627px-Froot-Loops-Cereal-BowlWarum die Frühstücksflocken meines Sohnes unbedingt knallbunt – rot, grün, pink, blau, usw. – sein müssen, habe ich nie verstanden. Zum Geschmack trägt die Buntheit – da sie hier primär mit den synthetischen Farbstoffen Rot Nr. 40, Blau Nr. 1 und 2 sowie Gelb Nr. 6 erzeugt wird – absolut nichts bei, und auch ansonsten haben sie keinen Nähr- oder Nutzwert. Warum ich die besagten Flocken doch ab und zu mal kaufe, ist eine andere Frage – es gibt wichtigere Dinge, über die man sich mit Pre-Teenagern manchmal in die Haare geraten muss als eine Packung Zerealien. Und schließlich sind sie, wenn schon nicht nützlich, dann doch wenigstens nicht schädlich. Oder?


Zumindest in der öffentlichen Meinung bestehen daran stetig wachsende Zweifel. Die amerikanische Food and Drug Administration, die für die Lebensmittelkontrolle und vor allem für die Genehmigung von Lebensmittelzusätzen und -Inhaltsstoffen zuständig ist, hat daher, in einer seltenen Abweichung von ihrem Protokoll – auf Bürgerpetitionen reagiert die Behörde eigentlich nicht – gerade eine Gruppe von Fachleuten gebeten zu prüfen, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen synthetischen Lebensmittelfarben und Verhaltensstörungen bei Kindern gibt. So steht beispielsweise Rot 40 (das im Deutschen als Allurarot verwendet wird) im Verdacht, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) zu verursachen, Blau 1 und 2 werden als Krebserreger verdächtigt.

Das galt bisher in Fachkreisen eher als eine “urbane Legende”; ein Artikel in der britischen Fachzeitschrift Lancet (deren Ruf seit dem Impf-Autismus-Skandal jedoch angeschlagen ist) hatte bereits im November 2007 einen Artikel über Food additives and hyperactive behaviour in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community veröffentlicht, der zu dem Resultat kam

Artificial colours or a sodium benzoate preservative (or both) in the diet result in increased hyperactivity in 3-year-old and 8/9-year-old children in the general population.

Einfärbung von mir, und hier etwa so sinnvoll wie im Essen.

Ob die Experten-Anhörung der FDA ein erster Schritt zu einem Verbot der Farbstoffe sein wird, darf man anzweifeln. Denn laut der New York Times sind die FDA-eigenen Wissenschaftler eher skeptisch gegenüber dem “Belastungsmaterial”. Und die Lebensmittelindustrie will auf die optischen “Verstärker” – die ja bisher den Segen der Behörde haben und in fast allem sind, was in den Supermarktregalen angeboten wird, von Kartoffelchips bis Käsenudeln – nicht verzichten.

Ich weiß, dass Wissenschaftler die Stirn runzeln, wenn Lebensmittel geächtet werden sollen, “weil da Chemie drin ist”. Und mir ist schon klar, dass “Chemie” überall drin ist, auch in der Natur. Aber synthetische Farbstoffe – die müssen nun wirklich nicht drin sein. Erstens haben sie historisch einen schlechten Ruf (Rot Nr. 2 wurde tatsächlich als Krebserreger entlarvt und 1976 von der FDA verboten), zweitens dienen sie oft dem fraglichen Zweck, mehr Substanz (das Gelb in den Nudeln und dem Käse, beispielsweise) vorzutäuschen und drittens wurden sie traditionell auch dazu verwendet, mindere Qualität der Zutaten zu verschleiern. Aber vor allem: Wozu sollen sie gut sein?

Dass selbst die unbedenklichsten Farbstoffe ungesund werden, wenn ihr Zweck nur dazu dient, Kinder zum größeren Verzehr überzuckerter (und übersalzter) Süßwaren und Frühstücksflocken zu animieren. Als einer der größten Gumibärchenvernichter der westlichen Hemisphäre weiß ich, wovon ich rede: Seitdem die kleinen Gummipetze mit Fruchtsaft gefärbt sind (in den USA werden übrigens die Goldbären immer noch nur mit dem künstlichen Farbstoffen abgeboten), schmecken sie mir um so besser – das ist gut! – und darum verpetze verputze ich so eine Packung nun noch schneller (Halbwertszeit ca 45 Sekunden) und greife dann gleich nach der nächsten. Definitiv ungesund und figurschädigend.

Sicher ist nur Eines – die bunten Zuckerkringelchen fliegen raus aus dem Küchenregal. Manchmal muss man sich halt mit einem Pre-Teenager auch über so etwas streiten …

Foto:Evan-Amos – Own work, [CC0], via Wikimedia Commons

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Kommentare (10)

  1. #1 PeteH
    31. März 2011

    Aber ab und zu (alle paar Jahre) gönne ich mir die Dinger dennoch. ^^

  2. #2 radicchio
    31. März 2011

    pfui deibel. ich kann mir diese buntmasche nur mit gewinnstreben erklären. schon für kinder muss es möglichst spektakulär sein. das endet dann dort, wo die BILD keine begriffe mehr hat, weil das höllen-apokalypsen-horror-desaster-drama jede woche 2x stattfindet. verdammt irrsinnige kolossal-scheiße!!!

    eine idee hätt ich aber noch für die frühstücksflocken: hellblaue für jungs und rosa für mädchen. bestimmt ein knüller.

  3. #3 Karn
    31. März 2011

    Das Spiel mit den Farben wird überall angewendet.
    BP, Shell und was es sonst noch so gibt, werben alle mit freundlichen Kindern die auf einer grünen Wiese spielen.
    Medikamente habe nicht eine zufällige Farbe, sondern ihrem Anwendungsgebiet entsprechende. Rote Antidepressiva wirken schlechter als Grüne.
    Jeder Produzent will Gewinne erzielen und das geht halt nur, wenn ihr Produkt ansprechend ist.

    Ich persönlich mochte immer die Zerealien Trix, so schön bunte Früchte. Die wären nicht halb so cool gewesen in langweiligem Braun.

  4. #4 BreitSide
    1. April 2011

    xxx

  5. #5 Thomas R.
    2. April 2011

    Ich möchte hier widersprechen, und zwar in zwei Punkten.

    Erstmal gibt es ja durchaus nicht nur ungesunde Stoffe, die sich zum Färben von Lebensmitteln eignen, es gibt beispielsweise aus Früchten gewonnene Farbstoffe. Das ist vermutlich ein teureres Verfahren, aber es ist nicht so, als würde es nicht angewendet. Ein buntes Lebensmittel muss keinesfalls automatisch ungesund sein. Man sollte sich also weniger über die Buntheit aufregen als über die Nutzung ungeeigneter Färbemittel, denke ich.

    Und zweitens verstehe ich nicht, was das Problem daran ist, Lebensmittel appetitlicher Aussehen zu lassen. Wenn ich koche, versuche ich schließlich auch, meinen Speisen eine Farbe zu geben, die ansprechend ist. Essen soll nicht einfach nur nähren, sondern appetitlich aussehen und riechen sowie gut schmecken. Dieses Prinzip ist wohl mindestens so alt wie die Zivilisation und ich sehe nicht, was plötzlich schlecht daran ist. Wenn der Bäcker seine Mehlmischung so wählt, dass das Brot am Ende eine schöne, volle Färbung hat, versucht er dann wirklich, sich dadurch unangemessen zu bereichern? Oder will er einfach nur ein gutes Produkt herstellen?

    Kinder mögen bunte Farben. Wenn ich einem Kind einen Geburtstagskuchen backe, dann mache ich ihn bunt. Nicht, um die mindere Qualität der Zutaten zu verschleiern, sondern weil das Aussehen der Speise selbst eine Qualität ist.
    Produkte für Kinder bunt zu gestalten soll verwerflich sein? Ist es dann auch verwerflich, Herrenanzüge in schwarz anzubieten (schließlich werden die aufgrund der Farbe dann häufiger gekauft)?

    Kinder zu einer angemessenen Ernährung zu bringen ist Teil der Erziehungspflichten. Man kann natürlich argumentieren, das sei heute durch die vielen bunten Zuckersachen viel schwerer, andererseits müssen wir die Kuh dafür nicht mehr selbst melken. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, gegen Jugendübergewicht zu kämpfen, indem man darauf hinarbeitet, keine appetitlichen Speisen mehr im Haus zu haben.

  6. #6 Jürgen Schönstein
    2. April 2011

    @Thomas R.
    Gewiss gibt es auch gesunde – oder besser: gesundheitlich unbedenkliche – Möglichkeiten, Lebensmittel zu färben. Ich lehne es auch nicht kategorisch ab, Speisen optisch aufzupeppen, und dass eine Kinder-Geburtstagstorte auch mal knallig poppen kann, ist selbstverständlich okay. Es geht hier aber um etwas anderes: Um das Ausnutzen der Bunt-Reize, um den Konsum an sich schon fraglicher Produkte noch zu erhöhen. Was als Kinder-Zerealien auf dem (US-)Markt ist, hat sowieso schon einen enorm hohen Zuckergehalt; es sind eben nicht die einfachen Cornflakes oder Haferflocken, sondern Produkte mit Zucker- und Schokoladenkrusten, mit Marshmallows (ein Zucker-Gelatine-Produkt) und was auch immer. Und es geht nicht darum, Kindern etwas an sonsten Unappetitliches, aber für die Gesundheit Nützliches schmackhaft zu machen (wie bei Hustensäften oder Vitaminpräparaten), sondern sie zum Konsum von mehr anzuregen. Und das ist, angesichts der wachsenden Gewichtsprobleme bei Kindern, gewiss kein hehres und unbedenkliches Ziel. Selbst natürliche Farbstoffe bekommen, wenn sie dafür eingesetzt werden, einen schlechten “Beigeschmack”. Es ist auch eine Frage der Konditionierung, ob man “appetitlich” mit “bunt” gleichsetzt, oder ob man lernt, Speisen für ihren Geschmack zu schätzen …

  7. #7 radicchio
    2. April 2011

    Thomas R. lebensmittel können aus sich heraus appetitlich aussehen, ebenso wie sie ohne künstliche aromen schmecken. das sollten kinder lernen, den natürlichen geschmack und das natürliche aussehen.

  8. #8 YeRainbow
    3. April 2011

    Bin mit diesen Farben ziemlich vorsichtig geworden, seit wir feststellten, daß man durchaus auch allergisch drauf reagieren kann.
    Ok, das kann man auf Gräserpollen auch.
    Aber man muß es ja nicht noch forcieren. Eines meiner Kinder ist auf einige Farben von Smarties allergisch, und daher gab es das dann alles nicht mehr…

  9. #9 Anke
    4. April 2011

    Hallo,
    danke für den interessanten Bericht. Als Mutter von drei kleinen Kindern bin ich auch schnell dahinter gekommen, dass meine Kinder MEHR konsumieren, wenn es denn entweder bunt oder seltsam geformt war. Der Sinn Bärchen- oder Wal-Zerealien ist mir nicht klar und logisch. Je bunter, umso MEHR, zu dem Schluss bin ich auch gekommen. Natürlich dekoriere ich Geburtstagstorten mit bunten Schokolinsen. Marshmallow-Fondat lässt sich auch wunderbar färben und formen- wenn es denn Sinn hat.
    Alles hat seinen Platz. Aber bei Cerealien, Gemüse und anderem “alltäglichen” Nahrungsmitteln kann man auf künstliche Farbstoffe verzichten. Auch mit Radieschen- und Gurkenscheiben kann man Gesichter auf Teller zaubern. Ohne böse 🙂 Chemie.

    LG Anke

  10. #10 Christian
    5. April 2011

    Was ich ja irgendwo lustig finde: Du sagst, Rot Nummer 2 sei krebserregend und verlinkst einen Wiki-Artikel in dem drinsteht, “Er ist nicht krebserregend.[5]”

    Aber richtig, künstliche Farbstoffe sind in 99% der Fälle überflüssig und sollen nur dazu dienen, das Zeug interessanter (böse Zungen würden sagen, “künstlicher”) aussehen zu lassen.