Das Thema Vorsorgeuntersuchung hat mich (mag ein altersspezifisches Phänomen sein) hier bereits mehrfach beschäftigt, und dabei ganz speziell der Aspekt, den man als Vorsorge-Dilemma bezeichnen kann: Bei Brust- und Prostatakrebs wird oft kein nennenswerter statistischer Zusammenhang zwischen den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen und dem tatsächlichen Krankheits- und Sterbensrisiko entdeckt, obwohl der individuelle Zusammenhang durch zahlreiche Einzelfälle und common sense belegbar scheint. Zumindest für die Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung scheint dieses Dilemma nun gelöst: Ein Paper im aktuellen New England Journal of Medicine kommt – von mir hier auf eine einzige Ziffer verkürzt – nach einer Langzeitstudie (20 Jahre) zu dem Ergebnis, dass eine Darmspiegelung (Koloskopie), bei der riskante Darmpolypen nicht nur entdeckt, sondern gleichzeitig auch entfernt werden können, das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, um 53 Prozent reduziert.

Und ehe wir jetzt wieder in die leidige Diskussion einsteigen, dass wir doch alle irgendwann sterben müssen (was impliziert, das es egal sei, woran und wann): Ja, unser Sterberisiko insgesamt ist 100 Prozent; aber es ist ein Unterschied, ob die natürliche Lebenserwartung ausgelebt werden kann, oder ob und wieviel sie durch vermeidbare Ursachen (Krankheit, Unfall, Gewalttaten) verkürzt wird. Können wir uns darauf verständigen?

Allein in den USA sterben jährlich rund 51.000 Menschen an Darmkrebs; eine Reduktion auf die Hälfte wäre also auch in absoluten Zahlen eine signifikante Verbesserung. In Deutschland ist diese Zahl, angesichts der deutlich kleineren Bevölkerung (die USA haben mehr als 310 Millionen Einwohner, Deutschland knapp 82 Millionen, also ein gutes Viertel), vergleichsweise und – wie ich finde – sogar erschreckend hoch: Hier sterben, nach Angaben der Felix-Burda-Stiftung, mehr als 26.000 Menschen jährlich an Darmkrebs. Wer also weiterhin die Vorsorgeuntersuchung – die gewiss unangenehm ist – mit der Generalausrede “macht ja sowieso keinen Unterschied” vor sich her schiebt (auch ich bekenne mich dessen schuldig), spielt mit seinem/ihrem Leben.

Wer mehr dazu lesen will, kann sich diesen Artikel in der heutigen New York Times anschauen. Ich würde gerne ausführlicher darüber berichten, muss mir aber leider meine Zeit aktuell sehr vorsichtig einteilen …

flattr this!

Kommentare (36)

  1. #1 Olli
    23. Februar 2012

    …ab welchem Alter sollte man denn zu der genannten Vorsorgeuntersuchung gehen?

  2. #2 miesepeter3
    23. Februar 2012

    Vielleicht kann man das so ausdrücken :

    es gibt Vorsorgeuntersuchungen, die sind richtig und (überlebens)wichtig und es gibt welche, die sind weniger wichtig. Also fast wie im richtigen Leben.
    Blöd ist nur, dass der Durchschnittspatient diesen Unterschied meist nicht so richtig beurteilen kann.

  3. #3 Ludger
    23. Februar 2012

    Olli·
    23.02.12 · 17:30 Uhr
    …ab welchem Alter sollte man denn zu der genannten Vorsorgeuntersuchung gehen?

    In Deutschland wird bei gesunden und beschwerdefreien Menschen je eine Darmspiegelung mit 55 Jahren und mit 65 Jahren bezahlt. Bei Beschwerden, Darmkrebs in der Familie, vorausgegangener Entfernung tubulärer Adenome (“Darmpolypen”) wird die Untersuchungshäufigkeit individuell festgelegt zum Beispiel alle drei bis fünf Jahre. Bei der Vorsorge stellt sich immer die Frage, wie teuer ist ein Jahr Lebensverlängerung. Die Häufigkeit einer Vorsorge wird daher politisch festgelegt. Die allgemeine Krebsvorsorge wird bei Frauen (mit Gebärmutterhalsabstrich) ab dem 20. Lebensjahr und bei Männern ab dem 45. Lebensjahr einmal pro Jahr bezahlt.

  4. #4 Sven Türpe
    23. Februar 2012

    Ja, unser Sterberisiko insgesamt ist 100 Prozent; aber es ist ein Unterschied, ob die natürliche Lebenserwartung ausgelebt werden kann, oder ob und wieviel sie durch vermeidbare Ursachen (Krankheit, Unfall, Gewalttaten) verkürzt wird. Können wir uns darauf verständigen?

    Selbstverständlich nicht. Es ist nämlich auch ein Unterschied, in welcher kumulierten Lebensqualität die Lebenszeit verbracht wird, d.h. wir müssen das Integral der Lebensqualität über die tatsächliche Lebensdauer betrachen. Von mir aus mit negativen Werten zur Repräsentation von Krankheit und Siechtum, wenn sich die Lebensqualität unkompliziert symmetrisch zur Nullinie definieren lässt.

    (Wer das Wohlergehen des Kollektivs höher bewertet als jenes des Individuums, möge in dieser Betrachtung Schaffenskraft oder Arbeit für Lebensqualität substituieren.)

    BTW, welche persönliche Risikoreduktion steht der Bevölkerungsstatistik gegenüber?

  5. #5 Joseph Kuhn
    23. Februar 2012

    @ Olli: Die Früherkennungskoloskopie wurde in Deutschland 2002 in das Früherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Ab dem Alter von 55 Jahren kann sie in Anspruch genommen werden und nach 10 Jahren wiederholt werden. Darüber, ob der 10-Jahreszeitraum sinnvoll ist, wird diskutiert.

    @ Jürgen: Eine Reduktion der Darmkrebssterblichkeit um 50 % durch die Koloskopie bedeutet nicht, dass es in den USA jährlich 25.000 Sterbefälle weniger gäbe, wenn sich alle untersuchen ließen. Dazu müsste man die Reduktion der Gesamtsterblichkeit in der Gruppe der Untersuchten kennen, nicht nur die Reduktion der Darmkrebssterblichkeit.

  6. #6 BreitSide
    23. Februar 2012

    Au waia, TürpelTölpelTroll, das war schon wieder mal nix.

    Es mag ja sein, dass es bei einem 90-Jährigen wohl nicht mehr allzu viel Sinn macht, einen Herzschrittmacher einzupflanzen (obwohl, hättste mal Jopi darüber befragt, 18 recht glücklich verbrachte Jahre will wohl keiner missenI.

    Aber ansonsten ist Deine Betrachtung Mumpitz.
    1. Hinterher ist jeder schlauer, handeln muss ich vorher.
    2. Die alte Mär von mehr Siechtum durch bessere Medizin wird auch durch Wiederholungen nicht wahrer.
    3. Milchmädchenrechnungen bringen uns nicht weiter.

    Miese: Mit etwas Recherchieren lässt sich sehr wohl gut rausfiltern, welche Vorsorgeuntersuchung wirklich was taugt. Oder man fragt die Experten auf SB…

  7. #7 michael
    24. Februar 2012

    > dass eine Darmspiegelung (Koloskopie), bei der riskante Darmpolypen nicht nur entdeckt, sondern gleichzeitig auch entfernt werden.

    Ist das in Deutschland so üblich ?

  8. #8 Ludger
    24. Februar 2012

    michael·24.02.12 · 02:28 Uhr
    > dass eine Darmspiegelung (Koloskopie), bei der riskante Darmpolypen nicht nur entdeckt, sondern gleichzeitig auch entfernt werden.
    Ist das in Deutschland so üblich ?

    Ja, ist üblich.

  9. #9 Joseph Kuhn
    24. Februar 2012

    @ Michael: Deswegen ist hier der Begriff “Vorsorgeuntersuchung” auch nicht ganz verkehrt, bei der Mammographie z.B. handelt es sich dagegen “nur” um eine “Früherkennungsuntersuchung”.

  10. #10 Ludger
    24. Februar 2012

    Joseph Kuhn·24.02.12 · 07:10 Uhr
    […] bei der Mammographie z.B. handelt es sich dagegen “nur” um eine “Früherkennungsuntersuchung”.

    Zum Teil auch um eine Vorsorge, nämlich dann, wenn ein “Ductales Carcinoma in Situ” (DCIS) gefunden wird. “In Situ” bedeutet, dass die Tumorzellen die Basalmembran noch nicht durchbrochen haben und daher noch nicht invasiv sind. Die DCIS fallen in der Mammographie durch gruppierten Mikrokalk auf.

  11. #11 Joseph Kuhn
    24. Februar 2012

    @ Ludger: … oder doch Früherkennung, weil die DCIS ja aus Krebszellen bestehen? Gibt es da eine Sprachregelung unter Onkologen?

  12. #12 Ludger
    24. Februar 2012

    Ein Carcinoma in Situ ist eine Krebsvorstufe und daher nach meinem Verständnis kein Malignom, nicht zu verwechseln mit einem Borderlinecarcinom (z.B. vom Ovar). Beim DCIS wächst der Tumor im Milchgang eingepresst, wie Wurst in Pelle. Da die DCIS manchmal sehr ausgedehnt sind, kann der Pathologe eine Invasion nie vollständig und sicher ausschließen. Wenn es bei der Diagnose DCIS trotzdem zu Lymphknotenmetastasen gekommen ist, lag halt an einer winzigen Stelle doch ein Malignom mit Basalmembrandurchbruch vor. Die Zellen sind Malignomzellen, nur das Verhalten dieser Zellen ist noch nicht bösartig. – aber_ Die Histopathologie des Mammacarcinoms hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert und ist Spezialistenaufgabe geworden. Bei der internationalen B-Klassifikation der Pathologen ( https://www.patho-trier.de/b-klassifikation.htm ) wird das DCIS doch als “B5a = nicht-invasives Mamma-Ca” zu den Malignomen gerechnet. Na, ja. Hauptsache ist, man weiß, wie man das Problem zu lösen hat.

  13. #13 miesepeter3m
    24. Februar 2012

    @BreitSide

    “…Oder man fragt die Experten auf SB…”

    Ganz Deutschland? Na das wird ein Gedränge geben, aber danke für den Tip.

  14. #14 Dagda
    24. Februar 2012

    @ Ludger
    Naja DCIS ist ja quasi definitionsgemäß schon ein Malignom, da es zumindest die pathologischen Malignitätskriterien erfüllt, daher ja auch Carcinoma (in situ).
    Das die biologischen Eigenschaften sehr gutartig sind, ist davon ja unbenommen.

  15. #15 Dagda
    24. Februar 2012

    @ Ludger
    Und was bei der pathologischen Klassifikation ja vielleicht auch noch wichtig ist, dass sie ja prinzipiell auch schon für die Biopsie gilt und da ist der Unterschied zwischen DCIS und invasiven ductalen Karzinomen schwierig bis unmöglich sicher zu treffen;

  16. #16 Ludger
    24. Februar 2012

    @ Dagda
    Nun ja, die Begriffe unterliegen (verschiedenen) Definitionen. Ein Malignom ist deswegen maligne, weil es in die Nachbarschaft einbricht, Zellgrenzen mißachtet, destruierend wächst und nicht verdrängend und bei Einbruch in Gefäße oder Lymphbahnen auch metastasiert. das alles tut ein DCIS nicht, oder die Diagnose war falsch. Das Tumorstadium ist nach dem TNM-System TIS und nicht T1a. Ein Tumor im eigentlichen Wortsinn (=Schwellung) liegt meistens auch nicht vor. Allerdings geht ein Malignomwachtum in der Regel mit Zellkernatypien einher (außer z.B. beim hochdifferenzierten Schilddrüsenkarzinom). Die Patienten sterben aber am invasiven Wachstumsverhalten und nicht an den Atypien. Deswegen steht hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Duktales_Karzinom_in_situ#Problematiken_und_aktueller_wissenschaftlicher_Stand

    Da ein in situ-Karzinom definitionsgemäß nicht metastasieren kann und somit nicht lebensbedrohlich ist, dient die Entfernung allein der Prävention von Brustkrebs.

    Ich habe genau diese Eigenschaft gemeint, als ich oben schrieb, dass das Mammographiescreening manchmal auch eine Krebsvorsorge ist und nicht nur eine Früherkennung. Allerdings macht das die Sache nicht einfacher, wenn man daran denkt, dass ein DCIS nur in ca 50% der Fälle überhaupt invasiv wird. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Duktales_Karzinom_in_situ#Prognose ). Das heißt, dass man nach Mammographiescreening manchmal mit Operation und Strahlentherapie(!) und Tamoxifen-Hormonblockade manche Frauen von einem Tumor heilen kann, an dem sie nicht gestorben wären. Das ist m.E ein Grund, weshalb ein Mammographiescreening bei 80-jährigen Frauen unsinnig ist.

  17. #17 Dagda
    24. Februar 2012

    @Ludger
    Ich glaube die Diskussion führt ein bischen am Thema des Blogs vorbei, aber mir ging es darum dass zumindest pathologisch die wesentlichen Kritierien für Malignität erfüllt werden und man ein DCIS und ein invasives duktales Karzinom insbesondere in einer Stanzbiopsie nicht sicher unterscheiden kann (da theoretisch auserhalb des Stanzbereichs eine Invasion /Metastasierung vorliegen könnte).
    Die selbe Diskussion könnte man übrigens auch für die Koloskopie führen, da villöse Adenome wie das DCIS eine Wahrscheinlichkeit von ~50% haben in invasive Karzinome überzugehen und damit obligate Präkanzerosen sind.

  18. #18 Ludger
    24. Februar 2012

    Dagda·24.02.12 · 19:49 Uhr
    @Ludger
    […] und man ein DCIS und ein invasives duktales Karzinom insbesondere in einer Stanzbiopsie nicht sicher unterscheiden kann (da theoretisch auserhalb des Stanzbereichs eine Invasion /Metastasierung vorliegen könnte).
    Die selbe Diskussion könnte man übrigens auch für die Koloskopie führen, da villöse Adenome wie das DCIS eine Wahrscheinlichkeit von ~50% haben in invasive Karzinome überzugehen und damit obligate Präkanzerosen sind.

    Die Histologie aus der Stanze ergibt die Operationsindikation, nicht die endgültige Diagnose. Dann muss je nach Ausdehnung der Veränderung, die nach bildgebenden Verfahren geschätzt wird, eine operative Entfernung mit Sicherheitsabstand vorgenommen. Das so gewonnene Gewebe wird bei der Entnahme markiert (oben-unten, rechts-links, vorne-hinten) dann von einer spezialisierten Abteilung Pathologie aufgearbeitet (in viele dünne Scheiben geschnitten, die durchgemustert werden. Leider sind die bildgebenden Verfahren nicht sensibel genug, um eine genaue Grenze zu zeigen. M.a.W.: es sind häufig ein oder zwei Nachoperationen notwendig, bis man ringsherum eine freie Resektionsgrenze mit Sicherheitssaum hat. Da ist im Vergleich die coloskopische Entfernung von Polypen aus dem Darm doch für die betroffenen Menschen der einfachere Eingriff.

  19. #19 Dagda
    25. Februar 2012

    @ Ludger
    Hm ich habe dasGefühl wir reden etwas aneinander vorbei;
    Worauf es mir eigentlich ankommt ist, das es sich bei dem DCIS schon um Tumorzellen, die noch keine Metastasierung oder Invasion begonnen haben oder noch nicht in der Lage sind selbiges zu tun. Pathologisch zeigt eine DCIS-Zelle aber alle Merkmale einer Krebszelle. Ob es sich jetzt strenggenommen schon um Krebs oder “nur” eine unmittelbare Krebsvorstufe (obligate Präkanzerose, eine Gewebsveränderungen die mit circa 50% in ein Karzinom übergeht) handelt, ist relativ müßig, da es zumindest bislang nicht möglich ist sicher zwischen beiden zu unterscheiden, sodass man in jedem fall radikal (mit Sicherheitsabstand) operieren muss.

  20. #20 Ludger
    25. Februar 2012

    Dagda·
    25.02.12 · 01:36 Uhr
    @ Ludger
    […] Pathologisch zeigt eine DCIS-Zelle aber alle Merkmale einer Krebszelle. […]

    Histopathologisch gesehen sind es Tumorzellen, pathologisch nicht. D ie Probleme der Behandlung sind durch die weite Verzweigung des DCIS gegeben.

  21. #21 segeln141
    26. Februar 2012

    es sind schlicht und einfach alles Früherkennungsmaßnahmen und keine Vorsorgeuntersuchungen.

    Der Begriff Vorsorge vermittelt eine falsche Hoffnung,eben,dass man vorsorgen kann.

    Allenfalls bei Polypen im Rahmen einer Colonoskopie ( auch hier wird mit dem Begriff Coloskopie sprachlich geschludert,die Amerikaner sind genauer undd sagen Colonoscopy)kann man von Vorsorge sprechen,wobei der Polyp,der später ein Carcinom geworden wäre,jedoch wiederum früherkannt würde.

  22. #22 segeln141
    26. Februar 2012

    @JS

    nun ja,in der NYT steht diese Studie auch,die ich schon gestern gelesen hatte,aber mit dem richtigen Begriff colonoscopy

    https://www.nytimes.com/2012/02/23/health/colonoscopy-prevents-cancer-deaths-study-finds.html?_r=1&ref=health

    sogar schon in der Überschrift.

    Das ist eine Verschlimmbesserung gewesen(von colonoscopy zu Koloskopie)

  23. #23 segeln141
    26. Februar 2012

    @Joseph Kuhn· 23.02.12 · 19:10 Uhr

    der 10-Jahreszeitraum ist anerkannt bei Fällen,in denen eine colonoskopie völlig unauffällig gewesen ist.

    Falls man Polypen gefunden und/oder entfernt hat ist ein kürzerer Zeitraum üblich und wird von den KK auch bezahlt

  24. #24 segeln141
    26. Februar 2012

    Joseph Kuhn· 23.02.12 · 19:10 Uhr

    Eine Reduktion der Darmkrebssterblichkeit um 50 % durch die Koloskopie bedeutet nicht, dass es in den USA jährlich 25.000 Sterbefälle weniger gäbe, wenn sich alle untersuchen ließen

    doch,doch. Im Originalartikel und in der NYTist dies graphisch dargestellt ,indem man die erwarteten Sterbefälle mit den tatsächlichen in Relation gesetzt hat(in absoluten Zahlen)

    Ich hatte auch erst gestutzt,wie immer bei Prozentangaben,jedoch dann die absoluten Zahlen gesehen

  25. #25 Ludger
    26. Februar 2012

    Der Begriff “Krebsvorsorge” stammt ja wohl aus der Zeit der Einführung des gynaekologischen Krebsvorsorgeprogramms als Kassenleistung im Jahr 1971 und ist seitdem auch für die Ergänzungen weiterverwendet worden. Regelmäßige Portiozytologie senkt die Inzidenz des Zervixkarzinoms. Daher ist der Begriff “Vorsorge” für die am längsten eingeführte Methode angemessen. Außerdem muss der Begriff “Vorsorge” ja nicht nur im Sinne von Krankheitsverhinderung verstanden werden. Jemand der Altersvorsorge betreibt, will ja nicht das Altern vermeiden. Insofern wäre auch eine Früherkennung eine Vorsorge, wenn sie den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann.

  26. #26 Joseph Kuhn
    26. Februar 2012

    @ segeln 141: In der NYT ist in der Grafik von “Cumulative deaths from colorectal cancer” die Rede, nicht von allen Sterbefällen. Dessen ungeachtet ist eine Halbierung der Darmkrebssterbefälle natürlich ein starker Hinweis darauf, dass auch die Gesamtsterblichkeit verringert ist, denn dass andere Todesursachen diesen Gewinn ganz kompensieren, ist unwahrscheinlich. Man müsste einmal in das Originalpaper schauen, das wird dort vermutlich thematisiert.

    @ Ludger: Die “Altersvorsorge” soll auch nicht dem Alter vorbeugen, sondern der Altersarmut. Ob sie das tut, darf man zumindest bei manchen Kapitalanlagen inzwischen bezweifeln. Einigen Finanzinstituten fehlt es an einer guten Früherkennung für das Risiko von Anlageverlusten.

  27. #27 segeln141
    26. Februar 2012

    @Joseph Kuhn· 26.02.12 · 10:09 Uhr

    ich bezog mich auch nicht auf alle Sterbefälle,sondern auf ” Cumulative deaths from colorectal cancer”,und diese sind in absoluten Zahlen angegeben

  28. #28 Joseph Kuhn
    26. Februar 2012

    @ segeln141: … ja, 12 statt der erwarteten 25,4 in einer Studiengruppe mit 2.602 Personen, d.h. statt 10 pro 1.000 starben nur 5 pro 1.000 an Darmkrebs. Das ist erstmal sehr gut, unterstellt, die Studiengruppe weist keine Besonderheiten auf, die den Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung problematisch machen. Mich würde trotzdem die Reduktion der Gesamtsterblichkeit interessieren, und was genau das für Patienten waren. Mal sehen, ob ich am Montag an die Originalstudie komme.

  29. #29 Andrea N.D.
    27. Februar 2012

    @Jürgen:
    Das Ergebnis der Studie freut mich, sehe ich doch täglich wie sinnvoll Koloskopien und Gastroskopien sein können.
    Ich möchte nur zu bedenken geben, dass dies nur der Fall ist, wenn ordentlich untersucht wird. In einer sachfremden Praxis/Ambulanz schnell das Gerät armortisiert und viele Untersuchungen gemacht, wiegt den Patienten u.U. in einer Sicherheit, die er nicht hat – alles schon passiert. Also Untersucher gut aussuchen, genau fragen und wenn irgend möglich – bei der Untersuchung auf den Monitor gucken oder von einer Begleitperson gucken lassen (dabei aber den Mund halten, sonst sind die Untersucher genervt).

  30. #30 Ludger
    27. Februar 2012

    Andrea N.D.·
    27.02.12 · 10:36 Uhr […]
    Ich möchte nur zu bedenken geben, dass dies nur der Fall ist, wenn ordentlich untersucht wird. In einer sachfremden Praxis/Ambulanz schnell das Gerät armortisiert und viele Untersuchungen gemacht, wiegt den Patienten u.U. in einer Sicherheit, die er nicht hat – alles schon passiert. […]

    Die Hürden dafür, eine VORSORGE-Koloskopie über die GKV abrechnen zu können, sind hoch. (nach mündlicher Auskunft: u.a. Nachweis von 350 Histologien von koloskopisch abgetragenen Polypen). Geld kann man mit Koloskopien auch nur als internistischer Internist, nicht als hausärztlicher Internist verdienen (hat was mit dem Regelleistungsvolumen zu tun). Die internistischen Internisten arbeiten hauptsächlich auf Zuweisung. Also nix mit:

    […]In einer sachfremden Praxis/Ambulanz schnell das Gerät armortisiert und viele Untersuchungen gemacht,[…]

    Das geht nur in einer “Privatpraxis”.

  31. #31 Andrea N.D.
    28. Februar 2012

    @Ludger:
    Mit “sachfremd” meinte ich beispielsweise einen Internisten mit Zusatzausbildung Pneumologie, der sich eine Gerät gekauft hat. Das ist etwas anderes als ein Internist mit Zusatzausbildung Gastroenterologie. Ich hätte mich nicht geäußert, wenn mir nicht solche Fälle bekannt wären, die besonders tragisch sind. Die Patienten wiegen sich in Sicherheit, während die Krankheit Zeit hat sich unerkannt in Ruhe auszubreiten. Und es ist definitiv ein Unterschied, ob ich den Schlauch in 10 Minuten oder in 40 Minuten durchschiebe. Die Gründlichkeit der Untersuchung scheint nicht geregelt.

  32. #32 Ludger
    28. Februar 2012

    Andrea N.D.·
    28.02.12 · 10:04 Uhr @Ludger:
    Mit “sachfremd” meinte ich beispielsweise einen Internisten mit Zusatzausbildung Pneumologie, der sich eine Gerät gekauft hat. […] Ich hätte mich nicht geäußert, wenn mir nicht solche Fälle bekannt wären, […]

    Na ja, 350 Polypabtragungen für eine Vorsorgezulassung sind schon was. Danach muss man nicht unbedingt Gastroenterologe sein, um ordentlich arbeiten zu können. Ich kenne auch eine Frau, die 1 Jahr nach einer als unauffällig eingestuften Coloskopie (von einem Gastroenterologen in einem Krankenhaus, das allerdings im letzten Jahr wegen roter Zahlen geschlossen wurde) ein Colonkarzinom mit Lebermetastasen hatte und inzwischen verstorben ist. War die erste Coloskopie fehlerhaft durchgeführt worden? Ich weiß es nicht. Ich habe vom Darm wenig Ahnung. Ich stelle mir aber mal vor, dass es sich dabei um einen Tumor gehandelt hat, der nicht als “Blumenkohl” in die Darmöffnung hineingewachsen ist sondern sich als Geschwür, also als Loch nach außen gefressen hat. Wenn dann noch Stuhlreste das “Loch” verschmiert haben und man der Patientin keine zweite Coloskopie nach erneuter Darmreinigung zumuten möchte, kann es vielleicht zu solchen Verläufen kommen. Über die genauen Gründe kann ich natürlich nichts sagen. Ich bitte aber zu bedenken: jede Diagnostik hat ihren Anteil an falsch positiven Befunden (“Spezifität”) und falsch negativen Befunden (“Sensitivität”). Beide sind reziprok miteinander verbunden. MRT der weiblichen Brust hat zum Beispiel eine sehr gute Sensitivität (fast keine falsch negativen Befunde) aber eine schlechte Spezifität (häufiger mal falschen Alarm). Im Vergleich zur Coloskopie hat aber der Guajak-Test ( https://de.wikipedia.org/wiki/Haemoccult ) eine miese Spezifität und eine miese Sensitivität.

  33. #33 Andrea N.D.
    29. Februar 2012

    @Ludger:
    350 MIT Polypenabtragen erstaunt mich (aber das weißt Du sicherlich besser). Wenn nicht als ehemaliger Assistenzarzt in einem Klinikum, wie will das ein Niedergelassener dann schaffen? In den mir bekannten Fällen erstaunt es mich umsomehr. Aber vielleicht besteht (noch) gar keine Kassenzulassung; ich weiß bisher nur um Privatpatienten. Ein Grund mehr, sich nicht privat versichern zu lassen 🙂
    Ein Kriterium für eine vernünftige endoskopische Untersuchung ist trotzdem sicherlich die Zeit. Ob der Schlauch einfach einmal durchgeführt wird oder jede Darmfalte umgedreht wird, ist auch eine Zeitfrage. Dann ist noch die Frage wie stark sediert wird, ob Angehörige zugucken können, etc. (Für die Sedierung braucht’s übrigens einen zweiten Arzt, deshalb gíbt’s das in vielen Praxen nicht). Alles, was ich im ersten Kommentar geschrieben habe. Und das ist keine Verurteilung irgendwelcher Ärzte, die dies durchführen. Es war lediglich der Hinweis, dass hier sauber gearbeitet werden muss, damit sich der Patient in Sicherheit wiegen kann und dass es nur dann sinnvoll ist, diese Vorsorgeuntersuchung durchführen zu lassen.

  34. #34 Ludger
    29. Februar 2012

    Andrea N.D.·29.02.12 · 08:20 Uhr @Ludger:
    350 MIT Polypenabtragen erstaunt mich (aber das weißt Du sicherlich besser). […]

    Als das endoskopische Screenin aufkam, brauchten einige Internisten noch ein halbes Jahr für ihre Zulassung und viele haben es ganz drangegeben. Auf meine Frage an Frau Dr. Sch. warum sie denn nur kurative Coloskopien mache und keine präventiven, antwortete sie mir, sie habe ihre 350 Polyphistologien noch nicht zusammen. So nach ¹/² Jahr war es dann soweit und sie hat auch präventive Coloskopien über die GKV abrechnen dürfen. Wie gesagt: GKV!

  35. #35 Ludger
    29. Februar 2012

    Andrea N.D.·29.02.12 · 08:20 Uhr @Ludger: 350 MIT Polypenabtragen erstaunt mich (aber das weißt Du sicherlich besser). […]

    Du hast Recht, da habe ich mich wohl falsch erinnert, oder die Bestimmungen gaben sich geändert. Es stehen in der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie als Voraussetzung 200 Koloskopien und 50 Polypentfernungen unter Anleitung (§4 Abs. 2). ( https://daris.kbv.de/daris/link.asp?ID=1003739016 ). Ob es für die Vorsorge besondere Bestimmungenn gibt, kann ich im Augenblick nicht finden. Diese Qualitätssicherungsvereinbarung ist für die Privatpraxis nicht verbindlich.

  36. #36 Ludger
    29. Februar 2012

    Nachtrag von der Seite https://www.kbv.de/23477.html

    So kann die Genehmigung nur aufrechterhalten werden, wenn der Arzt innerhalb eines Jahres eine Mindestfrequenz von 200 totalen Koloskopien, davon mindestens zehn mit Polypektomien, nachweisen kann.