Afrika braucht Ärzte: Hier leben mehr Menschen mit und sterben mehr Menschen an Aids als sonstwo auf der Welt. Afrika bildet Ärzte aus: Allein in Nigeria gibt es 21 medizinische Hochschulen. Doch Afrika verliert auch Ärzte in Massen, durch den so genannten Brain-Drain: Die Aussicht für ausgebildete Mediziner, in Ländern wie Kanada, Australien, Großbritannien und den USA erheblich besser bezahlte Positionen zu finden, ist einfach zu verlockend. Dass es diesen Brain-Drain gibt, ist schon seit Jahrzehnten bekannt; ein Paper, das (frei verfügbar) im British Medical Journal erschienen ist, hat nun auch mal den Versuch gemacht, den ökonomischen Schaden – der vermutlich noch weit hinter dem humanitären Schaden liegt, aber dafür den Vorteil hat, quantifizierbar und in einer für Politiker nachvollziehbaren Sprache beschreibbar zu sein – zu beziffern. Denn die Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner kostet Geld, und vor allem im Subsahara-Afrika wird diese Ausbiildung staatlich heftig subbventioniert. Doch den größten Profit dieser Medizinausbildung haben nicht die afrikanischen Gesellschaften, die dafür bezahlen, sondern die oben genannten Industrienationen, die sich enstprechende Ausbildungskosten sparen können.
Ohne all zu tief in Details einzusteigen (der Artikel ist gratis – aber eben auch nicht üppig mit Datenmaterial ausgestattet), lässt sich zumindest letzteres schon mal in Zahlen manifestieren: Durch die Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten (wenn ich die Methodik richtig verstanden habe, geht es dabei um die aktuell beschäftigten MedizinerInnen) aus schwarzafrikanischen Ländern konnten die oben genannten vier Industrienationen bisher insgesamt 4,55 Milliarden US-Dollar an Ausbildungskosten einsparen: Großbritannien 2,7 Milliarden, die USA 846 Millionen, Australien 621 Millionen und Kanada 384 Millionen US-Dollar. Im Gegenzug haben diese Staaten mehr als 2,1 Milliarden Dollar durch die Abwanderung ausgebildeter Mediziner verloren; am deutlichsten trifft es Südafrika mit einem wirtschaftlichen Verlust von 1,41 Milliarden Dollar. Und der Zusammenhang mit der Aids-Epidemie lässt sich an dieser Grafik deutlich erkennen:
Loss of doctors to destination countries, compared with burden of HIV in nine African source countries. Size of each bubble represents ratio of estimated compounded lost investment over gross domestic product, and y axis corresponds to ratio of doctors working in target countries and doctors currently working domestically
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