Darüber, dass die Warnung des IPCC über ein vergleichsweise schnelles – bis 2035 – Abschmelzen der Himalaya-Gletscher übertrieben war, wurde ja schon geschrieben. Andererseits ist ein teilweise dramatischer Rückzug von Gletschern, nicht nur im Himalaya, sondern beispielsweise auch in Alaska, nicht zu übersehen und geht offensichtlich mit der Klimaentwicklung einher. Andere Gletscher hingegen, zum Beispiel im Karakorum, stagnieren trotz vergleichbarer klimatischer Bedingungen – also was nun?
Die Antwort ist Schutt. Oder Geröll. Abraum halt, der von umgebenden Berghängen auf den Gletscher fällt. Wenn dieser Schutt eine Dicke von zwei Zentimetern und mehr erreicht, bewirkt er genau das Gegenteil dessen, was Staub und kleinere Schotterpartikel dem Gletscher antun: Während der dunkle Staub und Schotter mehr Sonnenlicht absorbieren als das blanke Gletschereis, erwärmen sie die Eisdecke und beschleunigen so das Abschmelzen. Doch die dicke Schutt- und Gerölldecke wirkt genau so – wie eine Decke. Sie schützt das darunter liegende Eis vor Erwärmung und bewahrt damit den Gletscher vor dem Schrumpfen.
Diese Erklärung fand Bodo Bookhagen, Professor am Department of Geography der University of California in Santa Barbara, gemeinsam mit seinem ehemaligen Studenten Dirk Scherler; veröffentlicht wurde das Resultat als Paper in der aktuellen Ausgabe von Nature Geoscience:
Here, we report remotely-sensed frontal changes and surface velocities from glaciers in the greater Himalaya between 2000 and 2008 that provide evidence for strong spatial variations in glacier behaviour which are linked to topography and climate. More than 65% of the monsoon-influenced glaciers that we observed are retreating, but heavily debris-covered glaciers with stagnant low-gradient terminus regions typically have stable fronts. Debris-covered glaciers are common in the rugged central Himalaya, but they are almost absent in subdued landscapes on the Tibetan Plateau, where retreat rates are higher. In contrast, more than 50% of observed glaciers in the westerlies-influenced Karakoram region in the northwestern Himalaya are advancing or stable.
Zu Deutsch: Acht Jahre lang hatten sie Luft- und/oder Satellitenaufnahmen von Gletschern im Himalaya ausgewertet und dabei festgestellt, das vor allem im Zentralhimalaya, wo die Gletscher typischer Weise eine dicke Schuttdecke besitzen, die Zungen vieler Eismassen stabil erscheinen oder, wie im Karakorum, sogar weiter vordringen. Im Tibetischen Hochland hingegen, wo Schuttdecken praktisch nicht vorkommen, schrumpfen die Gletscher.
Und die gedankliche Fortsetzung, ob damit also die nicht-schrumpfenden Gletscher tatsächlich als Kronzeugen gegen eine globale Klimaveränderung taugen, überlasse ich jetzt jedem selbst …
Foto: Baltoro-Gletscher, Karakorum; Guilhem Vellut via Wikimedia Commons, CC-BY-SA-2.0
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