When businesspeople take credit for creating jobs, it is like squirrels taking credit for creating evolution. In fact, it’s the other way around.

Diesen Satz aus einem Artikel, den der US-Milliardär Nick Hanauer zum Thema Steuern und die Schaffung von Arbeitsplätzen” für BusinessWeek geschrieben hat, fand ich einfach zu knackig, um ihn nicht gleich an den Anfang dieses Postings zu stellen (und außerdem kommt darin das Stichwort “Evolution” vor, womit die Präsenz dieses Themas in einem wissenschaftsorientierten Blog gleich doppelt begründet ist). Hanauer, der im Prinzip in das gleiche Horn stößt wie Warren Buffett und höhere Steuern für Superreiche wie ihn selbst fordert, demontiert in seinem Beitrag das Mantra der kapitalistischen Marktwirtschaft, dass die hoch entlohnten Unternehmer dafür verantwortlich sind, dass Märkte generell und Arbeitsmärkte im Besonderen florieren.

Genauer gesagt: Er bestreitet das daraus abgeleitete politische Mantra, dass jede Steuererhöhung für die Top-Verdiener automatisch zu Stellenabbau und Arbeitsplatzverlusten führen müsse. Der Denkfehler, auf den er dabei hinweist, besteht in der Trennung von Produktion und Konsum. Mit anderen Worten: Ohne die Kaufkraft der Konsumenten nützt auch das beste Unternehmertum nichts.

I can start a business based on a great idea, and initially hire dozens or hundreds of people. But if no one can afford to buy what I have to sell, my business will soon fail and all those jobs will evaporate.
Ich kann auf der Basis einer großartigen Idee ein Unternehmen gründen und anfänglich Dutzende oder Hunderte von Leuten einstellen. Aber wenn niemand sich das leisten kann, was ich zu verkaufen habe, dann wird mein Unternehmen bald scheitern und all diese Jobs werden verdunsten.

Der Haken bei der ganzen Trickle-down-Denke (die schon bei ihrem prominentesten Verfechter, den von den US-Unternehmern so verehrten Ronald Reagan nicht geklappt hatte) liegt darin, dass die reale Konsum-Macht der Superreichen in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen steht, oder, um Hanauer (der als Risikokapital-Unternehmer ziemlich genau weiß, wovon er spricht) hier zu zitieren: “Es kann gar nicht genug superreiche Amerikaner geben, um eine großartige Wirtschaft anzutreiben. Das Jahreseinkommen von Leuten wie ich ist hunderte, wenn nicht tausende Male größer als das der Durchschnittsamerikaner, aber wir kaufen nicht hundert oder tausend Mal mehr Zeug. Meine Familie besitzt drei Autos, nicht 3000. Ich kaufe ein paar Hosen und Hemden im Jahr, wie die meisten amerikanischen Männer. Wie jeder andere, gehe ich nur gelegentlich mit Freunden und Familie zum Essen aus.”

Und da, wo er kräftig mit Geld um sich schmeißt, hilft es auch nicht unbedingt einem amerikanischen Empfänger: Sein Privatjet sei sein größter Luxus, aber den habe die französische Firma Dassault geliefert, und der größte Kostenfaktor dabei sei der Treibstoff, der letztlich im Nahen Osten eingekauft werden müsse. “Es ist verrückt zu glauben, dass irgendwas davon unserer Wirtschaft mehr nützen könnte als mehr Lehrer oder Polizisten einzustellen,oder in unsere Infrastruktur zu investieren.”

Letztlich sei es “mathematisch unmöglich”, die zum Erhalt der Mittelschicht (als die stärksten Konsumenten) nötigen Investitionen in die Wirtschaft des Landes zu machen, ohne die Top-1-Prozent zu “vernünftigen Sätzen” zu besteuern:

Shifting the burden from the 99 percent to the 1 percent is the surest and best way to get our consumer-based economy rolling again.

Erfrischend …

flattr this!

Kommentare (22)

  1. #1 BreitSide
    5. Dezember 2011

    …klingt ganz nach dem aktuellen SPD-Parteiprogramm…

  2. #2 perk
    6. Dezember 2011

    dauert sicher nicht lange bis türpe auftaucht und was schreibt was nur er für knackig hält..

  3. #3 s.s.t.
    6. Dezember 2011

    Recht hat er. Frage: Wie besteuert man halbwegs gerecht? Das dt. Steuersytem (egal mit welcher Höchstgrenze), kann es jedoch nicht sein.

    Das Jahreseinkommen von Leuten wie mich sind hunderte, wenn nicht tausende Male größer als die der Durchschnittsamerikaner, aber wir kaufen hundert oder tausend Mal mehr Zeug.

    Hier fehlt augenscheinlich ein “nicht”.

  4. #4 Jürgen Schönstein
    6. Dezember 2011

    @s.s.t.

    Hier fehlt augenscheinlich ein “nicht”

    Jetzt nicht mehr. Danke!

  5. #5 Christian Reinboth
    6. Dezember 2011

    Dieses Wehklagen von (deutschen wie amerikanischen) Milliardären, die angeblich zu niedrige Steuern zahlen, geht mir ehrlich gesagt schon seit Jahren auf den Keks – und zwar insbesondere aus zwei Gründen. Erstens weil in den USA jeder Milliardär, der der Ansicht ist, er schulde der Gesellschaft höhere Abgaben, jederzeit freiwillig über diesen Dienst Mittel in beliebiger Höhe an den Staatshaushalt fließen lassen kann, zudem besteht natürlich jederzeit die Möglichkeit, der eigenen Stadt, Gemeinde oder auch dem County Gelder zu schenken, zu stiften oder zinslos zu leihen. Nur: Kaum jemand nutzt diese Möglichkeit – bis Mitte 2011 kamen für dieses Jahr auf diesem Weg gerade einmal 1,7 Millionen Dollar zusammen, alle gespendet von Leuten mit gutem Einkommen, nicht jedoch von den sich beklagenden Millionären oder Milliardären. Allein schon deshalb scheint mir die in den USA immer wieder aufkeimende Debatte mehr als verlogen zu sein, schließlich könnte auch ein Nick Hanauer sich jederzeit bei der Regierung melden und 5, 10 oder auch 15 Millionen rüberreichen – statt dessen beschränkt er sich offenbar auf gute Eigen-PR…

    Zweitens wird dieses Klagelied immer nur von Leuten angestimmt, denen es in der Tat nichts ausmachen würde, höhere Steuern zu zahlen. Hätte man sie vor zwanzig oder dreißig Jahren gefragt, als sie noch mit dem Verdienen ihrer ersten Million beschäftigt waren, wäre das Loblied auf höhere Steuern für Unternehmer sicher weniger laut erklungen. Davon abgesehen halte ich die Behauptung für unsinnig, dass höhere Steuern für Unternehmer keinesfalls zum Verlust von Arbeitsplätzen führen, da deren Erhalt an die Kaufkraft der Mittelschicht gekoppelt ist. Letzteres ist zwar ebenfalls richtig, dennoch ist es unsinnig davon auszugehen, dass Unternehmen bei steigender Belastung nicht auf andere Standorte ausweichen würden – insbesondere dann nicht, wenn sie ihre Produkte global vermarkten…

  6. #6 Biologe
    6. Dezember 2011

    @Reinboth,
    stimmt so nicht ganz. Denk mal an die Bill+Melinda Gates Stiftung, das Howard Hughes Medical Institut und viele andere. Alleine die Gates-Stiftung hat bis 2011 1.8 Milliarden bereitgestellt. Warren Buffet hat bis 2011 knappe 8 Milliarden gespendet.
    Also schon ganz ordentlich. Da können sich die Aldi-brüder hier im Lande mal eine Scheibe von abschneiden.

  7. #7 Popeye
    6. Dezember 2011

    @Biologe
    Christian Reinboth schreibt von freiwilligen Zahlungen an den Staat, die Stiftungen, die Du anführst, sind private Initiativen.

    Im übrigen weiß ich nicht, was man von Unternehmern halten soll, die dem Staat, also dem Konstrukt, das am schlechtesten mit Geld umgehen kann, noch mehr Geld überlassen wollen.

  8. #8 Jürgen Schönstein
    6. Dezember 2011

    @Christian
    Da muss ich in mehreren Punkten gleich widersprechen:
    1. Ist es gar nicht möglich, freiwillig mehr Steuern zu bezahlen – Steuersätze sind Gesetze. Sicher ist es möglich, nicht jedes Steuerschlupfloch zu nutzen und damit wenigstens die gesetzlich vorgesehenen Höchstsätze zu zahlen. Aber Hanauers Argument bezieht sich brereits auf diese Höchstsätze, die seiner Ansicht nach nicht reichen. Zum Beispel, weil bestimmte Kapitalerträge (Stichwort: Hedgefonds) wesentlich geringer besteuert werden als Lohneinkünfte …
    2. Geht es hier nicht um die Steuern für Unternehmen, sondern um die Einkommen der Unternehmer. Das sind zwei Paar Stiefel.
    3. Bleibt das Problem der Mittelschicht-Kaufkraft. Das Stichwort Multiplikatoreffekt sagt Dir bestimmt was, aber ich zitiere mal ganz konkret aus einem früheren Beitrag von mir:

    Mark Zandi, Chefökonom der Ratings-Agentur Moody’s, hatte dem Abgeordnetenhaus bereits im Juli 2008 vorgerechnet, dass jeder Dollar der Bush-Steuergeschenke einen Mulitiplikatoreffekt von 0,29 hätte, also nur ein ganz knappes Drittel davon überhaupt in den Konsum gelangt – jeder Dollar, der hingegen in Lebensmittelmarken für Sozialhilfeempfänger gesteckt wird, einen volkswirtschaftlichen Mehr-Wert von 1,73 Dollar bewirkt.

    Genau darum geht’s, wenn Hanauer darauf hinweist, dass er (und nicht nur er) eben keine 3000 Autos fährt, nicht Hunderte oder Tausende von Hemden und Anzügen jährlich kauft, nicht das Tausendfache für Essen ausgibt etc. – der Trickle-Down-Effekt hat schon unter Reagan nicht funktioniert (statt dessen mussten Steuern dann doch erhöht werden), und er ist auch heute nicht wahrer. Unsere Volkswirtschaften basieren auf Konsum, basieren darauf, dass Geld im Umlauf bleibt – und da sind die unteren Einkommensschichten, zu denen die Mittelschicht leider längst schon gehört, einfach effizienter (siehe die Zahlen, die in dem Zitat genannt werden).

    Und das Argument, dass Unternehmen sofort abwandern, wenn der Unternehmer einen fairen Steuersatz bezahlen muss (siehe Punkt 2.), ist so alt wie falsch – in die unternehmerische Standortentscheidung fließen ganz andere Faktoren viel maßgeblicher mit ein. Und bisher wurde niemand daran gehindert, seinen Privatwohnsitz nach Monaco (beispielsweise) zu verlegen. Aber genau darum geht es doch: Diejenigen, die von einer funktionierenden Wirtschaft am meisten profitieren, weil sie dadurch zu Multimilliardären werden, sollen halt – das ist Hanauers Message – nicht so tun, als ob sie dies alles nur ihrer eigenen Genialität verdanken, sondern einsehen, dass sie Teil eines Wirtschaftsgefüges sind, von dessen Funktionieren letztlich auch ihre Wohlstand abhängt. Das sollte die Finanzkrise von 2008 doch deutlich genug gemacht haben.

  9. #9 georg
    6. Dezember 2011

    @Christian Reinboth
    zu den zwei Punkent, die dir insbesondere auf den Keks gehen:

    Erstens geht es denen, die solches fordern offenbar um Regeln, die für alle gleichhermaßen verbindlich gelten. Das sollte nicht so schwierig zu verstehen sein. Dass man sein Geld nach Lust und Laune für gute Zwecke verschenken kann, weiß doch schließlich jeder.

    “Zweitens wird dieses Klagelied immer nur von Leuten angestimmt, denen es in der Tat nichts ausmachen würde, höhere Steuern zu zahlen.”
    Dann könnte man doch für diesen Personenkreis entsprechende gesetzliche Regeln einführen. Was geht dir denn dabei auf den Keks?

    mfg georg

  10. #10 miesepeter3
    6. Dezember 2011

    Was der Nick Hanauer da sagt, klingt ganz vernünftig. Allerdings sollte man in der Wirtschaft nicht allzuviel Vernunft voraussetzen.
    Die meisten Größen der Wirtschaft gehen doch davon aus, dass ihr Reichtum nur
    und ausschließlich ihrem Genius geschuldet ist.
    Welch Vernünftiger würde nach soviel Pleiten wie der Trump hinglegt hat, sich ans nächste Vermögen machen machen? Keiner, weil alle wissen, das das nicht klappen kann.
    Nur der Trump weiß das nicht und macht wieder irre Gewinne.
    Und ich glaub nicht, das er sich der Meinung von Nick anschließen kann. Bevor der Steuern zahlt, macht er lieber noch mal pleite.

  11. #11 Jürgen Schönstein
    6. Dezember 2011

    @Popeye
    Ob der Staat wirklich “das Konstrukt (ist), das am schlechtesten mit Geld umgehen kann”, wäre erst noch zu beweisen. Auch hier halte ich erst mal die massive Vermögensvernichtung durch die -allein dem unternehmerischen Versagen geschuldete – Finanzkrise von 2008 entgegen, und erhöhe um ein General Motors … Sicher gibt es staatliche Verschwendung und Korruption, aber die sind (fast immer) das Resultat einiger gieriger Privatwirtschaftler, ohne die es ja niemanden gäbe, der besticht, korrumpiert und überzogene Preise fordert.

  12. #12 Pete
    6. Dezember 2011

    Gibt es schon irgendwelche Reaktionen seitens der Teapot-Hillbillies?
    Das muss den Koch-Bruedern doch quer im Hals stecken…

    Pete

  13. #13 s.s.t.
    6. Dezember 2011

    @Popeye

    Im übrigen weiß ich nicht, was man von Unternehmern halten soll, die dem Staat, also dem Konstrukt, das am schlechtesten mit Geld umgehen kann, noch mehr Geld überlassen wollen.

    Für diese Behauptung wäre ein Nachweis nicht schlecht. Ich kenne einige Unternehmen (Weltliga-Spieler), die mit Geld auch ihre Probleme haben, von Kleinunternehmern und Privatpersonen mal ganz abgesehen. Da öffentliche Ausgaben sehr öffentlich sind, werden auch Fehlleistungen regelmäßig sehr öffentlich. Wenn Konzern XYZ mal so ein paar Mio. versemmelt, ist das keine Zeitungsnotiz wert, die fangen erst bei Mrd. an.

    Könnte das eine virtuelle Realität sein?

    (Es ist völlig unstrittig, dass es im öffentlichen Bereich zu Geldverschwendung kommt, jedoch sind Konzerne dem öffentlichen Dienst nicht unähnlich, was min. zu gleichwertigen Folgen führt.)

  14. #14 Sven Türpe
    6. Dezember 2011

    “Das Jahreseinkommen von Leuten wie mich sind hunderte, wenn nicht tausende Male größer als die der Durchschnittsamerikaner, aber wir kaufen nicht hundert oder tausend Mal mehr Zeug.”

    Das ist vermutlich gut für die Umwelt: die Akkumulation des Reichtums bremst den Konsum. Das Extrem wäre, dass einer alles hätte und alle anderen nichts. Dann würde einer für drei konsumieren und alle anderen gar nicht. Dann müsste man sich keine Sorgen machen, dass bald das Öl alle und das Klima zu warm wäre. Oder?

  15. #15 Jürgen Schönstein
    7. Dezember 2011

    @perk
    Immerhin 27 Stunden und 19 Minuten. Ich hätt’ auch früher damit gerechnet …

  16. #16 georg
    7. Dezember 2011

    @Jürgen Schönstein
    Was mich ja wundert, ist, dass der Petz bei diesem Thema noch keine Häufchen abgesetzt hat. Ist da zwischen euch was vorgefallen?

    mfg georg

  17. #17 Sven Türpe
    7. Dezember 2011

    You get what you pay for. Keine EInwände in der Sache? Fein.

  18. #18 Bullet
    7. Dezember 2011

    Der Einwand war schon klar formuliert. Ziemlich weit oben sogar. Nur bist du wieder so cognitively challenged, es nicht zu sehen.

  19. #19 Dr. Webbaer
    7. Dezember 2011

    Es gibt sicherlich Parallelen zwischen Hanauer und Soros, die beide linke Einrichtungen finanziell oder ideell unterstützen, Buffett zeigt jetzt auch gewisse “antikapitalistische” Tendenzen – was Sinn machen kann in einem in der Abwärtsbewegung befindlichen und bedarfsweise staatlicherseits zu stützenden Markt. – Onkel W hatte selbst das Vergnügen offiziell “linken” Unternehmern zuarbeiten und deren Beweglagen studieren zu dürfen…

    So richtig fein ist das ja nicht, eher parasitär, aber man macht’s halt, wenn es sich lohnt.

    MFG
    Wb

  20. #20 Lothar Wiedl
    9. Februar 2012

    @ Bilanzspezialisten: wie kann (m)ein Staat überhaupt schlecht mit Geld umgehen oder Geld verschwenden? Vor allen Dingen: wie macht das ein Exportweltmeister mit Zahlungsbilanzüberschüssen?

    (M)ein kleiner Privathaushalt, Unternehmen + Freiberufler können – oft mühelos – über ihre Verhältnisse leben. Aber wie soll das “der Staat” machen, wo in toto die Ausgaben des Einen die Einnahmen des Anderen sind?

    Rätsel Rätsel Rätsel. Danke für Nachhilfe.

    Zusatzfrage: oder gibt es da ein Loch in unserer Volkswirtschaft, wo Subventionen und Zinserträge in die Wüste der globalen “Märkte” verdunsten?

  21. #21 schnorri
    9. Februar 2012

    @Lothar Wied
    einfach mal die Berichte des Bdstz lesen! Als Einstieg sozusagen!

  22. #22 MBT Chaussures Hommes
    https://www.mbt-france.com/mbt-chaussures-hommes-c-4.html
    13. März 2019

    Kapitalismus und Evolution – Geograffitico
    MBT Chaussures Hommes https://www.mbt-france.com/mbt-chaussures-hommes-c-4.html