Klar doch. Und bei Einbruch der Dämmerung ist mit zunehmender Dunkelheit zu rechnen. Aber der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Geldmangel ist mehr als eine Binsenweisheit. Eine Studie, die vom National Bureau of Economic Research in Cambridge (Massachusetts) erstellt wurde, hat konkret die Folgen von Zwangsvollstreckungen – gewiss ein Zeichen individueller finanzieller Engpässe – auf die Gesundheit anhand von Notaufnahme-Daten in vier US-Bundesstaaten analysiert. Und der Zusammenhang wird deutlich: Für jeweils 100 zusätzliche Zwangsvollstreckungen in einem Postleitzahlenbezirk (die kleinste Gebietseinheit, in der amerikanische Census-Daten erfasst werden) erhöht sich die Zahl der – durch bessere ärztliche Versorgung – vermeidbaren Krankenhausaufenthalte um 4,9 Prozent in der Altersgruppe der 20- bis 49-Jährigen, und um 6,7 Prozent bei den 50- bis 64-Jährigen. Dies erklärt auch, warum beispielsweise die Zahl der vermeidbaren Klinikaufenthalte in der “Rentnergruppe” nur um 1,2 Prozent je 100 Zwangsvollstreckungen steigt – wer sich altersbedingt für Medicare qualifiziert, verliert nicht die ärztliche Versorgung, nur weil er/sie sich keine Krankenversicherung mehr leisten kann.
Die Studie – die man hier anfordern kann (gebührenpflichtig) – dröselt dabei die Korrelationen auf zwischen den Zwangsvollstreckungen und einzelnen “Befindlichkeiten”, von Atembeschwerden über Herzprobleme bis hin zu psychischen Krisen und generellen Befindlichkeitsstörungen, betrachtet sie unter anderem in Abhängigkeit von Alter und genereller Arbeitslosigkeit (letztere ist in den USA, wo es bisher noch keine generelle gesetzliche Krankenversicherung gibt, ein Indikator für die Möglichkeit, in einer Gruppenversicherung des Arbeitgebers oder der Berufsgenossenschaft versichert zu sein). Das Alter ist deshalb relevant, weil man sich ab 65 Jahren für eine beitragsfreie gesetzliche Krankenversicherung, als Teil der Sozialversicherung, qualifiziert.
Der Zusammenhang zwischen Zwangsvollstreckung (= finanzieller Situation) und Gesundheit ist natürlich komplex: Erstens bedeutet dies, dass sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Betroffenen die teilweise ernormen Beiträge für Krankenversicherungen einsparen wollen und dann in der Folge an Artzbesuchen, Medikamenten und eventuell notwendigen Maßnahmen sparen werden. Aber es gibt natürlich auch Stressfaktoren, die aus der finanziellen Lage resultieren und die ihrerseits die Gesundheit nachträglich beeinflussen. Dass dies im Studiendesign berücksichtigt wurde, will ich hier nur am Rande erwähnen.
Mich interessiert hier vor allem der Zusammenhang zwischen einer allgemeinen Krankenversicherung (Medicaid) und dem deutlich geringeren Inzidenzniveau von vermeidbaren Krankenhausaufentalten – vermeidbar durch bessere Vor- und Fürsorge in der ärztlichen Praxis. Denn selbst wenn, beispielsweise in Deutschland, noch eine generelle Versicherungspflicht bestünde, aber andererseits die Leistungen so weit eingeschränkt würden, dass deren Inanspruchnahme zum einkommensrelevanten Entscheidungsfaktor wird (ist ja nicht ganz abwegig gedacht, fürchte ich), könnte dies letzlich in Zeiten wirtschaftlicher Engpässe (haben wir so etwas gerade? Muss ich mal nachsehen …) zu erhöhten Gesundheitsschäden und damit letztlich auch zu erhöhten volkswirtschaftlichen Kosten führen. Denn, wie schon gesagt: Finanzielle Probleme schädigen Ihre Gesundheit …
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