Darüber hätte ich eigentlich schon in der vergangenen Woche etwas schreiben wollen – aber passend zum Thema, dass es gar nicht gesund ist, immer an der Spitze sein zu wollen, begnüge ich mich nun damit, unter “ferner liefen” mit meinem Beitrag zu landen. Worum geht’s? Darum, dass – zumindest bei Pavianen – der Beta-Platz in der Gruppe wesentlich gesünder zu sein scheint als der Platz des Alphatieres.
Das kam, zumindest für die Primatologinnen und Primatologen, durchaus überraschend. Denn dass die rangniedrigeren Männchen (all dies hier bezieht sich nur auf männliche Paviane; Pavianweibchen habe eine separate soziale Ordnung) unter mehr Stress leiden als der Rudelführer, galt bisher als bewiesen. Doch ein Paper über Life at the Top: Rank and Stress in Wild Male Baboons, das in der aktuellen Ausgabe von Science erschienen ist, konnte durch die Untersuchung von Stresshormonen im Kot der Tiere nachweisen, dass auch die Alpha-Paviane unter sehr hohem Dauerstress leiden. Die Betonung liegt auf “Dauer”, denn bisher wurde angenommen, dass sich dieser Anführerstress auf kursche, schubartige Ereignisse beschränkt, wenn er seinen Rang verteidigen oder einen Möchtegern-Nebenbuhler verjagen muss. Solcher kurzzeitiger Stress kann ja auch bei Menschen ganz motivierend wirken – wenn er jedoch zum Dauerstress wird, drohen (zumindest bei der Species Homo sapiens) gesundheitliche Schäden.
Betas – also die “Vizepräsidenten”, die “rechten Hände”, kurz: die Nummer Zwei – haben deutlich niedrigere Stressniveaus, wie sich durch das Vorhandensein von Testosteron und Glucocorticoid-Spuren in ihrem Kot nachweisen ließ. Sicher, sie haben auch weniger Chancen, sich zu paaren (und darum dreht sich doch alles, oder?), aber weniger heißt nicht keine – wenn sie in der Lage wären, die Vor- und Nachteile ihrer Position gegeneinander aufzuwägen, würden sie sich vermutlich ganz zufrieden fühlen.
Aber das sind natürlich alles viel zu weit gehende Antropomorphismen – Paviane leiden, im Gegensatz zu Menschen, nicht unter Herkreislaufkrankheiten, und der Aufenthalt an der Rudelspitze ist sowieso immer begrenzt. Ob und wie sich hier also Analogien zum menschlischen Verhalten erkennen lassen, ist noch fraglich – und ob der Stress dem Pavian schadet, ist auch noch nicht bewiesen.
Aber zumindest in der amerikanischen Kultur, in der dem Siegen, dem Nummer-Eins-Sein ein hoher Wert zuerkannt wird (und die, wie ich fürchte, zunehmend auch in Europa emuliert wird), sollte man sich das Paper – oder ersatzweise diesen Artikel aus der New York Times, da Science nur für Abonnenten verfügbar ist – schon mal zu Herzen nehmen.
Foto: Thomas Netsch, via Wikimedia Commons
Kommentare (28)