Darüber, dass Frauen trotz aller Lippenbekenntnisse im wissenschaftlichen und technischen Hochschulbetrieb längst nicht die Gleichstellung erreicht haben, die sie nach allen Prinzipien unserer modernen Gesellschaft(en) haben sollten, war hier auf den ScienceBlogs schon mehrfach zu lesen (zum Beispiel hier und hier). Dass sich ausgerechnet das Massachusetts Institute nun auch noch enmal in einem Report mit der Frage befasst, wie sich diese Disparität wenn schon nicht beseitigen, dann wenigstens verringern lässt, mag zwei Gründe haben: Erstens steht seit Dezember 2004 eine Frau, die Neurwissenschaftlerin Susan Hockfield als Präsidentin an der Spitze dieses akademischen Technoshops, und zweitens – das ist viel entscheidender – waren Mitte der 90-er Jahre die Frauen am MIT auf die (nicht ganz wörtlich zu nehmenden) Barrikaden gegangen: Ihre Beschwerde über Benachteiligung bei der Verteilung von Mitteln und Ressourcen führte zu den ersten offiziellen Berichten zur Situation der Frauen an den Fakultäten für Naturwissenschaften (1999) und Ingeniuerswesen (2002). Aktuell liegt nun der dritte
vor.
Und der zeichnet, wenn schon nicht ein gleichgestelltes, dann doch wenigstens ein verbessertes Bild für weibliche Fakultätsangehörige (die Lage der Studentinnen wurde hier nicht untersucht): Die Zahl der weiblichen Lehr- und Forschungskräfte ist deutlich gestiegen – 1995 gab es in der School of Science gerade mal 22 Frauen gegenüber 252 Männern. Inzwischen hat sich das Zahlenverhältnis zwar gebessert, wie diese Grafik zeigt:
Aber eine Verbesserung alleine ist noch keine Gleichstellung: Die Männer (die in der Grafik ganz dezent und unmaßstäblich im Hintergrund verschwinden) sind den Frauen allein in der School of Science noch um fast das Fünffache überlegen. Aber zumindest hätten sich die Bedingungen, unter denen Frauen dort arbeiten, seit 1999 deutlich verbessert, versichert der Report. Vor allem jüngere Kollegen fänden es inzwischen natürlich, dass Frauen auch Führungspositionen besetzen, und die älteren hätten zumindest akzeptiert, dass solche besetzungen dazu gehören.
Vor allem hätten sich aber die speziellen Bedingungen, die Frauen oft ins Hintertreffen auf der akademischen Laufbahn verbannen, deutlich verbessert, lobt der Report:
“Today junior women faculty can have a child while taking family leave/extension of the tenure clock and get tenure, which had never happened in Science at the time our committee was formed in 1995.”
Na, dann wird ja alles gut sein, oder? Nein. Bei aller Anerkennung für die Bemühungen um Gleichstellung findet der Report immer noch erhebliche (alte) Mängel, zu dem noch ein neues Problem hinzu zu kommen scheint: Studentinnen und junge Akademikerinnen müssen sich nun vorhalten lassen, dass sie ja nur wegen der “Frauenquote” (im amerikanischen Sprachgebrauch heißt die Quotenregelung “Affirmative Action”) an ihre Positionen geraten seien:
This comment prompted some women to note that when they win an award or other recognition it is not uncommon for a colleague on the selection committee to say, “it was long overdue that the award be given to a woman,” indicating that gender was a significant factor in the selection. These kinds of statements deprive the awardee of the satisfaction of knowing that it was purely because of respect for her accomplishments that she got the award.
Der Sexismus hat sich vielleicht gewandelt und ist defensiver geworden – aber ausgerottet ist er noch nicht. Oder, um eine der befragten Akademikerinnen zu zitieren: “Das ist ein Grund zum Feiern – aber mit Vorbehalten.”
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