605 Milliarden Dollar – das ist (Achtung, obligatorischer Ländervergleich!) fast genau das Doppelte des griechischen Bruttoinlandsprodukts für 2010. Und es ist die Summe, auf die sich allein die bisher noch ausstehenden, staatlich garantierten Studentendarlehen zu vergünstigten Sonderzinsen (also etwa vergleichbar dem Darlehen, das – zumindest zu meiner Zeit – nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAFöG, ewährt wurde) addiert haben. Wenn man noch die Privatdarlehen hinzu rechnet, die als weiteres Finanzierungsinstrument bemüht wurden, dann addiert sich die studienbedingte Schuldenlast der Amerikaner aktuell selbst nach vorsichtigen Schätzungen auf runde 830 Milliarden Dollar. Andere Zahlen klettern schon bedenklich nahe an die Billionengrenze (und damit, wenn wir bei Ländervergleichen bleiben wollen, schon an die wirtschaftliche Gesamtleistung der BeNeLux-Staaten) heran.


Aus genannten BAFöG-Gründen hatte ich am Ende meines Studiums zwar auch etwa 10.000 DM (also, für alle jene, die sich nicht mehr and die DM als Währungseinheit erinnern können, runde 5000 Euro) abzuzahlen, was in einer Zeit, als “arbeitsloser Akademiker” ein Pleonasmus war. Kein Vergleich zum Niveau der Schuldenlast, die sich ein amerikanischer Collegestudent aufhalst: Im Schnitt mehr als 25.000 Dollar, wobei dies natürlich stark von den Hochschulen und Bundesstaaten abhängt. Wobei die Edeluniversitäten, wie beispielsweise Harvard oder mein (Teilzeit-)Arbeitgeber, das Massachusetts Institute of Technology, gar nicht mal die größten Schuldenbringer sind, obwohl dort die Kosten pro Studenjahr bei weit über 50.000 Dollar liegen. Aber in der Kombination gut betuchter Studenten einerseits, und großzügiger Stipendien für qualifizierte Studenten andererseits ergibt sich, dass nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Studierenden überhaupt auf Kredite angewiesen ist: Am MIT, beispielsweise, haben “nur” 44 Prozent der Immatrikulierten ein Darlehen zur Studienfinanzierung aufgenommen; an den öffentlichen Colleges und Universitäten in Massachusetts (um mal bei diesem Beispiel zu bleiben) sind es etwa 75 Prozent.

Ein Grund, warum die Studentenschulden steigen, sind die teilweise astronomisch anmutenden Studiengebühren: An 128 US-Hochschulen müssen die StudentInnen oder deren Familien bereits mehr als 50.000 Dollar pro Jahr hinblättern – im vergangenen Jahr waren es noch “nur” 58, und das Jahr zuvor sogar nur fünf Hochschulen, die mehr als 50.000 Dollar jährlich (was sowohl die reinen Studiengebühren als auch die oft obligatortische Unterbringung im Wohnheim einschließt) kassierten. Und selbst öffentliche Colleges und Unis sind aus genau diesem Grund nicht wesentlich preiswerter als private: Wer an einer der Colleges im System der University of California studieren will, muss selbst im günstigsten Fall etwa 9000 Dollar an reinen Studiengebühren (Tuition) einplanen, aber insgesamt, einschließlich Unterbringung, dann jedes Jahr etwa 25.000 Dollar hinblättern. Autsch!

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Kommentare (13)

  1. #1 Odysseus
    16. November 2011

    Typischerweise studiert man ja auch erstmal nur bis zum Bachelor, und wenn man den dann in einem weniger arbeitsmarktgerechten Fach aus den Sprach- oder Sozialwissenschaften gemacht hat, darf man tatsächlich erstmal versuchen, 20000$ oder mehr mit Kellnern abzuzahlen. Natürlich könnte man sich in der Grad school auch weiter qualifizieren, aber es braucht schon eine Menge dedication, einem “nutzlosen” Abschluss einen weiteren hinzuzufügen und dabei den Schuldenberg mal locker zu verdoppeln.

    Man sollte sich immer vor Augen halten, dass wir in Deutschland auf sehr hohem Niveau jammern, wenn es um die Studienbedingungen geht. Klar liegt in Sachen sozialer Auslese vieles im Argen (in meinen Augen aber eher schon in der Schule als an der Uni), aber es könnte eben auch viel schlimmer sein. Dazu muss man nicht einfach über den Atlantik schauen, ein Blick nach GB reicht aus.

  2. #2 AndreasM
    16. November 2011

    Der soziale Ausleseeffekt ist die eine Wirkung dieser immensen Studiengebühren.
    Akademiker mit vielen Schulden sind aber auch deutlich abhängiger und damit ist es auch eine Frage der Macht, die der spätere Arbeitgeber hat.

  3. #3 Dr. Webbaer
    16. November 2011

    Muss nicht verkehrt sein, wenn Studenten Kredite aufzunehmen gezwungen sind und diese zurückzahlen müssen; in weiten Teilen der EU denkt man ja: Der EURO kommt aus der Steckdose.

    Obama ist ja auch der Schuldenmann Numero Uno, kA wie der die zweite Amtsperiode zugunsten seiner typischen Klientel bewirtschaften möchte…

  4. #4 Sven Türpe
    16. November 2011

    Autsch!

    Warum? Wenn sich die Investition lohnt, ist doch alles in Ordnung.

  5. #5 Spoing
    16. November 2011

    Das Problem ist ja einfach, dass ein Studium unmengen an Geld erfordert.
    Meiner Meinung nach wäre das beste System, welches die Kosten direkt an die Studenten weitergibt (Also gerne auch 50.000€ im Jahr) dafür aber Einkommensunabhängiges außreichendes Bafög gewährt und im Nachhinein nur einen prozentualen Anteil zurückfordert (In der Gesammthöhe 10.000€ oder so)
    Evtl. an den Verdienst der nächsten 5 bis 10 Jahre festmachen. (je nach länge des Studiums ca. 10% Sondersteuer)
    Das hätte zum einen den Vorteil, dass Studienkosten mal Transparent werden. Denn es ist ein Unding 600 Maschinenbauer in einen Hörsal zu quetschen aber auch gleichzeitig einen Professor für 3 Genderstudenten bereit zu stellen.
    Zum anderen würde es (bei Rückzahllänge gleich Studienlänge und einer der Regelung über eine Zusatzsteuer) ein sehr sozial gerechtes Prinzip sein.

  6. #6 Dr. Webbaer
    16. November 2011

    Meiner Meinung nach wäre das beste System, welches die Kosten direkt an die Studenten weitergibt (Also gerne auch 50.000€ im Jahr) dafür aber Einkommensunabhängiges außreichendes Bafög gewährt und im Nachhinein nur einen prozentualen Anteil zurückfordert (In der Gesammthöhe 10.000€ oder so)

    Ziehen Sie sich mal die Studienkosten rein, für die der Steuerzahler (von den zu vernachlässigenden Studiengebühren einmal abgesehen) in D zahlt:
    https://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/campus/studium-nur-wirtschaft-und-jura-rechnen-sich-1463477.html

    Die drei Grafiken sind relevant, 190.000 EUR die Medizin bspw., der Rest ist vglw. günstig, Jura sehr günstig, schaun’S auch mal auf die dann anstehenden Nettoeinkommen, faszinierend, oder?

    Von den Medizinern mal abgesehen, kann das kein echtes Problem sein hier zurückzuzahlen. Schwierig zu sagen, ob “Gender” überhaupt mal etwas zurückverdient außerhalb staatlicher Konstrukte, aber ischt doch in D alles bezahlbar (außer Medizin)…

    MFG
    Wb

  7. #7 Christian Reinboth
    16. November 2011

    @Jürgen: Zu dem Thema gibt es ja diesen geradezu klassischen Verschwörungsfilm:

    Und wie bei allen guten Verschwörungen ist zwar eine Menge Mist aber eben auch die eine oder andere Wahrheit dabei – insbesondere soweit es das Zustandekommen der teilweise astronomisch hohen Schulden betrifft, mit denen viele Studenten ins Leben starten…

  8. #8 michael
    17. November 2011

    @jürgen
    Wieviel der Studenten finden denn hinterher einen passablen Job, so dass sie die Studiengebühren zurückzahlen können?

  9. #9 michael
    17. November 2011

    @WB
    > wenn Studenten Kredite aufzunehmen gezwungen sind und diese zurückzahlen müssen;

    Schön, dass der Bär mit gutem Beispiel vorangeht:

    In Berlin studiert, sich vor dem Bund gedrückt, macht mit Zins und Zinseszins sagen wir mal 100000 Euro.

    Gibt D auch freundlich Bärchenrabatt: macht 80000 Euro !

  10. #10 Eckbert
    17. November 2011

    @Spoing:

    Ja, eine wunderbare Welt, die sich so einfach in stures, mathematisches Denken pressen lässt. Lassen wir doch einfach das Gutmenschendenken weg, ignorieren soziale Ungleichheit und Elitetheorie und sagen, dass es doch vollkommen gerecht ist, dass der eine mit Schulden aus dem Studium kommt und der andere nicht (hat ja reiche Eltern).

    Aber wo Du wirklich hinwolltest (Stichwort 600 Maschinenbaustudenten) hast Du ja klar
    gemacht: Weg mit den ach so sinnlosen Sozialwissenschaften, her mit rein
    naturwissenschaftlich “harten” Studiengängen. Eine Erforschung gesellschaftlicher
    Prozesse zur Stabilisierung selbiger? Braucht man doch nicht! Selbst in Monarchien
    ließ es sich doch im Keller des Monarchen wunderbar forschen, gelle?

  11. #11 Sven Türpe
    17. November 2011

    Lassen wir doch einfach das Gutmenschendenken weg, ignorieren soziale Ungleichheit und Elitetheorie und sagen, dass es doch vollkommen gerecht ist, dass der eine mit Schulden aus dem Studium kommt und der andere nicht (hat ja reiche Eltern).

    Es ist tatsächlich gerechter als etwa ein Modell, das die Finanzierung lediglich aus bereits vorhandenen Mitteln erlaubt. Das ist einer der großen Vorzüge des Kapitalismus. Vor dem Kapital sind alle gleich; wieviel einer nutzen kann, hängt in erster Linie davon ab, welche Gewinn- und Risikoerwartung er den Eigentümern vermittelt. Der eine braucht keine eigenen reichen Eltern, weil er sich Geld von jenen des anderen leihen kann.

  12. #12 Dr. Webbaer
    18. November 2011

    @Türpe

    Das ist einer der großen Vorzüge des Kapitalismus. Vor dem Kapital sind alle gleich (…)

    Gibt es einen ‘Kapitalismus’? Oder ist dieser vielleicht nur die sozialistische Sicht auf die modernen gesellschaftlichen Systeme (Demokratie, pers. Freiheiten, Marktwirtschaft mit oder ohne Attribut)?

    Zu den Akademiker-Durchschnittsverdiensten kann man sich hier schlau machen, die Verdienste scheinen in D die Rückzahlung von Studienkrediten durchaus zu erlauben. Beachten Sie vielleicht auch die 2. Graphik des FAZ-Artikels, lol.

  13. #13 michael
    18. November 2011

    > Der eine braucht keine eigenen reichen Eltern, weil er sich Geld von jenen des anderen leihen kann.

    Das Wort zum Wochende! Danke, Sven.