Von der Idee, dass nicht alles, was Haushalte wegwerfen, gleich wertloser Müll ist, haben gewiss schon viele gehört (auch wenn sich’s in Städten wie New York, das ein ziemlich lausiges Recyclingprogramm hat, noch nicht rumgesprochen hat – hier dienen Mülltrennungs-Vorschriften eigentlich nur dazu, Strafzettel und Bußgelder zu generieren). In Brasilien hat sich eine für Drittwelt- und Schwellenländer typische Recyclingwirtschaft etabliert: Die Haushalte schmeißen weg, der Müll kommt auf die Kippe – und dann bleibt es den oftmals Ärmsten der Armen überlassen, Verwertbares aus diesen Müllhalden zu sortieren. Doch in Brasilien sind diese Müllpicker, die Catadores, sogar gewerkschaftlich organisiert – und das macht sie zu idealen Partner für das “Green-Grease”-Projekt, das Studenten des Massachusetts Institute of Technology entwickelt haben:
Die Idee, “entsorgtes” Speiseöl als Kraftstoff für die Trucks der Catadores zu verwenden, hat gleich eine ganze Reihe von bestechenden Vorteilen:
- der ölige Müll, der ansonsten in das Grundwasser oder in die Vorfluter gelangt, wird wiederverwertet und
- die Betriebskosten der Catadores, die etwa ein Fünftel ihrer Einnahmen allein für Treibstoff ausgeben müssen, werden deutlich gesenkt – was bei den minimalen Einkommen, die sie erzielen, sicher keine unerhebliche Größe darstellt
- das wiederverwertete Öl spart zumindest für eine kleine Gruppe – der Test wurde mit Müllsammlern in Sao Paulo durchgeführt, landesweit gibt es jedoch etwa eine halbe Million Catadores – den Einsatz fossiler Brennstoffe ein
- die Umrüstung der Motoren auf das gefilterte Speiseöl ist billig: Sie lässt sich durchgängig von den Catadores selbst vornehmen, und sie können dazu praktisch ausschließlich Materialen verwenden, die sie selbst einsammeln konnten.
Die Liste ist sicher erweiterungsfähig: So könnten die aufs Umrüsten geschulten Catadores ihre Dienste für andere Müllsammler – oder wer weiß, auch andere kommerzielle Transportunternehmen – vermarkten. Sprit ist in Brasilien zwar absolut gesehen billiger als in Europa – aber gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen (das brasilianische pro-Kopf-Einkommen ist im Durchschnitt weniger als ein Drittel dessen der Bundesrepublik Deutschland) enorm teuer.
Was mir an dem Projekt gefällt (und weshalb ich es hier erwähne) ist erstens, dass es eine Studenteninitiative ist. Und zweitens, dass sie zwar eine technologische Lösung für ein Problem anbietet – aber eine Lösung, de von den Betroffenen selbst umgesetzt werden kann (und nicht, wie so oft, darauf abzielt, neue Märkte für “Problemlöser” aus Indrustrienationen zu schaffen). Und drittens schlägt sie gleich mehrere Fliegen mit ein und derselben Klappe.
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