So etwa hätte ich wahrscheinlich, wenn ich noch für ein bestimmtes, großvierbuchstabiges Tagesmedium arbeiten würde, das Resultat des Papers

Voice pitch influences perceptions of sexual infidelity

zusammengefasst, das in der aktuellen Ausgabe von Evolutionary Psychology veröffentlicht wurde. Der Zusammenhang zwischen Stimmlage und sexueller Attraktivität – je tiefer die Männerstimme und je höher die Frauenstimme, um so erotischer werden sie wahrgenommen – ist ja beinahe intuitiv plausibel, und den Kurzschluss von der Attraktivitat zur Aktivität könnte man auch leicht verkaufen. Das steht zwar so nicht da, denn das Paper sagt nichts darüber aus, wie treu oder untreu die Stimmen-Inhaber tatsächlich sind, sondern nur, was andere, die diese Stimmen hören, ihnen zutrauen.


Aber das nur am Rande (und um meine aufmerksamkeitsheischende Überschrift zu rechtfertigen – sorry!) Aber was mich an dem Paper tatsächlich beschäftigt, ist das folgende Problem: Da wird nun einerseits festgestellt, dass sexuell attraktivere Stimmlagen (tiefe beim Mann, hohe bei Frauen) tatsächlich bei Zuhörern den Effekt haben, dass sie den entsprechenden Männern/Frauen eine größere Neigung zum Fremdgehen unterstellen. Und da sexuell attraktive Männer beziehungsweise Frauen auch, wie aus anderen Studien tatsächlich nachweisbar war, sexuell aktiver – auch außerhalb der eigenen Partnerschaft – sind, sei dies eine (vermutlich evolutionär entstandene) Schutz- oder Warnreaktion. Denn schließlich sei Untreue mit hohen Kosten für die Partnerschaft und das betrogene Individuum verbunden, ein entsprechender Schutzmechanismus also eher plausibel.

Letzteres heißt aber doch eigentlich, dass die derart ausgestatteten (potenziellen) Partner dadurch eher unattraktiver werden müssten: “Achtung, lass die Finger vom dem, der geht eh’ nur fremd!” Warum sind tiefe Männerstimmen und hohe Frauenstimmen dann überhaupt “attraktiv” = anziehend?

Ich fürchte mal, die Sache ist eher umgekehrt: Wir gehen einfach davon aus, dass Personen, die wir nicht als attraktiv empfinden, auch keinen Sexualpartner/keine Sexualpartnerin finden werden. Und da zum (konventionellen) Sex immer zwei gehören, droht denen auch nicht die Versuchung zum Fremdgehen. Oder, mit anderen (musikalisch unterlegten) Worten:

flattr this!

Kommentare (10)

  1. #1 Christian
    4. März 2011

    Youtube nervt langsam… Jetzt läuft schon überall Werbung vor den Videos und gucken darf man sie trotzdem nicht…

  2. #2 Grundumsatz
    5. März 2011

    Ich finde hohe Frauenstimmen jetzt nicht so wahnsinnig attraktiv, aber ich war schon immer anders als die anderen Kinder. 🙂

    Davon abgesehen halte ich es für wichtig, wie man attraktiv definiert. Sexuell attraktiv bedeutet ja erstmal nur gute Gene. Wer sich dann um die Aufzucht der Jungen kümmert, ist eine andere Frage.

    Außerdem glaube ich, dass man zwischen Mann und Frau unterscheiden müsste. Ein Schlüssel der jedes Schloss aufschließt ist nützlich. Ein Schloss dass sich von jedem Schlüssel aufschließen lässt eher unbrauchbar.

  3. #3 Sven Türpe
    5. März 2011

    Ein Tipp zum Schreibstil: Wolf Schneider empfiehlt Journalisten und anderen Berufstextern, Dinge ungezwungen beim Namen zu nennen. Statt quälend umständlich von einem »bestimmten, großvierbuchtabigen Tagesmedium« zu schreiben, würde man unter Berücksichtigung dieser Empfehlung schlicht den Eigennamen Bildzeitung verwenden. Das würde dem Leser das Lesen erleichtern und ihn zudem davon entlasten, über den hier gänzlich irrelevanten Neid des Autors auf den Erfolg der auflagenstärksten Tageszeitung unseres Landes nachdenken zu müssen. Damit hätte der Autor seine Aufgabe besser erfüllt als im vorliegenden Text.

    HTH.

  4. #4 Jürgen Schönstein
    5. März 2011

    @Sven Türpe
    Na sowas, hat der Trollzoo heute wieder Ausgang? Erstens empfielt Wolf Schneider, wenn ich mich recht entsinne, auch den gelegentlichen Bruch von Regeln, die er selbst aufgestellt hat, und zweitens: Wie kommen Sie auf den “gänzlich irrelevanten Neid des Autors auf den Erfolg der auflagenstärksten Tageszeitung unseres Landes”? Googeln Sie mal, und Sie werden feststellen, dass ich ein Jahrzehnt lang für diese Zeitung gearbeitet habe. Woraus schließen Sie auf “Neid”? Weil ich beschlossen hatte, den Springer-Verlag zu verlassen? Vorschlag: Bevor Sie psychologische Ferndiagnosen anstellen, informieren Sie sich erst mal, worüber Sie reden. Und wenn Ihnen mein Schreibstil nicht gefällt, dann klicken Sie doch einfach hier – da werden Sie sich mit Sicherheit viel wohler fühlen …

  5. #5 Logiker
    5. März 2011

    @ sven türpe: was ein Sprachnörgler wie Schneider sagt, ein elendiger Pärskriptivist, interessiert keinen ANWENDER einer Sprache. Der Schneider ist so tot wie ein Tyrannosaurus Rex, zumindest, was seine wissenschaftlichen (bzw. nichtwissenschaftlichen Ergüsse) angeht.

  6. #6 Quixottel
    6. März 2011

    @grundumsatz: ich drängel mich mal an deine Seite der Andersartigkeit… denn hohe Frauenstimmen haben bei mir einen exakt umgekehrten Effekt – ich versuche meine Ohren von innen zu verstöpseln. Für mich sind richtig hohe, penetrante Stimmen kein Zeichen von Attraktivität und Anziehung, sondern viel mehr eine Art ausgebildetet Tobsucht sich der Szenerie als Mittelpunkt zur Verfügung zu stellen – die Stimme geht durch Mark und Bein, da kann ja keiner mehr wegsehen… oder so.
    Naja, auf jeden Fall würde ich hohe Stimmen bei Frauen nicht als pauschales Attraktivitätsmodul ansehen wollen – ich mag eher die Stimmen, die in der Alt-Stimmlage vorherrschen…

    Die Anschwärzung des Autors wegen seiner Ausdrucksweise – wozu denn bitte? Offensichtlich hat es ja auch derjenige verstanden, der es kritisiert hat. Wozu dann also dieser Klamauk? Für mich ist die Umschreibung eines Namen ein schriftlicher Hinweis auf die Einstellung des Autors gegenüber dem angesprochenen Objekt – daraus kann man viel besser interpretieren als aus einfach hingeklatschten Worten, die nur beziffern aber nichts umschreiben… kurzum: Bewahrt das Umschreiben, sonst verliert die Sprache ja noch ihr letztes Quäntchen Attraktivität …. dann stirbt dieser Blog hier vermutlich für nicht-Sven-Türpes aus, und das wäre wohl gleichbedeutend mit Massenflucht…

  7. #7 BreitSide
    6. März 2011

    Jaja, TölpelTürpelTroll, musste mal wieder einen rauslassen. Gehört halt zur Therapie.

    Wg Stimmhöhe: mir ist mal aufgefallen, dass in Spanien und Frankreich eher die hohen Stimmen bevorzugt werden, in den USA eher die tiefen. War natürlich nur eine ganz kleine persönliche “Statistik” anhand zB synchronisierter Filme, beliebter Musikstücke oder dem Bestreben von Frauen, eine Stimmhöhe zu erreichen.

    Bei der angeführten Untersuchung drängt sich mir auch der Zirkelschluss auf: bestimmte Stimmlage=höhere Attraktivität=stärkerer Verdacht auf Fremdgehen. Da scheint mir das Merkmal “Stimmlage” ein Puzzleteil zur Attraktivität zu sein, die dann “automatisch” einen stärkeren Verdacht des Fremdgehens erzeugt.

  8. #8 Daniel
    7. März 2011

    Also wenn ich mich noch recht erinnere ….

    Die Stimmlage soll ja andeuten wie überlebensfähig der Partner ist (gesund, stark, …) und damit auch deren Kinder.
    Da war mal wo ein Artikel (…) wo es geheißen hat, dass es je nach Ökonomischen Zuständen die Partnerwahl erfolgt. Sprich wenn das überleben gerade schwer ist, man eher zu den “starken” aber “untreuen” Partnern greift, und umgekehrt.
    So macht es doch Sinn, dass es das Merkmal noch immer gibt, denn je nach Zustand ist es positiv oder negativ. Denn wenn das Überleben auf dem Spiel steht, geht es eher um kurze Zeiträume und möglichst robuste Nachfahren. Wenn diese überleben dann hat man Glück gehabt (und eventuell gute Gene).
    Wenn die Zeiten besser sind, dann ist die Wahl eines vielleicht nicht so starken Partners kein wesentliches Problem, aber es kann die Sicherheit das die Nachkommen (gut) überleben deutlich erhöhen.

  9. #9 Serge
    7. März 2011

    “If you wanna be happy for the rest…” : Das ist nicht so leicht.

  10. #10 Muddi & theBlowfish
    8. März 2011

    …jaja, schon meine Omma sachte, aus einer schönen Schüssel ist man nicht allein, das damit der Klang gemeint war, war mir aber neu!