Jetzt mal ganz ehrlich: Wer würde sich, wenn er/sie wählen dürfte, für A, B oder C, und wer für D entscheiden? Oder anders herum: Wäre irgend jemand dem Arzt/der Ärztin für seine/ihre Aufrichtigkeit dankbar, wenn daraus im Endeffekt nur eine Verlängerung oder Verschlimmerung des Leidens resultiert?
Damit will ich nicht die Aufforderung an alle Ärzte richten, ihre Patientinnen und Patienten künftig nach Strich und Faden zu belügen. Aber sie sind, und das ist wohl auch unbestreitbar, in erster Linie dem Patientenwohl verpflichtet – der Standesethos primum non nocere verpflichtet, alles zu unterlassen, was dem Patenten schaden würde. Und dazu kann manchmal auch die Wahrheit gehören. In der realen Welt ist dies nie eine abstrakte Güterabwägung, sondern in dieser realen Welt kennt der Arzt/die Ärztin ihren Patienten/ihre Patientin (hoffentlich) gut genug und hat in früheren Gesprächen schon eruieren können, ob ihnen solche Wahrheiten eher nützen oder schaden würden. Das hängt schlicht von der Persönlichkeit des Patienten/der Patientin ab – und die kennen zu lernen sollte einem Arzt/einer Ärztin real möglich sein. Wissen, so heißt es, ist Macht – aber manchmal ist das Nicht-Wissen-Wollen oder Nicht-Wissen-Müssen mächtiger.
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