Sind die Ergebnisse des kreativen Schaffens, wenn sie erst einmal veröffentlicht wurden, ein Allgemeingut? Oder gibt es so etwas wie “geistiges Eigentum”? Diese Frage steckt ja im Kern der Diskussion um Urheberrechte und deren Reform, die auch hier auf den ScienceBlogs (nicht nur bei mir, sondern auch bei Florian und Thilo) schon mehrfach angeschnitten wurden. Eine Position ist, dass dieses “geistige Eigentum” nicht existiert – dass also die Autoren aller Verfügungsrechte entsagen müssen, sobald ihr Werk in der Öffentlicheit angekommen ist. Die (reaktionär scheindende) Gegenposition ist es, dass Autoren auch nach der Veröffentlichung die Kontrolle über ihr Werk behalten sollen. Darum fiel mir der folgende Fall auf, in dem es auch um den Schutz eines “geistigen Eigentums” geht – aber nicht, wie man nun denken könnte, aus finanziellen Gründen. Sondern ganz darum, dass der amerikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney sich den Slogan “clear eyes, full hearts, can’t lose” für seinen Wahlkampf “angeeignet” hat:
Der Haken ist, dass dieser Spruch – der etwa “klaren Auges und vollen Herzens können wir nicht verlieren” bedeutet – aus der TV-Serie Friday Night Lights stammt, die von 2006 bis 2011 recht erfolgreich im US-Fernsehen lief (in Deutschland nur auf dem Pay-TV-Kanal TNT Serie zu sehen). Und der Regisseur und Autor der Serie, Peter Berg, wehrte sich dagegen, seine Serie politisch vereinnahmt zu sehen. In einem (nicht offen, aber von einer undichten Stelle öffentlich gemachten) Schreiben an Romney wählt Berg sehr deutliche Worte:
I was not thrilled when I saw that you have plagiarized this expression to support your campaign by using it on posters, your Facebook page and as part of your stump speeches. Your politics and campaign are clearly not aligned with the themes we portrayed in our series.
In der Tat ist der Plagiatsaspekt wohl gar nicht so abwegig, denn Romney erwähnt nicht, dass er das Zitat aus der TV-Serie entliehen hat. Andererseits geht Berg natürlich davon aus, dass jeder weiß, woher der Spruch stammt – sonst ergäbe sein Protest ja keinen Sinn. Aber im öffentlichen Diskurs gelten nun mal nicht die gleichen strengen Attributionsregeln wie im akademischen Diskurs, daher ist dieser Teil der Diskussion sicher nicht weiter relevant. Aber die Frage bleibt: Muss man sich als Autor gefallen lassen, wenn die eigenen Ideen von einem Politiker missbraucht werden (ich wähle das Wort missbraucht durchaus im Wissen um seinen parteiischen Beiklang – aber aus Sicht des “Beraubten” ist es natürlich ein Missbrauch) – vor allem, wenn man den Ideen und Idealen, die dieser Politiker vertritt, nicht nahesteht? Urheberrechtlich ist die Sache sicher nicht justitiabel, aber gibt es nicht doch ein “geistiges Eigentumsrecht”, das hier zu verteidigen ist?
Berg ist nicht der erste Künstler, der sich dagegen wehrt, dass sein Werk von politischer Seite eingespannt wird – Musiker wie Bruce Springsteen oder Tom Petty hatten sich bereits erfolgreich gegen den Einsatz ihrer Songs durch Wahlkampagnen gewehrt.
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