50 docfalcon
    23. November 2010

    Langsam aber sicher steige ich dahinter, Herr Türpe. Sind Sie zufällig ein “Libertarian”? Mit Vertretern dieser politischen Strömung hatte ich schon öfter das Vergnügen; abgebrochen hab ich diese Gespräche dann meistens, als sie am Punkt landeten, dass mein Diskussiongegenüber prinzipiell auch für die Freigabe von Atomwaffen war, da “der Markt des menschlichen Zusammenlebens” schon verhindern würde, dass sie eingesetzt werden.

    Aber weiter im Punkt für Punkt-Text:
    1.) Sie schreiben: “Genau. Man kann sie dabei ja mit geeigneten Sozialsystemen unterstützen. Das funktioniert bei uns ausgezeichnet, beispielsweise können (nüssen!) alle Kinder in die Schule gehen und kein Kind muss (darf!) arbeiten. ”

    Eben diese “geeigneten Sozialsysteme” sind nachweislich in D am schlechtesten ausgestattet in der sogenannten ersten Welt. Kein “entwickeltes Land” hat eine so geringe vertikale ökonomische Mobilität wie “good old Dschörmanie”.

    2.) “Nein. Der Staat soll seinen Bürgern nur die zur Erfüllung seiner beschränkten Aufgaben minimal erforderliche Summe abpressen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht erhobene Steuern zu “kompensieren”.

    Schön die Tatsache ignoriert, dass dieser Staat genau das getan hat? Seine Mindereinnahmen “kompensiert”, indem er den Leistungskatalog der Jobcenter und Arbeitsämter so umdefiniert hat, dass eben genau diese Mindereinnahmen nicht mehr an der obersten staatlichen Ebene (Bund) hängen, sondern an der untersten (Kommunen)? Wenn es dafür keinen “vernünftigen” Grund gibt, warum wurde es dann getan? Vielleicht weil es Ausgaben gibt, deren Budget irgendwoher kommen muss und wenn die Einnahmenseite sie nicht hergibt, sie verschoben werden?

    3.) “Das ist der Kern des Problems. Du glaubst Dich zum Plündern berechtigt, nachdem Du die Armen vorgeschoben hast; Du möchtest die “Regulierung” von Märkten als Tarnung benutzen, um das Plündern nicht Plündern nennen zu müssen; und Du nimmst dabei in Kauf, diese systeme empfindlich zu stören. Hättest Du eine Chance, Deine Vorstellungen umzusetzen, müsste man Dir das Handwerk legen. Zum Glück bleibst Du Phantast. ”

    Diese Systeme, die ich angeblich empfindlich stören würde, stellen sich aber leider in der Realität NICHT so dar, wie Sie das gerne hätten. Ihre Argumentation geht an der stattfindenen Realität vorbei und bezieht sich stark auf ein idealisiertes Marktbild. Siehe meine Ausführung in Sachen Südamerika: Das war eine Plünderung von “Reichen” (Europa) an “Armen” (Eingeborenen), eine Tatsache, die statt gefunden hat, aber deren Stattfinden Sie leugnen mit der Argumentation, es ergäbe doch für Reiche keinen Sinn, Arme auszuplündern. Warum passiert es dann fast dauernd und fast überall?
    Unser Gemeinwesen wird gerade von den Reichen ausgeplündert. Dank des Steuersystems und findiger Steuerberater kommen viele davon ohne Probleme auf einen für sie real geltenden Steuersatz, der deutlich unter dem eigentlich zu zahlenden liegt.

    4.) Waren oder sind Sie eigentlich schon einmal Unternehmer gewesen? Oder nur Angestellter? Ich finde es höchst interessant, von jemandem als Phantast bezeichnet zu werden, der sich so hartnäckig weigert, einer Argumenation zu folgen und stattdessen seinen Glauben argumentieren lässt. (siehe Punkte 1.) und 2.))

  51. #51 docfalcon
    23. November 2010

    “Hätten die jemandem gehört, wären die Plünderer ja verhaftet und verurteilt worden. Konnten sie aber nicht, weil die genannten Zivilisationen bekanntlich untergegangen sind.”

    Ganz von alleine und ohne Einfluß von außen? Die genannten Zivilisationen wurden von den damals sich aufmachenden Kolonialmächten untergegangen, aus Habgier ob dieser Bodenschätze. Das ist geschichtliches Fakt. Jetzt zu argumentieren, dass die Plünderer ja schon zur Rechenschaft gezogen worden wären, so die Zivilisation überlebt hätte, ist ein stakres Stück Zynismus.

    Nochmal im Klartext: Die Plünderung bestand darin, den Wilden alles wegzunehmen! Inklusive ihrer Zivilisation und Kultur. Das Plündern durch die reichen Europäer ist die Kausalursache für den Untergang dieser Zivilisationen gewesen. Warum können und wollen Sie das nicht anerkennen?

  52. #52 Sven Türpe
    23. November 2010

    … abgebrochen hab ich diese Gespräche dann meistens, als sie am Punkt landeten, dass mein Diskussiongegenüber prinzipiell auch für die Freigabe von Atomwaffen war …

    Wem würdest Du denn guten Gewissens Atomwaffen anvertrauen und warum haben wir demjenigen noch nicht die Weltherrschaft geschenkt?

    Kein “entwickeltes Land” hat eine so geringe vertikale ökonomische Mobilität wie “good old Dschörmanie”.

    Vielleicht sollten wir mehr von Amerika lernen. Wo Libertarismus übrigens nicht als unanständig gilt.

    … indem er den Leistungskatalog der Jobcenter und Arbeitsämter so umdefiniert hat, dass eben genau diese Mindereinnahmen nicht mehr an der obersten staatlichen Ebene (Bund) hängen, sondern an der untersten (Kommunen)?

    Von Amerika können wir zum Beispiel lernen, die Kommunen zu stärken, statt die zu Mündeln des Zentralismus zu machen. Dann passiert so etwas nicht, weil die Kommune ihre Steuern selbst festsetzt.

    Siehe meine Ausführung in Sachen Südamerika: Das war eine Plünderung von “Reichen” (Europa) an “Armen” (Eingeborenen)

    Die passenden Definitionen von arm, reich und plündern lieferst Du sicher nach. Sonst bleibt nämlich unplausibel, wie der behauptete Werttransfer zustande gekommen sein soll. Wer arm ist, dem kann man schwerlich große Reichtümer wegnehmen. Du musst Dich schon entscheiden: gab es bei den Eingeborenen etwas zu holen — dan waren sie nicht arm. Oder waren sie arm — dann gab es nichts zu plündern.

    Unser Gemeinwesen wird gerade von den Reichen ausgeplündert. Dank des Steuersystems und findiger Steuerberater kommen viele davon ohne Probleme auf einen für sie real geltenden Steuersatz, der deutlich unter dem eigentlich zu zahlenden liegt.

    Sich etwas weniger wegnehmen zu lassen ist keine Plünderung. Und zum Vergleich: es gibt auch Menschen, die sich nicht nur etwas weniger, sondern überhaupt nicht an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen und sogar Geld daraus empfangen.

    Waren oder sind Sie eigentlich schon einmal Unternehmer gewesen? Oder nur Angestellter?

    Nein, aber das kann ja noch werden. Und das nur verbitte ich mir.

    Ich finde es höchst interessant, von jemandem als Phantast bezeichnet zu werden, der sich so hartnäckig weigert, einer Argumenation zu folgen und stattdessen seinen Glauben argumentieren lässt.

    Angesichts der Tatsache, dass mein Glaube der Glaube an die Realität ist, solltest Du diesen Gedanken vielleicht vertiefen und Deine Argumentation kritisch prüfen. Offenbar ist sie weniger überzeugend als Du Dir wünschst.

  53. #53 Sven Türpe
    23. November 2010

    Jetzt zu argumentieren, dass die Plünderer ja schon zur Rechenschaft gezogen worden wären, so die Zivilisation überlebt hätte, ist ein stakres Stück Zynismus.

    Das ist mitnichten Zynismus, sondern lediglich ein Hinweis auf die kontextuellen Voraussetzungen der verwendeten Begriffe und der gemachten Annahmen.

    Die Plünderung bestand darin, den Wilden alles wegzunehmen!

    Wilden gehört aber nicht viel: ein Speer, ein Feuerstein, ein Bärenfell und das erlegte Abendessen. Ich glaube nicht, dass sich ein Conquistador dafür interessiert hat.

  54. #54 docfalcon
    23. November 2010

    Lieber Herr Türpe, wenn Sie aufhören, zu behaupten, dass man jemand, der wenig hat, nichts materiell wertvolles wegnehmen kann, können wir auch gern weiter diskutieren.

    1.) Die Eingeborenen hatten sehr wohl in den Augen der Euopäer wertvolle Dinge, nur waren sie in ihren eignen Augen halt eher “Alltagsgegenstände”. Silber und Gold waren die hauptsächlich verwendeten Bau- und Werkmetalle der südamerikanischen Indianer. Der von ihnen so verächtlich angeführte Speer hatte also höchstwahrscheinlich eine goldene Spitze, die “dem Wilden” nur Werkzeug, dem Conquistador aber “Schatz “war. Ebenso seine Dachrinnen, Teile seines Essgeschirrs etc. Unter anderem solche Sachverhalte meinte ich mit dem erstsemestrigen Ethnoligiestudenten. Die kontextuelle Vorausetzung, die Sie mir hier weismachen wollen, haben Sie offensichtlich selbst nicht zu Ende gedacht. Ihre Argumente bleiben immer noch stark eurozentristisch: “Wenn die Indios Gold hatten, waren sie auch reich.” Eben nicht. Eine Dachrinne macht nicht reich. Ein Speer auch nicht. Aber wenn ein Spanier sich für eine simple Dachentwässerung ein Riesengehöft kaufen kann, macht es IHN reich, nachdem er die Regenrinnen geplündert (i.e. mit Gewalt genommen) hat.

    2.) “Sich etwas weniger wegnehmen zu lassen ist keine Plünderung. Und zum Vergleich: es gibt auch Menschen, die sich nicht nur etwas weniger, sondern überhaupt nicht an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen und sogar Geld daraus empfangen. ”

    Zum Vergleich: Der komplette Etat derer, die “Geld darauf empfangen”, beläuft sich auf um die 75 Mrd Euro (Sozialposten im Bundeshaushalt). Die geschätzte Steuerhinterziehung geht gegen 120 Mrd Euro. Dieses “sich weniger wegnehmen lassen” ist Plünderung. Ein passives Plündern der Staatskasse.

    3.) “Nein, aber das kann ja noch werden. Und das nur verbitte ich mir.”
    Das “nur” können Sie sich so oft verbeten, wie Sie wollen, es bleibt sicher stehen. Denn “nur” wer sich noch nie mit Unternehmen, ihren steuerlichen Vorteilen und Gestaltungsmöglichkeiten und ähnlichem auf einer etwas tieferen Ebene persönlich auseinandergesetzt hat, kann so an der Realität vorbei schwadronieren und dann auch noch behaupten, er glaube an die Realität.
    Kurz: Sie glauben an ein nicht real existierendes Zerrbild des Marktausgleichs und stehen damit in der Verblendung den Apologeten des Real Existierenden Kommunismus (von mir immer nur liebevoll “faschistische Diktatur” genannt) in nichts nach.

  55. #55 docfalcon
    23. November 2010

    BTW: Wiktionary: “illegale Aneignung fremden Hab und Gutes unter Gewalt oder Androhung derselben bzw. unter Ausnutzung bestimmter Notsituationen wie z. B. Naturkatastrophen”

    Ich bin mir sicher, dass nach dem Rechtsverständniss der Indios die Aneignung ihres Hab und Gutes durch die Conquista illegal war.

  56. #56 docfalcon
    23. November 2010

    Nachtrag: Das Wort, dass da oben fehlt, heißt Plünderung….

  57. #57 Sven Türpe
    23. November 2010

    Lieber Herr Türpe, wenn Sie aufhören, zu behaupten, dass man jemand, der wenig hat, nichts materiell wertvolles wegnehmen kann, können wir auch gern weiter diskutieren.

    Ach nein, eine Diskussion auf der Grundlage widersprüchlicher Axiome wäre doch nur Geschwätz, dafür wäre mir meine Zeit zu schade. Ich denke, wir können hier aufhören. Jedem aufmerksamen Leser dürfte angesichts der Heiterkeit auslösenden Vorstellung einer Armut unter güldenen Dachrinnen mit einem Silberlöffel im Mund inzwischen klar sein, wer hier auf dem Boden der Realität bleibt und wer sich aus ideologischen Gründen in eine durchschaubare Unlogik flüchtet. Nur noch der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass ich keinen Unternehmer kenne, der sich derart unverschämt arm rechnet.

  58. #58 docfalcon
    23. November 2010

    *lol* Und schon wieder wenden Sie sich ad hominem… aber da Sie vermutlich gar keinen Unternehmer “kennen”, sondern nur Aufträge von Ihnen erhalten, wissen Sie natürlich auch nicht, wie unverschämt arm diese sich wirklich rechnen können.
    Zur Sache: Mir wurde jedenfalls von einem Ethnologen glaubhaft versichert, dass es Hochkulturen in Südamerika gab, die ihre Dachentwässerung und Werkzeuge teilweise mit Gold und Silber betrieben, da diese gediegen in der Natur vorkommen und so nur noch mechanisch bearbeitet werden mussten anstatt in einem mühsamen Hochofenprozess, den diese Kulturen nicht kannten. Klar mag das aus Ihrer eurozentristischen Weltsicht heraus amüsant wirken, “arm” zu sein unter goldenem Dache. Was nichts dran ändert, dass dem, so ich meiner Quelle glauben darf, so war.

    Wollen Sie nun etwa behaupten, dass die Spanier ärmer waren als die Indios und es deshalb eine Plünderung war?

    Flüchten tut hier meiner Meinung nach nur einer: nämlich Sie.

  59. #59 Hel
    23. November 2010

    @Sven Homo Turpissimus

    Hätten die jemandem gehört, wären die Plünderer ja verhaftet und verurteilt worden.

    *Godwin raushol* Genauso kann man nachträglich auch die Arisierungen und die Zwangskollektivierungen rechtfertigen *g* Dem Kolonialismus hattest du ja bereits eine analoge Apologetik verpasst. So gesehen ist auch Straßen-Abziehe nur die ökonomische Belohnung des Stärkeren mit der höheren Risikobereitschaft – was spricht schon dagegen, dass dieser dafür die Rendite in Gestalt von Sneakers oder Mobiltelefonen einstreicht?

    @Wb aka Ursus Plumbeus

    Das mit den Monopolen ist eine absolute Randerscheinung, anscheinend wurden die VWLer vor 20 Jahren, in einem Semester zumindest, so auf Keynes und Umverteilung und Sozialstaatlichkeit und Bürokratismus getrimmt.

    Schon mal von Quasi-Monopolen und Kollektiv-Monopolen (=Kartelle) gehört? Na klar, so etwas wie die Marktsituation von Microsoft Windows, der OPEC, De Beers, der Deutschen Post, der Deutschen Bahn, der Mineralölgesellschaften, der europäischen Zuckerkartelle, beim gerade erst gekippten Glücksspielmonopol uvm sind wirklich absolute Randerscheinungen *lol*

    Marktversagen, Informationsasymmetrie, Saure-Gurken-Problem, Moral Hazard – sagt Ihnen natürlich auch alles nichts…

    Tststs – tja, was kriegt denn wohl ein VWL-Erstsemester im Modul Volkswirtschaftstheorie damals wie heute serviert? Die Klassiker, Neoklassiker, Keynesianer, Ordoliberalen, Neoliberalen, Neokeynesianer, Monetaristen… Smith, Ricardo, Pareto, Schumpeter, Keynes, Hayek, Eucken, Ehrhard, Galbraith, North, Samuelson, Stiglitz, Friedman… Anstandshalber wird natürlich auch noch Marx erwähnt.

  60. #60 Sven Türpe
    23. November 2010

    Wollen Sie nun etwa behaupten, dass die Spanier ärmer waren als die Indios und es deshalb eine Plünderung war?

    Ja, das könnte ich tun. Aber warum sollte ich auf jemanden eintreten, der rhetorisch ohnehin schon am Boden liegt?

  61. #61 Sven Türpe
    23. November 2010

    So gesehen ist auch Straßen-Abziehe nur die ökonomische Belohnung des Stärkeren mit der höheren Risikobereitschaft – was spricht schon dagegen, dass dieser dafür die Rendite in Gestalt von Sneakers oder Mobiltelefonen einstreicht?

    Wie gesehen?

  62. #62 docfalcon
    23. November 2010

    Wobei Sie den Nachweis des am Boden liegen wieder einmal auslassen… Polemik und Spott haben Sie bisher Ihrerseits produziert, mitnichten eine faktische Entkräftung meiner Auslassungen.
    Sie betreiben mit meinen Diskussionbeiträgen Cherry-Picking, dass Sie dazu zu nutzen versuchen, mich in eine ideologische Ecke zu stellen, in der ich Realitätsblind bin und bleibe. Keinen der sachlichen Einwände, warum SIE in einer ideologischen Ecke stehen und diese sich nicht sehr mit der Realität deckt, haben Sie bisher auf der sachlichen Ebene entkräftet. Kommt das noch irgendwann? Oder bleiben Sie bei den ad hominem Attacken, die aus einer “Jeder ist sich selbst der Nächste”-Philosophie gespeist werden? Vermutlich haben Sie das früher cool als Nihilsimus verkauft….

  63. #63 Sven Türpe
    23. November 2010

    Sie betreiben mit meinen Diskussionbeiträgen Cherry-Picking …

    Du musst jetzt sehr tapfer sein: von Kirschen ist weit und breit nichts zu sehen, und das liegt nicht an der Jahreszeit. Vieleicht wäre es besser, wir würden wieder über Mikrokredite diskutieren und über die Randbedingungen, unter denen Finanzmärkte funktionieren. Das wird aber nur unter der Voraussetzung funktionieren, dass wir keinen Marktteilnehmer abwerten und dass wir sachfremde Erwägungen aus der Diskussion heraushalten. Sonst müssten wir uns am Ende noch den Kopf darüber zerbrechen, ob der Inder dem Elefanten das Land wegnehmen dürfe und wer von beiden der Reichere sei, und das führt ja zu nichts.

  64. #64 docfalcon
    23. November 2010

    Och, süß, fortgesetztes Beleidigen… ach ja, Herr Türpe, wenn Sie es denn so wollen.

    Fällt Ihnen eigentlich auf, dass Sie sachlich nichts beitragen außer mit dem Fuß auf zu stampfen und zu sagen “Das ist nicht so”? Kein Argument, nichts. Sie hängen sich daran auf, scheinbare Widersprüche bei mir zu entdecken und fertich. Ihr Versuch, den Kolonialismus als Nicht-Plündern zu etablieren, ist grandios gescheitert. Ihre Behauptung, eine Plünderung funktioniere nur entgegen eines Wohlstandsgradienten, wurde nie unterfüttert. Sie schreiben den ausgeplünderten Völkern einfach Schätze zu, die diese reich machen würden, ohne zu beachten, dass z.B. Zuckerrohr eingeführt wurde, um dann die (ehemals) Ortsansässigen (in Afrika bzw. dann Amerika) als Sklaven arbeiten zu lassen, also nie im Besitz der kolonialisierten Völker war. Und damit mit dem Goldhandel jemand vor Ort reich werden hätte können, hätten die Kolonialmächte auch etwas anderes tun müssen wie mit Waffengewalt die Herrschaft an sich zu reißen. Was ihrer Argumentation nach ja eine “Faire Benutzung einer überlegenen Marktposition” war.
    Also ich sehe partout nicht, wo überhaupt irgendeiner Ihrer Punkte mit soviel Gültigkeit geadelt ist, um ihn diskutabel zu machen. Ihre Axiome gehen viel zu oft von wenigstens ansatzweise gleichberechtigten Geschäftspartner im Waren (Tausch-)Handel aus, wo allerdings sowohl anhand der Beispiele des Kolonialismus sowie der Eroberung Amerikas dargelegt wurde, dass hier mitnichten Handel stattfand, sondern eine kriegerische Auseinandersetzung, in der der Unterlegene alles, inklusive seiner Freiheit, verlor und damit von allen relevanten Märkten ausgeschlossen war. DAS ist kontextbezogene Betrachtung, nicht so ein systemtheoretisches Abledern wie Sie es tun. Sie haben ein System, dazu eine Theorie, und die wird über alles gestülpt. Keine Reflektion, kein links, kein rechts kucken. Der Markt richtet alles.

    Herr Türpe, die Tapferkeit ist von Ihnen gefordert: Sie vergleichen hartnäckig Äpfel mit Birnen.

    So, zum Finanzsystem: Ist Ihnen vielleicht schon mal der Gedanke gekommen, dass “risikogerechte Zinsen” sehr oft eine Selffulfilling Prophecy ergeben und sie daher nicht der Weisheit letzter Schluß sein können? Oder anders: War das Risiko der Bank bei Jürgen Schneider wirklich so gering, wie die ausgegebenen Zinssätze Glauben machen wollten?

  65. #65 Hel
    23. November 2010

    @Türpe

    Vielleicht wäre es besser, wir würden wieder über Mikrokredite diskutieren und über die Randbedingungen, unter denen Finanzmärkte funktionieren.

    Prima Idee, wenn du dabei bitte auch endlich das Wiederkäuen des Gegeifers deiner toten Haus-Esoterikerin und Nicht-Ökonomin Ayn Rand (“Mensch ist ein Wort ohne Plural”) stecken lassen könntest sowie zur Kenntnis nähmst, dass kapitalistische Ökonomen mit Mut zu mehr Regeln für Märkte keine Kommunisten sind. Ansonsten geh halt in den Ron Paul-Blog.

  66. #66 Sven Türpe
    23. November 2010

    Ihr Versuch, den Kolonialismus als Nicht-Plündern zu etablieren, ist grandios gescheitert. Ihre Behauptung, eine Plünderung funktioniere nur entgegen eines Wohlstandsgradienten, wurde nie unterfüttert.

    You can lead a horse to water …

    Mir genügt der Umstand, dass sich die Gegenrede hoffnungslos in Widersprüche verstrickt hat. Zur Armut unter den güldenen Dachrinnen und mit dem Silberlöffel im Munde kommt jetzt noch dies:

    Sie schreiben den ausgeplünderten Völkern einfach Schätze zu, (…) also nie im Besitz der kolonialisierten Völker war.

    Was soll ich dazu noch sagen? In solche “Argumente” versteigt sich, wer von festgefügten Vorstellungen über die Verteilung von Gut und Böse ausgeht und ihnen die Semantik jeglichen Begriffs zu unterwerfen versucht. Mit Märkten hat das alles überhaupt gar nichts mehr zu tun.

    … dass hier mitnichten Handel stattfand …

    Eben. Die Kolonisation ist für Fragen des Handels irrelevant und mein Strohmann ist es nicht, auf den wir da einhacken.

    Der Markt richtet alles.

    Das würde mich wundern. Ich habe bereits klargestellt, dass ich Märkte für etwas halte, das sich ereignet, wo man es nicht unterdrückt. Die Vorstellung, Märkte hätten irgend etwas zu “richten”, kommt stets von anderen, sie ist nicht meine.

    War das Risiko der Bank bei Jürgen Schneider wirklich so gering, wie die ausgegebenen Zinssätze Glauben machen wollten?

    Ja. Wenn Banken etwas richtig gut können, dann ist es Risikomanagement. Wer es nicht beherrscht, bleibt nicht lange Marktteilnehmer.

  67. #67 Sven Türpe
    23. November 2010

    … sowie zur Kenntnis nähmst, dass kapitalistische Ökonomen mit Mut zu mehr Regeln für Märkte keine Kommunisten sind.

    Fällt Euch mal was anderes ein als Unterstellungen? Ich habe nichts gegen behutsame Eingriffe, die dazu bestimmt sind, dem Markt zu nützen.

  68. #68 michael
    24. November 2010

    Hätten die jemandem gehört, wären die Plünderer ja verhaftet und verurteilt worden. Konnten sie aber nicht, weil die genannten Zivilisationen bekanntlich untergegangen sind.

    Aha, wenn Herr X Herrn Y was klaut und nicht verhaftet oder verurteilt wird, wars kein Diebstahl, insbesondere wenn er Herrn Y vorher totgeschlagen hat?

    Oder versteh ich den Herrn Türpe da falsch?

  69. #69 michael
    24. November 2010

    > Man muss übrigens auch die Kreditgeber absichern, damit die Sache funktioniert.

    NIcht nur nicht das, man muss auch sicherstellen, dass der Kreditgeber ein Interesse daran hat, dass der Kreditnehmer nicht bankrott oder insolvent geht.

  70. #70 michael
    24. November 2010

    Die Plünderung bestand darin, den Wilden alles wegzunehmen!

    Wilden gehört aber nicht viel: ein Speer, ein Feuerstein, ein Bärenfell und das erlegte Abendessen. Ich glaube nicht, dass sich ein Conquistador dafür interessiert hat.

    Und das Land, das sie bewohnen, die Häuser, die Dörfer, ihre Herden usw. .. (auch wenn es dem ein oder anderen nicht passt.).

    Im übrigen waren die Azteken, Inkas oder Mayas keine Wilden.

  71. #71 Dr. Webbaer
    24. November 2010

    @Hel
    Sie schreiben:

    Ohne Regeln für den Markt bilden sich schnell Anbieter-Monopole oder -Oligopole. Ebenso, wie eine Gesellschaft Gesetze und Justiz braucht, um einigermaßen funktionieren zu können, brauchen Märkte Regeln, um die totale Dominanz eines Akteurs zu verhindern und um neuen Marktteilnehmern überhaupt den Zugang zum Markt zu ermöglichen.

    Hierzu merkte der Webbaer an:

    Aber wie dem auch sei: Regeln werden benötigt, um die Vertragsverhältnisse zu unterstützen und natürlich um Zahlungsmittel ohne Eigenwert zu sichern. Und natürlich um “alles” zu sichern – per Gesellschaftssystem. Das mit den Monopolen ist eine absolute Randerscheinung

    D.h. es werden Regeln und nicht direkt wirtschaftsgebundene Systeme benötigt, damit Wirtschaft -wie wir sie kennen- überhaupt stattfinden kann.
    Monopole gibt es, sind aber selten (Ihre Beispiele zeigen ja auch, dass gerade staatlicherseits Monopolbildung aktiv betrieben wird, einige Beispiele waren auch nicht so gu-ut, aber das soll jetzt mal unter der Decke bleiben) und begründen nicht das Regelwerk, das erforderlich ist.

    Eigentlich ist das eine ganz stinknormale Aussage gewesen, der außer sozialistischen Radikalen, Anarchisten, Anarchokapitalisten und anderen hoffnungslosen Fällen auch fast jeder zustimmt.

    Natürlich spielt hier die Allgemeinsicht eine Rolle, darum haben Sie sich wohl auch erregt, nämlich die Sicht, dass Märkte “sich ereignen”, eine ganz natürliche Sache sind, nicht direkt dazu auffordern planwirtschaftlich oder etatistisch einzugreifen. Für Sie scheinen Märkte ein notwendiges, aber auch gefährliches Übel zu sein, gell?

    Weils den kleinen Webbaeren doch noch interessiert, er hat sich ja hier auch ein wenig abgemüht: Ist die Sicht, dass Projektarbeit im Rahmen der sog. Entwicklungshilfe auch nachteilig für die Betroffenen sein kann, grundsätzlich verstanden worden (Sie müssen sie ja nicht teilen)? Ist die Sicht, dass gesponserte Kreditverträge für den gesponserten Markt nachteilig sein können, grundsätzlich verstanden worden?

    @Herr Jürgen Schönstein
    Nur mal interessehalber: Verstehen Sie, dass andere Menschen Bedenken haben, wenn in den Markt, wie von Ihnen angeregt, eingegriffen wird? Oder sind das für Sie nur Idioten?

    HTH
    Wb

  72. #72 docfalcon
    24. November 2010

    “Sie schreiben den ausgeplünderten Völkern einfach Schätze zu, (…) also nie im Besitz der kolonialisierten Völker war.

    Was soll ich dazu noch sagen? In solche “Argumente” versteigt sich, wer von festgefügten Vorstellungen über die Verteilung von Gut und Böse ausgeht und ihnen die Semantik jeglichen Begriffs zu unterwerfen versucht. Mit Märkten hat das alles überhaupt gar nichts mehr zu tun.”

    Herr Türpe, das Argument ist doch schrecklich einfach: Die kolonialisierten Völker waren nie im eigenverantwortlichen Besitz von Zuckerrohr, sondern es wurde nach der Kolonialisierung von den Kolonialherren eingeführt, um es durch billige, da sklavische, Arbeitskraft zu kulitvieren.
    Wo ich mich hier auf ein Gut/Böse-Schema festlege, erschließt sich mir nicht. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass mancher von Ihnen postulierte Schatz nicht im “Besitz” von geplünderten Völkern war. Was auch immer Sie versuchen, aus diesem Satz zu konstruieren, ist böswillige Unterstellung. Aber was anderes erwarte ich langsam nicht mehr von Ihnen.

    ” … dass hier mitnichten Handel stattfand …

    Eben. Die Kolonisation ist für Fragen des Handels irrelevant und mein Strohmann ist es nicht, auf den wir da einhacken.”

    Nein, gerade auf die Mikrokredite, die in ehemaligen Kolonien benutzt werden, ist die Frage der Kolonialisierung eben NICHT irrelevant, sondern wirkt auch heute noch deutlich nach. Aber dazu bräuchte man dann wohl doch wieder den Ethnologen….

    Aber wer so einen Hammer bringt:

    ” War das Risiko der Bank bei Jürgen Schneider wirklich so gering, wie die ausgegebenen Zinssätze Glauben machen wollten?

    Ja. Wenn Banken etwas richtig gut können, dann ist es Risikomanagement. Wer es nicht beherrscht, bleibt nicht lange Marktteilnehmer. ”

    dem fehlt doch schlicht und ergreifend die Bereitschaft, die Realität der Jahre 2007 ff auf dem Bankensektor anzuschauen. Die Banken, die ihr Risikomanagement nicht beherrscht haben (viele: HRE, Hypo, Commerz, Lehmann, Freddie und Fanny etc) sind doch alle bis auf eine Ausnahme noch Marktteilnehmer, “gerettet” aus gemeinschaftlichen Mitteln.

    Also, wo liegt da bitte das Argument, dass Banken gut im Risikomanagement sind???

  73. #73 Sven Türpe
    24. November 2010

    Nein, gerade auf die Mikrokredite, die in ehemaligen Kolonien benutzt werden, ist die Frage der Kolonialisierung eben NICHT irrelevant, sondern wirkt auch heute noch deutlich nach.

    Das ist doch Käse. Ehemalige Kolonien haben vor geraumer Zeit den Zweiten Weltkrig mitgewonnen, sind zum Mond geflogen und haben das Internet erfunden. Da plärrt keiner herum, die Kolonialisierung wirke nach und wir müssten diesen “Wilden” jetzt einmal mit verschieden getarnten Almosen vom Fairtrade-Kaffee bis zum bürokratisierten Mikrokredit “helfen”.

  74. #74 Sven Türpe
    24. November 2010

    Und das Land, das sie bewohnen, die Häuser, die Dörfer, ihre Herden usw. .. (auch wenn es dem ein oder anderen nicht passt.).

    Eigentum an natürlichen Ressourcen erfordert gesellschaftliche Strukturen, die dieses Eigentum verwalten und verteidigen. Sonst gehört den Bewohnern das Land so wenig wie dem Hausbesetzer sein Wohnraum.

  75. #75 Sven Türpe
    24. November 2010

    Aha, wenn Herr X Herrn Y was klaut und nicht verhaftet oder verurteilt wird, wars kein Diebstahl, insbesondere wenn er Herrn Y vorher totgeschlagen hat?

    Darüber entscheiden Gerichte anhand der geltenden Gesetze.

  76. #76 Sven Türpe
    24. November 2010

    NIcht nur nicht das, man muss auch sicherstellen, dass der Kreditgeber ein Interesse daran hat, dass der Kreditnehmer nicht bankrott oder insolvent geht.

    Das ist leicht, dazu muss — ich vereinfache mal — lediglich der Erwartungswert des Gewinns beim Weiterlaufen des Kredites höher sein als jener im Falle eines Bankrotts. Klar sein sollte allerdings auch, dass sich dieser Umstand nicht gerantieren lässt, insbesondere dann nicht, wenn Umstände den Kreditnehmer über längere Zeit daran hindern, Zahlungen zu leisten.

  77. #77 docfalcon
    24. November 2010

    ” Nein, gerade auf die Mikrokredite, die in ehemaligen Kolonien benutzt werden, ist die Frage der Kolonialisierung eben NICHT irrelevant, sondern wirkt auch heute noch deutlich nach.

    Das ist doch Käse. Ehemalige Kolonien haben vor geraumer Zeit den Zweiten Weltkrig mitgewonnen, sind zum Mond geflogen und haben das Internet erfunden. Da plärrt keiner herum, die Kolonialisierung wirke nach und wir müssten diesen “Wilden” jetzt einmal mit verschieden getarnten Almosen vom Fairtrade-Kaffee bis zum bürokratisierten Mikrokredit “helfen”. ”

    Aja, die USA sind also mit den Kolonien in Afrika und Süamerika vergleichbar? Jahrzehnte bis Jahrhunderte liegen zwischen den Unabhängigkeiten, interne Konflikte in völlig unterschiedlichem Ausmaß und Frequenz fanden statt, aber weil ein Kolonienhaufen es “geschafft” hat, sind die andern “selber schuld”?

    Wer hier Käse erzählt, Herr Türpe, ist langsam aber sicher völlig klar. Und bitte, bleiben Sie tapfer: ich bin es nicht. “Ich glaube an die Realität.” Scheint aber ein etwas anderes Universum zu sein wie das, in dem wir anderen hier leben.

  78. #78 Hel
    24. November 2010

    @Wb

    Ist die Sicht, dass gesponserte Kreditverträge für den gesponserten Markt nachteilig sein können, grundsätzlich verstanden worden?

    SIE haben leider noch immer nicht verstanden, dass es hier nicht um “gesponsorte” Kreditverträge geht. Mit MFI kann und soll Geld verdient werden. Halten Sie die Deutsche Bank für eine karitative Vereinigung? Vgl https://www.db.com/csr/de/content/mikrofinanzierung_und_social_venture_funds.html

    Auch haben Sie kein einziges Beispiel für “nachteilige Entwicklungsprojekte” angebracht.

    Ebenso scheint Ihnen entgangen zu sein, dass in jedem marktwirtschaftlichen Staat in irgendeiner Form in “den Markt” eingegriffen wird, und sei es nur über die Geldpolitik. Ihre Vorstellung von Märkten ist naiv und zigfach durch die Realität widerlegt, und das nicht erst seit der jüngsten Finanzkrise. Selbst ein Flohmarkt “ereignet sich” nicht einfach – er muss angemeldet werden, Standgebühren sind zu entrichten etc.

    Ich sehe an dieser Stelle keinen Anlass, Ihnen fernab vom Thread-Thema weiter die Marktwirtschaft erklären zu müssen. Es sei aber noch angemerkt, dass ich Märkte natürlich nicht für ein notwendiges Übel halte. Gefährlich? Ob es Gefahren in Märkten bzw für Märkte gibt und welche das sind, unterliegt der Einzelfallbetrachtung eines jeweiligen Marktes. Märkte entstehen, wachsen, stagnieren, schrumpfen, werden vielfältig reguliert und beeinflusst. Wirtschaftswissenschaft ist keine Naturwissenschaft, sondern eine Sozialwissenschaft, die sich für quantitative Analysen und Prognosen der Ökonometrie bedient. Hoffentlich begreift der ursus interretis, dass dies nichts mit Sozialismus zu tun hat *ggg*

    @Sven Türpe

    Wenn Banken etwas richtig gut können, dann ist es Risikomanagement. Wer es nicht beherrscht, bleibt nicht lange Marktteilnehmer.

    Ach ja? Es sei denn, es liegt wieder mal der “too big to fail”-Fall vor – geschieht in letzter Zeit irgendwie öfter, wa? Außerdem bewahrt auch ein gutes Risk Management eine Bank nicht davor, durch Übernahme als eigenständiger Marktteilnehmer zu verschwinden.

    Banken sind im übrigen gar nicht so frei bei der Gestaltung des Risk Management, sie unterliegen diversen nationalen und internationalen Vorschriften. Basel II, der Sarbanes-Oxley-Act und diverse obligatorische Sicherungsmaßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche haben das Bankenwesen nachhaltig verändert.

    und wir müssten diesen “Wilden” jetzt einmal mit verschieden getarnten Almosen vom Fairtrade-Kaffee bis zum bürokratisierten Mikrokredit “helfen”

    Du hast leider immer noch nicht verstanden, dass Fairtrade-Produkte keine Almosen sind. Gerne erkläre ich es dir nochmal:

    Das Fairtrade-Konzept besteht ganz einfach darin, Produkte wie zB Kaffee so direkt wie möglich von kleinen Produktionsgenossenschaften vor Ort zu beziehen. Diese Produkte mit dem Fairtrade-Siegel erfüllen nachprüfbar bestimmte ökonomische, ökologische und soziale Standards. Das hat mehrere Vorteile: Für die Bauern erhöht sich die Gewinnspanne, ihre Arbeitsbedingungen verbessern sich, sie erhalten direkten Marktzugang in den Norden und hängen nicht mehr am Tropf quasi-monopolistischer Nachfrager wie zB Starbucks. Ihr Lebensstandard steigt, sie können mehr investieren – auf diese Weise wird regionale Entwicklung dezentral dank direkter Marktteilnahme vorangebracht.

    Auch für die Nachfrager ergibt sich ein Nutzen aus diesem Konzept, sofern sie nicht zu der Gruppe von Konsumenten gehören, für die allein ein niedriger bzw der niedrigste Preis entscheidend beim Kauf von Lebensmitteln ist. Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die bereit sind, bei guter Qualität ein klein wenig mehr für Lebensmittel zu bezahlen.

    Kurze Exkursion in die Betriebswirtschaftslehre, extra für dich:

    Der Konsument ist ein kompliziertes Wesen. Sofern für ein beliebiges Gut kein Angebotsmonopol vorliegt, bestimmt er nämlich die direkte Preiselastizität der Nachfrage, dh um wieviel Prozent die Nachfrage nach einem Gut sinkt, wenn dessen Preis um ein Prozent steigt. Klar, dass der so errechnete Wert meistens negativ ist. Ein Wert nahe Null deutet auf ein Angebotsmonopol und/oder eine Abhängigkeit des Nachfragers vom Produkt (Bsp. Zigaretten) hin.

    Es gibt aber auch positive Werte für die direkte Preiselastizität der Nachfrage, zB bei “Snob-Gütern” mit Prestigenutzen oder im Falle von “Angstkäufen”, bei denen bestimmte Güter gehortet, weil eine künftige Verknappung befürchtet wird.

    Was kann einen Konsumenten noch dazu bewegen, ein bestimmtes Gut mehr nachzufragen als ein günstigeres Konkurrenzprodukt? Die Richtung und Gestaltung seiner individuellen Konsumentensouveränität – ER selbst bestimmt, nach welchen Präferenzen er sich für den Kauf eines bestimmten Gutes entscheidet.

    Zu diesen Präferenzen kann auch das Wissen um eine bestimmte Gestaltung der Produktionsbedingungen gehören, zB die Einhaltung ökologischer Standards beim Anbau, keine Kinderarbeit uvm.

    Und damit sind wir beim Vorteil des Nachfragers von Fairtrade-Produkten: Für diese sind bei guter Qualität eben solche Standards garantiert. Sie befriedigen also ein Bedürfnis, ethische Aspekte beim Kauf von Lebensmitteln in die Entscheidung einzubeziehen, ohne dabei mindere Qualität hinnehmen zu müssen.

    Was hat das mit Almosen zu tun? Gar nichts, wie du jetzt hoffentlich verstehst. Meinst du, Unternehmen wie Aldi, Darboven, Dallmayr uvm hätten Lizenzverträge mit Transfair (vergibt das Fairtrade-Siegel, handelt aber nicht selbst mit den Produkten) abgeschlossen, wenn es keine Nachfrage nach Fairtrade-Produkten gäbe oder man damit nichts verdienen könnte?

    Zu den ach so “bürokratisierten Mikrokrediten” ein letztes Wort: Wenn du schon mal für eine Bank gearbeitet (was ich übrigens 8 Jahre lang getan habe) oder auch nur selbst einen Kredit aufgenommen hättest, müsste dir bekannt sein, wieviel bürokratischen Aufwand bereits ein simpler Verbraucherkredit verursacht – Identifikation und Legitimation des Kunden, diverse pflichtmäßige elektronische Datenabgleiche und -übertragungen, Beratungsdokumentationen, Bonitätsprüfungen nach internen Richtlinien und über externe Anbieter etc etc etc.

  79. #79 Sven Türpe
    24. November 2010

    Aja, die USA sind also mit den Kolonien in Afrika und Süamerika vergleichbar? Jahrzehnte bis Jahrhunderte liegen zwischen den Unabhängigkeiten, interne Konflikte in völlig unterschiedlichem Ausmaß und Frequenz fanden statt, aber weil ein Kolonienhaufen es “geschafft” hat, sind die andern “selber schuld”?

    Und daran soll Antikapitalismus aus der Sofaecke etwas ändern?

  80. #80 Hel
    24. November 2010

    @Jürgen

    Hast du es eigentlich mit dem Konzept für Mikro-Bürgschaften auch schon mal bei der Soros Foundation bzw beim Open Society Institute oder bei der Gates Foundation probiert?

  81. #81 Sven Türpe
    24. November 2010

    Außerdem bewahrt auch ein gutes Risk Management eine Bank nicht davor, durch Übernahme als eigenständiger Marktteilnehmer zu verschwinden.

    Das ist dann kein Verlust.

    Basel II, der Sarbanes-Oxley-Act und diverse obligatorische Sicherungsmaßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche haben das Bankenwesen nachhaltig verändert.

    Dann können wir das Genörgel über Kredithaie ja endlich abhaken. Offensichtlich haben Politversager in den Zielländern versäumt, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Oder wohlwollender ausgedrückt, die Politik wartet erst einmal ab, ob es wirklich ein Problem gibt, was sie auch hier öfter tun sollte.

    Das Fairtrade-Konzept besteht ganz einfach darin, Produkte wie zB Kaffee so direkt wie möglich von kleinen Produktionsgenossenschaften vor Ort zu beziehen. Diese Produkte mit dem Fairtrade-Siegel erfüllen nachprüfbar bestimmte ökonomische, ökologische und soziale Standards. Das hat mehrere Vorteile: Für die Bauern erhöht sich die Gewinnspanne, ihre Arbeitsbedingungen verbessern sich, sie erhalten direkten Marktzugang in den Norden und hängen nicht mehr am Tropf quasi-monopolistischer Nachfrager wie zB Starbucks. Ihr Lebensstandard steigt, sie können mehr investieren – auf diese Weise wird regionale Entwicklung dezentral dank direkter Marktteilnahme vorangebracht.

    Klingt schön. Leider hast Du vergessen, den Mechanismus zu erläutern, der diese Wunderwelt hervorbringt. Er ist ja auch viel zu banal für politische Wohlgefühle: Produzenten bauen eigene Vertriebsstrukturen auf bzw. arbeiten mit Partnern zusammen, die das für sie tun. Das ist ganz normales Wirtschaften und wenn man es auch so nennt, habe ich überhaupt nichts dagegen einzuwenden.

    Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die bereit sind, bei guter Qualität ein klein wenig mehr für Lebensmittel zu bezahlen.

    Beim Kaffee zum Beispiel für die richtige Mischung und Röstung, Fairtrade hin oder her. (Wer ein Experiment wagen möchte: fragen Sie im Feinkostgeschäft nach fair eienr gehandelten Version Ihrer Lieblingssorte.)

    Zu diesen Präferenzen kann auch das Wissen um eine bestimmte Gestaltung der Produktionsbedingungen gehören, zB die Einhaltung ökologischer Standards beim Anbau, keine Kinderarbeit uvm.

    Meine Rede. In diesem Aspekt unterscheidet sich das Siegel nicht vom angebissenen Apfel auf dem Laptop nebst dem Aufdruck: “Designed by Apple in California. Made in China.” Die Frage nach fair gehandelten Laptops verkneife ich mir an dieser Stelle.

    Was hat das mit Almosen zu tun? Gar nichts, wie du jetzt hoffentlich verstehst.

    Das verstehe ich schon die ganze Zeit, aber ich habe mich hier immerhin mit Leuten angelegt, die meine ausländischen Geschäftspartner allen Ernstes für “Wilde” halten. Um deren Einsicht geht es.

  82. #82 Hel
    24. November 2010

    @Sven Türpe

    Produzenten bauen eigene Vertriebsstrukturen auf bzw. arbeiten mit Partnern zusammen, die das für sie tun. Das ist ganz normales Wirtschaften und wenn man es auch so nennt, habe ich überhaupt nichts dagegen einzuwenden.

    Na wunderbärchen 😉 Und das beste daran ist, dass dieses Produktions- und Vertriebskonzept sich mit den Präferenzen geneigter Endkonsumenten deckt, sie können so ihr politisches Wohlgefühl einfach gleich mit einkaufen.

    In diesem Aspekt unterscheidet sich das Siegel nicht vom angebissenen Apfel auf dem Laptop nebst dem Aufdruck: “Designed by Apple in California. Made in China.” Die Frage nach fair gehandelten Laptops verkneife ich mir an dieser Stelle.

    Ein Siegel ist aber nicht das gleiche wie eine Marke, wenn der Begriff “Markensiegel” dies nahezulegen scheint. Hinter dem Fairtrade-Siegel steht ja keine einzelne Hersteller- oder Händlermarke, sondern viele kleine produzierende Anbieter landwirtschaftlicher Produkte, die bestimmte, fest vereinbarte Standards erfüllen.

    Man könnte das Fairtrade-Siegel allerdings schon als Marke in der Bedeutung des englischen “branding” betrachten, mittels derer sich die Produkte durch bestimmte Eigenschaften von anderen abheben, wie das bei den diversen Bio-Siegeln für alles mögliche der Fall ist. Letztere sind aber mittlerweile so zahlreich und werden so viele unterschiedlichen Institutionen nach so unterschiedlichen Kriterien vergeben, dass man schon das einzelne Siegel genau angucken muss – Produktionstransparenz ist da nicht immer gewährleistet, und es gibt Interessenkonflikte, wenn der Siegelvergeber selbst an der Produktion und/ oder dem Handel beteiligt ist.

    Dies ist beim Fairtrade-Konzept aber nicht der Fall. Es findet seine Anwendung außerdem ausschließlich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse von kleinen, regionalen Produktionsgenossenschaften, nicht aber auf komplexe Industrie-Produkte wie Laptops.

    Auf fair produzierte und gehandelte Laptops können wir also noch lange warten.

    Wer ein Experiment wagen möchte: fragen Sie im Feinkostgeschäft nach einer fair gehandelten Version Ihrer Lieblingssorte.

    Nun, wenn du den Dallmayr in München als Feinkostgeschäft akzeptierst, immerhin bezeichnet er sich selbst als solches: Dort kannst du auch Fairtrade-Kaffee kaufen.
    Ob auch von deiner Lieblingssorte, weiß ich jetzt natürlich nicht – mussu halt probieren…

  83. #83 docfalcon
    24. November 2010

    ” Aja, die USA sind also mit den Kolonien in Afrika und Süamerika vergleichbar? Jahrzehnte bis Jahrhunderte liegen zwischen den Unabhängigkeiten, interne Konflikte in völlig unterschiedlichem Ausmaß und Frequenz fanden statt, aber weil ein Kolonienhaufen es “geschafft” hat, sind die andern “selber schuld”?

    Und daran soll Antikapitalismus aus der Sofaecke etwas ändern?”

    Nein, aber ihre rhetorische Nicht-Antwort-Frage erhellt hier mal gar nix. Ich will da nichts ändern, ich hab die Schnauze voll davon, dass Sie hier ständig Äpfel mit Brinen vergleichen und so Ihren Standpunkt zu rechtfertigen suchen. Der Kolonialismus und seine Folgen sind für die meisten Ex-Kolonien durchaus noch wirtschaftlich relevant und daher in die Betrachtung der Angemessenheit von Mikrokrediten miteinzubeziehen. Etwas, das Sie leugnen. Das hat mit (Anti-)Kapitalismus per se erst mal nichts zu tun, sondern mit einer kontextbezogenen und angemessenen Betrachtung.

    Interessant ist auch, dass oben folgendes von Ihnen steht:

    “Tut mir Leid, aber da wird das Gegenteil von Fairness wie auch das Gegenteil von Handel beschrieben: der Austausch soll sich auf einmal einseitig an den Interessen und Bedürfnissen eines Teilnehmers orientieren, die zudem mit dem angebotenen Produkt in keinem Zusammenhang stehen. Das kann nicht fair sein gegenüber dem anderen Teilnehmer. ”
    Und nun:

    “Was hat das mit Almosen zu tun? Gar nichts, wie du jetzt hoffentlich verstehst. ”

    Das verstehe ich schon die ganze Zeit, aber ich habe mich hier immerhin mit Leuten angelegt, die meine ausländischen Geschäftspartner allen Ernstes für “Wilde” halten. Um deren Einsicht geht es.”

    Die Lektüre der FairTrade-Richtlinien bringt Sie oben zur Aussage, diese seien “einseitig ausgerichtet, […] unfair anderen Marktteilnehmern gegenüber” und hier unten merken Sie auf einmal an, dass, wenn in der wirtschaftlichen Schöpfungskette alle mit diesen Prämissen einverstanden sind, es sich doch nicht um unfaire Almosen und Subventionen handelt. DAS ist leicht schizoid. Von der schweren Standpunktspaltung, dass FairTrade “unfair anderen Marktteilnehmern gegenüber” sei, es aber angeblich legitim ist, jeden Vorteil auf dem Markt zu nutzen, zumindest wenn man aus der sogenannten ersten Welt heraus agiert, mal gar nicht reden.

    Und ich habe “Ihre” (müsste da nicht ein Plural stehen, so als Angestellter?!?) Geschäftspartner nicht als “Wilde” bezeichnet. Ich habe die Kulturen zu Zeiten des Kolonialismus kontextbezogen als “Wilde” aus Sicht der Kolonialmächte (war durch die Ansführungsstriche vermutlich nicht klar genug) bezeichnet.

    Herr Türpe, geht es Ihnen vielleicht nicht einfach nur darum, alles zu verteidigen, was den Wohlstand der ersten Welt erhöht, egal was es im Rest der Welt anrichtet? Unfaire Marktpositionen sind angemessen, so sie ein Manager sich erworben hat, wenn allerdings ein Kaffeebauer sie sich verschafft, ist sie marktschädlich. Ich denke, aus diesem selbstgerechten “Immer-weiter-so” kann sich so langsam jeder sein Urteil bilden, wes Geistes Kind Sie sind….

  84. #84 Jürgen Schönstein
    24. November 2010

    @Sven Türpe

    Man muss übrigens auch die Kreditgeber absichern, damit die Sache funktioniert.

    Exakt. Und dazu sind Bürgschaften da. Die sichern nämlich zuvorderst den Kreditgeber ab – der weiß, dass seine Ansprüche gedeckt sind. Alles weitere ist eine Frage zwischen Kreditnehmer und Bürgen …

    @Wb
    Und genau aus dem eben genannten Grund ist eine Mikro-Bürgschaft auch keine Subvention, ebenso wenig, wie eine “normale” Bürgschaft eine Subvention wäre. Und ja, dass das, was wir “Mikro-” nennen, für die hier gemeinten Kreditnehmer keineswegs so “micro-” aussieht, ist nichts Neues – für die ist es eine lebensverändernde Summe. Aber aus der Sicht der meisten Geschäftsbanken (und wohl auch der Mikro-Bürgen, wenn es sie denn gäbe) ist das dennoch Kleingeld.

    @Alle
    Über Ideologien zu diskutieren ist ebenso unergiebig wie eine Diskussion über Religion. Ist letzlich das gleiche, ob man den “heiligen Geist” oder die “unsichbare Hand” idolisiert. Und den Gläubigen kann man nicht be(k)lehren. Wer dennoch Spaß dran hat, solche “Diskussionen” zu führen, soll sich aber von mir nicht daran hindern lassen …

  85. #85 michael
    24. November 2010

    > Klar sein sollte allerdings auch, dass sich dieser Umstand nicht gerantieren lässt, insbesondere dann nicht, wenn Umstände den Kreditnehmer über längere Zeit daran hindern, Zahlungen zu leisten.

    Eben: der Kreditgeber sollte aus Eigeninteresse dem Kreditnehmer bei der Bewältigung solcher Situationen helfen, zum Beispiel, weil die Rück- und Zinszahlungspflicht in solchen Situationen aussetzt oder reduziert wird.

  86. #86 michael
    24. November 2010

    > Eigentum an natürlichen Ressourcen erfordert gesellschaftliche Strukturen, die dieses Eigentum verwalten und verteidigen. Sonst gehört den Bewohnern das Land so wenig wie dem Hausbesetzer sein Wohnraum.

    Hatten die Azteken keine gesellschaftlichen Strukturen gehabt? Verwalteten sie ihr Land nicht ?

    Oder konnten sie es nicht gegen die Europäer verteidigen, und deswegen gehört es ihnen nicht?

    > wenig wie dem Hausbesetzer sein Wohnraum.

    In diesem Kontext sind dann ja wohl die Europäer die Hausbesetzer, nicht wahr.

    > Darüber entscheiden Gerichte anhand der geltenden Gesetze

    Falsch, der Tatbestand ist unabhängig davon, ob er von einem Gericht festgestellt wird oder nicht.

  87. #87 Sven Türpe
    25. November 2010

    Es [Fairtrade] findet seine Anwendung außerdem ausschließlich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse von kleinen, regionalen Produktionsgenossenschaften, nicht aber auf komplexe Industrie-Produkte wie Laptops.

    Dann hoffe ich, dass Fairtrade sinnvollen Organisations- und Konzentrationsprozessen nicht im Wege steht und dass die Teilnehmer die Phase des fairen Handels schnell überwinden.

  88. #88 Sven Türpe
    25. November 2010

    Exakt. Und dazu sind Bürgschaften da. Die sichern nämlich zuvorderst den Kreditgeber ab – der weiß, dass seine Ansprüche gedeckt sind.

    Auch das ist aber ein Geschäft, das sich nur dann nachhaltig betreiben lässt, wenn entweder alle Beteiligten einen Nutzen davon haben oder aber willige Opfer nachwachsen. Von Kreditbürgschaften aus Liebe beispielsweise wird aus gutem Grunde abgeraten, eben weil dann oft die nüchterne Sicht aufs Geschäft fehlt.

    Anstelle einer Bürgschaft könnte man auch andere Instrumente einsetzen, um dasselbe Ziel zu verfolgen.

    Über Ideologien zu diskutieren ist ebenso unergiebig wie eine Diskussion über Religion.

    Das hängt vom Ziel ab. Wer die Bekehrung des Gegners erwartet, wird sicher scheitern. Aber man kann doch eine Menge lernen, indem man die Gedanken und Voraussetzungen erkundet, die dem anderen seine Sicht plausibel machen. Ich sehe das sportlich: ein Fußballspiel ist auch unergiebig, dennoch macht es seine Teilnehmer reich und seine Zuschauer glücklich.

  89. #89 Sven Türpe
    25. November 2010

    … ich hab die Schnauze voll davon, dass Sie hier ständig Äpfel mit Brinen vergleichen …

    Tut mir Leid, aber Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen ist mir zu öde. Ich bin doch nicht Anarchist geworden, um so einem stumpfsinnigen Spießerhobby nachzugehen. Nein, ich vergleiche Äpfel mit Straßenbahnen und Birnen mit Taschentüchern, einfach weil es mir Spaß macht. Und jetzt hören wir mal mit der Kindergartenrhetorik auf und strengen uns ein wenig an, ja?

    Die Lektüre der FairTrade-Richtlinien bringt Sie oben zur Aussage, diese seien “einseitig ausgerichtet, […] unfair anderen Marktteilnehmern gegenüber” und hier unten merken Sie auf einmal an, dass, wenn in der wirtschaftlichen Schöpfungskette alle mit diesen Prämissen einverstanden sind, es sich doch nicht um unfaire Almosen und Subventionen handelt. DAS ist leicht schizoid. Von der schweren Standpunktspaltung, dass FairTrade “unfair anderen Marktteilnehmern gegenüber” sei, es aber angeblich legitim ist, jeden Vorteil auf dem Markt zu nutzen, zumindest wenn man aus der sogenannten ersten Welt heraus agiert, mal gar nicht reden.

    Don’t shoot the messenger! Diese Logikprobleme verursacht der Versuch, mit unscharf definierten Moralbegriffen an wirtschaftliche Sachverhalte heranzugehen. Ich bin nicht Auslöser und Ursache dafür, sondern ich unterstütze nur unseren gemeinsamen Erkenntnisprozess, indem ich blumige Vorstellunge ad absurdum führe. Schade für den, der solchen Vorstellungen anhängt und Angst vor der Konkretisierung hat, aber darauf möchte ich keine Rücksicht nehmen.

    Und ich habe “Ihre” (müsste da nicht ein Plural stehen, so als Angestellter?!?) Geschäftspartner nicht als “Wilde” bezeichnet.

    Dann wäre zu klären. welche Verbindung es gibt zwischen dem Kolonialismus und den Wilden einerseits und dem Gegenstand unserer Diskussion andererseits.

    Auch Angestellte sind übrigens Subjekte.

    Herr Türpe, geht es Ihnen vielleicht nicht einfach nur darum, alles zu verteidigen, was den Wohlstand der ersten Welt erhöht, egal was es im Rest der Welt anrichtet?

    Tatsächlich verteidige ich mit großem Vergnügen alles, was unseren Wohlstand erhöht. Allerdings mit dem Ziel, dass eines Tages alle diesen Wohlstand genießen können. Dieses Ziel erreichen wir nicht, indem wir Bewährtes aufgeben oder auf Wohlstand verzichten.

    Unfaire Marktpositionen sind angemessen, so sie ein Manager sich erworben hat, wenn allerdings ein Kaffeebauer sie sich verschafft, ist sie marktschädlich.

    Unfaire Marktpositionen gibt es nicht und dem Kaffeebauern wünsche ich, dass er bald einen Manager einstellen kann.

  90. #90 Sven Türpe
    25. November 2010

    Oder konnten sie es nicht gegen die Europäer verteidigen, und deswegen gehört es ihnen nicht?

    Exakt. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten, wie mir etwas “gehören” kann: Entweder bin ich in der Lage, meinen Besitz zu verteidigen und er gehört mir deswegen, oder aber ich unterwerfe mich einer höheren Macht, die mein Eigentum für mich verteidigt.

    Falsch, der Tatbestand ist unabhängig davon, ob er von einem Gericht festgestellt wird oder nicht.

    Seine Bewertung nicht.

  91. #91 Hel
    25. November 2010

    @Sven Türpe

    Dann hoffe ich, dass Fairtrade sinnvollen Organisations- und Konzentrationsprozessen nicht im Wege steht und dass die Teilnehmer die Phase des fairen Handels schnell überwinden.

    Ach Sven *seufz* Warum denn etwas der Konzentration und Zentralisation unterwerfen, was sich jetzt schon als sinnvolles Konzept sowohl für die Kleinstunternehmer vor Ort erweist UND stetig wachsende Nachfrage durch Konsumenten und Händler im Norden erfährt?

    Irgendwie kann ich diesen Wunsch von dir auch so gar nicht in deinem radikal-libertären Weltbild unterbringen. Warum sollen die Kleinbauern sich denn wieder dem Preisdiktat quasi-monolistischer Nachfrager unterwerfen, wenn sie als direkte Marktteilnehmer viel mehr profitieren und sich entwickeln können? Und wo bliebe die Präferenz von Verbrauchern für ethischen Konsum und nachhaltigen Anbau von Produkten?

    Nimm mal die wachsende Anzahl von Bio-Bauern mit Hofläden hierzulande. Warum können die sich wohl halten, obwohl bei ihnen Milch- und Getreideprodukte, Fleisch, Obst und Gemüse teurer sind als bei Edeka, Rewe oder gar den Discountern? Weil sie eine Marktlücke gefunden und erfolgreich bedient haben. Wünschst du diesen Bauern etwa auch, dass sie wieder der Marktkonzentration anheimfallen?

    Oder nimm den Erfolg deutscher Bio-Winzer mit Direktvertrieb – das Geschäftsmodell funktioniert hervorragend, die sind ihre eigenen Manager und haben sicher einiges dazu beigetragen, den Ruf deutschen Weines zu verbessern.

    Fairtrade macht für Lebensmittel aus der südlichen Hemisphäre eine vergleichbare Transparenz im Anbau und Vertrieb sowie mehr Wertschöpfung für die Erzeuger möglich. Meine Bio-Äpfel kann ich mir direkt vom Bauernmarkt holen, nicht aber ständig für Bananen und Schokolade nach Afrika oder Südamerika fliegen.

    Rewe und Edeka haben übrigens längst ausgezeichnete Fairtrade-Bio-Weine aus Südafrika und Argentinien im Sortiment. Kauf dir einfach mal eine Flasche davon, genieß sie und denk dabei ganz entspannt nochmal darüber nach, ob du dieses Anbau- und Vertriebskonzept wirklich sinnlos findest.

  92. #92 Sven Türpe
    25. November 2010

    Warum denn etwas der Konzentration und Zentralisation unterwerfen, was sich jetzt schon als sinnvolles Konzept sowohl für die Kleinstunternehmer vor Ort erweist UND stetig wachsende Nachfrage durch Konsumenten und Händler im Norden erfährt?

    Von Unterwerfung war gar nicht die Rede und ich wundere mich doch sehr, wieso hier immer wieder solche Widerwillenbegriffe in die Diskussion sickern.

    Sollen die ganzen Kleinstunternehmer ewig Kleinstunternehmer bleiben, den Launen der Natur so hilflos ausgeliefert wie unseren Mitleidsmoden? Wollen wir ihre Armut zementieren, nur auf einem etwas höheren Niveau? Ich will das nicht, sondern ich will, dass sie sich irgendwann einen Laptop leisten können, von mir aus auch einen unfair gehandelten. Und dass ihre Kinder in ihrer Berufswahl nicht auf die Weiterführung des elterlichen Kleinstlandbaus festgelegt sind. Ist der faire Handel aber erfolgreich darin, den Produzenten Perspektiven jenseits der Armut zu eröffnen, dann werden die einen sich anderen Tätigkeiten zuwenden und die Landwirtschaft hinter sich lassen, die anderen ihre Betriebe vergrößern. Das mag alles sehr unromantisch erscheinen, aber es wären gute Zeichen.

    Nimm mal die wachsende Anzahl von Bio-Bauern mit Hofläden hierzulande. Warum können die sich wohl halten, obwohl bei ihnen Milch- und Getreideprodukte, Fleisch, Obst und Gemüse teurer sind als bei Edeka, Rewe oder gar den Discountern?

    Weil es den meisten von uns zu gut geht. Unsere Lebensumstände entsprechen in etwa dem, was man vor einigen Jahrunderten noch das Schlaraffenland nannte. So wie einige in ihrer Freizeit Sport treiben oder im Internet herumdiskutieren, finden andere Freude daran, an allen Einzelhandelsstrukturen vorbei mit dem Auto zum Biobauern zu fahren. Warum auch nicht? Blöder als Yoga oder Tupperpartys ist das auch nicht.

    Wünschst du diesen Bauern etwa auch, dass sie wieder der Marktkonzentration anheimfallen?

    In erster Linie möchte ich ihnen die Entscheidung selbst überlassen. Vielleicht wird das Benzin ja eines Tages zu teuer für häufige Besuche beim Biobauern oder das Klima zu ungemütlich, um beim Essen noch wählerisch zu sein. Außerdem verdanke ich früheren Konzentrationsprozessen, dass ich abends im Büro ein Fertiggericht in die Mikrowelle schieben kann, statt wie frühere Generationen wertvolle Lebenszeit mit der Nahrungssuche zu verplempern.

    Oder nimm den Erfolg deutscher Bio-Winzer mit Direktvertrieb – das Geschäftsmodell funktioniert hervorragend, die sind ihre eigenen Manager und haben sicher einiges dazu beigetragen, den Ruf deutschen Weines zu verbessern.

    Das mag sein, aber Biosiegel sind auch kompatibel mit den oberen Preissegmenten. Fairtrade nicht, weil sich niemand vorstellen kann, dass bei unverschämt hohen Preisen irgend jemand in der Erzeuger- und Vertriebskette zu kurz kommt. Fairtrade positioniert sich damit zwangsweise im mittleren Segment. Discount-Preise wären unplausibel und würden die Markenillusion zerstören, und nach oben werden andere Verkaufsargumente wichtiger.

    Rewe und Edeka haben übrigens längst ausgezeichnete Fairtrade-Bio-Weine aus Südafrika und Argentinien im Sortiment. Kauf dir einfach mal eine Flasche davon, genieß sie und denk dabei ganz entspannt nochmal darüber nach, ob du dieses Anbau- und Vertriebskonzept wirklich sinnlos findest.

    Wenn es funktioniert, ist es nicht sinnlos. In meinem Fall gewinnt allerdings regelmäßig das Pfungstädter von der Tankstelle, da ist der Markt gnadenlos und soll es auch bleiben.

  93. #93 Dr. Webbaer
    27. November 2010

    @Jürgen Schönstein
    Hallo Herr Schönstein, der kleine Webbaer noch einmal, weil ihn ein Punkt sehr interessiert und er bisher noch keine zufriedenstellende Antwort bekommen bzw. selbst entwickelt hat, …, Sie schreiben (an mehreren Stellen inhaltsähnlich):

    Und genau aus dem eben genannten Grund ist eine Mikro-Bürgschaft auch keine Subvention

    D.h. Sie verkennen den Subventionscharakter des von Ihnen im Blogartikel getätigten Vorschlags mit den Bürgschaften durch “westliche” Einzelpersonen für das sog. Mikrokreditgeschäft in Entwicklungsländern wie bspw. Indien.
    Dabei liegt offensichtlich eine Subvention, eine Sponsorship vor, hier in diesem Kommentar haben Sie bezogen auf die Subprime-Krise die Problematik noch sehr gut erkannt:

    Und der Vergleich mit der Immobilienkrise ist sehr wohl haltbar

    Und Ihre auf den Subprime[1], also auf den minderwertigen und staatlich gesponserten Markt, Analyse stimmt ja auch: Ist ein Kredit oder eine Hypothek durch einen Dritten per Bürgschaft abgesichert, dann rattern Vertriebsleute los und bringen unter Vernachlässigung der Kreditnehmerbonität Kredite an den Mann (oder die Frau)! – Andererseits lässt es sich der Mittellose ebenfalls gut gehen, er nimmt erst mal die kostenlose Wohnmöglichkeit (oder Geschäftstätigkeit) mit und tut wenig und hofft – in der Subprime-Krise hofften alle, also inkl. Hypothekennehmer, auf permanent steigende Immobilienpreise. Irgenwann hatte es sich dann ausgehofft.
    Natürlich gibt es auch auf Kreditnehmerseite viele, die das Spiel nicht durchschaut haben und sich kräftig in die Miesen gefahren haben. – Aber in den Staaten kommt man bekanntlich schnell aus den Miesen, gell. Ein Umzug (Fachwort: state hopping) reicht oft schon.

    Sie analysieren also die Subprime-Krise korrekt, machen aber marktschädigende Vorschläge, die ganz ähnlich gefasst sind?! Sie argumentieren bewusst und über längere Zeit anhaltend inkonsistent?

    Das geht dem Webbaeren einfach nicht in den (großen) Kopf, LOL.

    MFG
    Wb

    [1] vgl. auch GSE

  94. #94 Hel
    27. November 2010

    @Ursus plumbeus

    Dabei liegt offensichtlich eine Subvention, eine Sponsorship vor

    Eine Subvention liegt vor, wenn ein Unternehmen Zahlungen vom Staat erhält, ohne dafür unmittelbare Gegenleistungen erbringen zu müssen.

    Sponsorship liegt vor, wenn Individuen, Organisationen oder Unternehmen von Individuen, Organisationen oder Unternehmen finanziell oder materiell gefördert werden und der Förderer dabei öffentlich in Erscheinung tritt, um sein Image und/oder seinen Absatz zu steigern.

    Mäzenatentum liegt vor, wenn jemand einen anderen oder eine Institution finanziell oder materiell bei dessen/deren Projekten unterstützt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

    Eine Bürgschaft ist also keine Subvention, kein Sponsoring und auch kein Mäzenatentum. Ist dafür noch ein Plätzchen im Köpfchen des Bärchens?

  95. #95 René
    27. November 2010

    @Jürgen Schönstein:
    Ich maße mir mal an ihr Reaktion auf die Kritiken z.B. von Sven Türpe und Johannes Flosbach zu bewerten.
    Es ist ihr Blog, und sie können schreiben, was sie wollen. So weit, so gut. Aber wie bei jeder Äußerung, muß man mit Kritik rechnen.
    Und gerade ihre Reaktionen erinnern mich bei diesem Thema stark an das Verhalten, was z.B. die Vertreter der Astrologie an den Tag legen, wenn man sie inhaltlich kritisiert. Sie haben gleich bei den ersten Kritiken ein Verhalten gezeigt, das mir zeigt, das sie die Kritik persönlich, anstatt inhaltlich nehmen “Sie haben ihre Meinung, ich habe meine” gegenüber Johannes Flosbach (19.11.2010, 01:33 Uhr).

    Ich will garnicht zu sehr auf Einzelheiten eingehen, sondern nur mal aufzeigen, wie ihre Reaktionen auf diskussionsunbeteiligte Leser wirkt, also mich. Ich werfe ihnen das nichteinmal direkt vor. Es ist normal, das wenn man “angegriffen” wird, man in eine Abwehr-Reaktion verfällt. Man sieht das bei den Esoterik-Themen ständig, und ein Soziologe hätte daran seine wahre Freude.
    Zugegeben, ich bin ein wenig enttäuscht, das sie diese Verhaltensmuster selbst auch zeigen, obwohl sie an anderer Stelle selbst Kritik austeilen.

    Nichts für ungut. Gruß René

  96. #96 Hel
    27. November 2010

    @Rene

    Ich will garnicht zu sehr auf Einzelheiten eingehen, sondern nur mal aufzeigen, wie ihre Reaktionen auf diskussionsunbeteiligte Leser wirkt, also mich. Ich werfe ihnen das nichteinmal direkt vor. Es ist normal, das wenn man “angegriffen” wird, man in eine Abwehr-Reaktion verfällt. Man sieht das bei den Esoterik-Themen ständig, und ein Soziologe hätte daran seine wahre Freude.

    Was für eine kohärent begründete Kritik *gg* Wieso hätte denn speziell ein Soziologe seine wahre Freude an Frontenverhärtung in Eso-Debatten?

    Nee, aber im Ernst: Den Vergleich finde ich total abwegig. Erstens ist das Thread-Thema schon mal weit weg von Pseudowissenschaften bzw irrationalen Überzeugungssystemen wie Astrologie und Esoterik, denn hier wird über den Sinn oder Unsinn des von Jürgen vorgeschlagenen Mikro-Finanzprodukts diskutiert – also bewegen wir uns in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, wo, anders als in den Naturwissenschaften üblich, mehrere Theorieansätze in Lehre und Praxis koexistieren müssen.

    Zweitens ist es irgendwie debattentypisch, dass Argumente und Kritik angegriffen und abgewehrt werden. Drittens ist ein Sven Türpe (@*winke* Es gibt auch übrigens auch schon südafrikanisches Fairtrade-Bier, allerdings nicht bei der Tanke) auf jeden Fall ein nicht ganz polemikfreier Überzeugungstäter und robuster Diskussionsgegner, der was abkann.

  97. #97 Jürgen Schönstein
    27. November 2010

    @René

    Sie haben gleich bei den ersten Kritiken ein Verhalten gezeigt, das mir zeigt, das sie die Kritik persönlich, anstatt inhaltlich nehmen “Sie haben ihre Meinung, ich habe meine” gegenüber Johannes Flosbach

    Auf die Teile der Kritik, die – wie die einleitenden Sätze des Kommentars, auf den Sie sich beziehen – persönlich gemeint und formuliert ist, wird meine Reaktion darauf zwangsläufig persönlich sein müssen. Mehr habe ich damit nicht gesagt, und ich stehe auch weiterhin dazu. Ich habe niemanden attackiert, niemandem das Wort abgeschnitten oder verboten. Aber ich habe auf den Vorwurf reagiert, in einem persönlich gemeinten und als solchen erkennbaren (oder war die kursiv gesetzte Überschrift vielleicht doch zu subtil?) Post nicht “objektiv” genug zu sein – was bei einem Blog schon vom Ansatz her eine unrealistische und letzlich auch ungerechtfertigte Forderung wäre, das das Persönliche gerade das Wesen des Blogs ausmacht und ihn von der Nachrichtenseite unterscheidet. Und Sven Türpe – der hat vermutlich eher seine Freude daran, wenn man ihm widerspricht (weil dann kann er gleich noch mehr widersprechen), aber vielleicht fragen Sie ihn besser einfach selbst, was er von der Diskussionskultur hier hält.

  98. #98 Ireneusz Cwirko
    28. November 2010

    @IC “ja vielleicht. aber die geht an dem Kern des Problems vorbei und zwar an der Monopoliesierung des Geldes in den Händen von Wenigen.

    Die Lösung ist meiner Meinung nach freie Zugang zu einem unverzinslichen Kredit.
    Das bedeutet eine Entmachtung der Banken und des Staates und Geldschöpfung von jedem Einzelnen abhängig von der Leistungsfähigkeit gegenüber der Gesellschaft.”

    Ich habe die Diskussion sporadisch mitverfolgt und kann ich mich nicht dem Eindruck entziehen , dass sie an dem Kern des Problems einfach vorbei geht.

    Ich würde behaupten, dass die Lösungen der Probleme der heutigen Welt in der Vergangenheit zu suchen sind. In der Geschichte der Menschheit wurden schon so gut wie alle mögliche politischen und ökonomischen Formen der Gemeinschaft erprobt.
    Besonders die Altgriechen waren in dieser Hinsicht erfinderisch.
    Wir könnten als Beispiel der Dorischen Stamm der Spartiaten nehmen. Der legende nach nach der Eroberung des Gebiets der Lakonien, wurde das Land zwischen der einzelnen Familien der Spartiaten gleichmäßig verteilt.
    Die Gesellschaft war am Anfang, vom Materiellen aus, gleich gestellt.
    Und obwohl Sparta ein Geldsystem hatte, dass Spekulation und Ausbeutung verhindern sollte, konnten sich am Ende der Geschichte der Polis nur etwa 100 Spartiaten leisten die Kampfausrüstung zu kaufen. Das ganze Vermögen des Staates befand sich nämlich dann nur in den Händen von diesen 100 Personen. Der Rest der Spartiaten vegetierte am Rande des Staates entehrt und verachtet.

    Die Gründe des Geschehens sind leicht zu erklären. Es war die Verzinsung des Kapitals die zu dieser Entwicklung geführt hat.
    Vereinfacht gesagt wird jedes System das auf diesen beiden Säulen aufgebaut ist, also auf Verzinsung und Kapitalakkumulation genauso wie Sparta enden müssen.
    Es verschwindet begleiten von Kriegen und unvorstellbaren Leid der Menschen.

  99. #99 Sven Türpe
    28. November 2010

    Drittens ist ein Sven Türpe (@*winke* Es gibt auch übrigens auch schon südafrikanisches Fairtrade-Bier, allerdings nicht bei der Tanke) auf jeden Fall ein nicht ganz polemikfreier Überzeugungstäter und robuster Diskussionsgegner, der was abkann.

    Genau. Mit mir zu diskutieren, kann anstrengend und zeitraubend sein. Nach meinem Verständnis kam von Jürgen zu Beginn der Diskussion in meine Richtung ein freundliches: “Ach nö, heute nicht,” und das ist völlig in Ordnung.

    (Bier aus Südafrika wäre wegen der langen Transportwege vermutlich umweltschädlich, wie kann es da fair sein? Und wie fair wäre sein Konsum gegenüber meiner Hausbrauerei, die sich bewusst auf den regionalen Markt konzentriert und deren Produkte in jeder Hinsicht überzeugen? Bedeutet Fairtrade etwa, heimische Kleinproduzenten zu Globalisierungsopfern zu machen? Falls ja, was wäre der erwartete Nutzen? ;-P )

  100. #100 Hel
    28. November 2010

    @Sven Türpe

    Bier aus Südafrika wäre wegen der langen Transportwege vermutlich umweltschädlich

    Guter Punkt *gg* Die CO2-Bilanz als Kriterium in der Betrachtung dürfte sich durch die längeren Transportwege der Fairtrade-Produkte vergleichen mit heimischer Ware zulasten der Importware auswirken, auch wenn der Transport per Seefracht geht. Dies wird allerdings bei der Transfair-Siegelvergabe nicht berücksichtigt.

    Gerade bei Bier haut das schon voll rein, da es hierfür so viele regionale Konkurrenzanbieter gibt, kleine wie große. Auf Wein trifft das zwar ebenfalls zu – bei deutschem Rotwein allerdings reicht die Qualität immer noch nicht an die ausländischer Konkurrenten heran. Da ist man eh geneigt, zu Importware zu greifen, und macht auch einen guten Griff mit südafrikanischen und chilenischen Fairtrade-Weinen.

    Also, beim Bier kann ich deine souveräne Konsumentenpräferenz schon gut nachvollziehen. Aber vielleicht magst du ja stattdessen mal den exzellenten äthiopischen Hochland-Kaffee mit Fairtrade-Siegel probieren 😉

  101. #101 Jürgen Schönstein
    28. November 2010

    @Hel
    Sorry, ich hatte vergessen zu antworten: Nein, denn – wie schon gesagt – die ersten (Nicht-)Reaktionen waren dann doch zu entmutigend. Aber vielleicht probier’ ich’s doch noch einmal. Danke für den Tipp.

  102. #102 Dr. Webbaer
    30. November 2010

    @Jürgen Schönstein & Hel

    Es geht nicht um Spenden und Schuldenerlasse, und an der Mikrokrediten ist nichts “subventioniert”.

    Eine Bürgschaft ist also keine Subvention, kein Sponsoring und auch kein Mäzenatentum.

    Noch mal zur Erinnerung: Die Subprime-Krise, die Herr Schönstein sehr weit oben in den Kommentaren korrekt analysiert, war staatsgesponsort; der Staat hat die Risiken abgesichert, der Markt entwickelte eine Immobilien-Blase und den Rest kennt man.
    Gibt es zum Subprime-Markt, der erst durch staatliche Förderung entstanden ist, noch irgendwelche Unklarheiten bezüglich der Sponsorship?

    Und nun diese Idee von Herrn Schönstein den Mikrokreditmarkt in aufstrebenden Ländern durch Bürgschaften zu unterstützen, den dortigen Kreditgebern das Geschäftsrisiko zu nehmen. Wo ist da der prinzipielle Unterschied zur Subprime-Geschichte? Warum sträuben sich die Herren eigentlich auch hier einen potentiell gefährlichen Markteingriff zu erkennen? – Der Mikrokredit-Markt wird ja auch gegen die Wand gefahren, wenn man den Berichten Glauben schenken darf, was der Webbaer nicht so ganz tut, höhö, was aber die Meinung der beiden Herren zu sein scheint.

    Woran haperts also noch?

    MFG
    Wb

  103. #103 Jürgen Schönstein
    30. November 2010

    @Webbaer
    Was soll man antworten, wenn die Frage bzw. die der Frage zu Grunde liegende Aussage bereits falsch ist. Eine Bürgschaft ist keine Subvention, war nie eine, wird nie eine sein. Und nein, die Immobilienkrise wurde nicht staatlich gesponsort – die Fed ist keine staatliche Institution, und deren niedrige Zinsen waren der Treibstoff; die unbegründete “Cleverness” der Banken und die Gier der Investoren, die darin ein geiles Geschäft sahen, waren der Motor der Special Purpose Vehicle, in denen die Chose dann gegen die Wand fuhr. Alles schon gesagt, alles von Ihnen bestritten – here endeth the lesson, fürchte ich.

  104. #104 Dr. Webbaer
    1. Dezember 2010

    Zur amerikanischen Hypothekenkrise:
    Die sozialstaatliche Maßnahme Community Reinvestment Act, initiiert von Jimmy Carter, wurde 1992 von Bill Clinton dahingehend aufgebohrt, dass für eigentlich Unvermögende, also zweitklassige Bonitäten, es heißt ja auch Subprime und nicht Prime, die Aufnahme von Hypothekendarlehen möglich wurde. Das geschah über Government Sponsored Enterprises und wie der Name schon sagt, hat der amerikanische Staat das Geschäftsrisiko übernommen. “Fannie Mae” und “Freddie Mac” (beides GSEs) haben sich hier, obwohl selbst nicht staatlich, sondern “nur” staatlich gesponsert, im Negativen bewährt. Bekanntlich mussten beide Firmen, für die eine Staatsgarantie vorlag, nach dem Platzen der Hypothekenblase im Jahr 2008 verstaatlicht werden.

    Zu Ihrer Idee mit der Übernahme von Bürgschaften für das sogenannte Mikrokreditgeschäft durch Dritte:
    Hier würden, wie von Ihnen angeregt, Privatpersonen in “westlichen” Drittländern das Ausfallrisiko für Kredite in aufstrebenden Ländern übernehmen. Ob man hier wie beim Subprime-Markt (es würde natürlich auch hier ein Subprime geschaffen werden) von einem Sponsoring oder einer Hilfeleistung (die ist es aber sicherlich 🙂 sprechen möchte, die Wirkungen könnten (und sollten) identisch sein. – Es gibt ja auch dementsprechende Signale von den Märkten.

    Sie berichten auch dementsprechend, und weiter oben haben Sie auch korrekterweise die beiden Märkte verglichen.

    Sie sind doch vor Ort, wenn Sie den Kopf nicht in den Sand stecken und Mißliebiges komplett ausblenden, dann kennen Sie doch die Lage. Klar, die Fed hat die Zinsen niedrig gehalten, aber das Platzen der Hypothekenkrise hängt eindeutig und eigentlich auch unstreitig mit der Hypothekenkreditvergabe an Unvermögende zusammen.

    Warum vergleichen Sie die beiden Segmente weiter oben korrekterweise, schrecken aber zurück, wenn es in die diskrete Analyse geht. Das verstehe wer kann!

    Oder aber:
    Sie ham ne Agenda, gell, der sich anbietende Vergleich (und von Ihnen bereits selbst vorgenommene) konveniert nicht…
    Anders kann man es nicht mehr interpretieren! – Dummheit und Unkenntnis können in diesem Fall zuverlässig ausgeschlossen werden.

    MFG
    Wb

  105. #105 Jürgen Schönstein
    1. Dezember 2010

    @Webbär
    Getretener Quark wird auch durch wiederholtes Treten nur breit, nicht stark. Fannie Mae und Freddy Mac haben die Hypothekenblase nicht ausgelöst, sind aber indirekt – weil jene nämlich die Immobilienpreise runiert und dadurch die Hypotheken bzw. den Wert der Sicherheiten “unter Wasser” gedrückt hatten – durch die geplatzte Blase in die Schieflage gedrückt worden. Die staatlichen Garantien halfen hier nur, Schlimmeres zu verhindern. Aber den Mist gebaut haben Bear Sterns, Lehman & Co – und Dutzende größerer und kleiner Geschäftsbanken. Dass Ihnen diese Realität nicht passt, hab’ ich schon kapiert – aber das alleine ändert sie nicht. Und genau so wenig ist das Mikrofinanzsystem durch irgendwelche Subventionen oder (weil’s die noch gar nicht in dieser Form gibt – das ist bisher noch nur ein, genauer gesagt mein Vorschlag) Bürgschaften erschüttert worden, sondern durch Profitgier. Beißen auch keine Mäuse irgend welche Fäden ab. Und ja, ich hab’ eine Agenda, und die steht ganz offen und erkärt oben im Post: Ich bin dafür, den armen Ländern einen Weg aus der Armut zu zeigen, weil das besser für diese Länder, besser für den Weltfrieden und letztlich auch besser für das Business unserer Wirtschaft ist. Die Anspielungen und Unterstellungen sind ebenso unangebracht wie Ihr unpassendes, stets wiederkehrendes “höhö”, wo’s nicht witzig ist.

  106. #106 perk
    1. Dezember 2010

    Sven Türpe· 23.11.10 · 10:15 Uhr

    Die Frage bezog sich ersichtlich auf das Plündern der Goldschätze der Inkas und Aztken und nicht auf das Fördern von Bodenschätzen.

    Hätten die jemandem gehört, wären die Plünderer ja verhaftet und verurteilt worden. Konnten sie aber nicht, weil die genannten Zivilisationen bekanntlich untergegangen sind.

    das muss einfach satire sein.. du sagst aus wenn man alle menschen tötet die einen für die eigenen verbrechen einem gerichtsverfahren unterziehen könnten, hat man nicht nur seinen kopf aus der schlinge gezogen sondern sogar seine handlungen legalisiert..

    das ist bisher die menschenverachtendste scheiße die ich jemals von dir gelesen habe
    glückwunsch und weiter so.. doch bitte an einem schallisolierten ort ohne kommunikationsmöglichkeit zur außenwelt

    Entweder bin ich in der Lage, meinen Besitz zu verteidigen und er gehört mir deswegen, oder aber ich unterwerfe mich einer höheren Macht, die mein Eigentum für mich verteidigt.

    nicht der besitzende braucht legitimation sondern der fordernde.. deiner argumentation zu folge hat jeder das recht beliebig gewalt anzuwenden und menschen zu töten um zu bekommen was er will, wer sich selbst nicht verteidigt ist selber schuld

    diese theorie führt automatisch zu anarchie und chaos da jede gewalt steigerbar ist und das risiko für niemanden tragbar genug ist um in dem sich aufschaukelnden prozess noch für ruhe und ordnung zu sorgen

    eine ethik die zu einer instabilen und für die mehrzahl der teilnehmer tödlichen gesellschaftsstruktur führt ist einfach nicht praktikabel.. warum vertreten sie eine solche absurde?

  107. #107 Sven Türpe
    1. Dezember 2010

    du sagst aus wenn man alle menschen tötet die einen für die eigenen verbrechen einem gerichtsverfahren unterziehen könnten, hat man nicht nur seinen kopf aus der schlinge gezogen sondern sogar seine handlungen legalisiert.

    Das ist korrekt und Dein Missfallen ändert die Realität nicht. Na ja, fast korrekt: Du legst eine spezifische Implementierung nahe, die zwar möglich, aber nicht die einzige ist. Egal. Ohne Institutionen, die danach handeln, sind Gesetzbücher nur Bücher und eben keine Gesetze mehr. Der Begriff der Leglität verliert damit seine Bedeutung.

    nicht der besitzende braucht legitimation sondern der fordernde..

    Exakt. Kauf mir ein Eis!

    deiner argumentation zu folge hat jeder das recht beliebig gewalt anzuwenden und menschen zu töten um zu bekommen was er will, wer sich selbst nicht verteidigt ist selber schuld

    Nein. Meiner Argumentation zufolge ist die Verteidigung — die auch delegiert werden kann — Voraussetzung dafür, den Begriff des Eigentums von jenem des Besitzes zu trennen. Ferner habe ich nie für Beliebigkeit gesprochen.

    diese theorie führt automatisch zu anarchie und chaos da jede gewalt steigerbar ist und das risiko für niemanden tragbar genug ist um in dem sich aufschaukelnden prozess noch für ruhe und ordnung zu sorgen

    Und warum hast Du angesichts dieser Erkenntnis nicht darüber nachgedacht, ob Deine Interpretation vielleicht falsch sein könnte?

  108. #108 Dr. Webbaer
    2. Dezember 2010

    @Jürgen Schönstein
    Nur noch hierzu etwas:

    die Immobilienkrise wurde nicht staatlich gesponsert

    Der amerikanische Subprime-Hypothekenmarkt, also dasjenige Marktsegment, das nur entstanden ist, weil der amerikanische Staat -wie oben erläutert- über Government Sponsored Enterprises (u.a. die berühmt-berüchtigten Freddie und Fannie) das Kreditrisiko letztlich übernahm, hatte 2007 ein Volumen von 1.500.000.000.000 US-Dollar (verschiedene Quellen, nehmen Sie bspw. die Wikipedia) mit 7,5 Millionen ausstehenden Hypothekenverträgen. Ein beträchtlicher Teil dieser Kredite war notleidend. Weil die Hypothekenpreise deutlich sanken, sind auch die Sicherheiten unzureichend, d.h. die Banken (seit 2008 auch der amer. Staat) müssen kräftigst abschreiben.

    Diese 1500 Milliarden US-Dollar entsprechen dem Fünffachen des doitschen Bundeshaushalts. Es handelt sich um Geschäft, das normalerweise wegen unzureichender Bonität der Hypothekennehmer nicht entstanden wäre.

    Das ist Fakt. Schwer zu sagen, warum Sie hierzu die Unwahrheit schreiben. Das Auseinanderlaufen mit der Realität hat aber typische Gründe.

    Wie dem auch sei, schöne Weihnachtstage schon mal – und grüßen Sie Rudolph!
    MFG
    Wb

  109. #109 Jürgen Schönstein
    2. Dezember 2010

    @Webbär

    Schwer zu sagen, warum Sie hierzu die Unwahrheit schreiben.

    Schwer zu sagen, warum Sie hier solche Unverschämtheiten schreiben. Der Subprime-Markt, der gegen die Wand fuhr, war eine Erfindung cleverer und gieriger privater Banken und Hypothekenmakler. Freddie Mac und Fannie Mae wurden zum Kollateralschaden – Sie verwechseln hier offenbar Täter und Opfer. Ganz ehrlich, langsam finde ich diese Verdreherei zum Reihern.

    Und wieder sehe ich mich gezwungen festzustellen, dass ich eine ziemlich lange Geduld mit Kommentaren wie Ihren habe (das haben Sie doch wohl inzwischen gemerkt) – aber wenn Sie mich einen Lügner nennen (und darauf läuft obige Bemerkung ja raus), dann ist auch diese Geduld schnell erschöpft. Ich mach’ Ihnen einen Vorschlag: Sie kommentieren hier nur noch, wenn Sie etwas zur Sache, ohne verquaste Unterstellungen und verdrehte Fakten und – gaaaanz wichtig – ohne höhö und hihi und haha beizutragen, und ich lass diie Kommentare stehen. Oder ich fange an, zu löschen. Ihre Wahl.

  110. #110 Ireneusz Cwirko
    2. Dezember 2010

    Mensch Schönstein sie sind aber eine Mimose. Treten Sie biserl auf die Bremse sonst überholen sie schon bald unseren obersten Hexenjäger wenn es um Zensur angeht.

    Natürlich hat Webbär recht mit Subventionen. Eine Bürgschaft ist eine Subvention weil sie dem Kreditgeber die bessere Zinskonditionen bescheren sollte.

    In USA wurde die Idee missbraucht in dem nicht die Zinskonditionen günstiger wurden sondern die Gewinne der Banken und die Gehälter der Banker in den Himmel schissen.

  111. #111 Ireneusz Cwirko
    2. Dezember 2010

    @ IC
    weil sie dem Kreditgeber die bessere Zinskonditionen bescheren sollte.

    ich habe natürlich Kreditnehmer gemeint.

  112. #112 Jürgen Schönstein
    2. Dezember 2010

    @Ireneusz Cwirko
    Eine Mimose, weil mich jemand einen Lügner nennt (= mir unterstellt, dass ich vorsätzlich die Unwahrheit verbreite)?

    Eine Bürgschaft ist eine Subvention weil sie dem Kreditgeber die bessere Zinskonditionen bescheren sollte.

    Nö, Bürgschaften ermöglichen nur, dass Kredite überhaupt gegeben werden. Kredite zu üblichen Kondionen, versteht sich. Und Bürgschaften spielten bei der Immobilienkrise keine Rolle – im Gegenteil: Das System kollabierte, weil die Geierkredite unbesichert waren.

  113. #113 Dr. Webbaer
    3. Dezember 2010

    Hallo Herr Schönstein,

    für Dr. Webbaer abschließend noch ein kleines Resümee:
    1.) Man konnte sich nicht einigen, ob und ggf. wie das amerikanische von Government Sponsored Enterprises unterstützte und neu entstandene Subprime-Segment mitursächlich für die Bankenkrise war.
    2.) Man konnte sich nicht einigen, ob beim von Ihnen im Blogartikel gemachten Vorschlag (Übernahme des Ausfallrisikos durch Dritte) eine Hilfeleistung (Subvention) entsteht oder nicht.
    3.) Man konnte sich dementsprechend auch oder erst recht nicht auf einen Vergleich der beiden Segmente des Kreditmarkts einigen.
    4.) Nicht die Wahrheit zu schreiben oder zu sagen ist ein Vorwurf, der normalerweise ausgehalten wird, von Lüge war nicht die Rede, vgl. auch: https://www.tagesspiegel.de/politik/ex-kanzler-schroeder-bush-sagt-nicht-die-wahrheit/1979028.html
    5.) Dr. Webbaer hat im November ca. 50 Kommentare im Web hinterlassen, grundsätzlich kommentiert er nur zu Themen, die ihn interessieren. Naturgemäß fällt die Kritik oft punktuell und negativ aus, erstens aus Zeitgründen und zweitens weil der Dissens nun einmal interessanter ist als der Konsens. 10 Kommentare haben sich bei Ihnen sozusagen gehäuft im November.
    Wenn Sie am o.g. Leser und Kommentator nicht interessiert sind: Einfach ignorieren oder anschreiben per E-Mail. Dr. Webbaer hat bisher jeden diesbezüglichen Wunsch erhört (btw: Stefan Niggemeier hat so webkompetent reagiert – mehr Wünsche dieser Art gab es bisher allerdings nicht – der Webbaer ist überraschend beliebt).
    Und, klar, es geht immer auch ein wenig um den Menschen hinter der Nachricht. Der Webbaer ist oft ziemlich schmerzfrei, wenn ihn eine Sache interessiert. Diesbezüglich und bezüglich Ihrer Person haben sich aber bis heute die meisten Fragen klar beantworten lassen, danke.

    Schöne Weihnachtstage + Weiterhin viel Erfolg!
    Dr. Webbaer

    PS: Höllisch viel Schnee schon Ende November in Mitteleuropa, das kann ja wieder was werden, letztes Jahr blieb der Schnee 10 Wochen liegen. Achso: Grüße auch an Rudolph!

  114. #114 Sven Türpe
    11. Dezember 2010

    Nichts geht über einen Selbstversuch: ich habe deutschem Faitrade-Biobier eine Chance gegeben. Es hat versagt. Der Kohlensäuregehalt lag nahe null, da zzzischte nichts. Nun habe ich eine Non-Standard-Flasche rumstehen, die in den Glascontainer wandern wird. Mein örtlicher Lebensmittelhändler zahlt darauf kein Pfand aus der Biobierhändler ist zu weit weg als dass sich die Rückgabe lohnen würde.

    Alles nur Show.

  115. #115 michael
    11. Dezember 2010

    Bezieht sich sich Fairtrade nicht auf den Handel mit der dritten Welt?

  116. #116 Sven Türpe
    11. Dezember 2010

    Für die Marketingabteilung ist die Qualifikation als fair ein Instrument zur Ansprache eines Konsumententyps im Premium-Segment. Offenbar funktioniert diese Ansprache auch ohne Bezug auf die Dritte Welt.

  117. #117 Hel
    11. Dezember 2010

    @Sven Türpe

    Find ick jut, dass du es immerhin probiert hast, auch wenn das Ergebnis unbefriedigend war. Deiner Anmerkung Für die Marketingabteilung ist die Qualifikation als fair ein Instrument zur Ansprache eines Konsumententyps im Premium-Segment. Offenbar funktioniert diese Ansprache auch ohne Bezug auf die Dritte Welt. kann ich auch nicht widersprechen – was sagst du nun? ;-p

    Wein, Kaffee und Schoki aus dem Fairtrade-Sortiment kann ich dennoch empfehlen, da die von mir probierten Produkte es mE (und ich bin durchaus anspruchsvoll) qualitativ locker mit den konkurrierenden Produkten aufnehmen konnten.

  118. #118 Sven Türpe
    11. Dezember 2010

    was sagst du nun?

    Nichts.

  119. #119 michael
    11. Dezember 2010

    > Für die Marketingabteilung ist die Qualifikation als fair ein Instrument zur Ansprache eines Konsumententyps im Premium-Segment.

    Mag sein. Aber die Rede war von FairTrade. bahn und bahnhof bedeuten schliesslich auch nicht dasselbe!

    Bei Schoki stimme ich Hel ausserdem nicht zu.

  120. #120 Sven Türpe
    12. Dezember 2010

    Schränkt das den Empfängerkreis der Fairness auf die Dritte Welt ein? Das scheint beim erwähnten Bier tatsächlich der einzige Unterschied zu sein, dass die Bauern Mitteleuropäer sind.

  121. #121 Hel
    12. Dezember 2010

    @Sven Türpe

    Nachdem sich meine initiale Erschütterung über Was sagst du nun? Nichts. gelegt hatte, las und recherchierte ich nochmal nach – und begriff, warum Michaels Vergleich von Bahn-Bahnhof hier gut passt, denn ich hatte deinen Link zunächst nicht angeklickt.

    Jetzt ist alles klar: Das von dir getestete Bier war kein Fairtrade-Bier, sondern halt nur, ähm, fair *g*. Es gibt nämlich tatsächlich kein deutsches oder sonstiges originär europäisches Fairtrade-Bier.

    Aber: Das Fairtrade-Bier von Mongozo wird mit Zutaten aus südafrikanischem Fairtrade-Anbau von einer belgischen Brauerei produziert. Es gibt Bananen-, Kokosnuss-, Mango- und Palmnussbier mit Fairtrade-Siegel. Um so etwas zu probieren, musst du wirklich schon etwas mutiger sein.

    @michael

    Ich mag besonders eine bestimmte Fairtrade-Vollmilchschoki, welche sogar letztens bei Stiftung Warentest auf Platz 1 von 20 getesteten Milchschokoladen kam. Nichtsdestotrotz greife ich nach wie vor auch gerne auf “unfaire” Schoki zurück *hüstel*