Nee, nun wirklich nicht. Das wäre eine zu große Überdosis an Spin-Doctoring. Der Mehrheitsverlust der Demokraten im Abgeordnetenhaus ist definitv eine Folge der Geschehnisse (beziehungsweise Nicht-Geschehnisse, wie zum Beispiel politischer Führung oder einer spürbaren Erholung auf dem Arbeitsmarkt) in den ersten beiden Obama-Amtsjahren. Aber in gewisser Weise kann Obama für diesen Denkzettel dankbar sein – und damit hätte das Wahlergebnis doch etwas Positives für ihn.
Da ist zuallererst mal der ausgebliebene Erfolg der Tea Party. Sicher, Republikaner konnten sich über Zuwachs im Abgeordnetenhaus, im Senat und in den Governeursvillen mehrerer Staaten freuen, und da die Tea Party eine – inoffizielle – Gruppe innerhalb des republikanischen Flügels ist, feiert sie mit. Aber in ihren vier Prestige-Rennen ist diese “Reform-Bewegung” (Motto: Let’s take America back – Gegenfrage: “Back to where? The 19th century?”) klar gescheitert. In Delaware, wo der Senatssitz des amtierenden Vizepräsidenten zu vergeben war, hatte – dank der Schützenhilfe von Sarah Palin und der Tea Party – die schrille Christine O’Donnell dem Hoffnungsträger der Republikaner, dem Ex-Gouverneur Mike Castle, den Listenplatz streitig gemacht. In Nevada wollte Sharron Angle den amtierenden demokratischen Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, aus dem Amt jagen; in Alaska hatte sich Sarah Palin massiv für den – dann auch nominierten – Kandidaten Joe Miller eingesetzt, um eine alte Rechnung mit ihrer republikanischen Rivalin Lisa Murkowski zu begleichen. Und in New York – weil’s halt New York ist, und weil hier die Demokraten besonders selbstsicher sind – wurde durch massiven Tea-Party-Einsatz das republikanische Establishment an die Wand gespielt und statt dessen der kontroverse Bauunternehmer Carl Paladino als Gegenkandidat für den Demokraten Andrew Cuomo nominiert.
Sowohl in Nevada, als auch in New York und Delaware, sind die Tea-Party-Günstlinge klar und deutlich gescheitert. In Alaska steht das Ergebnis zwar noch aus, aber hier konnte Lisa Murkowski rund 39 Prozent der Wähler überzeugen, ihren Namen von Hand auf die Wahlzettel zu schreiben; ihre “Write-in”-Kampagne war damit trotz – oder wegen? – dieser innerrepublikanischen Rivalität deutlich erfolgreicher als die Kandidatur Joe Millers, der mit 35 Prozent abgeschlagen ist (der Demokrat Scott McAdams hatte in diesem erzrepublikanischen Staat sowieso kaum eine reelle Chance). Es wäre seiit mehr als einem halben Jahrhundert das erste Mal, dass ein Kandidat, der nicht nominiert war, einen Senatssitz erringen konnte (zuletzt gelang dies Strom Thurmond im Jahr 1954).
Aber nun muss Obama gegen das Abgeordnetenhaus regieren. Und das kann doch nur schlecht sein, oder? Nun, zum einen hat er auch mit einem demokratischen Abgeordnetenhaus bisher nicht unbedingt ein Bild der politischen Durchsetzungsfähigkeit hinterlassen; viel schlimmer kann’s eigentlich kaum werden. Im Gegenteil: Das Heft wird nun umgedreht – die Gesetzesinitiative liegt nun bei den sich bisher hartnäckig verweigernden Republikanern, während Obama dank seines Vetos die bisher von der Opposition ausgeübte Bremserrolle spielen kann. Das klingt zwar nicht sehr sexy, aber es hilft, wie man am aktuellen Wahlergebnis sehen kann. Und wenn die Geschichte ein Vorbild ist, dann muss Obama eigentlich dankbar sein: Die Demokraten unter Jimmy Carter hatte zwar auch in den Zwischenwahlen an Stimmen, aber nicht an Kontrolle verloren – und Carter musste nach einer Amtsperiode wieder auus dem Weißen Haus ausziehen. Bill Clinton jedoch sah durch die “Republikanische Revolution”, angeführt von Newt Giingrich, die Mehrheiten im Abgeordnetenhaus, dem Senat und den Gouverneurshäusern verschwinden; zwei Jahre später wurde er dann aber mit größerer Mehrheit als Präsident wiedergewählt.
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