Zumindest in der öffentlichen Meinung bestehen daran stetig wachsende Zweifel. Die amerikanische Food and Drug Administration, die für die Lebensmittelkontrolle und vor allem für die Genehmigung von Lebensmittelzusätzen und -Inhaltsstoffen zuständig ist, hat daher, in einer seltenen Abweichung von ihrem Protokoll – auf Bürgerpetitionen reagiert die Behörde eigentlich nicht – gerade eine Gruppe von Fachleuten gebeten zu prüfen, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen synthetischen Lebensmittelfarben und Verhaltensstörungen bei Kindern gibt. So steht beispielsweise Rot 40 (das im Deutschen als Allurarot verwendet wird) im Verdacht, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) zu verursachen, Blau 1 und 2 werden als Krebserreger verdächtigt.
Das galt bisher in Fachkreisen eher als eine “urbane Legende”; ein Artikel in der britischen Fachzeitschrift Lancet (deren Ruf seit dem Impf-Autismus-Skandal jedoch angeschlagen ist) hatte bereits im November 2007 einen Artikel über Food additives and hyperactive behaviour in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community veröffentlicht, der zu dem Resultat kam
Artificial colours or a sodium benzoate preservative (or both) in the diet result in increased hyperactivity in 3-year-old and 8/9-year-old children in the general population.
Einfärbung von mir, und hier etwa so sinnvoll wie im Essen.
Ob die Experten-Anhörung der FDA ein erster Schritt zu einem Verbot der Farbstoffe sein wird, darf man anzweifeln. Denn laut der New York Times sind die FDA-eigenen Wissenschaftler eher skeptisch gegenüber dem “Belastungsmaterial”. Und die Lebensmittelindustrie will auf die optischen “Verstärker” – die ja bisher den Segen der Behörde haben und in fast allem sind, was in den Supermarktregalen angeboten wird, von Kartoffelchips bis Käsenudeln – nicht verzichten.
Ich weiß, dass Wissenschaftler die Stirn runzeln, wenn Lebensmittel geächtet werden sollen, “weil da Chemie drin ist”. Und mir ist schon klar, dass “Chemie” überall drin ist, auch in der Natur. Aber synthetische Farbstoffe – die müssen nun wirklich nicht drin sein. Erstens haben sie historisch einen schlechten Ruf (Rot Nr. 2 wurde tatsächlich als Krebserreger entlarvt und 1976 von der FDA verboten), zweitens dienen sie oft dem fraglichen Zweck, mehr Substanz (das Gelb in den Nudeln und dem Käse, beispielsweise) vorzutäuschen und drittens wurden sie traditionell auch dazu verwendet, mindere Qualität der Zutaten zu verschleiern. Aber vor allem: Wozu sollen sie gut sein?
Dass selbst die unbedenklichsten Farbstoffe ungesund werden, wenn ihr Zweck nur dazu dient, Kinder zum größeren Verzehr überzuckerter (und übersalzter) Süßwaren und Frühstücksflocken zu animieren. Als einer der größten Gumibärchenvernichter der westlichen Hemisphäre weiß ich, wovon ich rede: Seitdem die kleinen Gummipetze mit Fruchtsaft gefärbt sind (in den USA werden übrigens die Goldbären immer noch nur mit dem künstlichen Farbstoffen abgeboten), schmecken sie mir um so besser – das ist gut! – und darum verpetze verputze ich so eine Packung nun noch schneller (Halbwertszeit ca 45 Sekunden) und greife dann gleich nach der nächsten. Definitiv ungesund und figurschädigend.
Sicher ist nur Eines – die bunten Zuckerkringelchen fliegen raus aus dem Küchenregal. Manchmal muss man sich halt mit einem Pre-Teenager auch über so etwas streiten …
Foto:Evan-Amos – Own work, [CC0], via Wikimedia Commons
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