Früher habe ich das “Wall Street Journal” regelmäßig gelesen, aber aus finanziellen Gründen musste ich darauf verzichten. Das Blatt lag politisch zwar immer auf einer definitiv nicht mit meiner konvergierenden Linie, aber seine Wissenschaftsberichterstattung war solide genug, dass ich daraus die eine oder andere Anregung gewinnen. Aber wie gesagt, seit mehr als einem Jahr lese ich das Blatt nicht mehr, und darum hat’s ein bisschen gedauert, bis die Kunde über diesen bereits am Freitag erschienenen “offenen Brief” von 16 Wissenschaftlern gegen den Klimawandel via Andrew Revkins Dot.Earth-Blog zu mir durchgedrungen ist. Der Titel sagt schon das Wesentliche: No Need to Panic About Global Warming – There’s no compelling scientific argument for drastic action to ‘decarbonize’ the world’s economy; auf Deutsch: Kein Grund zur Panik über globale Erwärmung – es gibt keinen zwingenden wissenschaftlichen Grund für drastische Aktionen, die Weltwirtschaft zu ‘entkarbonisieren’.”
Ist es eine Sensation, dass 16 Wissenschaftler dem geltenden wissenschaftlichen Konsens widersprechen? Rein zahlenmäßig schon mal nicht. Aber vielleicht haben sie ja neue, aktuellere Einsichten, die den bisherigen Konsens darüber, dass
a) der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt, was
b) in absehbarer Zeit zu einer erwärmungsbedingten Veränderung der globalen Klimamuster führen wird und
c) durch menschliche Aktivität verursacht wurde
zumindest erodieren könnten? Nicht, dass ich irgend etwas Neues darin gelesen hätte. “Climategate” bleibt nicht unerwähnt, die ausgebliebene Erwärumg in den vergangenen zehn Jahren, andererseits wird das Kohlendioxid als Wunderdünger gepriesen und seine EInstufung als “Schadstoff” scharf zurückgewiesen. Eine Variante von Godwin’s Rule of Nazi Analogies wird ebenfalls bemüht – allerdings hier in der stalinistische Variante (die Lage der skeptischen Wissenschaftler wird mit jenen verglichen, die auf Betreiben von Lyssenko im Gulag landeten). Und natürlich ist das Motiv der Klimawissenschaftler auch das altbekannte: Geld für ihre Forschung, was sonst …
Alles ein alter Hut, und auch die Liste der Unterzeichner wird – bin mir nicht bei jedem Einzelnen sicher, aber einige Namen kenne ich doch – niemanden wirklich überraschen:
Claude Allegre, former director of the Institute for the Study of the Earth, University of Paris; J. Scott Armstrong, cofounder of the Journal of Forecasting and the International Journal of Forecasting; Jan Breslow, head of the Laboratory of Biochemical Genetics and Metabolism, Rockefeller University; Roger Cohen, fellow, American Physical Society; Edward David, member, National Academy of Engineering and National Academy of Sciences; William Happer, professor of physics, Princeton; Michael Kelly, professor of technology, University of Cambridge, U.K.; William Kininmonth, former head of climate research at the Australian Bureau of Meteorology; Richard Lindzen, professor of atmospheric sciences, MIT; James McGrath, professor of chemistry, Virginia Technical University; Rodney Nichols, former president and CEO of the New York Academy of Sciences; Burt Rutan, aerospace engineer, designer of Voyager and SpaceShipOne; Harrison H. Schmitt, Apollo 17 astronaut and former U.S. senator; Nir Shaviv, professor of astrophysics, Hebrew University, Jerusalem; Henk Tennekes, former director, Royal Dutch Meteorological Service; Antonio Zichichi, president of the World Federation of Scientists, Geneva.
Claude Allegre, Roger Cohen, Richard Lindzen … klingt nach den “usual suspects”.
Ist dieser offene Brief dann eigentlich überhaupt die Zeit wert, die ich mit dem Schreiben darüber (und andere dann mit dem Lesen) verschwende? Vermutlich nicht. Aber es soll mit niemand vorwerfen können, dass ich die darin geäußerten Meinungen unterdrücken wolle – wobei ich nicht wüsste, wie diese bereits in extenso geäußerten Ansichten noch unterdrückt werden könnten. Und weil ich halt ein Anhänger der Philosophie bin, die jedem das Recht gibt, sich nach seiner Façon zu blamieren …
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