So, der Abendbrottisch ist abgeräumt, ich habe gerade die letzten Töpfe gespült, und jetzt … sind meine Fingerkuppen “schrumpelig”:
Nichts Neues. Jede(r), der/die den Abwasch nicht der Spülmaschine (oder dem Parter/der Partnerin/dem Nachwuchs) überlässt oder sich gerne lange in der Badewanne aalt, kennt das. Aber woher kommt das eigentlich?
Ehrlich gesagt, hatte ich schon als Kind geglaubt, dass es eher daran liegt, dass die Finger nicht wirklich schrumpeln, sondern dass die Haut vom Wasser aufweicht, wie ungegerbtes Leder (muss an meinen billigen Chrom-Spaltlederhosen gelegen haben, die ich damals tragen musste, und die beim Spielen in Pfützen immer so merkwürdig seifig aufquollen). Die gängige wissenschaftliche Hypothese dafür war, dass die oberste Hautschicht – das Stratum corneum durch osmotisches Einlagern von Wasser aufquillt und das vergrößterte Hautvolumen dann die Wellenbildung erzwingt. (So jedenfalls hab ich’s hier gelesen.)
Falsch, gaaanz falsch, wie ich nun weiß. Dass an der Quell-Theorie etwas nicht stimmen konnte, war Wissenschaftlern allein schon deswegen aufgefallen, weil merkwürdiger Weise bei Fingern, deren Nervenfunktionen gestört sind, keine Schrumpelung auftritt, weshalb das “Aufweichen” auch schon seit längerem als Test für die Handnerven eingesetzt wurde. Vor etwa neun Jahren fanden Forscher dann heraus, dass sich beim “Schrumpeln” die Blutgefäße in den Fingerkuppen als Folge des Kontakts mit Wasser verengen. Und die verringerte Durchblutung lässt die Fingerkuppe dann tatsächlich schrumpfen.
Doch das mach die Sache erst richtg spannend. Denn während eine aufquellende Hautschicht (diesen Vorgang gibt es ja tatsächlich – wer dicke Hornhaut an den Füßen hat, kann’s ja selbst mal ausprobieren) eine “passive” Nebenerscheinung wäre, die sich halt aus den biomechanischen Eigenschaften unserer Haut ergibt, musste sich der Mechanismus des “Schrumpelns” durch Gefäßverengung aktiv entwickeln. Und nach dem gängigen Paradigma der Evolutionslehre legt dies zumindest nahe, dass dieses Schrumpeln einen relevanten Nutzen haben muss. Aber welchen?
Die Antwort darauf hat nun der Biologe Tom Smulders von der britischen University of Newcastle, zusammen mit seinen Kollegen Daniel Nettle und Kyriakos Kareklas, als Paper in den Biology Letters der britischen Royal Society veröffentlicht: Water-induced finger wrinkles improve handling of wet objects. Demnach geben uns die “verschrumpelten” Finger dank ihrer Rillen einen besseren Griff im Wasser:
Es geht also deutlich schneller mit feuchten Schrumpelfingern, nasse Objekte zu manipulieren, als mit feuchten glatten Fingern (bei trockenen Fingern und Gegenständen ergibt sich übrigens keinen Unterschied). Das wär’ ja schon etwas – vielleicht war es unseren Urahnen damit leichter gelungen, Fische oder sonstwas aus dem Wasser zu grabschen. Aber warum schrumpeln dann auch unsere Zehen in gleicher Weise? Hier spekuliert Smulders, dass die erhöhte Griffigkeit auch ein Vorteil bei der Fortbewegung gewesen sein könnte:
It is unclear at present whether the wrinkling of wet glabrous skin evolved in our ancestors to support walking in wet conditions, manipulation of objects or both. Further experiments, combined with a comparative study to investigate which other species share this feature with humans, will provide deeper insights into how long ago it may have evolved, and for which primary function.
Der genaue Grund muss also erst noch erforscht werden – das Geheimnis ist also, auch wenn es anders lautende Pressestimmen gibt, noch nicht wirklich gelöst.
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