Wenn mir jemand erzählen würde, dass die Schuhgröße eines Mannes etwas darüber sagen kann, ob er lieber Zartbitter- oder Vollmilchschokolade mag, oder dass die Augenfarbe einer Frau darüber entscheidet, ob sie trockenes oder feuchtes Klopapier bevorzugt, würde ich erst mal an einen (schlechten?) Scherz denken. Und genau so dachte ich erst mal, “das kann doch nicht wirklich ernst gemeint sein!”, als ich ein Paper las, das in einer der kommenden Ausgaben des Journal of Consumer Research erscheinen wird: The Last Name Effect: How Last Name Influences Acquisition Timing. Darin geht es in der Tat darum, dass der Anfangsbuchstabe des Nachnamens eine Rolle dabei spielt, ob und wie schnell Personen auf Sonderangebote und sonstige “günstige Gelegenheiten” reagieren. Untersucht wurde dieser Zusammenhang von Kurt A. Carlson, McDonough School of Business der Georgetown University in Washington, und Jacqueline M. Conard von der Massey Graduate School of Business (Belmont University, Nashville).

Und hier erst mal gleich die einzige Grafik der Studie (die ich aus Urheberrechstgründen hier nicht verlinken oder gar anhängen darf – sorry!), die den Zusammenhang zwischen der Position des Nachnamens-Initials im Alphabet und der Reaktionszeit auf “Schnäppchen” zeigt:

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Hoppla, das sieht ja wirklich nach einem Zusammenhang aus?!? Erst mal mehr zu den Details der einzelnen Studien:

In einem ersten Test wurde Teilnehmerinnen und Teilnehmern eines MBA-Studienganges das Angebot unterbreitet, bis vier Freikarten für ein Spitzenspiel der Basketball-Frauenliga zu bekommen, und zwar auf der Basis “wer zuerst kommt, mahlt zuerst” – sprich: Freikarten wurden nach Reihenfolge des Eingangs der Antwort-Email vergeben. Im Schnitt brauchten die 76 Glücklichen, die sich Karten sichern konnten, 22,7 Minuten für ihre Bestellung. Doch die Reaktionszeit war bei Studentinnen und Studenten, deren Nachname mit einem Buchstaben im hinteren Drittel des Alphabets anfängt (dieser Buchstabe konnte anhand des standardisierten Mail-Adressystems der Uni leicht ohne weitere Rückfragen ermittelt werden), um fünfeinhalb Minuten kürzer als bei den Komilitoninnen und Komilitonen, deren Namen im ersten Drittel das Alphabets aufgelistet würde. Dieser Effekt, der eine deutliche negative Korrelation zwischen Position im Alphabet (beginnend bei A, versteht sich) und Zugriffsgeschwindigkeit zeigt, bleibt auch bestehen, wenn die Namen dabei für die generell ja nicht gleichförmige Verteilung im Alphabet (es gibt gewiss weniger Nachnamen mit X, Y und Z als mit A, B und C) “bereinigt” wurden.

Studie 2 versuchte, diesen Namenseffekt mit einer etwas veränderten Versuchsanordnung (in der zudem auch ein “Preis”, in Form von Arbeitsaufwand, gefordert wurde) zu verifizieren. Hier wurde 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmern (Frauenanteil: 51,2 Prozent, Durchschnittsalter 39,1 Jahre) als Belohnung für die Ausfertigung eines Fragebogens die Chance versprochen, an der Auslosung für einen 500-Dollar-Geldpreis teilzunehmen. Ein weiterer, mindestens ebenso wichtiger Aspekt dieser Versuchsreihe war, den vor allem bei Frauen – immer noch – häufig anzutreffenden Effekt der Namensänderung (durch Ehe) zu berücksichtigen. Die Frage war: Spielt für diesen Namenseffekt, sofern er sich bestätigt, der Anfangsbuchstabe des aktuellen Nachnamens eine Rolle, oder ist der Geburtsname entscheidender? Die Antworten hier: Wiederum waren die Namensträgerinnen und -träger aus vom Ende Alphabets schneller – aber nur, wenn dabei die Geburtsnamen berücksichtgt wurden. Der aktuelle Name spielte bei den überwiegend (98 Prozent) weiblichen “Umbenannten” für diesen Effekt absolut keine Rolle, der Geburtsname hingegen war signifikant. Ha, könnte man sagen, ist doch klar: Es hat nichts mit dem Namen zu tun, sondern Frauen sind einfach schnellere Schäppchenjägerinnen. Nö, versichern Autorin und Autor: Die Korrelation von Geschlecht und Bereitschaft zum Zugreifen sei nicht nachweisbar.

Schnäppchenjäger stehen weiter hinten (im Alphabet)

Was haben wir also bisher gelernt: Je weiter unten man auf einer alphabetisch geordneten Namensliste steht, desto schneller greift man zu, wenn sich ein günstiges Angebot bietet. Und dies ist offenbar ein Verhalten, das in der Kindheit und Jugend (das verrät die Rolle des Geburtsnamens) geprägt wird. In einem dritten Test – den ich hier jetzt nicht weiter beschreiben will – wurde zudem geprüft, ob sich diese Varianz nicht nur in der Geschwindigkeit, sondern auch in der grundsätzlichen Neigung niederschlägt, überhaupt auf solche Angebote anzuspringen. Und in der Tat: Nicht nur, dass die XYZ-ler (wie ich sie jetzt mal nennen will) im Schnitt um eine Stunde schneller reagierten; ABC-ler waren auch bei den Nicht-“Schnäppchenjägern” – die in dieser Studie, die ebenfalls per E-Mail durchgeführt wurde, bekannt waren – stärker repräsentiert als das hintere Drittel des Alphabets. Die vierte Versuchsreihe zeigte zudem, dass zwischen der Position des Nachnamens im Alphabet und der Bereitschaft, auf zeitlich begrenzte Angebote einzusteigen, ebenfalls ein Zusammenhang besteht.

Die Erklärung, die Carlson und Conard anbieten, wirkt zumindest auf mich plausibel: Da zum Beispiel in Schulen oft in alphabetischer Reihe vorgegangen wird (auch, wenn es etwas zu verteilen gibt), können sich all jene mit einem “frühen” Namen fast von alleine drauf verlasssen, dass sie “dran” kommen. Wer jedoch weiter unten auf der alphabetischen Liste steht, lernt sehr schnell, dass ihm weniger Auswahl und Zeit bleibt, eine Entscheidung zu treffen – und fällt sie entsprechend schneller.

Tja, jetzt bleibt mir nur noch die Frage: Und warum schaffe ich es dann nie, Konzertkarten zu erwischen, die oft innerhalb der ersten Stunde schon ausverkauft sind? Wo doch mein Nachname mit “S” anfängt, dem 19. Buchstaben im Alphabet? Da müssen die Zyskowskis, die Yunyings, die Xueys (alles Namen aus dem örtlichen Telefonbuch) mal wieder noch schneller gewesen sein …

flattr this!

Kommentare (31)

  1. #1 Stef
    19. Januar 2011

    Witzigerweise hatten wir gestern in der Firma eine ganz ähnliche Diskussion.Meine Firma heißt wie mein Chef und dessen Nachname beginnt mit “Z”. Da ging es nämlich darum, stärker Werbung zu betreiben, weil wir im Ausschreibungspool von Städten und Kommunen immer an letzter Stelle stehen und so mitunter einfach das nachsehen haben.Mein Chef wollte das erst gar nicht einsehen und erst als ich ihn fragte, ob er das denn nicht noch aus der Schule kennt: immer als los letzter vorgelesen oder im Sport eingeteilt zu werden, fing er mit Stories an, dass ich fast schon dachte: vielleicht doch mal Therapeut.:)
    Auf jeden Fall weiß ich jetzt, warum ich mich jeden 2. Tag mit irgendwelchen Angeboten beschäftigen muss, die wir wahrlich nicht brauchen, die aber “supergünstig”sind

  2. #2 cydonia
    19. Januar 2011

    Hmmm….Nein! Ich halte weder die angebotene Erklärung für plausibel, noch halte ich die Studie für repräsentativ. Ich vermute einen ganz anderen Grund, warum es scheinbar zu derlei Resultaten kommt. Mal nachdenken…

  3. #3 Bullet
    19. Januar 2011

    Für mich klingt Jürgens Idee plausibel.

  4. #4 klauszwingenberger
    19. Januar 2011

    Hihi, vielleicht stimmt der alte schwäbische rant ja doch:

    “Tätet se net Ziegler hoiße sondern A…loch, wäret se scho längst dragwäse…”

  5. #5 cydonia
    19. Januar 2011

    Kurze Frage: Ist diese alphabetische Vorgehensweise in Schulen wirklich so häufig, dass sie konditionierend wirken könnte?
    Ich kann das nicht einschätzen, weil ich ein Schulsystem durchlaufen habe, in dem das so gut wie gar keine Rolle spielte. Träfe die Erklärungshypothese zu, müssten die Resultate in meinem Heimatland abweichen.

  6. #6 cydonia
    19. Januar 2011

    Noch eine Idee: Man sollte den gleichen Versuch in China wiederholen, denn dort ist die Reihenfolge nicht alphabetisch geordnet….und je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker neige ich dazu, der Versuchsanordnung zu misstrauen.

  7. #7 cydonia
    19. Januar 2011

    Aber fangen wir vorne an. Und ob die Angesprochenen Frauenbaseball mögen oder einfach nur todlangweilig finden, soll bei der Reaktionszeit gar keine Rolle spielen?
    Also alle reagieren automatisch nach dem “Will haben!”-Prinzip?
    Könnte es nicht auch am Studiengang liegen, dass die Studenten so leicht konditionierbar sind(waren)? Ich meine, ob sich nicht vielleicht auch an der Auswahl des Studiums zeigt, wie weit man sich von Konditionierungen entfernt hat?(Ja, ich weiß, meine persönlichen Vorurteile)

  8. #8 kereng
    19. Januar 2011

    Hatten die schnellen/interessierten Leute aus dem hinteren Teil des Alphabtes vielleicht asiatische oder osteuropäische Vorfahren?

  9. #9 Marc
    19. Januar 2011

    ich stimmt cydonia da zu, ich zweifele diese versuchsanordnung auch an. ob sich am studium zeigt, wie weit man von konditionierung weg ist, halte ich aber ebenfalls für eine gewagte these.

    vor allen dingen wird hier eine verallgemeinerbarkeit vermittelt, die m.e. nicht gegeben ist, da es sich

    1. nur um studierende handelt
    2. alle einen MBA-Studiengang besuchen
    3. alle nur diesen einen studiengang besuchen….etc…vermutlich im selben semester

    hieraus also kausalitäten abzuleiten, das ist doch arg übertrieben….

  10. #10 cydonia
    19. Januar 2011

    @Marc
    Es war ein Scherz, ok? Ich dachte nur, dass ich ja auch mal etwas pauschalisieren könnte, hatte aber glatt vergessen, dass ohne Smileys oder Ähnliches im Netz jede Aussage ernst genommen wird…

  11. #11 Marc
    19. Januar 2011

    @cydonia: oha…da schlägt es aber zurück….ich hatte es auch als scherz gelesen…vor allem der verweis auf deine eigenen vorurteile hatte es eigentlich klar gemacht.

    ..aber ich habe den smiley ja auch nicht gesetzt.

    also auch von mir war es nicht als ernsthafte kritik gemeint…nothing for ungood 😉 <--dieses mal dran gedacht

  12. #12 cydonia
    19. Januar 2011

    Und was lerne ich daraus? Ich brauche inzwischen auch einen Smiley, so weit ist es also gekommen….Schande über mich!

  13. #13 Marc
    19. Januar 2011

    nicht verzweifeln….kann ja mal vorkommen…

  14. #14 Marc
    19. Januar 2011

    nicht verzweifeln….kann ja mal vorkommen…

  15. #15 Jürgen Schönstein
    19. Januar 2011

    @cydonia @Marc
    Ich verstehe Eure Skepsis. Ich hoffe, man kann aus meinem Text deutlich erkennen, dass ich selbst auch nicht überzeugt war (bin?), was den Alphabet-Effekt angeht. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, gab es eigentlich nichts, was man – außer dem Ende des Schultages, und der kam für alle unabhängig vom Alphabet – nicht abwarten konnte. Und wo wurde überhaupt eine alphabertische Sortierung praktiziert? Beim an die Tafel gerufen werden, beispielsweise, oder bei der Rückgabe der benoteten Klassenarbeiten. Beim Verlesen von Testergebnissen, vielleicht noch. Irgendwas dabei, was man ungeduldig herbeisehnt? Ich denke nicht. Im Sport ging’s nach Größe oder Popularität, und die hat auch nichts mit dem Alphabet zu tun. Nun kann es natürlich sein, dass in amerikanischen Schulen auch die Plätze im Klassenzimmer alphabetisch sortiert waren, mit A vorne links bei der Tür und Z hinten rechts, ganz weit weg von Ausgang (was bedeutet, die Z-ler mussten sich beeilen, um in die Pause zu kommen oder um nach der Pause die zusätzliche Distanz zu ihrem Pult zurückzulegen – dürften wohl so etwa zehn Sekunden sein – macht bestimmt was aus ;-). Aber erstens habe ich davon noch nie gehört, zweitens ist die daraus resultierende Diskriminierung gering – und drittens wurden mehrere der Tests mit Studenten durchgeführt – wobei in den USA selbst an einer Provinzuni wie Belmont “more than 5,900 students who come from every state and 25 countries” (Zitat aus der Uni-Webseite) eingeschrieben sind. Also müsste das den Effekt doch zumindest so verzerren, dass es zu den – von Autorin und Autor ausdrücklich als nicht-existent erwähnten – statistischen Ausreißern kommt.

    Wie gesagt, die alphabetische Sozialisierung – diese These entstammt dem Paper, nicht von mir – erscheint mir hochgradig unplausibel und zu simpel, im Vergleich zu anderen Faktoren: verfügbares Einkommen derr Familie/der Probanden, Zahl der Geschwister – die macht wirklich was aus, ob man schnell oder langsam zugreift, wie eine Freundin, die mit acht Brüdern und Schwester aufwuchs, gerne bestätigen wird – oder die generellen Einkaufsgewohnheiten der Familie (Großmarkt und Sonderangebote vs. Boutiquen mit Intensiv-Beratung etc.) usw. usw.

    Der Haken ist nur: Ich kann keinen Fehler entdecken. Denn es wurden nicht nur Basketball-Tickets angeboten, sondern in anderen Tests Geldpreise, Sachpreise (eine Flasche Wein) oder auch nur theoretische Schnäppchen (20 Prozent Rabatt auf Marken-Rucksäcke), es wurden Studenten und ältere Personen, Verheiratete und Unverheiratete getestet; es wurde das Verhalten derer, die überhaupt zugriffen (egal wie schnell oder wie langsam), zu dem der “Verweigerer” in Relation gesetzt. Die vier verschiedenen Versuchsreihen waren in der methodischen Auslegung, den Sample-Größen, der Teilnehmersturktur etc. so verschieden, dass ein systematischer Fehler aufgrund der Versuchsanordnung unwahrscheinlich ist – und es waren insgesamt mehrere Hundert Probanden, also eine relativ stabile Datenbasis.

    Ich finde jedenfalls keine Lücke, durch die ich mit meiner Skepsis durchbrechen kann. Aber andererseits denke ich immer noch, dass da irgend etwas Anderes mit im Spiel sein muss. Ich weiß eben nur nicht, was …

  16. #16 Sven Türpe
    19. Januar 2011

    Der Haken ist nur: Ich kann keinen Fehler entdecken.

    Der Fehler liegt in der Überschätzung der Aussgekraft einer Statistik, die mit keiner Theorie hinterlegt ist. Es gibt keine plausible Theorie, die einen Last Name Effect vorhergesagt hätte und für die man nun in einer Studie erste Evidenz gefunden hätte. Es gibt auch keine relevante Theorie, die den gemessenen Antwortzeiten eine Bedeutung zuweist. Es handelt sich schlicht um ein statistisches Experiment, dessen Ergebnis mittels Ad-hoc-Hypothesen interpretiert wird.

  17. #17 BreitSide
    19. Januar 2011

    Also ich (xyz-ler) kann mich an viele Situationen erinnern, bei denen ich erst ganz am Schluss dran war. Meistens war ich (nachnamentlich) der Letzte der Klasse.

    Ob ich allerdings zu den Schnäppern gehöre, kann ich nicht so gut beurteilen.

  18. #18 cydonia
    19. Januar 2011

    @Jürgen Schönstein
    Genau, was könnte es sein? Ich muss gestehen, dass ich dazu tendiere “die Lücke” bei den Testenden zu suchen, und nicht bei den Getesteten. Und wenn ich dann das paper nicht vor mir habe, wirds eh schwierig.
    Also, ich zweifle ganz massiv an den Resultaten…irgendwas ist da schiefgelaufen. Ich habe grad mal die Nachnamen meines Bekanntenkreises auf Schnäppchenanfälligkeit hin untersucht: Korrelationen nicht erkennbar. Sind aber auch nur ca. 20 bei denen ich das einschätzen kann. Der Schnäppchenmeister trägt allerdings einen W-Namen. Die Schnäppchenmeisterin dagegen einen B-Namen, und das seit ihrer Geburt.
    Was solls….

  19. #19 Helmut E.
    19. Januar 2011

    Was haben wir also bisher gelernt: Je weiter unten man auf einer alphabetisch geordneten Namensliste steht, desto schneller greift man zu, wenn sich ein günstiges Angebot bietet.

    Ist das so? Hat man beobachtet, dass alle Testpersonen die Mails zur gleichen Zeit gelesen haben und die sich weiter vorne im Alphabet befindenden Personen länger im Entscheidungsprozess verharrt sind? Wohl kaum…

    Ich denke, die Studie hätte ursprünglich erst am 1. April erscheinen sollen. 🙂

  20. #20 cydonia
    19. Januar 2011

    Ich habs! Die Testenden mussten die Namen doch eintragen: Um die weiter hinten im Alphabet stehenden zu finden, und sie in die Liste zu übertragen, mussten sie einfach länger scrollen, und die Zeitdifferenz wurde nicht berücksichtigt, fließt aber in die Statistik mit ein. Sowas Ähnliches wirds wohl gewesen sein.

  21. #21 Tim
    19. Januar 2011

    Fachzeitschriften vom Kaliber des “Journal of Consumer Research” sind voller solcher Studien mit scheinbar tollen Zusammenhängen. Sollte man nicht zu ernst nehmen.

  22. #22 Erik
    19. Januar 2011

    Nun ja, mein Name fängt mit Z an und ich kann von mir behaupten, dass ich vollkommen immun gegen Schnäppchen bin… Also entweder falle ich aus der Studie raus, weil ich darauf nicht anspringe oder ich bestätige sie, da meine Entscheidungszeit bei solchen Sachen annähernd Null beträgt…
    Auch das Argument mit der Schule stimmt nicht, zumindest haben fast alle Lehrer damals in der Schule immer anders angefangen, wenn sie denn überhaupt mal die Namensliste genommen haben… Mal von hinten und auch manchmal erster, letzter, zweiter, vorletzter usw.
    Die Studie halte ich für unhaltbar und einfach nur Zeitverschwendung… In der Zeit hätten die wesentlich wichtigere Dinge untersuchen können…

  23. #23 cydonia
    19. Januar 2011

    Teilweise Zustimmung Erik, aber was glaubst du, wieviele dubiose Studien so rumschwirren, die immer mal wieder zitiert werden, und die dann doch von manchen Leuten ernstgenommen werden. Ich meine, es gab bis vor gar nicht allzu langer Zeit wohl auch Lehrstühle für Graphologie.
    Es ist schon gut, wenn man sich gedanklich mit derlei Studien beschäftigt, um seinen kritischen Geist ein wenig zu schärfen. Kann man immer brauchen.

  24. #24 Jules
    19. Januar 2011

    @cydonia: Ich kann nur von meiner Schulzeit in den 1990ern bestätigen, dass schon noch mit alphabetischen Klassenlisten gearbeitet wird (bzw. damals wurde – k.A., wie das heute ist).
    Mein Nachname fängt mit Z an, und so war ich z.B. am ersten Schultag eine der letzten, die zu ihrer neuen Klasse aufgerufen wurde. Was blöd war, da ich unbedingt mit meiner besten Kindergartenfreundin in eine Klasse wollte, deren Nachname mit E anfingt – sie war also schon längst aufgerufen, während ich noch ziemlich lange warten musste, ehe ich die Gewissheit hatte, dass es geklappt hatte.
    Ist jetzt nicht wirklich traumatisch oder so, aber schon ein bisschen blöd.
    Wir hatten aber keine Sitzordnung nach Alphabet – das war wohl vor meiner Schulzeit durchaus üblich.

  25. #25 Jürgen Schönstein
    19. Januar 2011

    Das mit den E-Mailadressen hatte ich auch für einen Moment gedacht, aber das kann es auch nicht sein. An der Uni (ich nehme an, es war Belmont, aber das steht leider nicht im Paper) sind die Studentenadressen nach folgendem System aufgebaut (das wiederum steht im Paper): Initial des Vornamens+Initial des Nachnamens+vierstellige Kennziffer. Ein Anton Zimmermann hätte also die Email az1234@unisoundso.edu – will heißen: In der Versandliste steht er ganz oben, nicht unten. Außerdem würde dies vermutlich nur Unterschiede im Sekundenbereich erklären – aber es ging hier typischer Weise um Minuten und Stunden. Soooo lang kann das Scrollen auf einer Liste auch nicht dauern.

    Ich teile mit cydonia die Auffassung, “dass ich dazu tendiere “die Lücke” bei den Testenden zu suchen, und nicht bei den Getesteten.” Nur wo die Lücke liegt – keine Ahnung.

  26. #26 Ulf Lorenz
    19. Januar 2011

    Prinzipiell wuerde ich ja Sven Tuerpe zustimmen. Wenn man nur lange genug testet und sich die Ergebnisse immer im Nachhinein ueberlegt, kommt irgendwann zwangslaeufig etwas heraus.

    Mal schauen, was ich sonst so an Angriffspunkten finde:

    * Wie gross ist denn das Sample? Z.B. haben 76 Personen bei Teil 1 geantwortet? Wieviele wurden denn dann angeschrieben (Master-Studiengang BWL wuerde ich in der Groessenordnung 1000 tippen)? Und passt die Namensverteilung bei denen, die nicht geantwortet haben? Bei Studie 2 wurden 280 Leute angeschrieben? Wieviele haben geantwortet? usw.

    * Lassen die Autoren irgendwo verlauten, dass sie die Namen mal anders sortiert haben? Z.B. dass sie statt vier Quartilen mal die 5.-10. Buchstaben vom Anfang und Ende verglichen haben, um sicherzustellen, dass der Effekt auch durch “Binning” nicht weggeht?

    * Wie genau kommen die Fehlerbalken in der Grafik zustande? Und ueberhaupt, was sagt die Grafik eigentlich aus? Abweichung vom Mittelwert in der Einheit Mittelwert angegeben? Passen die Daten zu den Daten des Experiments? Fuer das erste vermutlich naemlich nicht…

  27. #27 Stefan W.
    19. Januar 2011

    Wieso sind die Messpunkte i.d. Grafik miteinander verbunden?

    Wenn man überhaupt europäische Schulerfahrungen mit amerikanischen vergleichen darf, dann kann ich auch nur beitragen, dass bei Ergebnissen von Klassenarbeiten kein Vorteil darin besteht, bei den ersten zu sein, aber da, wo es einen Nachteil gibt, das macht der Lehrer nicht zweimal! Entweder er verteilt die Vorteile beim nächsten Mal von hinten nach vorne, oder der Protest ist ihm sicher.

  28. #28 scf
    20. Januar 2011

    Ich tendiere ebenfalls dazu, das Ganze etwas kritisch zu betrachten. Zunächst einmal verwischt für mich (soweit ich das ohne Originalpaper beurteilen kann) die Grenze zwischen Korrelation und Kausalität in den Aussagen der Forscher, zumindest im Fazit in dem sie ihre ad-hoc Theorien beschreiben. Der Zusammenhang mag zwar da sein, aber daraus Gründe abzuleiten ist schlechte wissenschaftliche Praxis und erinnert so ein bißchen an die Störche-Kinder-Geschichte.

    Was die Einwände über die Messung der Responsezeit angeht, denke ich, dass die Forscher sicherlich (hoffentlich!) mit Lesebestätigung gearbeitet haben. An meiner Uni ist es zumindest so, dass sich über das Mailprogramm der automatische Versand einer Bestätigungsmail bei Öffnung der versandten durch den Empfänger einstellen lässt, so dass der Zeitpunkt ab tatsächlichem Lesen gemessen werden könnte.

    Allerdings kann ich persönlich bestätigen, dass ich, mit einem (Geburts-)Nachnamen eher im hinteren Mittelteil des Alphabets gesegnet, früher schon permanent darüber genervt war, in der Schule oder sonstwo ewig auf meinen Aufruf warten zu müssen. Wir haben zwar auch ab und an die Reihenfolge variiert, aber da ich ja eher im hinteren Mittelteil war, hat sich das für mich nicht sonderlich bemerkbar gemacht. Insofern wäre es interessant, zu sehen ob bei solchen Umkehr-Praktiken (vorausgesetzt, sie finden gleich häufig statt wie die normale Vorgehensweise) diejenigen in der Mitte am schnäppchenjägerischstsen vorgehen würden. Zumindest die Vermutung der Forscher würde dies ja vorhersagen.

    So ganz abwegig finde ich daher aus eigener Erfahrung die Thesen nicht – zumindest was das Gefühl der Benachteiligung angeht. Schnäppchenjäger bin ich allerdings nicht geworden..

  29. #29 miesepeter3
    20. Januar 2011

    Der Wirtschaft wird andauernd irgendwelcher Schwachsinn angeboten, der angeblich Umsatz und Rendite steígert oder Arbeitnehmer- und Kundenzufriedenheit erhöht.
    Ich erinner mich an ein Seminar über Personalführung und Karriereplanung (Aufsteigen innerhalb eines Unternehmens), in dem eine Studie vorgestellt wurde
    (Europa? Deutschland?), die einen Zusammenhang zwischen ersten Buchstaben des Familiennamens und Bevorzugung bei Beförderungen festgestellt haben will.
    (Bedaure, habe keine Quelle, ist schon zu lange her). Es wurde die gleiche Begründung geliefert: ABC und D sind eben eher dran als XYZ, geht schon in der Schule los. Es wurde davor gewarnt, auch in diesen Automatismus bei der Personalauswahl zu fallen, weil man möglicherweise den Supertyp mit S am Anfang nicht nehmen würde und genau der die Karre aus dem Dreck ziehen könnte.
    Also auf die Grundidee ist man schon in den 80ern des vorigen Jahrhunderts gekommen. Aber ich verrate hier nicht, mit welchen Buchstaben mein Familienname
    anfängt. Ich bekomme saugut Geld und weiß nicht mal so genau, wofür.

  30. #30 BreitSide
    20. Januar 2011

    scf: das mit den Störchen und den Geburten hat einen kausalen Zusammenhang, genauso wie das mit der Schuhgröße und dem Einkommen (je größer, je höher):

    Zu den Störchen:
    a) unser Wohlstand beruht – auch – auf der Trockenlegung von Feuchtgebieten,
    b) das reduziert kausal die Zahl der Frösche und damit der Störche,
    c) der Wohlstand wieder reduziert – signifikant und kausal überall auf der Welt – die Geburtenrate.

    So ist also die Trockenlegung der Feuchtgebiete sowohl für die Reduktion der Storchenzahl als auch für die Reduktion der Geburtenrate verantwortlich.

    Die Schuhgröße wiederum korreliert sehr stark mit der Körperhöhe.
    Und die Körperhöhe korreliert sehr stark mit der hierarchischen Position. Das ist wohl ein evolutionäres Erbstück (große Krieger sind starke Krieger sind gute Führer).

    So ist manche angebliche Scheinkorrelation doch kausal, wenn man genauer nachschaut.

    Also: in beide Richtungen vorsichtig sein!

  31. #31 DJ Gdańsk
    30. Oktober 2015