Das Thema Urheberrecht und geistiges Eigentum, das unser SciLogs-Nachbar Anatol Stefanowitsch mit einem provozierenden Offenen Brief in die uns umgebende Blogosphäre geworfen hat, beschäftigt uns noch ein bisschen länger (Florian und Thilo haben sich hier auch schon dazu geäußert). Es gibt zwar schon einen ausführlicheren – dank mangelnder Kommentarvorschau-Funktion bei den SciLogs allerdings orthografisch meinerseits unbefriedigenden – Dialog mit Anatol*, aber ein paar Gedanken mehr will ich hier doch noch einmal absondern. Und dies ist, um es noch einmal klarzustellen, keine Gegenrede zu irgend jemandes Position – was ja sonst sehr schnell zu Verteidigungshaltungen führt, im Tenor: “Warum wirfst Du mir etwas vor, was ich gar nicht behauptet habe?” Alles hier sind meine Gedanken, ein nicht mehr ganz innerer Monolog, nicht mehr und nicht weniger. Wenn sich jemand angesprochen fühlt, dann ist das schön – wenn sich die gleiche Person angegriffen fühlt, dann hat sie den Sinn meiner Ausführungen hier nicht verstanden.
*Was den Dialog mit dem SciLogs-Kollegen angeht: Zu keiner Zeit war er meinerseits als persönliche Attacke gemeint und aufgefasst, und zu keiner Zeit wird er dies sein.
Erst mal finde ich die Ironie beinahe schmerzhaft, dass ausgerechnet ich in die Postion gedrängt werde, die mächtige Contentindustrie zu verteidigen. Aber ich muss – aus der Sicht des Betroffenen – einfach feststellen, dass sich die Diskussion im Kern erst mal gar nicht gegen die Contentindustrie richtet, sondern gegen die sich um eine Existenz bemühenden Content-Erzeuger, also Leute wie mich, die hier – gelegentlich – in Bausch und Bogen als unnütz abqualifiziert werden (ja, Anatol, darauf läuft das Argument “wenn Ihr gut genug wärt in dem, was ihr tut, dann könntet Ihr auch davon leben” letztlich hinaus). Gerade die Content-Industrie war sehr schnell darin, sich des quasi-Gratis-Contents im Internet zu bedienen – wer’s nicht glaubt, der soll mal überlegen, wer hinter solchen Blog-Portalen wie SciLogs und ScienceBlogs steht.
Was mich hier beschäftig ist, dass diese Diskussion zwischen zwei Torpfosten geführt wird, die man erst mal wieder fest einklopfen sollte. Ein Pfosten ist das Argument
Warum soll ich für etwas bezahlen (müssen), was ich auch umsonst bekommen könnte?
und der zweite Pfosten steht bei
Warum soll ich für eine Leistung bezahlen, die ich gar nicht will?
Fangen wir mit dem ersten Torpfosten an. Eine mögliche Lösung des Problems wäre ja, das “umsonst bekommen” zu verhindern – genau das ist aber die Crux der Debatte, genau daran erhitzen sich die Gemüter. Schauen wir uns also die andere Hälfte der “Gleichung” an, und da steht ein “etwas”. Und mit der Definition dieses “Etwas” wird der Torpfosten gerne herumgeschoben. Als ob dieses “Etwas” ein natürlich und unbegrenzt vorkommendes Etwas sei, das jedem frei zusteht, wie die Luft zum Atmen oder der sprichwörtliche Sand am Meer (wobei dies auch nicht mehr stimmt, denn die Erhaltung der Gebrachsfähigkeit unserer Atemluft kostet uns inzwischen auch eine Menge Geld, und wer glaubt, dass Sand am Meer kostenlos zu kriegen ist, der sollte mal nachrechnen, was ihn der letzte Strandbesuch gekostet hat). Aber dieses Etwas – das Musikstück, der Roman, die Reportage – ist, soweit es diese Diskussion betrifft, ein Produkt. Ein ideelles und damit immaterielles Produkt, gewiss, aber dennoch ein Produkt, das jemand mit einem gewissen Aufwand produziert hat. Kleiner Exkurs in die Wirtschaftslehre: Wenn ich einen Tontopf (der vor vielen Jahrzehnten, in den von mir besuchten Einführungskursen für Wirtschaftslehre, immer als Beispiel für das “urtümliche” Wirtschaftsverhalten strapaziert wurde) erstehen will, dann weiß ich a) dass jemand diesen mit Zeit- und Materialaufwand hergestellt hat und b) dass er/sie für diesen Aufwand entlohnt werden muss. Die automatische Annahme, dass ich mir so einen Topf ganz ohne Gegenleistung nehmen könnte, weil er vielleicht unbewacht vor der Hütte der TöpferInnen herumsteht, dürfte noch nicht mal in “primitiven” Gesellschaften existiert haben.
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