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“Sicher, es werden Anwendungen kommen aber ob Graphen das große Material wird ist nicht sicher”, hatte mein ScienceBlogger-Kollege Jörg Rings hier in seinem Eintrag zum Nobelpreis für das zweidimensionale Kohlenstoffmaterial (genauer gesagt: Der Preis ging an Andre Geim und an Konstantin Novoselov) geschrieben. Und praktischer Weise kann ich mir hier deshalb auch die detaillierte Erklärung ersparen, was Graphen ist (das kann Jörg sowieso viel besser) und mich gleich auf eine erste mögliche Anwendung konzentrieren: Vladimir Bulovic und seine Kollegin Jing Kong, beide vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), haben einen Weg gefunden, Graphen als flexibles und lichtdurchlässiges Material für Elektroden in auf Kohlenstoff basierenden Solarzellen einzusetzen.

Der Trick, der das ansonsten hoch wasserabweisende (und daher auch eben schwer zu beschichtende) Graphen zum Träger- und Elektrodenmaterial für die organischen photovoltaischen Zellen macht, ist einer, den man in der Halbleitertechnik schon mehrfach angewandt hat: Durch Dotierung mit Gold(III)-chlorid (AuCl3) lässt sich nicht nur die Beschichtbarkeit erreichen, sondern gleichzeitig wird auch die elektrische Leitfähigkeit erhöht, was das Material dem bisher verwendeten Indiumzinnoxid nahezu vergleichbar macht. Und im Gegensatz zu letzterem (das durch die Verwendung von Indium extrem teuer wird) sind die Graphen-Elektroden flexibel, können also in alle möglichen Oberflächenformen eingepasst werden – und sie sind transparent. Es wäre also damit beispielsweise möglich, herkömmliche Fenster zu durchsichtigen Solarzellen aufzurüsten, oder die Leistung bestehender Solaranlagen durch eine zweite Schicht zu steigern. Zudem wären die Graphen-Solarzellen wesentlich leichter und sogar im aufgerollten Zustand transportabel.

Das wäre, wie gesagt, schon mal eine erste praktische Anwendung für Graphen. Wer weitere Anregungen sucht, findet sie in diesem Graphen-Song, den ich hier ebenfalls – wie meinen Einleitungssatz – von Jörgs Eintrag abgekupfert habe:

Graphik: Christine Daniloff/MIT

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Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    6. Januar 2011

    Jing Kong^^ das ist aber haarscharf vorbei 🙂

    Wenn ich den verlinkten Text richtig interpretiere, wird die zu beschichtende Oberfläche dotiert, nicht das Graphen – letzteres kam mir auch derart merkwürdig vor, daß ich ganz neugierig nachgeklickt habe… Daß das wasserabweisende Graphen allerdings am besten aus einer wässrigen Lösung heraus aufgebracht werden können soll, klingt für mich allerdings erst einmal auch merkwürdig 😉

  2. #2 Jürgen Schönstein
    6. Januar 2011

    @Rolak
    Den Kong-Scherz hatte ich mir ausdrücklich verkniffen, weil ich dachte, der wäre zu offensichtlich ;–) Und was die Goldeinlage angeht, hatte ich das tatsächlich so verstanden, das das Graphen dotiert wird. Im Abstract des Papers steht ja

    it was found that AuCl3 doping on graphene can alter the graphene surface wetting properties such that a uniform coating of the hole-transporting layer can be achieved

    steht ja was von “doping on graphene” und “altering the graphene surface wetting properties” (Hervorhebungen von mir) – und da Graphen ja im Prinzip nur aus Oberfläche besteht, nahm ich an, dass die Manipulation am Graphen vorgenommen wurde. Aber ich kann mich hier natürlich geirrt haben. Mal sehen, ob ich das klären kann.

  3. #3 rolak
    6. Januar 2011

    hmm, das hatte ich eben nach der Lektüre des posts bei MITnews wohl passend für mein Denken korrigierend gelesen^^, als Ausrede hätte ich allerdings noch die fürs Trägermaterial (~Halbleiterpolymer) äußerst typische Dotierung.
    Jetzt warte ich in aller Ruhe auf eine erhellende Grafik oder so im www 😉

  4. #4 BreitSide
    8. Januar 2011

    Graphen rockt!

  5. #5 threepoints...
    9. Januar 2011

    Da war doch neulich was in meinem Ohr (Podcast), dabei gings um Kohlenstoff-Nanoröhren. Diese sollen Licht einfangen können. Wenn sowas funktioniert, wäre es natürlich fantastisch – und nicht nur für Solarzellen. Ich denke dabei auch an optische Geräte (etwa elektronische Sichtverstärker / Nachtsichtgeräte, Weltraumobservation … sw…) .
    nur die Idee, dass Kohlenstoff Licht einfangen kann, tritt in meinem Kopf eine Kaskade an Möglichkeiten los.

    Und da erklärt einer, es würde sich nicht um “das große Material” handeln. Auf dem Teppich bleiben ist ja mal keine schlechte Eigenschaft. Aber so pessimistisch…!?

  6. #6 Skrazor
    11. Januar 2011

    Ein brauchbarer Ersatz für ITO!? Na endlich!!!

    Wird ja auch langsam mal Zeit ^^

  7. #7 Silvana Puggioni
    München
    2. Mai 2013

    Hallo Herr Schönstein,
    Wir bauen ein Energie unabhängiges Stadtviertel in Cesenatico. Und suche dafür Innovative Produckte. Wie zum Beispiel PV aus Grafen. Ich würde mich gerne mit Ihnen drüber unterhalten. Dieser Stadtviertel soll als Schaufenster neuer Technologien dienen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Silvana Puggioni