Sie stritten sich beim Wein herum,
Was das nun wieder wäre;
Das mit dem Darwin wär gar zu dumm
Und wider die menschliche Ehre.Sie tranken manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich und kamen zu Haus
Gekrochen auf allen vieren.Wilhelm Busch, Kritik des Herzens, 1874
An dieser Abneigung gegen die Evolutionslehre – ich spreche hier für die USA, für Deutschland kann ich nur ein besseres Bild erhoffen – hat sich seit den Tagen von Wilhelm Busch leider wenig geändert: Vier von zehn erwachsenen Amerikanern glauben, laut einer ziemlich neuen Gallup-Umfrage, dass die Menschen in ihrer gegenwärtigen Form von Gott erschaffen wurden. Und dieser Wert ist über die Jahrzehnte hinweg zwar leicht gesunken, aber damit sind die “strengen” Kreationisten noch immer die stärkste Gruppe in den USA. Die Evolutionslehre im Darwinschen Sinne akzeptieren hingegen nur 16 Prozent; 38 Prozent hingegen bevorzugen das, was wir als “Kreationismus light” oder auch als “Intelligentes Design” kennen – für sie hat Gott bei der Evolution die Hand im Spiel. Und da Lehrer auch nur Menschen sind, darf es nicht überraschen, dass sich die Evolutionslehre, wie ein Artikel in der aktuellen Ausgabe von Science zeigt, in den Klassenzimmern nicht durchsetzen kann.
Das Paper selbst ist nur für Abonnenten verfügbar, aber auch aus diesem Interview, das Yun Xie für Ars Technica mit dem Co-Autor Eric Plutzer geführt hat, erfährt man schon das Wesentliche. Dass nämlich die Lehrer erstens oft nicht anders denken als die Schulgemeinde, in der sie unterrichten – was eigentlich an sich schon ein exzellentes Beispiel für den Prozess der Selektion wäre, da Lehrer mit unliebsamen Ansichten im amerikanischen Schulsystem von gewählten Schulräten schnell eliminiert werden. Und dass es hier also zweitens ebenso viele strikte Kreationisten gibt wie in der Bevölkerung selbst – vier von zehn Lehrern lehnen die Evolutionslehre ab.
Doch die eigentliche Tragik ist, dass die verbleibenden 60 Prozent oft schon aus Unsicherheit, meist aber vor allem aus Angst vor dem Druck der Eltern das Thema Evolution im Biologieunterricht am liebsten meiden, oder es zumindest so schwammig präsentieren, dass den Schülern nur der Eindruck bleiben kann, es handele sich hier um etwas, das eher einer Meinung als einer Tatsache entspricht. Und obwohl Plutzer und sein Co-Autor und Kollege Michael Berkman sehr viel Hoffung in die Aufklärung und Lehrerbildung setzen, sehe ich da leider schwärzer. Denn einerseits bin ich ja als Vater eines schulpflichtigen Kindes auch dafür, dass die Eltern bei der Auswahl des Lehrstoffs zumindest ein Mitspracherecht haben sollten – was zwar nicht heißt, dass die mit entscheiden sollen, was unterrichtet wird, sondern wie, aber leider ist im Fall der Evolution schon das wie der Hebel, mit dem sich ID und Kreationismus ins Klassenzimmer schleichen.
Aber wenn sie eh’ schon drin sind, dann sollte man wenigstens Chancengleichheit schaffen: Karten auf den Tisch, Hosen runter (ist ‘ne Metapher; die echten Lehrerhosen sollten besser hochgezogen bleiben). Lehrt den Kreationismus! hatte ich in diesem Blog schon mal geraten. Und je mehr ich drüber nachdenke, desto weniger fällt mir ein, was man sonst tun könnte.
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