In meinem Beitrag darüber, dass Amerika auf einem gigantischen Berg von Schulden aus Studiendarlehen sitzt, wurde auch sinngemäß die Frage aufgeworfen, ob sich das denn finanziell überhaupt jemals amortisieren könne. Individuell muss das wohl jeder für sich beziehungsweise seine individuellen Karrierepläne durchrechnen; auch für die Frage, wieviele Schulden zu viel sind, hat jeder wohl seine eigenen Grenzwerte. Aber es ist in der Tat noch so, dass sich ein Studium zumindest in den USA finanziell (danke an Niels für diesen Hinweis) lohnt: Erstens ist die Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen (wobei man bedenken muss, dass ein Bachelor-Grad in den USA oft eher das Niveau eines deutschen Abiturs als eines echten Universitätsabschlusses hat) deutlich niedriger als im Durchschnitt, und zweitens steigen mit dem Ausbildungsiveau die Verdienstmöglichkeiten, wie folgende grafische Übersicht des amtlichen amerikanischen Bureau of Labor Statistics zeigt:
Das könnte natürlich nur für die “Altgedienten” gelten – neue Hochschulabgänger könnten, rein theoretisch, ja auch durch die Arbeitsmarktsituation gezwungen sein, schlechter bezahlte Jobs anzunehmen, die bisher eigentlich für Personen mit geringerer Qualifikation vorbehalten waren (ein Phänomen, das mir aus meiner eigenen Studenzeit noch bekannt ist und das der SPIEGEL hier ausführlich beschrieben hatte). Doch dieser Verdrängungswettbewerb nach unten scheint (noch) nicht stattzufinden: Die Einstiegsgehälter der Studienabgänger steigen nach einem Einknick als Folge der Finanzkrise wieder; und zwar um runde 3,5 Prozent.
Dazu passend ist mir gerade eine Broschüre der skandinavischen Personalberatungsfirma Universum in die Hände gefallen, die (mit welcher methodologischen Akkuratesse, das vermag ich anhand des Materials nicht zu sagen, aber sicher nicht so stringent wie in einer wissenschaftlichen Erhebung) eine regelmäßig Ranglisten der Top-Arbeitgeber für Studienabgänger veröffentlicht. Enorm überraschend sind die Resultate zumeist ja nicht: Dass Google weltweit der beliebteste Arbeitgeber ist, hat der eine oder andere, der sich mit der Google-Firmenkultur beschäftigt hatte, auch so schon ahnen können. Und dass deutsche Naturwissenschaftler ihre Bewerbungen bevorzugt bei den Forschungsorganisationen Max-Planck-Gesellschaft und Fraunhofer-Gesellschaft anbringen wollen, ehe sie in die Pharmaindustrie gehen, ist in gewisser Weise sogar tröstlich.
Aber wer hätte gedacht, dass Naturwissenschaftler in den USA nicht nur bei Krebs- und sonstigen Forschungsgesellschaften willkommen geheißen werden, sondern vor allem auch bei der Walt Disney Co.? Der Konzern, der seine Existenz einer gezeichneten Maus verdankt, rangiert immerhin auf Platz fünf unter den besten Arbeitgebern für “natural sciences”, also noch vor der Umweltschutzbehörde EPA und der Nasa (Rang 7 und 8, respektive).
Doch so abwegig hätte mir das gar nicht erscheinen brauchen: Auf einer Gartenparty beim Norddeutschen Rundfunk, zu der ich – wenn ich mich korrekt erinnere – im Sommer 1988 eingeladen war (nö, ich war eigentlich nur der Begleiter einer geladenen Dame, aber so klingt’s ja wichtiger), hatte ich das unvergessliche Vergnügen, eines meiner Jugendidole zu treffen und mit ihm zu plaudern:
Professor Heinz Haber (hier links im Bild, neben Wernher von Baun), dessen Fernsehserie Unser blauer Planet mich als Kind begeistert und dessen Buch Planet im Meer der Zeit, das mir zum Abitur geschenkt worden war (und in dem er die damals noch ziemlich frisch als wissenschaftklich akzeptierte Kontinentaldrift und alles, was mit ihr zusammen hing, sehr anschaulich beschrieben hat), ganz wesentlich zu meiner Entscheidung für ein Geographiestudium beigetragen hatte. Im Laufe des Gesprächs hatte Haber auch erwähnt, dass er für Disney gearbeitet hatte – und ich hätt’s beinahe vergessen, wenn nicht der Zufall, der mich sein Buch erst vorgestern wieder in die Hand nehmen ließ und mir heute diese Umfrage auf den Tisch legte, mich wieder daran erinnert hätten.
Disney ist ein Konzern, der sein Geld mit Phantasien verdient. Und dass dort Naturwissenschaftler gefragt sind, beweist eigentlich nur wieder, was wir hier immer wieder betonen: Im Gegensatz zum – populären (?) – Bild des trockenen, nur an Fakten und faktischen Erklärungen interessierten Wissenschaftlers braucht man einfach eine Menge Phantasie, um Wissenschaftler zu sein. Disney scheint das zu wissen…
Fotos: privat; Nasa
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