Nehmen wir mal an, John und Jennifer bewerben sich um die Position als Labormanager an einer große amerikanischen Universität. Beide haben die gleiche Qualifikation, und beide werden in ihren Referenzen zwar nicht als brilliant, aber als vielversprechend beschrieben. Trotzdem halten die Professoren, die diese Bewerbung zu beurteilen haben, John für kompetenter (4 Punkte auf einer Skala von 1 bis 7) als Jennifer (3,3 Punkte), und würden ihm auch ein um etwa 4000 Dollar höheres Einstiegs-Jahresgehalt anbieten (30.328 Dollar für John, 26.508 Dollar für Jennifer). Der Haken, den die begutachtenden Chemie-, Biologie- und Physikprofessoren nicht kannten: Die Sache war ein Test, und die beiden Lebensläufe und Referenzen völlig identisch – nur die Vornamen dieser fiktiven Figur waren unterschiedlich – und geschlechtsspezifisch. Alles klar, kennen wir, es ist der übliche männliche Bias gegen Frauen in naturwissenschaftlichen Fächern (klar, waren ja auch alles Professoren = Männer, nicht wahr?), und die Studie Science faculty’s subtle gender biases favor male students, die Anfang dieser Woche in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) erschienen ist, belegt das nur wieder. Wir brauchen einfach mehr Professorinnen!
Doch halt! Wer waren eigentlich diese gegen Frauen voreingenommenen Akademiker? Immerhin 127 Lehrstuhlinhaber hatten sich an der Umfrage beteiligt (63 erhielten den “männlichen” Lebenslauf, 64 den “weiblichen”) – doch “nur” 74 Prozent waren Männer. Auch 33 Professorinen hatten sich an der Umfrage beteiligt. Und die zeigten genau den gleichen Bias gegen Frauen! Das muss ich jetzt doch mal deutlich hervorheben: Auch Frauen glauben daran, dass Frauen in den Naturwissenschaften weniger kompetent sind, und sie würden auch Frauen geringere Gehälter anbieten als gleich qualifizierten Männern. Belege? Bitteschön:
Nach dieser Tabelle ist die Gender-Lücke, die in der Einschätzung der Professorinnen zum Ausdruck kommt, sogar noch ein bisschen größer als bei ihren männlichen Kollegen. Und das bedeutet, dass es mit der Einführung einer Frauenquote – ob gesetzlich auferelegt oder von den Unis selbst verordnet – noch längst nicht getan wäre. Frauen sind nicht automatisch unvoreingenommener, und sie sind – das ist die Überraschung, denke ich – in ihrer Eingenommenheit eben kein Gegengewicht zu männlichen Vorurteilen. Ganz im Gegenteil.
Kommentare (14)