Das Thema Vorsorgeuntersuchung hat mich (mag ein altersspezifisches Phänomen sein) hier bereits mehrfach beschäftigt, und dabei ganz speziell der Aspekt, den man als Vorsorge-Dilemma bezeichnen kann: Bei Brust- und Prostatakrebs wird oft kein nennenswerter statistischer Zusammenhang zwischen den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen und dem tatsächlichen Krankheits- und Sterbensrisiko entdeckt, obwohl der individuelle Zusammenhang durch zahlreiche Einzelfälle und common sense belegbar scheint. Zumindest für die Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung scheint dieses Dilemma nun gelöst: Ein Paper im aktuellen New England Journal of Medicine kommt – von mir hier auf eine einzige Ziffer verkürzt – nach einer Langzeitstudie (20 Jahre) zu dem Ergebnis, dass eine Darmspiegelung (Koloskopie), bei der riskante Darmpolypen nicht nur entdeckt, sondern gleichzeitig auch entfernt werden können, das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, um 53 Prozent reduziert.
Und ehe wir jetzt wieder in die leidige Diskussion einsteigen, dass wir doch alle irgendwann sterben müssen (was impliziert, das es egal sei, woran und wann): Ja, unser Sterberisiko insgesamt ist 100 Prozent; aber es ist ein Unterschied, ob die natürliche Lebenserwartung ausgelebt werden kann, oder ob und wieviel sie durch vermeidbare Ursachen (Krankheit, Unfall, Gewalttaten) verkürzt wird. Können wir uns darauf verständigen?
Allein in den USA sterben jährlich rund 51.000 Menschen an Darmkrebs; eine Reduktion auf die Hälfte wäre also auch in absoluten Zahlen eine signifikante Verbesserung. In Deutschland ist diese Zahl, angesichts der deutlich kleineren Bevölkerung (die USA haben mehr als 310 Millionen Einwohner, Deutschland knapp 82 Millionen, also ein gutes Viertel), vergleichsweise und – wie ich finde – sogar erschreckend hoch: Hier sterben, nach Angaben der Felix-Burda-Stiftung, mehr als 26.000 Menschen jährlich an Darmkrebs. Wer also weiterhin die Vorsorgeuntersuchung – die gewiss unangenehm ist – mit der Generalausrede “macht ja sowieso keinen Unterschied” vor sich her schiebt (auch ich bekenne mich dessen schuldig), spielt mit seinem/ihrem Leben.
Wer mehr dazu lesen will, kann sich diesen Artikel in der heutigen New York Times anschauen. Ich würde gerne ausführlicher darüber berichten, muss mir aber leider meine Zeit aktuell sehr vorsichtig einteilen …
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