Sieht ja ganz süß aus, diese kleine Gitarre, die 1979 von dem amerikanischen Instrumentenbauer Danny Ferrington gefertigt wurde. Süß, aber auch schon arg verschrammt. Mehr als 300 bis 500 Dollar sollte sie nicht Wert sein, fanden die Schätzer des US-Auktionshauses Bonhams. Doch am Mittwoch (9.3.2011) fand sie im Rahmen einer großen Auktion erst bei 42.700 Dollar (einschließlich Auktionscourtage) den Zuschlag. Warum würde jemand das Hundertfache des Schätzwertes für so einen Gegenstand hinblättern? Nun, weil diese kleine Gitarre nicht irgend jemandem, sondern der Gitarren-Legende Eric Clapton gehört hatte, von dem sie auch beim ständigen Spielen so verschrammt wurde.
Das Geschäft mit Sammlerstücken läuft offenbar prächtig; die durchschnittliche Wertsteigerung für solche Gegenstände wurde mal mit elf bis 14 Prozent jährlich veranschlagt. Und die Auktion, auf der Clapton einen Teil seiner umfassenden Sammlung von Gitarren und Zubehör zu Gunsten seiner Entziehungsklinik Crossroads Centre auf der Karibikinsel Antigua versteigern ließ, brachte mit 2,15 Millionen Dollar etwa das Vierfache dessen ein, was die Bonham-Schätzer veranschlagt hatten.
Aber warum? Warum blättert jemand für eine in Serie gefertigte schwarze
Fender Stratocaster, die selbst als Eric-Clapton-Sondermodell bei Amazon für “nur” 3675 Dollar zu haben wäre, hier mehr als 51.000 Dollar hin? Weil er darin eine Geldanlage (siehe oben) vermutet? Das auch. Weil er oder sie einfach gerne ein historisches Clapton-Souvenir haben möchte? Auch möglich. Laut einem Paper, das kürzlich im Journal of Consumer Research erschienen ist, spielt der (Aber-)Glaube, dass sich durch den Erwerb eines Gegenstands aus dem Besitz einer anderen Person auch etwas von deren Wesen, von deren “Essenz” übertragen lässt, oft die entscheidendere Rolle. Die Autoren George E. Newman, Gil Diesendruck und Paul Bloom verwenden für diesen “Mechanismus”, durch den der Starglanz abfärben soll, den Begriff des “Celebrity Contagion” – die Ansteckung des Ruhmes, wenn man so will.
Die Idee des contagion ist natürlich nicht neu; es wurde – wenn ich den Autoren vertrauen darf – von Anthropologen des späten 19. Jahrhundert bereits wissenschaftlich beschrieben. Die Annahme, dass Gegenstände durch den Kontakt mit berühmten oder berüchtigten Persönlichkeiten in gewisser Weise transformiert werden, ist ja weit verbreitet – die “historische Bedeutung” von Objekten, dank derer ja zahllose Museumsräume weltweit gefüllt werden können, ist ja letztlich nichts anderes als die Zuweisung einer besonderen, mit konkreten Personen und Handlungen verbundenen Qualität an einen ansonsten oft trivialen Gegenstand (zum Beispiel den Füllfederhalter, mit dem 1990 der deutsche Einigungsvertrag unterschrieben wurde). Und dass dies irgendwie beim Sammeln von historischen oder Prominenten-Souvenirs eine Rolle spielt, ist intuitiv nachvollziehbar – in dem Paper ging es aber darum, die Bedeutung dieses Effekts, vor allem im Vergleich zu anderen Motiven wie dem “Einfach-haben-wollen” oder der Wertspekulation, zu analysieren.
Und in der Tat stellen sie fest, dass die Bereitschaft, einen Gegenstand zu erwerben, der mit einer positiv eingeschätzte Berühmtheit assoziiert wird, deutlich größer ist, als wenn diese Person eher berüchtigt war (was allein aus dem Grund der Spekulation nicht einfach abzuleiten wäre – da wäre es vor allem wichtig, dass das Objekt irgendwie historisch verortet werden kann). Und es spielt auch eine Rolle bei der Kaufbereitschaft, wie intensiv der Kontakt der Berühmtheit mit diesem Gegenstand war, also ob es nur – zum Beispiel als nie geöffnetes Geschenk – im Besitz der Person war, oder ob sie dieses, wie zum Beispiel John F. Kennedys Schaukelstuhl regelmäßig benutzt hat. Das würde auch erklären, warum die kleine, eingangs erwähnte Gitarre so hoch bewertet wurde: Angeblich hatte Clapton sie auf viele seiner Reisen als “Spielzeug” (so die Einschätzung des Gitarrenbauers Danny Ferrington selbst) ständig griffbereit;l die Schrammen auf der Gitarrendecke zeugen jedenfalls von ausgiebigem Gebrauch. Bei Gegenständen aus dem Besitz einer negativ beurteilten Person hingegen (zum Beispiel Saddam Hussein) verringert zu intensiver “Körperkontakt” eher die Kaufbereitschaft.
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