Aus Zeitmangel hier nur kurz angesrissen: Wenn Blinde nur mit den Händen “sehen” können – entsteht dann in ihrem Gehirn das gleiche Bild, das bei Sehenden die Augen liefern? Oder, mit anderen Worten: Wenn jemand blind zur Welt kam und seine Umwelt nur mit den Händen egrefen kann – wird er/sie diese Objekte wieder erkennen, wenn er/sie plötzlich sehen kann? Die Frage, die beinahe philosophisch anmutet – was daran liegen kann, dass vor 300 Jahren, als sie von dem irischen Naturforscher William Molyneux gestellt wurde, lediglich philosphische Lösungsmöglichkeiten bestanden – ließ sich nun wissenschaftlich beantworten. Und die Antwort ist: Nein. Die ehemalig Blinden erkennen nicht auf Anhieb, welche visuelle Erscheinungsform ein Objekt haben muss, mit dem sie durch ihren Tastsinn bereits vertraut waren.
Wie gesagt, aus Zeitgründen kann ich hier nur auf das entsprechende Paper The newly sighted fail to match seen with felt hinweisen, das im aktuellen Nature Neuroscience erschienen ist. Die Ergebnisse basieren auf den Erfahrungen mit fünf Patienten in Indien, die von Geburt an Blind waren, aber im Alter zwischen acht und 17 Jahren ihre Sehfähigkeit operativ erlangen konnten. Als Begleitmaterial mag auch diese Pressmitteilung (aus der ich auch die Illustration, ein Gemälde von Jusepe de Ribeira, entliehen habe) des Massachusetts Institute of Technology dienen, an dem die Neurowissenschaftler Richard Held und Pawan Sinha federführend für das Paper verantwortlich zeichnen.
Ich hätte ja gedacht, dass das Hirn die Informationen äquivalent verarbeiten kann, also dass tatsächlich ein “Bild” durch das Abtasten mit den Händen entsteht. Aber Menschen sind halt keine Scanner …
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