Das wär’ doch ein prima Diskussions-Anstoß: Am St. John’s College (das einen Campus in Annapolis, Maryland, hat und einen zweiten in Santa Fe, New Mexico) unterrichten die Lehrer in Fächer, von denen sie – zumindest, was ihre akademische Ausbildung angeht, keine Ahnung haben. Weil in St. John’s halt jeder alles unterrichtet, also auch die Musiklehrerin eine Biologiekurs leitet, oder eine Literatur- und Kunstgeschichtlerin Euklids Mathematik. (Mehr dazu im Artikel Seeing Value in Ignorance, College Expects Its Physicists to Teach Poetry, in der aktuellen New York Times.)

Das geschieht übrigens nicht aus Gründen der Sparsamkeit, sondern weil’s hier das pädagogische Prinzip ist: Lehrer müssen sich den Stoff genauso erarbeiten wie die Studenten, ihre “Macht” beruht nicht auf ihrem Wissensvorsprung. Und ein bisschen Sinn hätte das vielleicht sogar – aber ist das, was man dabei gewinnt, wirklich eine Hochschul-Ausbildung?

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Kommentare (12)

  1. #1 Nils
    17. Oktober 2011

    Hm, ist das nicht das Prinzip der Waldorfschulen?

  2. #2 Roland
    17. Oktober 2011

    Jetzt vielleicht nicht am College, aber so generell: Sollten Lehrer den Stoff zumindest bis zum Abitur oder wenigstens bis zur Kollegstufe sowieso kennen und beherrschen? Schließlich haben sie ja mal Abi gemacht.
    Ich finde das Prinzip trotzdem albern – ich will – zumindest in Einführungsveransstaltungen – einen Lehrer, der souverän mit dem Thema umgehen kann und sich nicht mühsam rantastet und vielleicht drei Wochen später doch noch einen Fehler findet.
    Wollen die das auch auf andere Ausbildungen übertragen? Fahrschule oder Fluglehrgang zum Beispiel? Oder Bombenentschärfen…

  3. #3 miesepeter3
    17. Oktober 2011

    Wissen ist Macht – Nichtwissen macht nix

    wie man sieht, kann man damit sogar Lehrer werden.

  4. #4 Philipp G.
    17. Oktober 2011

    Finde ich tendenziell kein schlechtes Konzept.
    Ich wurde im Studium immer nur mit Wissen gefüttert. Sogar in den Praktika (in denen wir laut Lehrplan lernen sollten, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten) wurde uns meist sehr explizit gesagt, was genau wir tun sollten.

    Was mir gefehlt hat ist ein Kurs über einarbeiten in unbekannte Themen und wissenschaftliches Arbeiten (für uns Laborratten heißt das ja “sich in ein unbekanntes Thema vortasten zu dem es keine Literatur gibt”).

    Und da hätte es mir wirklich was gebracht, wenn eine(r) von den brillanteren Lehrenden sich im Laufe eines Seminars mit den Studenten zusammen in ein neues Thema eingearbeitet hätte.
    Mit den unvermeidlichen Fehlern, die sich dabei einschleichen, die man erst hinterher bemerkt und so weiter.

  5. #5 Alexander
    17. Oktober 2011

    Wo liegt dieses College denn im US-üblichen und wichtigen Ranking der Hochschulen? Bietet es nur Basic-Courses bis Bachelor-Abschluß (niedriger einzustufen als unserer Bologna-Bachelor), oder ein “richtiges” Studium? Das wird in USA nämlich auch fein unterschieden …

  6. #6 Jürgen Schönstein
    17. Oktober 2011

    @Alexander
    Zum Ranking siehe hier und hier, Colleges gehen übrigens immer nur bis zum Bachelor, selbst das hochangesehene Princeton. Dies ist ja ein Grund, warum ich diesen “Bologna-Bachelor” für eine saublöde Idee halte – weil er eben die Namensgleichheit mit dem US-Bachelor (der eher unserem Abitur, zumidnest dem G-13 Abitur, vergleichbar ist) gewollt gesucht hat. Womit die Annahme, er sei höher einzustufen als ein amerikanischer Bachelor, sich schon vom Start weg als Illusion entlarvt. Aber es ist müßig, darüber noch zu lamentieren …

  7. #7 BreitSide
    18. Oktober 2011

    miesepeter3· 17.10.11 · 10:51 Uhr

    Wie auch in den anderen Freds immer wieder dasselbe: miese hat keine Ahnung.

  8. #8 Alexander
    18. Oktober 2011

    Hallo Jürgen, dein erster Link geht zur St. John’s University NY, nicht zum St. John’s College. Und noch eine Frage, ich hatte es so verstanden, dass es auch Colleges gibt, die mit Unis vergleichbar sind.

  9. #9 Jürgen Schönstein
    19. Oktober 2011

    @Alexander
    Danke für den Hinweis mit dem falschen Link – dies ist der richtige. Und die Sache mit den US-Unis ist natürlich, wiie so vieles, kompliziert – manche sind gewiss mit deutschen Unis vergleichbar. Manche Universitäten jedoch, wie beispielsweise Princeton, bieten nur Undergraduate- und Postgraduate-Studiengänge an, also Bachelor’s und Doktortitel – aber keine Magisterstudiengänge. Aber generell gilt, dass Colleges für das Undergraduate-Studium zuständig sind, das maximal den Bachelor’s-Abschluss erreichen kann.

  10. #10 s.s.t.
    19. Oktober 2011

    Nun ja, nicht jeder kann alles unterrichten und schon gar nicht auf jedem Niveau. Musik, ich mein da noch nicht einmal Singen, ergäbe von mir gelehrt grauenhafte Ergebnisse. Mit höherer Mathe hab ich es auch nicht so, wobei ich ein paar Juristen kennen, die sogar schon bei der Prozentrechnung scheitern.

    Sofern ein Sinn für ein ‘Fremd’-Fach besteht, kann der Austausch möglicherweise positiv sein. Man kann auch nicht alles antrainieren; man kann zahlreiche Dinge bis zum Erbrechen üben (z.B. Schach), aber mehr als zum Lehrer für Anfänger reicht es regelmäßig trotzdem nicht.

  11. #11 s.s.t.
    19. Oktober 2011

    Als Nachbemerkung: Halbwissen birgt durchaus Gefahren, wenn man als Lehrer/Ausbilder unterwegs ist. Welt und Wissen sind einfach zu komplex geworden, um sie als Spielwiese zu betrachten; das Studium Generale mag eine lustige Freizeitbeschäftigung sein, mehr ist es jedoch nicht. (Eine Ausnahme mögen Journalisten sein, was alles andere als kritisch gemeint ist, von einem Journalisten erwarte ich geradezu eine breitgefächtere Bildung, sofern er sich nicht besonders spezialisiert hat.)

    Und nochmals, der multible Lehrer mag für die unteren Klassen taugen, aber auch nur, wenn er sich wirklich für das Springer-Fach interessiert. Aus meiner Lernzeit habe ich am meisten von den Lehrern profitiert, die Begeisterung wecken konnten. Und das konnten ausschließlich die, die kompetent (iss sich keine hinreichende Bedingung, aber eine notwendige) und didaktisch gut (wird gerne übersehen) waren. Nulpen haben wir schon als Schüler sehr schnell und gelegentlich unschön entlarvt.

    Für einen Laien-Untericht, selbst an einer höheren Bildungsanstalt, wären auch herausragende Schüler geeignet. Grundsätzlich wäre auch für einen solchen Schüler der Aufwand sich das notwendige Wissen anzueignen nicht höher als für einen fachfremden Lehrer. Und da er in den USA regelmäßig auch noch Schulgeld zahlt und kein Gehalt bekommt, wär das eine echte Ersparnis.

    Ich habe übrigens selbst diverse Alters- und Bildungsgruppen unterrichtet und kann auch einen Vortrag über sinnlosestes Geschwurbel halten, wenn ich ihn mir vorher gut aufschreibe und wenn es mir nicht furchtbar peinlich wäre.

    Warum müssen eigentlich dauernd irgendwelche Idioten an der Bildung herumschrauben? Nur weil Jeder angeblich das Wort ‘Bildung’ fehlerfrei aussprechen kann? Warum kann nicht jeweils der greifbar Kompetenteste (Wissen + Didaktik) das Lehren übernehmen?

    Fürs Stammbuch: Nicht jeder kann jedes bzw. ist für alles geeignet. Die Kunst liegt darin, für möglichst viele den richtigen Platz zu finden. Es ist weder eine Kunst Lehrer/Schüler zu unterfordern noch sie zu überfordern.

  12. #12 miesepeter3
    20. Oktober 2011

    @s.s.t.

    Bravo !