Der Wissenschaftsteil der heutigen Ausgabe der New York Times enthält ein spannendes Lesetückchen zur Entdeckung des Antibiotikums Streptomycin: Notebooks Shed Lght on an Antibiotic’s Contested Discovery. Dieses enorm wichtige Antibiotikum (das bei der Bekämpfung der Tuberkulose – gegen die Penicillin wirkungslos war – eine große Rolle spielt) produziert, war erstmals im Oktober 1943 von dem Studenten und Assistenten Albert Schatz im Labor der Rutgers-Professors Selman Waksman aus dem Bodenbakterium Streptomyces griseum gewonnen worden, das er im Boden vor dem Labor gefunden hatte. Doch den Ruhm der Entdeckung und den damit verbundenen Nobelpreis 1952 behielt Waksman für sich alleine; auch von den Hunderttausenden von Dollar, die Waksman und die Rutgers-Unversität aus der Verwertung von Streptomycin erzielten, gab er seinem Studenten gerade mal 1500 Dollar ab.
Über den Ruhm (und naürlich auch die Erlöse aus) der Entdeckung war es zwischen Professor und Schüler 1950 sogar zum Rechtsstreit gekommen; doch das Wort eines anerkannten Wissenschaftlers wog schwerer: Das Gericht schenkte seiner Darstellung Glauben, dass Schatz sogar seine Labortagebücher gefälscht habe, um sich als alleinigen Entdecker darzustellen. Auch das Nobelkomitee hielt Schatz lediglich für einen Handlanger und damit nicht würdig, den Preis und die Ehre zu teilen. Doch nun, mehr als 60 Jahre nach dem Prozess, wurden die angeblich verschwundenen Labortagebücher von Albert Schatz wieder gefunden, die seit Jahrzehnten unbemerkt in einem Karton der Archibald S. Alexander Library gelegen hatten. Und die bestätigen, dass Schatz die Entdeckung gemacht hatte, und dass die angebliche Fälschung der Labortagebücher (er – oder jemand anderer – hatte tatsächlich eine Seite eines Tagebuchs entfernt, aber die war weit nach der Entdeckung geschrieben worden) nur ein juristisches Täuschungsmanöver von Waksman war. Mehr noch: Waksman wusste zum Zeitpunkt des Prozesses nicht nur, dass das Tagebuch seines Assistenen (das die Entdeckung des Bakteriums auf Seite 32 am 23. August 1943 mit den Worten “Exp. 11 Antagonistic Actinomycetes” vermerkt) nicht gefälscht war, sondern auch, dass es nicht etwa “verschwunden” war – wie er in einer Aussage vor Gericht behauptete – sondern statt dessen in den Händen der von der Rutgers-Universität angeheuerten Anwälte lag, die gerade die Patentanmeldung vorbereiteten.
Nach einem einjährigen Rechtsgerangel einigten sich die Uni und der inzwischen 31-jährige und promovierte Schatz darauf, dass er als “MItentdecker” anerkannt und an den Erlösen beteiligt werde. Mehr als 50 Jahre nach der Entdeckung wurde ihm schließlich von der Rutgers-Universität als Anerkennung seiner Leistung die Universitätsmedaille verliehen – die höchste Auszeichnung, die die Uni zu vergeben hatte. In der Liste der Nobelpreisträger wird man aber auch weiterhin nur Waksman finden.
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